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Zur Sicherheit

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15.04.2004
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Zur Sicherheit

Es war im Jahre 2093, keine zwei Monate nach der totalitären Revolution (im ehemals depressionsschwangeren Staat Hangar), als aller Welt Augen nur auf den einen, den einzigartigen, den Führer der neuen Welt, Ralph Obenheim gerichtet waren.
Alle Mikrosender des trigitalen Fernsehens bei den Menschen zu Hause empfingen an diesem folgeschweren Tag ausschließlich Signale aus dem Verkündungssaal, in dem Obenheim in wenigen Sekunden seinen Beschluss zur neuen Sicherheitsmaßnahme für das Volk bekannt geben würde.
Stille trat ein, als Obenheim bedeutungsschwanger die Arme hob und damit das rege Umherrhuschen der Trigitalseh-Arbeiter unterbrach.
"Liebe Freunde!", tönte es aus den Schallempfängern. "Ich, Ralph Obenheim, Helfer und Wegweiser, spreche zu euch, um den Entschluss des Rates bezüglich der Sicherheitsreform bekannt zu geben."
Eine gewichtige Pause trat ein, bevor Obenheim weitersprach: "Hiermit gebe ich die Erlassung des Psychoanalysegesetzes bekannt. Ab dem ersten Tag des Jahres 2094 soll jeder Büger, männlich sowie weiblich, ab seinem 17. Lebensjahr einen Analasytor zugesprochen bekommen. Ich verkünde es als Pflicht eines jenes Bürgers, sich ab diesem Zeitpunkt jeden Abend einem psychoanalytischen Test zu unterziehen, der zu seiner eigenen, sowie zu unser aller Sicherheit dienen soll! Dieser Test wird es ermöglichen psychisch kippende Menschen, die unaufgehalten in einem späteren Krankheitsstadium unser aller Wohlergehen gefährden können, rechtzeitig erkannt und eliminiert werden. Jeglicher Verstoß gegen dieses Gesetz gilt als offene Staatsfeindschaft und wird mit der Todesstrafe gebüßt..."

Wir schreiben das Jahr 2103.
Robert Baumkrön haute in die Tastatur als sei es das letzte Mal in seinem Leben. Seine roten Haarsträhnen wirbelten durch die Luft, während er die Arme beim Tippen übertrieben umherschwang. Durch die vergrößernden Brillengläser glich sein Blick dem eines halbverhungerten Irren, der einem Hund mit einer Möhre im Maul hinterherjagt.
Aber vielleicht war er das auch: ein Irrer auf der Jagd nach seiner Möhre - denn wenn er diesen Roman nicht in absehbarer Zeit vollendete, würde er in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.
Kira betrat den halbdunklen Raum und legte ihrem Mann besänftigend eine Hand auf die Schulter. "Na, das reicht aber für heute. Denkst du nicht auch? Geh noch schnell durch den Analasytor und komm dann zu mir ins Bett."
Atemlos hielt Robert in der Bewegung inne und wandte sich erschöpften Blickes seiner Frau zu. "Ich, ich kann nicht."
Kira zwang sich zu einem Lächeln und hob ihren Mann aus dem Sitz. "Na komm, mein Schatz. Wir wollen es nicht übertreiben. Das schadet dir nur, wenn du dich da allzusehr reinhängst!"
Dann schubste sie ihn in Richtung des Geräts und begab sich ins Schlafzimmer.
Robert seufzte. Sie hatte ja recht. Auf kurz oder lang würde es ihm nicht gut tun auf diese Weise zu arbeiten. Er betätigte ein paar Knöpfe am Analasytor und sprach ins Kennungsmikrofon. "Robert Braumkrön am... äh... am 15. 06. 2103 um..." Er warf einen raschen Blick auf die Uhr: "23 Uhr 14."
Das Gerät antwortete: "Kennung erfolgreich. Registriere: Datumsangabe zögerlich, Kennungsuhrzeit vor der Nachtruhe um über eine Stunde überzogen."
"Mistding", grunzte Robert und bereute es sofort. Er war einfach zu übermüdet und reizbar heute.
"Registriere: Kennungsobjekt Robert Baumkrön zeigt agressive Veranlagungen."
Robert unterdrückte einen neuerlichen Fluch und gebot sich tief einzuatmen und ruhig zu bleiben. Er wusste, dass er in den letzten Tagen ein bisschen über die Stränge geschlagen hatte, aber er war sich sicher, dass er sich auch heute noch an Rosmarie vorbeimogeln konnte.
"Einen wunderschönen guten Abend, Herr Baumkrön", trällerte der Analasytor, was an sich schon komisch genug war. Es schien fast, als wolle es ihn heute abend provozieren. Aber so leicht ließ er sich nicht reinlegen.
"Einen guten Abend, wünsche ich, Rosmarie", sagte er höflich.
"Wie geht es Ihnen heute, Herr Baumkrön?"
"Sehr gut, danke der Nachfrage." Aber auch die gottverdammte Maschine ließ sich nicht übers Ohr hauen.
"Registriere: Objekt Baumkrön gibt vor guter Laune zu sein. Bestehender Gefahrenbereich: Betrug, böswillige Täuschung, Gereiztheit."
Robert begann zu schwitzen. Nicht dass er geglaubt hätte vollkommen ungeschoren davonzukommmen heute abend. Zumal er wirklich hart gearbeitet hatte und ihm der Abgabetermin seines Romans immer mehr auf die Pelle rückte. Doch langsam schien es eine ernste Angelegenheit zu werden mit der lieben Marie.
"Wie haben Sie Ihren Tag verbracht, Herr Baumkrön?"
Jetzt hieß es möglichst ehrlich, aber dennoch überlegt und vor allem ruhig zu antworten.
"Nun, es war ein sehr stressiger Tag. Ich bin früh aufgestanden und habe den ganzen Tag hart an meinem Roman gearbeitet."
"Wann ist der Abgabetermin, Herr Baumkrön?"
Wann hörte diese dumme Fragerei denn nun endlich auf! Das waren schon zwei Fragen mehr als sonst - und Schuld war nur das blöde "Mistding"...
"In zwei Tagen", grunzte Robert.
"So so..."
Robert spürte förmlich, wie die Hitze ihm ins Gesicht stieg und die Schweißperlen aus seinen Poren presste. Er ballte die Fäuste.
"Registriere: Obekt Baumkrön unterdrückt weitere Agressionsanfälle. Erhöhte Temperatur und Schweißausbruch deuten auf übermäßige Nervosität. Übermäßige Nervosität deutet auf Verheimlichung wichtiger Daten.
Auswertung erfolgt augenblicklich."
Das hörte sich gar nicht gut an. Rosmarie brummte ein paar Sekunden lang, bis sie wieder zu sprechen ansetzte: "Objekt Baumkrön wird als psychisch unbelastbar und nach Paragraph neun des Psychoanalysegesetzes als mögliche Gefahrenquelle und somit als möglicher Staatsfeind eingestuft."
Robert war schockiert. So weit hätte er es nicht kommen lassen dürfen. In seiner Panik und in der Hoffnung den Alarm zu verhindern packte er nach dem Stromkabel, das Rosmarie mit der Steckdose verband.
Was er nicht wissen konnte: der Alarm war schon längst entsandt worden und das Rausreißen des Stromkabels hatte einen letzten elektrischen Impuls ausgesandt, der die psychoanalytische Zentrale über Roberts Tat informierte.
Noch bevor Robert aus seiner atemlosen Schockstarre erwacht war, hörte er wie die Tür eingetreten wurde. Binnen Sekunden war er von Psychocops umringt.
"Ich, äh.... ich...", stammelte er. Einer der Cops legte ihm Handschellen an.
"Sie haben das Recht zu schweigen und nur dieses. Sonst haben Sie kein Recht, denn Sie haben das Stromkabel aus der Steckdose gezogen. Hiermit werden Sie in die Todeszelle abgeführt, ich wünsche Ihnen eine gute Reise und einen angenehmen Aufenthalt." Zwei der anderen Cops führten ihn ab.
Die Schlafzimmertür öffnete sich und Kira trat ein. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich Unglauben wider. "Was...?" Sie gaubte zu träumen. Einer der übrigen Cops klopfte ihr auf die Schulter.
"So ist das mit den Männern heutzutage", grinste er. "Sagen, sie wollen vor dem Zu-Bett-Gehen nur mal kurz zum Analasytor und weg sind se!"

 

Hallo Babelfish,
hm...
Sehr unbefriedigend deine Geschichte.
Sie ist nicht schlecht geschrieben, aber irgenwie hatte ich die ganze Zeit ein großes "Wieso?" im Kopf. Und das wurde immer größer, je näher ich dem Ende kam (das mich sehr an Minority Report erinnerte).

Es gibt also diesen Analysator. Aber warum muss man sich jeden Abend davor stellen und sich analysieren lassen. Was passiert wenn man es nicht tut? Und warum erkennt diese offensichtlich so tolle Maschine nicht einfach einen Überarbeiteten Menschen und empfielt ihm Ruhe? Warum wird dein Prot gleich in die Todeszelle verfrachtet?

Etwas zu viele Fragen für einen so kurzen Text.
So sehe ich das zumindest.

lg Hunter

 

Hi Babelfish,
mir geht es ähnlich wie Hunter. Minority Report ohne Präkognition? Darüber hinaus leider der philosophischen Frage beraubt, die bei Dicks Geschichte dahinter steht: Darf man einen Menschen für die Möglichkeit eines Verbrechens verurteilen?
Was übrig bleibt ist ein technisch unausgereifter Psychoanalysator, auf dessen Aussage hin Menschen zum Tode verurteilt werden und die Alltagsprobleme eines "Last-Minute-Panic"-Kreativen. Um die Geschichte als Kritik an der Klinischen Psychatrie zu sehen ist sie etwas dünn...
Sprachlich würde ich sie im Mittelfeld ansiedeln. Nicht schlecht aber hier und da etwas holprig und frei von überraschenden Elementen.

Gruß lucutus

 

Hallo lucutus und Hunter!

Schön, dass ihr die Geschichte gelesen habt und - selbst wenn sie euch nicht befriedigt hat - ihr euch die Zeit genommen habt, einen Kommentar dazu zu schreiben :-)

Zu der Geschichte:
Anscheinend habe ich es (mal wieder) versäumt ein paar für die Aussage wichtige Dinge in der Geschichte zu verdeutlichen.
Gedacht war es folgendermaßen:
Die Gesellschaft untersteht einem perfektionierten System. Die Menschen sollen guter Laune und am besten gleich unfehlbar sein. Um mögliche Gefahrenfaktoren auszulesen, ist ein Gesetz verfasst worden, welches besagt, dass jeder Mensch vor dem Schlafengehen sich einer Psychoanalyse zu unterziehen hat. Wer dies nicht zeitig tut, als Bedrohung eingestuft wird oder "das Stromkabel zieht" wird vorsichtshalber zum Schutze des Staates eliminiert...
(Schutz vor Terroristen, etc.)
Zugegebenermaßen reichlich abstrakt und überzogen - zumal ich diesen Gedanken im Text gar nicht verständlich rüberbringe, wie eure Reaktionen zeigen.

Vielleicht findet sich ja doch noch jemand, der den Text als die "Menschenauslese", "Kontrollpolitik" und "Gefahren-Panik-Mache" verstanden hat als der er gemeint war...? *hoff*

Werde ihn wohl nochmal überarbeiten müssen

lg, Babelfish

 

PS:
Sie erkennt den überarbeiteten Menschen - jedoch erkennt sie ihn als Gefahr! Wer weiß schon wozu überarbeitete Menschen fähig sind... ;-)
Zugegeben, ein wenig überspitzt. Sollte aber auch absichtlich etwas satirisch wirken.
Eigentlich die ganze Geschichte eine kleine Parodie auf die Panikmache der Menschen (beispielsweise in den Staaten) und die Kontrollsucht mancher Länder und ihrer Regierungen.
Ich weiß, ich weiß, nett erdacht, aber leider net so gut rübergebracht :-(

 

@Babelfish
Du sagst es :)

Sprachlich fand ich den Text durchaus gelungen. Holprige Stellen, unsaubere Bilder oder unasugereifte Sätze sind mir nicht weiter aufgefallen.

Schlecht ist deine Idee auch nicht, doch sie kommt mir persönlich nur etwas trocken daher. Wäre da vielleicht noch etwas Humor mit bei (bis auf den echt flachen Kalauer am Ende), wäre schon früher absehbar, dass es auf eine Satire hiausläuft.

Den politischen-gesetzlichen Hintergrund für deinen Analysator musst du unbedingt miteinpflechten, sonst steht er da so ohne Kontext und wirkt überzogen und unglaubwürdig.
(Der Leser stellt sich dann Fragen wie: Wenns den Prot nervt, warum stellt er sich dann rein? Warum schaltet er die Kiste nicht einfach aus? Was soll überhaupt das Ganze?)

Mein Tip: Lass den Bezug zu den veränderten Gesetzen einfach in einem Nebensatz fallen.
BSP:
"Robert musste mit Marie aufpassen. Er hatte ihre Test schon die letzten beiden Male nur knapp bestanden. Ein drittes Mal und schwupp, die Jungs von der Psychopolizie standen vor der Tür undkackten ihn an wegen Verstoßes des Selbstanalyse-Gesetzes von 2095. Das würde dann kein Zuckerschlecken mit den Typen werden"
oder ähnlich, habs nur mal so schnell hingetippt :)

Grüße
Hagen

 

Also davon abgesehen davon, dass mir überarbeitete Workaholiks auch sehr suspekt sind :D , das was du in einem erklärenden Psoting gesagt hast, das konnte man schon so zwsichen den Zeilen herauslesen (irgendwie):
Man kann schon annehmen, dass das ganze ein sehr Totalitäres System sein muss, wenn es sowas gibt. Gut, du solltest vielleicht noch einbringen, dass man sich vor den Analysator stellen "muss"!

Und wenn du die Panikmache der USA und ihr nahestehender Staaten parodieren wolltest, dasnn ist das ganze noch zu wenig überzogen; dafür erscheint es nämlich wieder zu normal.

glg Hunter

 

Hallo Hagen, hallo nochmal Hunter!

Danke für die konstruktive Kritik!
Hatte mir schon vorher gedacht vielleicht eine "kleine" Einleitung zu schreiben und habe dies nun als erklärenden Teil der Vorgeschichte verwirklicht.
Allerdings ist sie doch ein bisschen länger geworden als gedacht... leider gut halb so lang wie der eigentliche Text :D

Eigentlich ist Hagens Tip, es in einem Nebensatz zu erwähnen, gar nicht schlecht, aber ich hatte das Gefühl, das sei dann schon wieder zu wenig.
Ist die "Einleitung" als solche annehmbar, oder macht sie den Rest des Textes schon überflüssig?
bin mir noch unsicher darin.

lg, Babelfish

 

Hi Babelfish,

Zugegeben, die Einleitung ist etwas lange geraten. Außerdem glaube ich nicht, dass irgendjemand mit einer solchen Rede den Analysator durchbringen könnte. Wenn da schon von Todesstrafe und Elimination die Rede ist... (Außerdem liest sie sich noch etwas holprig.)

Außerdem entfernst du dich durch die dann recht ernste Rede immer mehr von deiner Parodie...

glg Hunter

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo babelfish,
mit den Erläuterungen wird die Geschichte verständlicher, aber ich würde Hagens Vorschlag mit den Nebensätzen auch den Vorzug geben. Die Einleitung verschiebt den Fokus zu sehr. Im Gegensatz zu Hagen bin ich nicht der Ansicht, eine Satire müsse sich schon im ersten Satz als humoristischer Text zu erkennen geben. Eine bierernste Erzählweise kann einen interessanten Gegenpunkt setzen. Wichtiger finde ich, sich für einen Weg zu entscheiden und diesen konsequent zu gehen.

Ein paar sprachliche Anmerkungen:

Alle Mikrosender des trigitalen Fernsehens bei den Menschen zu Hause empfingen an diesem folgeschweren Tag ausschließlich Signale aus dem Verkündungssaal,
Mikrosender, die empfangen? Der Begriff führt in die irre und der Satz wird etwas schwer lesbar. Besser fänd ich ewa:
In den Wohnzimmern zeigten die Trigitalempfänger an diesem folgenschweren Tag ausschließlich Signale aus dem Verkündungssaal, (...)

Sie haben das Recht zu schweigen und nur dieses. Sonst haben Sie kein Recht, denn Sie haben das Stromkabel aus der Steckdose gezogen.
Der zweite Satz klingt holprig. Das Wort Recht solltest du hier im Plural verwenden, da Singlular zu sehr nach "Recht haben", "im Recht sein" klingt. Besser wäre:
Alle weitergehenden Rechte haben sie durch ziehen des Netzkabels verwirkt.

Darüber hinaus finde ich den Analasytor widersprüchlich: Mal redet er Baumkrön sehr persönlich an, dann wieder spricht er in kalter Maschinenlogik von "Objekt Baumkrön". Natürlich ist das Ziel eine eskalte Analyse. Ich fände es aber in sich stimmiger, wenn "Rosmarie" das "Gespräch" zunächst in konsequenter Freundlichkeit durchziehen, und erst zum Schluss kalt wie ein Steuerbescheid das Ergebnis präsentieren würde. Baumkröns steigende Verunsicherung wäre dann nicht weniger erklärlich. Im Gegenteil könnte er sich noch viel mehr an der falschen Freundlichkeit der Maschine hochziehen. Und er weiß ja, worauf es hinausläuft: die Todeszelle.

Den Kalauer zum Schluss würde ich weglassen. Die Geschichte kommt auch gut ohne eine gequält-humoristische Pointe aus.

 

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