Zwischendurch ein Tier
Er ist seit drei Jahren mein erster Liebhaber, und ich hatte ganz vergessen, wie wichtig Sex für mich ist, wie gut er mir tut, wie belebend er wirkt. Ich hatte vergessen, wie es ist, einen Körper auf meinem zu spüren, die Hände eines Mannes, der mich begehrt, seine Zunge in meinem Geschlecht, und die Erlösung, wenn der Orgasmus kommt. Ich fühle mich von den Toten auferstanden. Und ich habe Hunger. Ich denke Tag und Nacht nur noch an Sex, ich schaue allen Männern auf den Hosenladen, ich stelle mir ihre Schwänze vor, ich schaue ihre Hände an, wie sie einen Bleistift halten oder einen Telefonhörer, ich ziehe sie mit meinen Augen aus, und es schon mehrmals vorgekommen, dass ich meine Arbeit liegen gelassen habe und mich auf die Toilette zurückgezogen habe, ich lege mich auf den Boden, und streichle meine Brüste, ich öffne die Hosen, ich habe immer einen kleinen Vibrator bei mir und lasse ihn langsam in mich eindringen, ich leiste mir dreimal täglich einen kleinen Orgasmus.
Er hat von Anfang an gesagt, dass es ihm nur um Sex geht, und das ist mir recht, ich komme gerade aus einer verunglückten Beziehung heraus, und so etwas brauche ich im Moment nicht schon wieder. Ich habe mehr als genug von stundenlangen Streitereien, von nächtelangen Diskussionen, die sich immer um die gleichen Themen drehen und nicht weiter kommen, es hat mich genug Mühe gekostet, mich daraus zu befreien, mir eine neue Wohnung zu suchen, mein Leben neu aufzubauen, und ich geniesse es, frei und unabhängig zu sein. Und ich geniesse es, einen Typen getroffen zu haben, der einmal oder zweimal pro Woche zu mir kommt, und er steht unter der Tür und sagt: „Zieh dich aus!“, er lässt mich hinknien und ihn blasen, er packt mich bei den Haaren und stösst seinen Schwanz in meine Kehle, er lässt mich auf alle Viere gehen und nimmt mich von hinten, ich spüre die Schwielen an seinen Händen, wenn er mich an den Hüften packt, ich spüre seinen Schwanz, der grob und sicher in mich eindringt, ich liebe das Tierische daran, die Gewalt, ich verwandle mich in eine winselnde Hündin und jaule im Takt zu seinen Stössen.
Nachher liegen wir zusammen auf dem Bett, rauchen eine Zigarette, und reden über die Arbeit, über die kleinen und alltäglichen Dinge, und dann geht er. Er hat noch nie bei mir übernachtet, wir gehen nie aus zusammen, und ich habe ihn auch noch nie danach gefragt. Ich bin drauf und dran, mich in ihn zu verlieben, ich mag seinen Duft, seinen Schweiss, ich mag es, wenn er nach der Arbeit keine Dusche nimmt, doch ich weiss, dass er eine Freundin hat, dass ich mir keine Hoffnungen machen kann. Nur selten weine ich leise vor mich hin, denke an ihn, halte mir sein Gesicht vor Augen, doch das geht schnell vorbei, ich zwing mich, zu vergessen. Und wirklich, es passiert immer seltener, ich geniesse den Sex, ich denke nicht an Romantik.
Zwei Jahre lang geht es auf diese Weise, er kommt regelmässig, immer wieder, und auf einmal habe ich das Bedürfnis nach mehr, nach einer neuen grossen Liebe, der animalische Sex ist gut und recht, doch er fängt nach einer Weile an, sich zu wiederholen, er wird routiniert und vorhersehbar, auch wenn er manchmal auch eine Nutte oder einen Arbeitskollegen für einen Dreier mitbringt, und das hat durchaus seinen Reiz, vor allem geniesse ich es, eine Frau zu berühren, eine Frau hat eine viel weichere und feinere Haut als ein Mann und einen besonderen Geschmack, und ich kann mich gehen lassen, von einer Frau werde ich bestimmt nicht schwanger.
Auf alle Fälle, ich wollte mehr, eine richtige Beziehung, und wenn er auch mehr gewollt hätte, ich bin sicher, ich hätte ihn geheiratet, wir hätten zusammen ein Haus gekauft, Kinder bekommen, und wir wären ein höchst respektables Paar geworden. Doch er wollte nicht.
So kam es dann, dass ich dem Mann meiner Träume begegnet bin, gross, schlank, dunkel, humorvoll, intelligent, und ich mich in ihn verliebte. Wir kamen zusammen, und mein alter Liebhaber rief mich auf einmal ständig an, er sagte, dass er mich vermisse, dass er sein Leben mit mir leben wolle, dass ich die Frau sei, die ihn glücklich mache. Aber - zu spät. Ich bin dem Schicksal entkommen, eine pflichtbewusste und treue Ehefrau zu werden, und unterwegs zu neuen Abenteuern und zu einer neuen grossen Liebe.