Zwischenfall in der Hirnklinik
Irgendetwas funktionierte nicht. Dr. Möllenkamp schien nervös. Er sah zu Dr. Kagen, dem Experten aus den USA, der sich die Operation ansehen wollte. Dr. Anderson hatte Schweißperlen auf seiner Stirn.
"Alles Ok, Chef?" fragte seine Assistentin.
"Rufen Sie Rolf und Annemie. Fragen Sie, ob Dr. Becker erreichbar ist." Er blickte zum Anästhesisten. "Wie lange haben wir noch?"
"Wenn es nicht schlimmer wird, ca. 10 Minuten", war seine Antwort. Dr. Anderson fluchte.
"Anything wrong, Gentlemen?", fragte Dr. Kagen.
"Der Scheiß-Computer. Dieses verdammte Programm." Dr. Anderson zog sich den Kittel aus. "Diese Scheiß-Klinik!"
Alle starrten auf den Computer. "Wieder dasselbe wie bei dem Fremdsprachen-Transfer bei dem Chinesen?" fragte Dr. Möllenkamp.
"Das Areal ist leer, aber ich kriege nichts hinein", schrie Dr. Anderson.
"Der Kunde wünschte einen Musikalitätstransfer", erklärte Dr. Möllenkamp seinem Gast. "Dazu mussten wir ein bisschen umräumen. Wir haben zunächst den Bereich des impliziten Gedächtnis erweitert, sein bisheriges Empfinden für Musikalität hinein geschoben, den leergeräumten Bereich neu formatiert, dabei sind Teile seines Sprachzentrums angegriffen worden. Und jetzt beginnt der Hypothalamus wie bekloppt, CHR zu bilden. Die Nebenniere ersäuft in ACTH, und jetzt haben wir im Blut Kortisolwerte wie bei einem Lehrer am letzten Ferientag."
"O my god", murmelte Dr. Kagen. "Den Sprachzentrum is eliminated?"
"Nein, nur der Teil, der für die kontextuelle Zuordnung zuständig ist, wurde gelöscht. Das WFW Areal. Eine Art Filter, der verhindert, dass man in feiner Gesellschaft dreckige Witze erzählt." Dr. Möllenkamp wandte sich wieder zu Dr. Anderson: "Haben wir ein Backup?"
"Ich sag ja, das Programm hat tausend Macken. Ich komm an nichts mehr ran. Ich krieg immer nur die Fehlermeldung wegen der Formatierung!"
"Noch sieben", rief Anton, der Anästhesist.
Die Tür ging auf. Die Assistentin stürzte herein: "Dr. Becker nicht da. Rolf und Annemie haben den Pager ausgeschaltet. Aber hier ist Benni. Er hat über 'Cognition enhancer' seine Diplomarbeit geschrieben. Provigil und der ganze Kram."
"How interesting", bemerkte Dr. Kagen.
"Wir haben das Programm an der Uni für Rattenexperimente benutzt. Totale Scheiße, wenn man die Bugs nicht kennt." Benni setzte sich gleich zu Dr. Anderson: "Wenn das Relaod nicht funktioniert, machen wir ein Overwrite! Dann muss er es fressen!"
"Aber womit? Wir kommen an die Backups nicht ran!
"Haben Sie nicht irgendwas Passendes im Archiv? Ich meine, was ist denn weg?"
"Das WFW Areal. Der Filter."
"Das WFW ist doch bei fast allen Menschen gleich. Also, je nach Bildung, Herkunft, usw. Was ist der hier denn?"
"Direktor einer Musikschule. Leider total unmusikalisch. Wollte da ein bisschen aufstocken", sagte Dr. Möllenkamp.
"Haben Sie was von Musikern, Malern, Künstlern auf Platte?" fragte Benni.
"Einen Theatermann hätten wir. Relativ neue Daten", schlug Dr. Anderson vor.
"OK, schießen wir das WFW vom Komödianten rein! Anschließend den Musikantenstadl, dann boosten wir noch sein Aggressivitätszentrum, und als Zugabe gibt's noch einen Schub für's Sexualzentrum!"
"Wo haben Sie das gelernt?" fragte Dr. Möllenkamp. "Alles bei den Ratten?"
"Noch drei", rief Anton, der Anästhesist.
"Alles drin!" rief Benni.
"Zumachen!" rief Dr. Anderson.
"Everything Ok", sagte Dr. Möllenkamp zu Dr. Kagen. "He will be able to speak again."
"Er kommt", rief Anton, der Anästhesist.
"Noch eine Minute!", rief die Assistentin "Ich will ihm noch das Blut wegmachen!"
"Too late", sagte Dr. Kagen.
Der Patient schlug die Augen auf.
Dr. Möllenkamp trat zu ihm: "Wie fühlen Sie sich? Wissen Sie wo Sie sind?"
Der Patient griff nach dem Arm der Assistentin. "Wie heißt du denn, mein kleiner Engel?"
Dr. Möllenkamp hakte nach: "Wissen Sie was passiert ist?"
"Klar, ihr wolltet mir Flötentöne beibringen und habt dabei mein Sprachzentrum beschädigt. Wenn ihr das nicht wieder gefickt kriegt, könnt ihr was erleben, ihr Arschgeigen!"
"It seems to be working," strahlte Dr. Kagen.
"Besser als vorher!" sagte Dr. Möllenkamp.
