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Zu smart

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11.07.2021
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Zu smart

Ich gehe stolz mit der Papiertüte mit meinen Schätzen in der einen Hand, in der anderen den Becher mit Brause zur Ampelkreuzung an der Frankfurter und überquere die Straße. Zuvor habe ich eine Weile vor Mcdoof am Ringcenter gestanden, da die beiden Cheeseburger eine Weile dauerten. Ich hatte keine Lust mich vor das Ringcenter hinzusetzen, da dort ein Betrieb ist wie auf einem Durchgangsbahnhof.
Mir steht eher der Sinn danach, mein Smart-Menü in Ruhe zu verspeisen. Ich weiß auch schon wo. „Vielleicht habe ich ja heute Glück, und sie lassen mich dieses Mal in Ruhe?“, denke ich.

Auf der anderen Seite der Ampelkreuzung befindet sich ein kleiner Park. Dorthin zieht es mich. Leider werden meine Befürchtungen bestätigt. Jedes Mal in der Vergangenheit wenn ich versuchte, mich dort hinzusetzen, kam sofort einer oder mehrere der Männer, deren Wohnzimmer das dort war, an und bequatschte mich und rückte mir auf die Pelle. „Ich riskiere es einfach mal“, denke ich und platze mich auf eine leere Bank.
Ich greife hungrig nach der ersten Pommes von meinem Smart-Menü.

Da habe ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Sofort nähern sich zwei der Männer von der Truppe, die sich dort immer aufhält. Mit ihnen ein struppiger Hund, der sich das Maul leckt. Er hat wohl was gerochen. „Die Pommes gehören mir“, denke ich. Sie gehören wohl zur Berber-Szene.
Ich will bloß in Ruhe essen, aber mir wird klar, dass das hier einfach nicht geht. Ich weiß auch nicht, warum das ausgerechnet in diesem kleinen Park immer so ist. Woanders habe ich eigentlich niemals Probleme gehabt. Aber die Leute hier sind aggressiv drauf.
Einmal hat sich ein junger Mann vor mir aufgebaut, sein T-Shirt ausgezogen, mit der Faust rumgefuchtelt und mich beschimpft. Er schien psychische Probleme zu haben, und mich für die Schuldige zu halten für alles, was in seinem Leben schief gegangen war. Mir wurde mulmig.
Und das war nicht das einzige Mal, dass ich hier schlechte Erfahrungen gemacht hatte.

Irgendwie mache ich mir aber auch Vorwürfe, dass es mit meinem sozialen Gewissen nicht zum Besten steht. Ich würde sie am liebsten zum Mond schießen. „Die Leute haben bestimmt ihre Sorgen. Deswegen können sie mich aber trotzdem in Ruhe essen lassen“, denke ich. Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht so viel Verständnis habe, wie ich gerne haben will. Statt, dass ich tolerant bin, gehen sie mir auf den Nerv.

Der Park wird an der einen Seite von der S-Bahn-Trasse begrenzt. Dort führt eine Metalltreppe hoch, wahrscheinlich zu Wartungszwecken, die mit einer Tür verschlossen ist. Ich beobachte zwei der Männer, die sich immer auf dem Platz aufhalten, dabei, wie sie über die Tür rüberklettern und die Treppenstufen zu den Schienen hochlaufen. „Was sie da oben wohl wollen?“, frage ich mich.

Missmutig stehe ich auf, mitsamt meiner Tüte, aus der es angenehm nach Pommes riecht und meinem Pappbecher. Ich muss im Gehen essen. Bis ich zu Haus bin, ist alles pappig. Also wieder auf die Straße und ab und zu mal abgebissen von den Cheeseburgern. Trinken ist komplizierter. Die Fanta schwappt beim Laufen immer über, aber eiskalte Brause an diesem heißen Tag ist genau das, was ich jetzt brauche.
Unter der S-Bahnunterführung durch und an einer Eckkneipe vorbei. Bloß nicht verschlucken.
Übrigens, dieselbe Eckkneipe in der in der Dreißigern kurz vor der Machtübernahme mal ein Mord passiert ist. Ich weiß jetzt nicht mehr so genau, war das eine Nazikneipe oder im Gegenteil eine von Kommunisten. Ich würd jetzt nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, auf welcher Seite der stand, den es erwischt hat. Jedenfalls wurde dort jemand erstochen.

Noch eine Ampel und dann muss ich nur noch ein gutes Stück die Gürtelstraße hochgehen. Heißhungrig stopfe ich mir Pommes rein, nicht ohne sie in Majo zu tauchen und mich noch ordentlich damit zu beschmieren. „Warum konnten die mich auf meiner Bank nicht in Ruhe essen lassen?“, denke ich und bleibe kurz mal vor einer der hässlichen Werbeflächen stehen, um in Ruhe einen Schluck kalte Fanta zu mir zu nehmen.

Diese Flächen an der Gürtelstraße sind das hässlichste unter der Sonne. Und das Fantasieloseste. Man will mich diesmal unbedingt dazu überreden, einen Flamencoabend in der Philharmonie zu besuchen. „Flamenco ist genial, aber nicht in der Philharmonie“, denke ich. Erstens sauteuer, und dann ist das doch eigentlich so´ne Arme-Leute Musik. In Spanien machen die die Gitanos, wie dort das fahrende Volk bezeichnet wird.

Ein Autor, der in meiner Straße gewohnt hat und darüber ein Buch verfasste, schrieb sinngemäß: „Die neue Bahnhofstraße“ – ist die Verlängerung der Gürtelstraße, auf der ich gerade mitsamt meiner Pommestüte wandle - „ist die hässlichste Straße der ganzen Stadt.“ Das mit der hässlichsten halte ich für übertrieben, aber die schönste ist sie ja nun weiß Gott nicht.

Eigentlich müsste ich ja in den kleinen Fleischer nebenan reingehen. Er ist der Einzige, der sich hier in der Umgebung noch gehalten hat. Aber die Verkäuferin ist mir einfach zu schnippisch. Aber eigentlich müsste ich dem trotzen und den Einzelhandel unterstützen.

Ich weiß auch nicht, woran das liegt, aber Fleischverkäuferinnen mögen mich nicht. Das ging mir schon bei meiner ersten Wohnung in der Käthe-Niederkirchner-Straße so und in allen anderen dieser Läden auch. Dort, in der Käthe, war im selben Haus ein Fleischerladen, wo ich mindestens drei Mal die Woche drin war. Dort mochten mich die Verkäuferinnen schon genauso wenig. Wahrscheinlich wirkte ich nicht wie eine seriöse Hausfrau. Sie, mit dem Instinkt des Berliner Kleinbürgertums, ahnten in mir die Querulantin, obwohl ich eine sehr gute Kundin war. Nach der Wende ging der Laden auch perdu.

Als ich zu Hause ankomme, ist fast alles kalt und die durchgeschüttelte Brause warm. Hunger treibt´s rein.

 

Hallo @Frieda ,

die Stimmung wird deutlich. Die Handlung wirft Fragen auf;

Was machen die Berber , sie belästigen sie doch gar nicht ? Ein kläffender Hund?

In die Fleischerei gehen mit ner Tüte Pommes? Macht keinen Sinn..

Die Ausführungen über das Viertel - tragen nichts zur Handlung bei , die leider in einem Satz beschrieben werden kann.

Also , da musst du dir schon noch was dazudichten, meint

N

P.S. stilistisch ist das schon ok

 

Hallo @Nicolaijewitsch,
danke für Deinen Kommentar. Die Leute aus der Berberszene, die sich immer in diesem winzigen Park aufhalten, sind tatsächlich sehr aggressiv drauf. Du kannst da einfach nicht in Ruhe sitzen. Jedes mal kommen welche an und belegen dich. Einmal wurde jemand fast handgreiflich. Ich glaube, die betrachten den Park als ihr Eigentum. Mit Kindern würde ich da eher nicht hingehen. Leider gibt es in dieser Ecke von der Frankfurter Allee nicht viele oder besser gesagt gar keine Alternativen. Deshalb versuche ich es jedes mal wieder, denn mit Berbern habe ich sonst keine schlechten Erfahrungen gemacht.
Es geht mir nicht darum, die Leute zu diskreditieren. Bloß alle davon sind keine Engel und haben goldene Herzen.
Vielleicht wollte ich herausstellen, dass die Protagonistin überfordert ist. Sie möchte der gute Mensch sein und für alles Verständnis haben. Stattdessen denkt sie: "Lasst mich in Ruhe", und hat ein schlechtes Gewissen bei diesem Gedanken. Sie kann nicht die Probleme der Welt lösen, bloß weil sie gewaschen und gekämmt ist.
Gruß FK

 

Hallo @Frieda Kreuz ich hatte ja in einem älteren Kommentar unter einer deiner Geschichten schon mal geschrieben, warum ich bei deinen Geschichten oft nicht so ganz mitgehen kann. Oft sind sie mir zu unfokussiert. Du schreibst über dies und jenes und am Ende weiß ich meist gar nicht mehr, wo ich gestartet bin und was das alles soll. Nicht falsch verstehen: Das liest sich meist schon irgendwo interessant, weil eben aus dem Leben gegriffen (es scheint, dass du vieles einfach auch so erlebt hast - also eine Stärke), aber du lässt dich eben auch treiben.

Daher war ich hier erst mal angenehm überrascht, weil ich das Gefühl hatte, dass du hier viel fokussierter eine Handlung vorantreibst mit einem nachvollziehbaren Konflikt und einer interessanten Fragestellung, nämlich:

Irgendwie mache ich mir aber auch Vorwürfe, dass es mit meinem sozialen Gewissen nicht zum Besten steht. Ich würde sie am liebsten zum Mond schießen. „Die Leute haben bestimmt ihre Sorgen. Deswegen können sie mich aber trotzdem in Ruhe essen lassen“
Das ist ja wirklich spannend, weil absolut nachvollziehbar. Ich habe ein "soziales Gewissen", wie du es nennst, will aber gleichzeitig in Ruhe meine Pommes essen und nicht von irgendwelchen Leuten dabei genervt und gestresst werden. Da dachte ich, dass du diesen Gedanken jetzt konsequent weiterspinnst. Was resultiert daraus? Was macht die Person? Was wiegt schwerer?

Ziemlich genau auf der Hälfte biegst du dann aber wieder in gewohnte Gefilde ab und beginnst mit dieser Gaststätte:

Übrigens, dieselbe Eckkneipe in der in der Dreißigern kurz vor der Machtübernahme mal ein Mord passiert ist.
Klar, klingt auch interessant - was ging da ab? ABER WAS HAT DAS MIT DEM EIGENTLICHEN THEMA ZU TUN? Danach kommt noch ein Autor und Fleischverkäuferinnen. Ich kann diesen Turn nicht nachvollziehen. Und für mich (Lesegeschmäcker sind verschieden) würde es dem Text erheblich guttun, du würdest dich auf ein Thema konzentrieren und das dann weiterspinnen, statt immer neue Dinge aufzumachen. Denn sonst stehe ich am Ende da und denke: Aha. Und was jetzt?

Ist mein Eindruck. Falls es dir hilft, nimm gerne was davon. Ansonsten auch kein Stress!
Beste Grüße
Habentus

 

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