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Zughausen

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06.10.2017
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Zughausen

Im Westen war es besser. Natürlich waren die meisten Erwachsenen dort drogensüchtig oder arbeitslos – aber wie schlimm konnte das schon sein, wenn es Ritter-Sport-Schokolade gab und Apfelsinen und Spielzeug von Mattell, das so toll war, dass man es nur flüstern durfte: von Mattell, und sogar das Haarshampoo war so herrlich, dass im Fernsehen Lieder darüber gesungen wurden. Da wäre ich gerne gewesen, im Westen, aber noch viel lieber war ich in diesen Ferien bei meiner Oma, die auf einem richtigen Dorf wohnte, wo Hühner herumflatterten und Schweine mit Matsch und zerdrückten Kartoffeln gefüttert wurden und wo es Kühe gab, die ihre dampfenden Fladen einfach auf die staubige Straße fallen ließen, wenn sie zur Weide spazierten. Aber vor allem gab es Frank, der einen Welpen auf dem Arm hielt und mich schief angrinste, als er am Haus meiner Oma vorbeikam.
„Zeig mal!“, sagte ich. Es war ein kleiner schwarz-brauner Mischling, weich und warm und so lieb, dass ich fast geheult hätte.
„Den hab ich gerettet“, sagte Frank. „Die wollten den ertränken.“
Ich war sieben Jahre alt und sofort restlos verliebt.

„Der ist sitzengeblieben“, sagte Oma und guckte so, als wäre damit alles gesagt. „Du kannst vielleicht mal mit der Enkelin vom Bürgermeister spielen, die ist ja auch gerade zu Besuch. Übrigens, hier ist Post für dich, mein Schnuffel!“ Es war eine Postkarte aus der Tschechoslowakei, Vysoke Tatry stand darauf und auf dem Foto waren richtig hohe Berge zu sehen, wie in der Toblerone-Werbung. Dort machten Mama, Papa und Benny Urlaub, sie zelteten an einem See und gingen im Gebirge wandern. Wir hatten entschieden, dass ich in diesem Sommer bei Oma bleiben würde, weil es mir hier ja sowieso immer am besten gefiel und weil mir bei langen Autofahrten meistens schlecht wurde. Ich war gar nicht neidisch, und Benny war froh, dass er mehr Platz hatte hinten im Auto und im Zelt – allerdings hatte er jetzt auch niemanden, mit dem er stänkern konnte. Geschah ihm recht!
Bestimmt würden sie mir etwas echt Tschechoslowakisches mitbringen - ich war ganz gespannt und freute mich schon - aber vor allem war ich einfach nur glücklich, dass ich hiergeblieben war, wegen Frank und wegen Rocky. So nannten wir den kleinen Hund.

*
Frank hatte fünf ältere Geschwister und ganz alte Eltern, unzählige Katzen, vier Kaninchen, natürlich Rocky und manchmal ein Pferd. Er war acht und wir knieten im Staub in einer sonnigen Ecke bei ihm auf dem Hof und bauten ein kleines Dorf aus kaputtem Spielzeug: ein zerbrochenes Holzhaus, das zu einer Western-Ranch gehört hatte, ein Plastik-Indianer, ein Cowboy ohne Hände, ein kleiner Trabant mit drei Rädern, ein Blechsoldat, eine Porzellankuh und ein Stück Schiene von einer Modelleisenbahn. Wir brachen Zweige vom Gebüsch ab und pflanzten damit Bäume, wir legten Moosbüschel auf die Erde als Weide für die Kuh, und wir gruben ein Loch, welches der See wurde für ein Segelboot ohne Segel, das wir irgendwo gefunden hatten. Abwechselnd gingen wir mit der Gießkanne ins Waschhaus und holten Wasser, um den See nachzufüllen. Die Schiene legten wir direkt vor den Saloon, den Indianer und den Soldaten stellten wir dazwischen und es sah aus wie ein echter Bahnsteig.
„Wir brauchen noch einen Zug“, sagte ich und Frank rannte ins Haus und kam mit einer Streichholzschachtel wieder.
„Das ist unser Matchbox-Zug“, sagte er. „Matchbox heißt auf Englisch Streichholzschachtel.“
Dafür, dass er ein Sitzenbleiber war, wusste er ganz schön viel.
„Die im Westen haben’s gut, mit richtigen Matchboxen und so“, sagte er, „und die Leute dürfen dort alles laut sagen, was sie wollen.“
„Auch Scheiße?“, fragte ich.
„Ja“, sagte Frank, „sogar Arschloch.“
Als wir Hunger hatten, gingen wir in die große Küche, in der es nach runzligen Äpfeln und getrocknetem Brot roch, und nahmen uns ein paar Stücke von dem angebrannten Kuchen, der dort immer auf der Anrichte stand.
Unser Dorf war vollkommen. Wir nannten es Zughausen.
„Woher kommt der Zug?“, fragte ich mit vollem Mund, als Frank die Streichholzschachtel auf das Gleisstück legte.
„Amerika“, sagte er. Das gefiel mir.
„Und wohin fährt der?“
„Gar nicht weiter“, sagte Frank, „der hört hier auf. Zughausen, das reicht.“

An diesem Nachmittag musste ich mit der Enkelin vom Bürgermeister spielen. Oma hatte das so verabredet.
Mir tat es leid um die schöne Zeit, die ich nicht mit Frank in Zughausen sein konnte, und vorsichtshalber steckte ich das Eisenbahngleis ein und die Kuh und den Cowboy, um mit dem Mädchen überhaupt etwas spielen zu können, falls sie bei ihren Großeltern nur Omaspielzeug haben sollte.
Zuerst aßen wir im Bürgermeistergarten Kuchen, ganz ordentlich am Tisch und mit Geschirr, und wir wussten beide nicht, was wir sagen sollten, außer Bitte und Hm.
Sie hatte eine Barbie-Puppe aus dem Westen. Nina zuhause hatte auch so eine und ich kannte Barbies natürlich aus dem Fernsehen und fand sie absolut toll. Begeistert packte ich mein Zughausen-Zubehör aus und erklärte dem Mädchen alles und schlug vor, dass die Barbie den Cowboy und die Kuh besuchen käme, egal, dass sie etwas größer wäre, sie könnte ja sitzen, wir würden nur noch einen Zug brauchen und müssten vielleicht ein paar Bäume pflanzen …
„Ich kann doch hier nicht einfach Zweige abreißen“, sagte sie, und als ich die Barbie auf den Boden setzen wollte, meckerte sie: „Nicht! Die wird ja ganz schmutzig!“, und dann schüttelte sie den Kopf und sagte: „Zughausen ist doof!“
„Und Barbies sind bescheuert!“, rief ich und stieß meine Schuhspitze in den Boden, sodass die Enkelin vom Bürgermeister und ihre Barbie eine richtige kleine Staubwolke abbekamen.

Am Abend schaute ich mit Oma Fernsehen. Das Schönste war die Werbung, ich konnte das meiste auswendig und sagte es ganz schnell auf, bevor die im Fernsehen damit fertig waren, um Oma zu beeindrucken. Zuhause spielte ich das ja immer mit Benny: wer es am schnellsten sagen konnte. Ich war richtig gut: Fruchtzwerge von Gervais – so wertvoll wie ein kleines Steak, Auf diese Steine können Sie bauen – Schwäbisch Hall, Barbie, Barbie – der große Barbie-Modesommer …
„Oma, versprichst du mir, dass ich nicht mehr mit der blöden Kuh spielen muss?"
„Musst du nicht, mein Schnuffel, spiel du mal lieber mit deinem Frank", lachte Oma und zerwuselte mir die Haare, und dann kam die Tagesschau. Da durfte ich meistens nicht sprechen, und wenn ich es tat, runzelte Oma manchmal richtig streng die Stirn wie eine alte Lehrerin. Ich malte weiter an meinem Bild von Zughausen, das ich Mama und Papa schenken wollte. Ich hatte noch nie einen Indianer gemalt, das war ziemlich schwer, mit dem komplizierten Federschmuck und der fransigen Kleidung. Der Nachrichtensprecher redete die meiste Zeit von einer Botschaft in Prag, in der sich ganz viele Leute aus der DDR versammelt hatten, weil sie in den Westen wollten. Ich fand das komisch – eine Botschaft war ja eigentlich so etwas wie eine Nachricht oder ein Brief …
„Oma, wieso sagen die denn Botschaft, wenn das doch eigentlich ein ganz normales Haus ist?“
„Psst!“
Zu sehen war ja nur ein altes Haus, fast wie ein Schloss, mit großen Fenstern und Zelten hinter einem hohen Zaun, in denen wahrscheinlich diejenigen Leute schliefen, die nicht mehr in diese Botschaft gepasst hatten. Das ging ja auch gar nicht. Der Indianer war mir wirklich nicht sehr gut gelungen, aber Mama und Papa würden das sicher nicht so schlimm finden, der Rest war ja schön.

*
Frank hatte für den Bahnsteig ein Ortsschild gebaut: Auf einen Fetzen von einem alten Unterhemd hatte er mit Filzstift Zukausen geschrieben und das Ganze an zwei Lollistiele geklebt, die er in die Erde steckte.
Manchmal kam Rocky angerannt, wild und begeistert und tapsig, wedelte mit seinem Schwanz die Bäume um, stieß mit den Pfoten gegen alles andere und trank den See leer, und wir kitzelten ihn durch, bis er nicht mehr konnte, und bauten das Dorf wieder auf.
Wir sammelten Marienkäfer und setzten sie in ein kleines Viereck neben dem Holzhaus, das wir mit einem Zaun aus dünnen Zweigen abgegrenzt hatten und das jetzt der Hühnerhof von Zughausen war.
Wir hörten die Käfer leise gackern, der Soldat sammelte die Eier ein und der Indianer kam zum Füttern und streute ein bisschen Sand über die Hühner. Sie liefen umher und putzten ihr rot-schwarzes Gefieder, bis eines nach dem anderen seine Schwingen ausbreitete und davonflog.
„Alle abgehauen“, sagte Frank, als kein Huhn mehr da war.

*
Der See war ausgetrocknet, die Bäume fielen um und der Sommer ging zu Ende.
Am Wochenende würde Papa kommen und mich wieder nach Hause holen. Ich hatte ihnen so viel zu erzählen - ich freute mich jetzt sogar auf Benny! Doch dann sagte mir Oma, dass sich etwas ergeben hätte wegen einer besonders seltenen Gesteinsart, die Papa beim Wandern in der Hohen Tatra entdeckt hatte. Er war ja Geologe, und nun müsste er mit den tschechoslowakischen Kollegen noch einige Zeit über diese Entdeckung reden und alles Mögliche aufschreiben und Vorträge halten.
Benny würde für ein paar Wochen dort zur Schule gehen, ja, es gäbe da auch eine für deutsche Kinder, Mama verlängerte ihren Urlaub und ich müsste für diese Zeit eben hier die Schule besuchen.

Zughausen verschwamm im Regen, meine Tränen fielen auf das Papier – ich war fast fertig mit der Zeichnung, aber nun liefen die Farben ineinander und verwischten die Konturen und alles war vermatscht.
Ich zerknüllte das dämliche Bild. Es taugte nichts und der blöde Indianer sah sowieso ganz beschissen aus. Beschissener Scheiß-Arschloch-Indianer!

*​

Irgendwann zerfaserte meine Traurigkeit wie die Farben auf der Zeichnung, als sich ein Tropfen Freude dazwischen mischte, der sich immer weiter ausbreitete: Ich würde mit Frank zusammen in die Schule gehen! Er erzählte mir vom Musiklehrer, der kein bisschen singen konnte, von der Deutschlehrerin, die manchmal Kirschen mitbrachte, und von Anja, die weiter spucken konnte als alle Jungs.

Wir rasten auf alten Fahrrädern über holprige Dorfstraßen in den Nachbarort, unsere Schutzbleche schepperten laut und wir sangen dazu Mars macht Mobil, bei Arbeit, Sport und Spiel, ich lernte, freihändig zu fahren, manchmal jagten wir ein paar Hühner, die nicht schnell genug abhauen konnten, fuhren absichtlich durch Pfützen und einmal blieben wir im Stau stecken und kamen zu spät zur Schule, weil eine riesige Schafherde blökend die Straße entlangbummelte.
Frank wurde richtig gut im Lesen und Schreiben und manchmal sogar im Rechnen, weil er ja jetzt mich zum Vorsagen hatte.

„Tief im Westen“, sangen wir auf der Heimfahrt, „wo die Sonne verstaucht, ist es besser, viel besser als man glaubt, tief im Westehehen, tief im Westehehen“ – aber so tief schafften es unsere Stimmen einfach nicht und wir machten lieber weiter mit Klingelingeling, Klingelingeling, hier kommt der Eiermann.
Als wir nach Hause kamen, flitzte Rocky vor Freude im Kreis herum, stolperte über seine eigenen Pfoten, sprang an uns hoch bis zu den Nasen und versuchte, uns vollständig abzulecken.

Latz Lieblingsknochen – Latz und Liebe lassen Tiere lange leben!
Ob die Westhunde eigentlich wussten, dass sie so tolles Futter hatten? Zum Glück war Rocky auch mit seinem Ostfressen ein wunderschöner, gesunder Hund und würde bestimmt uralt werden.
Mein neues Bild von Zughausen war fast fertig. Ich hatte den Indianer ein paarmal auf Schmierpapier ausprobiert und erst dann in das richtige Bild hineingemalt. Er sah wie echt aus. Vielleicht würde ich ja später einmal eine berühmte Indianermalerin sein.
„Oma, wie alt können Hunde eigent…“
„Psssssst!“
… mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise …“
Oma war doof – das konnte ja sowieso niemand verstehen, was der langweilige Anzugmann von dem Schlossbalkon herunter rief, weil die ganzen Jeans-Leute plötzlich johlten und pfiffen und herumtanzten wie eine riesige Erwachsenenschulklasse beim letzten Pausenklingeln vor den Sommerferien.

*
„Ja, die Yogurette – die schmeckt so himmlisch joghurtleicht“, sang ich, und „Mou-li-nex“ und dann ganz laut: „Mars macht mobil, bei Arbeit, Sport und Spiel“, - aber dann war wieder der ernste Tagesschausprecher dran und Oma pssste sogar schon, als ich noch gar nichts gesagt hatte.
Man sah die ganze Zeit nur Züge, vollgestopft mit Leuten, die aus den Fenstern schauten und winkten und sich freuten, weil sie jetzt in den Westen fahren durften und nicht mehr in der doofen Botschaft bleiben mussten, und ich freute mich ein bisschen für sie mit, weil sie alle so glücklich und begeistert aussahen, und die schönsten Gesichter wurden ganz groß gezeigt und passten kaum noch in den Fernsehapparat.
„Mama …? … Oma …! Da ist Mama!!! Oma - warum ist Mama im Westfernsehen in einem Zug?“
Oma sagte nichts, nicht einmal Psst, aber sie nahm mich plötzlich in den Arm und die Falten auf ihren Wangen glänzten nass.
Mama sah in Schwarzweiß noch hübscher aus, wie eine Schauspielerin von früher, ihr Geruch kam aus dem Fernseher und ich liebte sie mehr als ich vorher gewusst hatte, und ich fragte mich, wann sie anfangen würde zu singen Schönes Haar ist dir gegeben, aber dann war sie weg.

*​

„Sie holen dich nach“, sagte Oma immer wieder.
„Sie werden dafür sorgen, dass du nachkommen kannst.“

Ich glaubte ihr nicht.
Mama und Papa und Benny waren jetzt eine andere Familie. Eine Westfamilie, die joghurtleichte Schokolade zu sich nahm und Chipsletten von Bahlsen - die oder keine, eine Familie, die wundervolle Zahnpasta benutzte, damit sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen konnte. Bestimmt hatten sie jetzt eine Moulinette, um endlich alles perfekt zu pürieren und passieren, und sicher sagten sie den ganzen Tag Scheiße und Drecksau, sie waren tief im Westen mit einem Pulsschlag aus Stahl, und vielleicht waren sie auch längst drogensüchtig, und wozu brauchten sie dann noch ein staubiges Ostkind?

Ich würde für immer hierbleiben.
Ich würde mit Frank zusammen sitzenbleiben und dann würden wir heiraten und in Zughausen wohnen und Indianerbilder verkaufen, wir hätten viele Kinder und könnten mit Rocky spielen und bei schönem Wetter am Abend zusammen auf dem Gleis vor unserem Haus hocken, verbrannten Kuchen essen und der Sonne beim Untergehen zusehen.
Sonntags würden wir die Enkelin vom Bürgermeister mit Dreck bewerfen.

 

Liebes Nichtgeburtstagskind,

ich lass trotzdem noch ein paar Gedanken hier.
Danke - da freue ich mich, kannste glauben!

Den Titel finde ich super.
Yesss!!! :D (Habe gelernt ...)

Im Westen war es besser.
So ein kurzer Satz und man weiss schon so viel.
Ich will mich ja nicht selbst loben, aber als ich den Satz hatte, habe ich auch gedacht:
Geiler erster Satz! ;)

Du ziehst die Welpenkarte! Das ist ja fast unfair.
Tut mir leid … Ging nicht anders.

Weiß die Enkelin, dass der Ort Zughausen heißt? Und würde die Erzählerin es überhaupt so nennen, nur weil sie ein paar teile davon mitgenommen hat? Ich würde annehmen, dass der Ort nur bei Frank Zughausen sein kann.
Ich habe jetzt noch etwas eingefügt:
"Begeistert packte ich mein Zughausen-Zubehör aus und erklärte ihr alles und schlug vor …"
Meine Prota erzählt eben indirekt, dass das Spiel Zughausen heißt, natürlich kann es mit jemand anderem nie so sein wie mit Frank, das ist klar. Aber ich brauche das so, damit die Enkelin sagen kann: Zughausen ist doof! ;)

Vielleicht würde ich ja später einmal eine berühmte Indianermalerin sein.
Die werden ja immer gebraucht.
Ja, gibt viel zu wenige!

Ich glaube mein Kommentar ist gar nicht so hilfreich, weil ich eigentlich alles gut finde.
Und ob dein Kommentar hilfreich ist! Erstens ist Lob immer hilfreich, zweitens war da ja auch Konstruktives dabei, was ich umgesetzt habe, und drittens:
Wenn ich mich jetzt ganz doll anstrenge, könnte ich sagen, dass die Oma wie ein Geist erscheint und dass ich mir etwas Gefühl zwischen ihr und der Erzählerin wünschen würde.

Und damit hast du ja sowas von recht: Ich habe die Oma ganz stiefenkelich behandelt, sie kommt ja wirklich nicht gut weg, immer nur Pssst und gerunzelte Stirn und blöde Verabredungen organisieren … Das geht so nicht, zumal die eigentliche Oma, nämlich meine, die da ja irgendwie Pate dafür steht, das überhaupt nicht verdient hat. Ich geh da nochmal ran, an die Oma. Danke!

Aber eigentlich ist es jetzt auch schon zu spät um sich so anzustrengen und Samstagabend und außerdem zu kalt!
Umso mehr danke ich dir für deinen Kommentar, den du tatsächlich trotz dieser elenden Kälte noch verfasst hast, das ist mir eine große Ehre! :huldig:

Liebe Grüße von Raindog

 

Liebe Raindog,

ich geb’s zu, es ist purer Neid, der mich packt. Diese Leichtigkeit, mit der du Zeitgeschichte durch Kinderaugen miterleben lässt. Zwar habe ich die Werbesendungssucht als Kind nicht so erlebt, ich bin halt ein paar Jährchen älter, die Sprüche sind mir aber doch auch bekannt, denen konnte man nicht leicht entkommen.
In der von dir skizzierten Epoche bin ich mehrmals mit Klassen nach Budapest gefahren, und die Grenzkontrollen waren immer sehr langwierig und angespannt, sowohl bei der Ein- wie bei der Ausreise. In Budapest gab es oft intensive Verbrüderungen zwischen ost-und westdeutschen jungen Leuten. Meine waren in der Regel volljährig, gingen also auch eigene Wege bei der Klassenfahrt. Eine Lehrerin musste ja nicht alles wissen. Einmal versuchten einige, einen ostdeutschen Schüler im Bus mitzuschmuggeln. War eine brenzlige Sache ...

Glückwunsch auch zur Empfehlung. Und weiter mit solchen Geschichten, mich hast du als Leserin allemal.

HerzlicheGrüße
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Raindog

Der Text hat eine verdiente Empfehlung erhalten. Ich bin zur Zeit geistig ziemlich absorbiert, daher fällt mir eine differenzierte inhaltliche Auseinandersetzung schwer. Im Ergebnis würde wohl eh nur Lob resultieren. Also schreibe ich dir einfach, dass ich den Text sehr gerne gelesen habe. Wirklich schön!

Etwas ist mir aufgefallen:

Spielzeug von Mattell, das so toll war, dass man es nur flüstern durfte: von Mattell, und sogar das Haarshampoo war so herrlich, dass im Fernsehen Lieder darüber gesungen wurden. Da wäre ich gerne gewesen, im Westen, aber noch viel lieber war ich in diesen Ferien bei meiner Oma, die auf einem richtigen Dorf wohnte, wo Hühner herumflatterten und Schweine mit Matsch und zerdrückten Kartoffeln gefüttert wurden und wo es Kühe gab, die ihre dampfenden Fladen einfach auf die staubige Straße fallen ließen, wenn sie zur Weide spazierten. Aber vor allem gab es Frank, der einen Welpen auf dem Arm hielt und mich schief angrinste, als er am Haus meiner Oma vorbeikam.
„Zeig mal!“, sagte ich. Es war ein kleiner schwarz-brauner Mischling, weich und warm und so lieb, dass ich fast geheult hätte.

Diese Häufung hier hat dazu geführt, dass mir aufgefallen ist, dass du deine Sätze gerne mal mit "dass" konstruierst. Das ist in diesem Text sicher auch der Tatsache geschuldet, dass indirekte Rede mit Konjunktiv nicht zur Erzählsprache passen würde. Also alles gut. Dennoch würde ich am Anfang eines von den dreien "so ... dass" rausnehmen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Huhu Raindog ,

Das ist jetzt, denke ich, die erste Geschichte von dir, die ich lesen werde. Ich wollte das schon vor ein paar Tagen machen, aber ich konnte mich jetzt erst dazu überwinden, mich vor dem Laptop zu setzen. Wegen den begeisterten Kritiken und der Empfehlung freue ich mich schon richtig darauf, anzufangen :D

das so toll war, dass man es nur flüstern durfte: von Mattell
Das ist süß. Wie wäre es, wenn du "von Mattel" in Anführungszeichen schreibst, damit das stärker aus dem Text heraussticht?

und Schweine mit Matsch und zerdrückten
Sonntags würden wir die Enkelin vom Bürgermeister mit Dreck bewerfen.
Hast du da versucht, einen Rahmen zwischen Anfang und Ende zu machen?

„Amerika“, sagte er.
Was? Ist wohl nur eine Fantasie von dem Jungen,oder?

rief ich und stieß meine Schuhspitze in den Boden, sodass die Enkelin und ihre Barbie eine richtige kleine Staubwolke abbekamen.
Oha, voll gemein.

die meiste Zeit von einer Botschaft in Prag, in der sich ganz viele Leute aus der DDR versammelt hatten, weil sie in den Westen wollten.
Aww, schön wie du Geschichtliches mit hineingetan hast.

„Alle abgehauen“, sagte Frank, als kein Huhn mehr da war.
Ha, süß. <3

Am Wochenende würde Papa kommen und mich wieder nach Hause holen. Ich hatte ihnen so viel zu erzählen - ich freute mich jetzt sogar auf Benny! Doch dann sagte
OMG, dass ist voll der traurige Plottwist! Und es ist handwerklich sehr gut gemacht, dass du trotzdem die naive Perspektive nicht verlierst.

Mama sah in Schwarzweiß noch hübscher aus, wie eine Schauspielerin von früher, ihr Geruch kam aus dem Fernseher und ich liebte sie mehr als ich vorher gewusst hatte
Das ist eine sehr schöne Metapher. Die Geschichte finde ich bis jetzt richtig traurig. Hast du gut hinbekommen.

Mama und Papa und Benny waren jetzt eine andere Familie. Eine Westfamilie, die joghurtleichte Schokolade zu sich nahm und Chipsletten von Bahlsen - die oder keine, eine Familie, die wundervolle Zahnpasta benutzte, damit sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen konnte. Bestimmt hatten sie jetzt eine Moulinette, um endlich alles perfekt zu pürieren und passieren, und sicher sagten sie den ganzen Tag Scheiße und Drecksau, sie waren tief im Westen mit einem Pulsschlag aus Stahl, und vielleicht waren sie auch längst drogensüchtig, und wozu brauchten sie dann noch ein staubiges Ostkind?
Das fand ich etwas zu zynisch für deine Figur. Ich hatte bis jetzt das Gefühl, dass das Mädchen zwar manchmal zickig sein kann, aber trotzdem ein liebevolles Kind ist, das noch an das gute im menschen glaubt. Es gab hier zwar vermutlich einen Zeitsprung und so, aber diese Persönlichkeitsentwicklung fand ich dennoch zu schnell.

Ich würde mit Frank zusammen sitzenbleiben und dann würden wir heiraten
Das fand ich wieder witzig. Es ist schön, dass du die Geschichte nicht mit einer bitteren Note ändern lässt.

Soooo,
ich finde, du hast das geschickt gemacht. Du hast eine farbige, schöne Sprache verwendet, um eine Handlung zu beschreiben, die wohl bei den meisten Lesern auch zu Nostalgie geführt hat :D
Und dann hast du sie mit dem unerwarteten Plottwist erwischt. Das fand ich sehr gut gemacht.

Gerne gelesen,
Alexei

 

Liebe wieselmaus,

wie schön, dich hier im Forum mal wieder zu sehen, und dann auch noch in Zughausen!

es ist purer Neid, der mich packt.
Nicht doch!

Was du über die Klassenfahrten nach Budapest schreibst, finde ich sehr spannend.
Vor allem das hier:

Einmal versuchten einige, einen ostdeutschen Schüler im Bus mitzuschmuggeln.
Versuchten klingt danach, dass es nicht geklappt hat …

Vielen Dank für deinen Glückwunsch!

Und weiter mit solchen Geschichten …
Hatte schon nach der letzten Geschichte gedacht, das war’s jetzt - mir fällt nie wieder etwas ein – aber, siehste … Also, ich gebe mir Mühe, und deshalb erst recht:
…mich hast du als Leserin allemal.
;)

Liebe Grüße von Raindog

Hallo Peeperkorn

Der Text hat eine verdiente Empfehlung erhalten.
Danke, freut mich, dass du das so siehst!
Also schreibe ich dir einfach, dass ich den Text sehr gerne gelesen habe.
Das ist ja auch vollkommen ausreichend. :)

… mir aufgefallen ist, dass du deine Sätze gerne mal mit "dass" konstruierst. Das ist in diesem Text sicher auch der Tatsache geschuldet, dass indirekte Rede mit Konjunktiv nicht zur Erzählsprache passen würde. Also alles gut. Dennoch würde ich am Anfang eines von den dreien "so ... dass" rausnehmen.
Danke, das schaue ich mir nochmal in Ruhe an und versuche, unnötige dasse durch etwas anderes zu ersetzen.

Danke dir, liebe Grüße von Raindog


Hi alexei,

ich freue mich, dass du auch bei meiner Geschichte vorbeischaust.

Ich wollte das schon vor ein paar Tagen machen, aber ich konnte mich jetzt erst dazu überwinden, mich vor dem Laptop zu setzen.
Hoffentlich bereust du es nicht …
Wegen den begeisterten Kritiken und der Empfehlung freue ich mich schon richtig darauf, anzufangen
Puh, gut! :)

das so toll war, dass man es nur flüstern durfte: von Mattell
Das ist süß. Wie wäre es, wenn du "von Mattel" in Anführungszeichen schreibst, damit das stärker aus dem Text heraussticht?
Ist auch eine Möglichkeit. Ich habe es ja nur kursiv geschrieben – findest du das zu wenig? Ich habe nämlich so ein Bauchgefühl, dass mir Anführungszeichen zu „laut“ dafür sind, also, kursiv empfinde ich es geflüsterter.

und Schweine mit Matsch und zerdrückten
Sonntags würden wir die Enkelin vom Bürgermeister mit Dreck bewerfen.
Hast du da versucht, einen Rahmen zwischen Anfang und Ende zu machen?
An dieser Stelle eigentlich nicht. Aber die Enkelin wird dann ja relativ schnell erwähnt.


„Amerika“, sagte er.
Was? Ist wohl nur eine Fantasie von dem Jungen, oder
Absolut!

rief ich und stieß meine Schuhspitze in den Boden, sodass die Enkelin und ihre Barbie eine richtige kleine Staubwolke abbekamen.

Oha, voll gemein.
So sind sie halt … ;)

OMG, dass ist voll der traurige Plottwist! Und es ist handwerklich sehr gut gemacht, dass du trotzdem die naive Perspektive nicht verlierst.
Danke! Da ich selbst ein naiver Mensch bin, fällt mir das gar nicht so schwer ;)

Mama sah in Schwarzweiß noch hübscher aus, wie eine Schauspielerin von früher, ihr Geruch kam aus dem Fernseher und ich liebte sie mehr als ich vorher gewusst hatte
Das ist eine sehr schöne Metapher. Die Geschichte finde ich bis jetzt richtig traurig. Hast du gut hinbekommen.
Vielen ist das ja der Absatz etwas zu viel, umso mehr freue ich mich, dass dir die Stelle gefällt.

Mama und Papa und Benny waren jetzt eine andere Familie. Eine Westfamilie, die joghurtleichte Schokolade zu sich nahm ….. und vielleicht waren sie auch längst drogensüchtig, und wozu brauchten sie dann noch ein staubiges Ostkind?
Das fand ich etwas zu zynisch für deine Figur. Ich hatte bis jetzt das Gefühl, dass das Mädchen zwar manchmal zickig sein kann, aber trotzdem ein liebevolles Kind ist, das noch an das gute im menschen glaubt. Es gab hier zwar vermutlich einen Zeitsprung und so, aber diese Persönlichkeitsentwicklung fand ich dennoch zu schnell.
Ich denke, diese Stelle kommt wohl einigen Lesern etwas unglaubwürdig vor, ich sehe sie aber als eine Zusammenfassung ihrer verzweifelten Gedanken und Gefühle, die sie während der unklaren Zeit hat. Zunächst fühlt sie sich ja tatsächlich zurückgelassen, da nützen alle Beteuerungen nichts.

Ich würde mit Frank zusammen sitzenbleiben und dann würden wir heiraten
Das fand ich wieder witzig. Es ist schön, dass du die Geschichte nicht mit einer bitteren Note ändern lässt.
Nur Zartbitter ...

Du hast eine farbige, schöne Sprache verwendet, um eine Handlung zu beschreiben, die wohl bei den meisten Lesern auch zu Nostalgie geführt hat
Und dann hast du sie mit dem unerwarteten Plottwist erwischt. Das fand ich sehr gut gemacht.
Das freut mich sehr.

Danke, lieber Alexei, für dein nettes Feedback.
Viele Grüße von Raindog

 

Hallo Raindog,

ich steige mal sofort ein.

und bauten ein kleines Dorf aus kaputtem Spielzeug: ein zerbrochenes Holzhaus, das zu einer Western-Ranch gehört hatte, ein Plastik-Indianer, ein Cowboy ohne Hände, ein kleiner Trabant mit drei Rädern, ein Blechsoldat, eine Porzellankuh und ein Stück Schiene von einer Modelleisenbahn.
... das Segelboot ohne Segel
... ein paar Stücke von dem angebrannten Kuchen
Auf einen Fetzen von einem alten Unterhemd
Das klingt mir zu sehr übertrieben. Ist doch keine Nachkriegszeit-Kamelle ...

und wir wussten beide nicht, was wir sagen sollten, außer Bitte und Hm.
Eine der sehr schönen Stellen im Text.

und stieß meine Schuhspitze in den Boden, sodass die Enkelin und ihre Barbie eine richtige kleine Staubwolke abbekamen.
Würde der Prota in dem Augenblick aus seiner Perspektive heraus tatsächlich "die Enkelin" sagen?

"Oma, versprichst du mir, dass ich nicht mehr mit der blöden Kuh spielen muss?"
"Musst du nicht, mein Schnuffel, spiel du mal lieber mit deinem Frank",
Schau mal, da sind am Start falsche Anführungszeichen reingeraten.

und Oma pssste sogar schon, als ich noch gar nichts gesagt hatte.
Sehr schön.

„Mama …? … Oma …! Da ist Mama!!! Oma - warum ist Mama im Westfernsehen in einem Zug?“
Da. Endlich kommt die Verbindung/der Bezug.
Hatte mich die ganze Zeit schon gefragt, ob das nur so am Ende mitplättschert mit der Maueröffnung oder tatsächlich noch eine Rolle spielt.

Mama und Papa und Benny waren jetzt eine andere Familie.
...
Ich würde für immer hierbleiben.
Puh. Das hat mich ganz schon betroffen gemacht.

Sehr schöne Geschichte.
Bis auf die für mich doch sehr übertrieben erscheinenden Dinge (ganz oben) passt alles.
Trauriges Ende, mit dem ich nicht gerechnet hatte.

Schönen Tag noch und viele Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

danke für den Kommentar - habe ich mich sehr gefreut. :)

und bauten ein kleines Dorf aus kaputtem Spielzeug: ein zerbrochenes Holzhaus, das zu einer Western-Ranch gehört hatte, ein Plastik-Indianer, ein Cowboy ohne Hände, ein kleiner Trabant mit drei Rädern, ein Blechsoldat, eine Porzellankuh und ein Stück Schiene von einer Modelleisenbahn.
... das Segelboot ohne Segel
... ein paar Stücke von dem angebrannten Kuchen
Auf einen Fetzen von einem alten Unterhemd
Das klingt mir zu sehr übertrieben. Ist doch keine Nachkriegszeit-Kamelle ...

Natürlich soll es nicht rüberkommen wie eine Nachkriegszeit-Kamelle, aber ich kann ohne zu zögern mindestens drei Gründe nennen, warum ich das so geschrieben habe: Die Kinder spielen ja draußen und die Sachen liegen da schon ewig herum und bleiben da auch liegen bei Wind und Wetter, das ist doch auch heute noch so üblich, dass man nicht seinen neues Lieblingsmatchboxauto mit in den Sandkasten oder in den Matsch nimmt, da ist ja gleich der Lack ab und Sand im Getriebe.
Also – ganz einfach altes „Draußen-Spielzeug“, welches sich über die Jahre so angesammelt hat auf dem Hof.
Und dieses runtergekommene, verfallene Spielzeugdorf symbolisiert ja wunderbar den Zustand der damaligen DDR, in der sich die Leute mit viel Improvisationstalent trotzdem ihr Leben lebenswert gestaltet haben - nur vor und zurück ging eben nichts: kein Segel, nur drei Räder, keine Hände, Gleis im Nirvana …
Und dann sehe ich es natürlich auch als Reminiszenz an eine Zeit, in der man zum Spielen nicht viel mehr brauchte als eben irgendwelchen kaputten Kram und ganz viel Fantasie.


und stieß meine Schuhspitze in den Boden, sodass die Enkelin und ihre Barbie eine richtige kleine Staubwolke abbekamen.
Würde der Prota in dem Augenblick aus seiner Perspektive heraus tatsächlich "die Enkelin" sagen?
Stimmt irgendwie - wo du’s sagst. Ich habe das jetzt etwas geändert.

Danke fürs Finden der falschen Anführungszeichen, keine Ahnung, wie die da reingeraten sind.

Mama und Papa und Benny waren jetzt eine andere Familie.
...
Ich würde für immer hierbleiben.
Puh. Das hat mich ganz schon betroffen gemacht.
Dann hat das ja richtig funktioniert … ;)

Sehr schöne Geschichte.
Bis auf die für mich doch sehr übertrieben erscheinenden Dinge (ganz oben) passt alles.
Danke, das freut mich. Und naja, ich habe dir ja erklärt, warum ich die Dinge oben so haben möchte.

Einen schönen Abend und viele Grüße
von Raindog

 

Hallo Raindog ,

Ist auch eine Möglichkeit. Ich habe es ja nur kursiv geschrieben – findest du das zu wenig? Ich habe nämlich so ein Bauchgefühl, dass mir Anführungszeichen zu „laut“ dafür sind, also, kursiv empfinde ich es*geflüsterter.
Das ist eine gute Frage. Es stimmt schon, dass das Kursive von der Lautstärke her passt. Du könntest ja auch sowohl Kursivschrift als auch Anführungszeichen verwenden. :D

Liebe Grüße,
Alexei

 

Hallo alexei,

das ist aber echt lieb von dir, dass du nochmal wegen dieser "Kursiv-Flüster-Angelegenheit" vorbeischaust! :)

Du könntest ja auch sowohl Kursivschrift als auch Anführungszeichen verwenden.
Aber da mir die Anführungszeichen gefühlt zu „laut“ sind, sind sie mir ja auch in "kursiv" zu laut ...
Ich denke, ich lasse das, wie’s ist, aber ich danke dir aber trotzdem sehr für deinen Vorschlag!

Liebe Grüße von Raindog

 

Sag mal Raindog, die Grenzen waren ja dann offen. Haben die ihr Kind zu sich geholt? Oder sind sie vielleicht zurück? Was ist aus Zughausen geworden? Mit Frank in einer Klasse, das war doch bestimmt schön. Und dann Rocky. Ich hoffe irgendwie, dass das Kind nicht rausgerissen worden ist. Aber doch bei seinen Eltern sein konnte.
Kommt das Kompliment rüber, Raindog?

 

Hallo Raindog,

Chapeau, Wahnsinnsstory, hab ohne zu stolpern durchgelesen. Liest sich sehr flüssig und interessant.
Schön detailverliebt bei Zughausen, atmosphärisch dicht und greifbar, die Werbung und Herbert nerven dezent, aber nicht schlimm, die Botschaftsstory verleiht Relevanz.

Das Einzige, was mich leicht gestört hat, war Omas Spruch zum Sitzenbleiber. Und wenn das Mädel lieber mit der Bürgermeisterenkelin spielen soll, warum ist es dann nach nur einem misslungenem Treffen der Mädels kein Problem mehr mit Frank?

Von deinem Stil her wäre es (meiner Meinung nach) auch denkbar, daraus eine längere Erzählung zu machen. Ich würde sie gerne lesen!

Gruß, linktofink

 

Hallo wander,

das Kompliment ist angekommen, danke! :)
Zu deinen Fragen: Natürlich haben sie die Kleine dann zu sich geholt.
Zurück sind sie nicht gegangen, aber in den großen Ferien war sie immer bei Oma und Frank.
2007 haben die beiden geheiratet und betreiben jetzt einen Bio-Hühnerhof in der Nähe von Bochum. Zughausen wurde von den Babelsberger Filmstudios gekauft und diente als Kulisse für zahlreiche Spielfilme. Rocky ist nach Hollywood gegangen und arbeitete bis zu seinem Tod erfolgreich als Stuntdog.
Ach so, ja, die Enkelin vom Bürgermeister sitzt heute für die AfD im Bundestag.
Ich hoffe, jetzt kannst du ruhig schlafen! ;)

Viele Grüße von Raindog

Hallo linktofink,

danke auch dir für dein Feedback, und freut mich, dass dir die Geschichte so gefallen hat.
Die Werbung gehört ja schon dazu, um das Ganze so aufzubauen, wie es ist.


Das Einzige, was mich leicht gestört hat, war Omas Spruch zum Sitzenbleiber. Und wenn das Mädel lieber mit der Bürgermeisterenkelin spielen soll, warum ist es dann nach nur einem misslungenem Treffen der Mädels kein Problem mehr mit Frank?

Ja, das habe ich schon kurz gehalten ohne viel Erklärung, stimmt. Die Oma wollte halt eigentlich, dass ihre Enkelin einen „besseren Umgang pflegt“, aber sie hat dann eingesehen, dass es so nicht funktioniert und hat sich letztendlich auch für ihre Enkelin gefreut, dass die mit Frank so einen guten Freund gefunden hat.

Von deinem Stil her wäre es (meiner Meinung nach) auch denkbar, daraus eine längere Erzählung zu machen. Ich würde sie gerne lesen!

Das ist ein sehr großes Lob, danke! :) Im Moment versuche ich mich aber erstmal an kürzeren Sachen.

Viele Grüße von Raindog

 

genauso habe ich es mir gedacht, Raindog! Vielen Dank. :-)
wander

 

Hallo Raindog!

und sogar das Haarshampoo war so herrlich, dass im Fernsehen Lieder darüber gesungen wurden.
Eine schöne Beschreibung, die zeigt, wie absurd DDR-Bürgern Werbung aus dem Westen vorgekommen sein muss. Gab es in der DDR Werbung? Ist nicht meine Zeit, ich bin zu jung

wegen Frank und wegen Rocky. So nannten wir den kleinen Hund.
ist Rocky nicht ein böser imperialistischer Mördername? :D

Frank hatte fünf ältere Geschwister und ganz alte Eltern, unzählige Katzen, vier Kaninchen, natürlich Rocky und manchmal ein Pferd. Er war acht und wir knieten im Staub in einer sonnigen Ecke bei ihm auf dem Hof und bauten ein kleines Dorf aus kaputtem Spielzeug: ein zerbrochenes Holzhaus, das zu einer Western-Ranch gehört hatte, ein Plastik-Indianer, ein Cowboy ohne Hände, ein kleiner Trabant mit drei Rädern, ein Blechsoldat, eine Porzellankuh und ein Stück Schiene von einer Modelleisenbahn. Wir brachen Zweige vom Gebüsch ab und pflanzten damit Bäume, wir legten Moosbüschel auf die Erde als Weide für die Kuh, und wir gruben ein Loch, welches der See wurde für ein Segelboot ohne Segel, das wir irgendwo gefunden hatten. Abwechselnd gingen wir mit der Gießkanne ins Waschhaus und holten Wasser, um den See nachzufüllen. Die Schiene legten wir direkt vor den Saloon, den Indianer und den Soldaten stellten wir dazwischen und es sah aus wie ein echter Bahnsteig.
Ich habe alles wirklich gut vor Augen - das Landleben, das Spielen. Das beschreibst du wirklich sehr gut.

„Die im Westen haben’s gut, mit richtigen Matchboxen und so“, sagte er, „und die Leute dürfen dort alles laut sagen, was sie wollen.“
„Auch Scheiße?“, fragte ich.
„Ja“, sagte Frank, „sogar Arschloch.“
Sehr gut!

Am Wochenende würde Papa kommen und mich wieder nach Hause holen.
Ich befürchte Ungutes.

Wir rasten auf alten Fahrrädern über holprige Dorfstraßen in den Nachbarort, unsere Schutzbleche schepperten laut und wir sangen dazu Mars macht Mobil, bei Arbeit, Sport und Spiel, ich lernte, freihändig zu fahren, manchmal jagten wir ein paar Hühner, die nicht schnell genug abhauen konnten, fuhren absichtlich durch Pfützen und einmal blieben wir im Stau stecken und kamen zu spät zur Schule, weil eine riesige Schafherde blökend die Straße entlangbummelte.
tolle Beschreibung.

Vielleicht würde ich ja später einmal eine berühmte Indianermalerin sein.
Hä? Das hat mich gerade echt geschockt. Ich hatte hier durchweg einen kleinen Jungen vor Augen, oder habe ich etwas überlesen?

„Mama …? … Oma …! Da ist Mama!!!
Das habe ich befürchtet.


Sonntags würden wir die Enkelin vom Bürgermeister mit Dreck bewerfen.
Das ist ein schönes Ende.

Raindog,

das einzige, was mich aus deiner Geschichte geworfen hat, war tatsächlich, dass die/der Prot ein Mädchen ist! Habe ich da was überlesen? Für mich gab es davor wirklich kein Anzeichen, dass das ein Mädchen ist. Fand ich jetzt nicht dramatisch, aber dennoch seltsam auf eine Art. Ansonsten hat mir deine Geschichte wirklich gut gefallen. Die Szenerie, das Dorfleben, die gekonnte Sicht eines Kindes, das muss man erst mal hinbekommen. Toll auch diese Besessenheit von Westwerbung, den Produkten, und schlussendlich sitzt die eigene Familie dort drüben, und man stellt sie sich mit all den Produkten vor. Ich hatte wirklich das Gefühl, nachempfinden zu können, wie diese DDR-Jugend sich angefühlt hat. Super.
Bloß ich frage mich: Weswegen hat die Familie ihre Tochter zurückgelassen? Ist sie zufällig in diese politische Situation hineingeraten und hat den Augenblick genutzt, um auszureisen? Würde eine Mutter wirklich ihre eigene Tochter, wenn sie denn schon ihren Sohn mit zur Flucht nimmt, zurücklassen? Klar, kenne ich die Geschichten, wo Mütter ihre Kinder zurückließen, für ein Leben im Westen. Aber dass hier ein einziges Mitglied einer Familie, zumal noch die Tochter, zurückgelassen wird, ist schon eine andere Liga, finde ich. Ja, dass die Familie sie zurücklassen und ausreisen wird, habe ich an der Stelle geahnt, die ich dir notiert habe, eine große Überraschung war es nicht, aber trotzdem ein guter Plottwist!

Ich habe die Geschichte wirklich gerne gelesen, gerade wegen ihrem authentischen Gefühl des Kindseins,
zigga

 

Hallo zigga,

ich danke dir sehr für deinen Kommentar und freue mich natürlich, dass dir die Geschichte gefallen hat! :)

Eine schöne Beschreibung, die zeigt, wie absurd DDR-Bürgern Werbung aus dem Westen vorgekommen sein muss. Gab es in der DDR Werbung?
Ja, nicht direkt absurd, eher war man äußerst fasziniert, jedenfalls (ich) als Kind - später konnte man es dann zwar anders einordnen, hat aber immer mit der einen oder anderen Sache geliebäugelt ... In der DDR gab es auch mal Fernsehwerbung, aber die haben irgendwann in den 70er-Jahren damit aufgehört, weil es das Zeug (wenn es etwas Gutes war) dann sowieso nicht lange zu kaufen gab. Also, zum Zeitpunkt der Geschichte gab es nur die Westwerbung.

ist Rocky nicht ein böser imperialistischer Mördername?
Das verwechselst du bestimmt mit Rambo, oder? Rocky war ja nur der Boxer. Und viele Leute haben sich ja sehr gerne am Westen orientiert, sofern das möglich war. Deshalb wurden im Osten auch so viele Kinder „Mandy“ und „Sandy“ usw. genannt. ;)

Ich habe alles wirklich gut vor Augen - das Landleben, das Spielen. Das beschreibst du wirklich sehr gut.
Danke!

Vielleicht würde ich ja später einmal eine berühmte Indianermalerin sein.
Hä? Das hat mich gerade echt geschockt. Ich hatte hier durchweg einen kleinen Jungen vor Augen, oder habe ich etwas überlesen?
Ja … Ich würde sagen, das hier:
„Den hab ich gerettet“, sagte Frank. „Die wollten den ertränken.“
Ich war sieben Jahre alt und sofort restlos verliebt.
Ich dachte eigentlich, mit dem verliebt ist es klar. Wenn der Prot ein Junge wäre hätte ich das so nicht geschrieben, eher: … und ich hatte einen neuen Freund gefunden.
Natürlich kann man auch denken, verliebt in den Hund – aber nee – das sagen Jungs doch nicht …Oder das hier: :
Es war ein kleiner schwarz-brauner Mischling, weich und warm und so lieb, dass ich fast geheult hätte.
oder
ich kannte Barbies natürlich aus dem Fernsehen und fand sie absolut toll
Natürlich können Jungs gerne mit Barbies spielen und wegen Welpen heulen und sich in andere Jungs verlieben, aber das ist ja nicht das Thema der Geschichte und somit dachte ich eigentlich, das ist klar …

Sonntags würden wir die Enkelin vom Bürgermeister mit Dreck bewerfen.
Das ist ein schönes Ende
Danke!

Ich hatte wirklich das Gefühl, nachempfinden zu können, wie diese DDR-Jugend sich angefühlt hat. Super.
Super!! :) Dass das bei dir funktioniert hat, freut mich total.

Bloß ich frage mich: Weswegen hat die Familie ihre Tochter zurückgelassen? Ist sie zufällig in diese politische Situation hineingeraten und hat den Augenblick genutzt, um auszureisen? … Aber dass hier ein einziges Mitglied einer Familie, zumal noch die Tochter, zurückgelassen wird, ist schon eine andere Liga
Das wurde schon einige Mal angesprochen und ich zitiere einfach mich selbst aus einer vorangegangen Antwort:
Die Eltern sind ja gar nicht mit dem Plan in den Urlaub gefahren, abzuhauen: die Ereignisse haben sich dann aber so dermaßen schnell überschlagen, dass viele Leute die Chance einfach in diesem Moment genutzt haben, in dem es möglich war, da ja niemand wusste, wie es weitergeht. Sie haben natürlich die ganze Zeit vorgehabt, die Kleine nachkommen zu lassen, allerdings haben sie trotzdem riskiert, dass es nicht klappen könnte …
Das ist wirklich zum Teil so gewesen, auch wenn man selbst sich nicht vorstellen könnte, das so zu tun.

Ja, dass die Familie sie zurücklassen und ausreisen wird, habe ich an der Stelle geahnt, die ich dir notiert habe, eine große Überraschung war es nicht, aber trotzdem ein guter Plottwist!
Das ist gut! Es kamen sehr unterschiedliche Rückmeldungen dazu, einige habe erst am Ende gemerkt, worauf es hinausläuft, aber viele auch schon an der gleichen Stelle wie du. Ich bin froh, wenn beides funktioniert. Ich bin selbst davon ausgegangen, dass man es vorher ahnt und dann mit diesem Wissen miterlebt, wie die Prota es erfährt, aber wenn man es mit ihr zusammen erfährt ist die Wirkung natürlich nochmal anders.

Ich habe die Geschichte wirklich gerne gelesen, gerade wegen ihrem authentischen Gefühl des Kindseins

Danke, zigga, dein Kommentar hat mich sehr gefreut! :)
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende
Liebe Grüße von Raindog

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Raindog,

seit Du die Geschichte eingestellt hast, will ich sie unbedingt lesen. Nur komme ich z.Z. zu so gar nichts und meine Lesewunschliste wächst und wächst ... Gestern Abend also. Und was ein Vorteil vom späten Kommentieren ist, die anderen haben schon fleißig die Krumen aufgepickt. Da man jedoch nie genug Lob bekommen kann, ist mir auch egal, dass ich jetzt hinterher watschle wie 'ne Ente auf Krücken.

Klar, die Geschichte lebt von der Erzählstimme. Kinderstimmen sind ja immer so bisschen tricky, ein Hauch zu viel oder zu wenig, schon ist das Alter nicht mehr glaubhaft und der Erzähler am Ar... Und Du erzählst hier mal eben so souverän mit der Stimme einer Siebenjährigen - schon allein dafür ist die Empfehlung mehr als verdient. Und wenn so eine Stimme richtig gut gemacht ist, dann hört man der auch zu und erinnert sich so schön an die Zeit, da Züge noch aus Streichholzschachteln waren. Bei deiner Geschichten sind richtig viele Erinnerungen bei mir aufgeploppt, das war schön! So Omaferien und Bauernhof, bei mir waren es Katzenbabies, bis mein Opa uns auf die Schliche kam und sie abgeschossen hat. Leben auf dem Land ist eben nicht immer nur Romantik :).
Historische Ereignisse aus kindlich naiver Sicht erzählt, ist auch so dünnes Eis. Ich finde es zum Ende hin schon ziemlich dick (Dramataste on), aber gerade noch so, dass ich an der Erzählerin dran bleibe. Also, doppeltes Hut ab für dich und die Geschichte!

Ich suche mal eben noch paar Lieblinge raus:

Im Westen war es besser. Natürlich waren die meisten Erwachsenen dort drogensüchtig oder arbeitslos – aber wie schlimm konnte das schon sein, wenn es Ritter-Sport-Schokolade gab und Apfelsinen und Spielzeug von Mattell, das so toll war, dass man es nur flüstern durfte: von Mattell, und sogar das Haarshampoo war so herrlich, dass im Fernsehen Lieder darüber gesungen wurden.

So super! Allerdings kommt das Shampoo nach dem geflüsterten Mattel nur noch auf schwachen Beinchen daher und da auch ohne Shampoo schon alles gesagt ist, würde ich mit dem Geflüsterten aus dem Satz gehen.

Ich war sieben Jahre alt und sofort restlos verliebt.

Ich war auch sofort verliebt nach diesem Satz!

Wir hatten entschieden, dass ich in diesem Sommer bei Oma bleiben würde, weil es mir hier ja sowieso immer am besten gefiel und weil mir bei langen Autofahrten meistens (ganz) schlecht wurde.

Ich stolpere da jedes Mal drüber. Ich weiß - Kinderstimme und so - aber man muss es ja nun auch nicht übertreiben.

Frank hatte fünf ältere Geschwister und ganz alte Eltern, ...

Hehe

Abwechselnd gingen wir mit der Gießkanne ins Waschhaus und holten Wasser, um den See nachzufüllen.
sweet - und ja, damit konnte man einen ganzen Tag verbringen und es erschien einem nie sinnlos, immer neues Wasser ranzuschleppen

Zuerst aßen wir im Bürgermeistergarten Kuchen, ganz ordentlich am Tisch und mit Geschirr, ...

LOL

Der Indianer war mir wirklich nicht sehr gut gelungen, aber Mama und Papa würden das sicher nicht so schlimm finden, der Rest war ja schön.

Und auch sonst. Eltern müssen alle Bilder ihrer Nachkommen lieben. Das ist ihre verdammte Pflicht. Aber das wissen Kinder ja noch nicht.

Auf einen Fetzen von einem alten Unterhemd hatte er mit Filzstift Zukausen geschrieben ...

Ist mir persönlich zu fett. Brauchts den RS-Fehler? Ich würde gut finden, wenn es bei den Kids eben überhaupt keine Rolle spielen würde. Tuts ja letztendlich auch nicht, aber deine Erzählerin erwähnt es und in sofern ist eben doch nachgetreten.

Zughausen verschwamm im Regen, meine Tränen fielen auf das Papier – ich war fast fertig mit der Zeichnung, aber nun liefen die Farben ineinander und verwischten die Konturen und alles war vermatscht.
Ich zerknüllte das dämliche Bild. Der blöde Indianer sah sowieso ganz beschissen aus, beschissener Scheiß-Arschloch-Indianer!,

Und raus aus der Szene! Das ist so stark wie das da steht, warum noch im selben Absatz - im selben Satz sogar! - den Weichzeichner? Verdammt, das Mädel hat ein Recht darauf wütend zu sein. Also lass das Kind doch bitte wütend sein und geb dem nicht sofort einen Lolli in die Hand - im Sinne von, alles wird gut.

Meine Traurigkeit zerfaserte wie die Farben auf der Zeichnung, als sich plötzlich ein Tropfen Freude dazwischen mischte, der sich immer weiter ausbreitete: Ich würde mit Frank zusammen in die Schule gehen!

So schnell? Ich fände es gut, wenn Du ihr (und mir als Leser) bisschen mehr Zeit (Zeilen) gönnen würdest. Lass Frank von der Schule erzählen, wer aus der Klasse doof und wer nicht doof ist, das dem Werklehrer ein kleiner Finger fehlt, und die Musiklehrerin eine Perücke trägt.

„Ja, die Yogurette – die schmeckt so himmlisch joghurtleicht“, sang ich, und „Mou-li-nex“ und dann ganz laut: „Mars macht mobil, bei Arbeit, Sport und Spiel“, -

Langsam nervt es echt.

Mama sah in Schwarzweiß noch hübscher aus, wie eine Schauspielerin von früher, ihr Geruch kam aus dem Fernseher und ich liebte sie mehr als ich vorher gewusst hatte, und ich fragte mich, wann sie anfangen würde zu singen Schönes Haar ist dir gegeben, aber dann war sie weg.

Drüber. Aber so was von!

Mama und Papa und Benny waren jetzt eine andere Familie. Eine Westfamilie, die joghurtleichte Schokolade zu sich nahm und Chipsletten von Bahlsen - die oder keine, eine Familie, die wundervolle Zahnpasta benutzte, damit sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen konnte. Bestimmt hatten sie jetzt eine Moulinette, um endlich alles perfekt zu pürieren und passieren, und sicher sagten sie den ganzen Tag Scheiße und Drecksau, sie waren tief im Westen mit einem Pulsschlag aus Stahl, und vielleicht waren sie auch längst drogensüchtig, und wozu brauchten sie dann noch ein staubiges Ostkind?

Werbung nervt, nervt, nervt. Und es ist hier so fehl am Platz! Du packst das an der Stelle nicht. Nicht so, wie Du es gern hättest. Das ist einfach nur albern. Das wird deiner Erzählerin nicht gerecht.

Ich glaubte ihr nicht ... Ich würde für immer hierbleiben.

Die beiden Sätze dagegen haben Power. Warum muss dieser Werbekram dazwischen? Warum den Schmerz des Kindes ins Lächerliche ziehen? WOZU?

Ich würde mit Frank zusammen sitzenbleiben und dann würden wir heiraten und in Zughausen wohnen und Indianerbilder verkaufen, wir hätten viele Kinder und könnten mit Rocky spielen und bei schönem Wetter am Abend zusammen auf dem Gleis vor unserem Haus hocken, verbrannten Kuchen essen und der Sonne beim Untergehen zusehen.
Sonntags würden wir die Enkelin vom Bürgermeister mit Dreck bewerfen.

Das dagegen, damit kann man gut aus der Geschichte gehen. Zumal Leser ja auch weiß, die Familie wird ganz bald wieder zusammenkommen.

So viel von mir. Ich nehme mal an, Du bist fertig, aber egal. Gern auch alles für den Abfluss ;). Außer natürlich das Lob! Das nicht wegwerfen.

Beste Grüße, Fliege

 

Hey Fliege,

das freut mich aber, dass du es trotz dieser Situation

komme ich z.Z. zu so gar nichts und meine Lesewunschliste wächst und wächst
trotzdem in meine Geschichte geschafft hast.

Da man jedoch nie genug Lob bekommen kann, ist mir auch egal, dass ich jetzt hinterher watschle wie 'ne Ente auf Krücken.
Alle Enten mit Lob im Gepäck sind jederzeit willkommen! Auch noch im nächsten Jahr! (Die anderen werden natürlich auch reingelassen) ;)

Bei deiner Geschichten sind richtig viele Erinnerungen bei mir aufgeploppt, das war schön!
:)
So Omaferien und Bauernhof, bei mir waren es Katzenbabies, bis mein Opa uns auf die Schliche kam und sie abgeschossen hat.
Neeeeeiiiiiiiin!!! :cry:

Ich finde es zum Ende hin schon ziemlich dick (Dramataste on), aber gerade noch so, dass ich an der Erzählerin dran bleibe.
Puh …

Also, doppeltes Hut ab für dich und die Geschichte!
Ein doppeltes Dankeschön, das freut mich riesig!

Allerdings kommt das Shampoo nach dem geflüsterten Mattel nur noch auf schwachen Beinchen daher und da auch ohne Shampoo schon alles gesagt ist, würde ich mit dem Geflüsterten aus dem Satz gehen.
Das ist für mich irgendwie so ein Rhythmus-Ding: Erst im vollen Galopp den Berg hoch und dann in leichtem Trab wieder runter…


Über deine zitierten Lieblingsstellen habe ich mich auch sehr gefreut, es ist ja wirklich interessant, zu sehen, an welchen Stellen was gut funktioniert.
Ich zitiere sie jetzt aber nicht erneut.

weil mir bei langen Autofahrten meistens (ganz) schlecht wurde.
Ich stolpere da jedes Mal drüber. Ich weiß - Kinderstimme und so - aber man muss es ja nun auch nicht übertreiben.
Habe das „ganz“ gänzlich entfernt.

Auf einen Fetzen von einem alten Unterhemd hatte er mit Filzstift Zukausen geschrieben ...
Ist mir persönlich zu fett. Brauchts den RS-Fehler? Ich würde gut finden, wenn es bei den Kids eben überhaupt keine Rolle spielen würde. Tuts ja letztendlich auch nicht, aber deine Erzählerin erwähnt es und in sofern ist eben doch nachgetreten.
Nachgetreten empfinde (und meine) ich das ehrlichgesagt überhaupt nicht.
Die Erzählerin findet es für sich bemerkenswert, gegenüber Frank äußert sie sich aber nicht besserwisserisch und lässt es auch so unperfekt stehen, passend zu dem ganzen ramponierten Spielzeugdorf.

Ich zerknüllte das dämliche Bild. Der blöde Indianer sah sowieso ganz beschissen aus, beschissener Scheiß-Arschloch-Indianer!,
Und raus aus der Szene! Das ist so stark wie das da steht, warum noch im selben Absatz - im selben Satz sogar! - den Weichzeichner? Verdammt, das Mädel hat ein Recht darauf wütend zu sein.
Ja, das leuchtet mir ein. Ich habe das inzwischen geändert und finde es jetzt besser.

Meine Traurigkeit zerfaserte wie die Farben auf der Zeichnung … Ich würde mit Frank zusammen in die Schule gehen!
So schnell? Ich fände es gut, wenn Du ihr (und mir als Leser) bisschen mehr Zeit (Zeilen) gönnen würdest. Lass Frank von der Schule erzählen, wer aus der Klasse doof und wer nicht doof ist, das dem Werklehrer ein kleiner Finger fehlt,
Das verstehe ich auch, ist ein guter Hinweis. Da werde ich mir in Ruhe Gedanken machen und noch etwas in der Art einfügen.

Werbung nervt, nervt, nervt.
Hm, das habe ich verstanden, dass dich die Werbung ziemlich nervt. :hmm: Bisher hatte sich nur einmal jemand geäußert, dem es wohl ähnlich ging, und ich muss das jetzt erstmal sacken lassen und dann sehen, was ich mache. Ist ja schon ein größerer chirurgischer Eingriff an der Geschichte, jedenfalls empfinde ich das so.

Warum muss dieser Werbekram dazwischen? Warum den Schmerz des Kindes ins Lächerliche ziehen? WOZU?
Das wird insofern schwierig für mich werden, weil ich es nicht lächerlich empfinde, es von mir nicht so gemeint ist. Wenn es natürlich so ankommt …
Aber da brauche ich jetzt wie gesagt noch etwas Bedenkzeit …

Ich nehme mal an, Du bist fertig, aber egal. Gern auch alles für den Abfluss
Ich dachte, ich wäre fertig. Aber ich sehe, es geht offensichtlich noch mehr. Einige deiner Hinweise habe ich ja schon umgesetzt, der andere Teil befindet sich jetzt in meinem Kopf und der Abfluss bleibt verschont. :) (Da fällt mir ja gleich wieder ein Werbesong dazu ein - aber ich lass den mal lieber stecken ... ;))

Außer natürlich das Lob! Das nicht wegwerfen.
Niemals - das behalte ich sowieso! Meins! :D
Und natürlich danke ich dir sehr dafür, liebe Fliege, und für deinen netten, hilfreichen Kommentar.

Ein schönes Wochenende wünscht dir Raindog

 

Liebe Raindog,

da ist dir wirklich ein toller Text gelungen. Sehr lebendig.
Am Liebsten mag ich diese Szene:

Er war acht und wir knieten im Staub in einer sonnigen Ecke bei ihm auf dem Hof und bauten ein kleines Dorf aus kaputtem Spielzeug: ein zerbrochenes Holzhaus, das zu einer Western-Ranch gehört hatte, ein Plastik-Indianer, ein Cowboy ohne Hände, ein kleiner Trabant mit drei Rädern, ein Blechsoldat, eine Porzellankuh und ein Stück Schiene von einer Modelleisenbahn. Wir brachen Zweige vom Gebüsch ab und pflanzten damit Bäume, wir legten Moosbüschel auf die Erde als Weide für die Kuh, und wir gruben ein Loch, welches der See wurde für ein Segelboot ohne Segel, das wir irgendwo gefunden hatten. Abwechselnd gingen wir mit der Gießkanne ins Waschhaus und holten Wasser, um den See nachzufüllen. Die Schiene legten wir direkt vor den Saloon, den Indianer und den Soldaten stellten wir dazwischen und es sah aus wie ein echter Bahnsteig.
„Wir brauchen noch einen Zug“, sagte ich und Frank rannte ins Haus und kam mit einer Streichholzschachtel wieder.
„Das ist unser Matchbox-Zug“, sagte er. „Matchbox heißt auf Englisch Streichholzschachtel.“
Dafür, dass er ein Sitzenbleiber war, wusste er ganz schön viel.
„Die im Westen haben’s gut, mit richtigen Matchboxen und so“, sagte er, „und die Leute dürfen dort alles laut sagen, was sie wollen.“
„Auch Scheiße?“, fragte ich.
„Ja“, sagte Frank, „sogar Arschloch.“
Einfach toll:-)

 

Hallo Lotterlieschen,

danke für dein Feedback! Ich freue mich, dass dir der Text gefallen hat - und wenn ich die von dir zitierte Stelle nochmal lese, bekomme ich gerade wirklich richtige Lust, rauszugehen und ein kleines Dorf zu bauen! :)

Viele Grüße von Raindog

 

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