- Beitritt
- 14.08.2012
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„Ich mache mir diese Notizen während des Schreibens“
(Ich nehme an, es ist „während des Lesens“ gemeint.)
Ich weiß ja nicht, ob so was wortwörtlich zu verstehen ist, aber immer, wenn ich das als Einleitungssatz zu einem Kommentar lese, komme ich mir ein bisschen, nun ja, geistig schwerfällig vor. Mir selber nämlich geht diese quasi Mulitaskingfähigkeit, während des Lesens gleichzeitig an der Kritik zu schreiben, vollkommen ab.
Aber egal, weil darum geht es mir hier eigentlich gar nicht.
Sondern darum:
Ich lese hier in letzter Zeit vermehrt Kommentare, wo ich mir denke, dass die Art, wie der Kommentator eine Geschichte offenbar liest, nie und nimmer dem normalen Leseverhalten entspricht. Satz für Satz weniger im Kontext zu den folgenden Sätzen zu betrachten, sondern vorwiegend daraufhin, ob sich nicht eine (halblustige?) Pointe für den eigenen Kommentar daraus generieren lässt, erscheint mir einigermaßen fragwürdig. (Auch wenn der daraus resultierende Kommentar dann durchaus Unterhaltungswert hat.) Die Frage ist halt, ob man so dem besprochenen Text gerecht werden kann?
Ich meine, selbst zu den allerschlauesten Sätzen der allergroßartigsten Dichter und Denker kann man, sofern man über Fantasie und Wortwitz verfügt, und sofern man die Sätze aus ihrem Kontext herauslöst, sich irgendeinen Blödsinn einfallen lassen (dem Autor die Worte quasi im Munde umdrehen), nur, wem bringt das was? Darüber hinaus beraubt sich der Spaßvogel bei dieser Art von Lektüre ja auch des Lesevergnügens. Während er noch darüber grübelt, wie er jetzt möglichst pointiert und eloquent formulieren könnte, warum er speziell diesen Satz nicht kapiert hat, ist der „Leser von der Straße“ (also z.B. ich) schon längst beim übernächsten Satz, der ihm nicht nur den Sinn des vorletzten erschließt, sondern ihn im besten Fall sogar die konzeptuelle Pfiffigkeit des Autors bewundern lässt.
Ach, ich weiß auch nicht ... klar, wären wir nicht alle eitle Selbstdarsteller, wäre das Forum schon längst öde und verwaist. Aber ich denk mir halt schon, dass diese „Seht mal her, wie lustig ich sein kann“-Attitüde bisweilen das genaue Gegenteil von seriöser Textkritik ist.
Ich fürchte, ich bin ein vollkommen humorbefreiter, alter Griesgram.
Ich geh eh schon ins Bett.