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Zwei Menschen um 12
Zwei Menschen um 12-bearbeitet
And I dont want the world to see me
'cause I don't think that they'd understand
when everything's made to be broken
I just want you to know who I am
Unser Blick fällt auf zwei Menschen.
Es ist nach Mitternacht.
Die beiden sitzen auf einem kleinen Hügel. Der Hügel neben der Kirche und dem Krankenhaus. Wir betrachten unsere Protagonisten ein wenig genauer. Die Umgebung ist eigentlich unwichtig, nur der Stimmung wegen sitzen sie auf einem Hügel, oberhalb der Stadt.
Er trägt eine kurze schwarze Hose, die ihm an der Hüfte viel zu groß ist und obwohl er sitzt, rutscht er ab und zu unruhig hin und her und zieht sie nach oben. Nur ein kleines Stück, denn durch das unruhige hin und herrutschen hängt sie nachher wieder zu weit unten. So wiederholt sich das eigentlich immer wieder.
Sein schwarzes Halbarmshirt ziert ein übergroßer Totenkopf, den er einmal irgendwo abgemalt hat. An den Füßen halb durchgelaufene olivgrüne Flip Flops.
Wuschelig ist vielleicht nicht die richtige Bezeichnung für die Haare, wuschelig würde den Eindruck von Locken erwecken, einen falschen Eindruck. Glatt und trotzdem verstrubbelt. Nicht sehr lang, nicht kurz, ein Mittelding, dass sich in kein Schema einordnen lässt.
Sie trägt eine lange hellblaue Jeans und ein rosa-weis gestreiftes Fleece Shirt.
Ihre fast schulterlangen Haare hängen müde nach unten, berühren ihre Knie, die sie angezogen und mit den Armen umschlungen hat. Nur kurz löst sie sich aus dieser Selbstumklammerung um nach einem tiefen Zug an ihrer Zigarette ein wenig Asche auf den Boden zu schnippen.
Hinter den Beiden liegen zwei verknüllte Burger Papierchen und ein kleiner gelber Pappkarton, die Art Müll, die man immer dann bekommt, wenn man das Weltmonopol unterstützt.
Er überlegt sich, wie es wäre dem komischen Clown mit den roten Haaren und dem gelb-weisen Anzug so richtig in den Arsch zu treten und lächelt.
Beiden sieht man an, dass dies nicht das erste mal in letzter Zeit ist, dass sie um die Uhrzeit noch auf sind. Sie sind nicht etwa zusammen, sie sitzen einfach nur so nebeneinander.
Sie steckt sich eine neue Zigarette an.
Was würden Menschen nur in so einer Situation tun, gäbe es auf der Welt keine Kippen.
Ein kleiner ruhiger Moment, eine Pause in der man nichts mit sich anzufangen weiss, ein Gespräch bei dem Beide nicht wissen was zu sagen ist. Steck dir ne Zigarette an und überbrücke die ganze scheiß Situation.
Manche Dinge sind einfach unverzichtbar, auch wenn sie augenscheinlich keiner mag, so ist das eben im Leben.
“Was war Gestern?“
Sie schaut ihm direkt in die Augen. Eigentlich interessiert sie die Antwort nicht, ein Gespräch, um ein Gespräch zu führen eben.
“Weiß’ nicht mehr so genau, war eigentlich die ganze Zeit bei der Probe.“
“Ich komm’ wahrscheinlich auch zum Musical.“
“Echt?“
“Nee.“
Schweigen ziert den Himmel, eine stille Krone, die sich nur durch den Lärm der vorbeifahrenden Autos schmückt.
Er legt sich zurück, schaut sich die Sterne an. So macht man das immer, gleich wird sie sich auch zurücklegen und die beiden werden gemeinsam in die Sterne schauen.
“Du hast dich gerade glaub’ ich in einen Haufen gelegt.“
“Na toll...“
“Nee du, weiß’ nich. Ist ja dunkel hier.“
Zug
“Nein, kein Haufen, war bloß ein kleiner Erdklumpen. Was denkst du gerade?“
“Ich hasse meine Eltern.“
“Aha.“
“Nein, nicht wirklich, aber manchmal schon...keine Ahnung.“
“Ich weiß was du meinst.“
“Am Wochenende war ich wieder richtig voll.“
“Ich weiß, hast du mir schon erzählt, dass mit dem Auto und so.“
“Nein, dass war vor zwei Wochen.“
Schweigen.
Sie nimmt noch mal einen letzten kräftigen Zug. Steht auf.
Es ist warm, bestimmt an die zwanzig Grad.
Neben ihnen in der Luft fliegen tausende kleine Mücken um eine Straßenlaterne.
Er dreht sich zu ihr um, hebt seinen Kopf ein wenig.
“Weißt du, ich mag ihn eigentlich richtig gerne.“
“Ehrlich?“
“Ja, denkst du wir werden Freunde?“
"Willst du etwa mehr?“
...
“Nein, natürlich nicht.“
Sie umarmt ihn.
“Manchmal bist du einfach komisch, aber ich liebe dich einfach.“
“Das sagst du nur, weil du betrunken bist, Fräulein.“
“Ja.“
“Lass uns gehen, ich muss da morgen wieder um 11 Uhr hin und ich wollte mich noch einspielen.“
Er steht auf.
Sie schauen hinab auf die Stadt, auf die vielen kleinen Menschen die trotz der späten Stunde noch unterwegs sind.
Es ist jetzt zwölf Uhr dreiunddreisig.
Keine Sternschnuppe, kein Ufo, kein Weltuntergang mit gewaltigen Feuerbällen und wandelnden Toten. Nicht mal den Mond sieht man besonders gut.
Alles ist normal und das ist wahrscheinlich das störendste an der ganzen Szenerie.
Etwas müsste jetzt passieren, etwas tolles, etwas gewaltiges
.....
Nach einem kurzen Moment entspannt sich die Geschichte wieder und trägt mit gelangweiltem Blick und routinemäßigen Bewegungen etwas in ein kleines Notizbuch ein.
In zwei Minuten werden die Beiden nicht mehr da sein und der kleine Hügel neben der Kirche und dem Krankenhaus wird wieder leer sein. Er kennt viele solcher Geschichten, ihn interessieren sie auch nicht.
Warum auch, ein Stück Erde hat ganz andere Sorgen.