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… außer der Furcht an sich

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10.10.2006
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… außer der Furcht an sich

Mein bisheriges Leben bestand aus einer raschen Abfolge von Herzinfarkten, aufgereiht wie bei einer Perlenkette, aber mir geht die Schnur bald aus.
Als Kind hatte ich Angst vor dem Mann unter meinem Bett. Das ist die erste Perle, an die ich mich erinnere. Ich hatte Angst einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen, dass etwas mit mir passiert, dass mich wer holt. Meine Mutter hat mir gesagt, Oma sei eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Der Mann unter meinem Bett – ich hatte Angst davor, dass er nach mir greift, seine Klauen durch die Matratze hindurch nach oben stößt, mit vor Kälte klirrenden Fingern durchs Mark greift, nach meinem Herzen. Ich schrie.
Ich hatte Angst einzuschlafen, aus dem Bett zu fallen und mir den Kopf zu stoßen, nachdem ich den Wickeltisch meines Bruders gesehen und meine Mutter gefragt hatte, warum da Gitter dran wären? Und wenn bei ihm, warum dann nicht auch bei mir?
In der Grundschule hatte ich Angst vor Raufereien. Ich weiß noch, so ein Junge stand vor mir, ich war nicht sehr beliebt damals, ein feister Junge stand vor mir, mit Sommersprossen übers ganze Gesicht verteilt und roten Haaren, roten, irgendwie dünnen Haaren. Er hielt einen Bleistift vor meine Augen, einen grünen, mit einer Hand hielt er ihn am linken Ende und mit der anderen am rechten fest. Er sagte: „Ich kann mit deinem Arm das hier machen.“ Dann hat er den Bleistift in der Mitte zerbrochen. Ich hatte Angst vor morschen Knochen, vor Brüchen und Splittern, vor kleinen Knochen-Torpedos, die sich durch mein Fleisch bohren.
In der Pubertät hatte ich Angst vor Krebs. Ausgemergeltes, marodes Fleisch, weil ich Benn gelesen hatte, weil wir Benn lesen mussten. Achte Klasse, Deutsch, Mann und Frau gehen durch die Krebsbaracke. Fleisch schwillt an Fleisch. Ich bin ohnmächtig geworden. Das Mädchen, das das Gedicht vorgelesen hat, wusste, was mit mir los war, wir verstanden uns gut, sie war meine Freundin, aber sie hat einfach weiter gelesen.
Später dann Aids, Freddy Mercury, ein Fünfzig-Kilo-Gerippe. Viren, unsichtbare Killer, Fleisch fressende, geifernde Mäuler.
Ich fürchtete, dass mich ein Blitz treffen könnte, ein herabfallender Ast mich erschlüge, bibberte vorm Flammentod im Schlaf, weil der Sicherungskasten Funken fing. Ich hatte Angst vor der Musterung, vorm Autofahren und davor, aus Angst mein Leben zu verschwenden.

Ich lege Karten, nur für mich selbst, Solitär, das beruhigt mich. Wenn meine Gedanken auf Wanderschaft sind, treffen sie auf schlimme Dinge am Wegesrand. Karten beruhigen mich. Solitär ist ein kompliziertes Spiel, wenn man es mit vier Kartendecks spielt. Jede einzelne Karte ist in Folie eingeschweißt. Ich hab mal gelesen, man kann über Nacht zum Bluter werden.
Aber das ist alles bald vorbei, die Schnur geht mir aus.
Ich weiß, was ich jetzt habe, ich bin kein Idiot, ich bin keine Witzfigur. Ich leide unter Phobiaphobie. Das ist medizinisch. Ich habe Angst vor der Angst. Ich habe Angst davor, mich so zu erschrecken, dass ich sterbe.
Aber das ist bald vorbei. So oder so.

Seit Jahren derselbe Traum: Die Gastwirtschaft aus dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin, ich laufe jemandem nach, ich sehe nur seinen Rücken, manchmal ist es ein Mann, manchmal eine Frau, aber wer auch immer es ist, er hat rote Haare, irgendwie dünne rote Haare. Wir laufen durch den Schankraum, vorbei an der Theke, dann durch einen Flur, durch eine Küche. Die Küche ist hell, sie strahlt richtig, Töpfe und Pfannen stehen silbern auf den Herdplatten, wir gehen weiter, nach draußen, eine kleine Treppe hinunter in den Hinterhof, mir wird schwindlig, ich lockere meinen Kragen, meine Knie werden weich, ich atme schwer, wir gehen die Treppe nach unten, da ist eine kleine Treppe und da sind noch ein paar Meter und eine Ecke. Da ist eine Ecke irgendwo. Rechts von mir ist eine Garage und ein Auto steht darin, ein blauer oder brauner Kleinwagen und hinter dieser Garage ist eine Ecke, um die ich nicht sehen kann. Mein Begleiter bleibt stehen und zeigt mit einer Hand in die Richtung der Ecke und ich gehe um diese Ecke und sterbe.

Man lernt, mit der Angst umzugehen. Ich bin ein Experte für die Angst. Wäre die Angst ein Schwert, ich könnte sie schlucken. Aber es ist nichts Heldenhaftes daran zu erdulden. Es ist kein Mut nötig, um weiterzuleben. Man tut es einfach. Man legt Karten, isst, schläft und wacht wieder auf. Man denkt nicht an gestern, so wie man nicht an morgen denkt. Aber man träumt und man merkt, dass die Schnur ausgeht, dass das Herz schwächer wird, dass alles platzt und porös wird, dass Blut verklumpt und Gedanken wuchern. Wenn mein Verstand ein Garten wäre, ich könnte dabei zusehen, wie das Unkraut ihn überwuchert. Wie es mich infiziert und verschlingt, wie es mich verdorrt und aushöhlt, wie mir die Schnur ausgeht.

Die Tür zum Schankraum ist schwer. Das weiß ich noch von früher, als wir hier gewohnt haben, aber da war ich ein Kind, als Kind kommt einem alles größer und schwerer vor. Als Kind hatte ich Angst, dass ich die Tür aufmache und sie, noch während ich hindurchgehe, zufällt und mich von hinten zerquetscht. So wie ich Angst hatte, im falschen Moment aus dem Schulbus zu steigen. Wenn der Fahrer mal nicht schaut und die Tür schon schließt und ich mitgeschleift werde.
Links vor der schweren Tür steht ein Zigarettenautomat, noch so wie früher. Aber jetzt ist ein Schlitz für Personalausweise darin und er ist kleiner. Früher war er auf Augenhöhe, heute reicht er mir nur bis zur Brust. Ich wische mir über die Stirn, sie ist nass. Ich drücke meinen Rücken durch und fasse die Klinke mit beiden Händen an, mit einem Ruck reiße ich sie auf, die ganze Busfahrt über hab ich mir das vorgestellt. Ja, ich bin Bus gefahren, ich hatte nur vierzehn Euro achtzig dabei, damit ich nicht aussteigen konnte. Während der Fahrt hab ich die Busfahrkarte in der Tasche meiner Jacke gestreichelt und zerknittert wie eine Spielkarte ohne Folie. Ich reiße die schwere Tür mit beiden Händen auf und husche hinein, bevor sie zufallen und mich erschlagen kann.

Drinnen sitzt eine rothaarige Frau an einem runden Tisch. Sie schaut nach oben, mit der linken Hand löffelt sie gerade etwas, das ich aber nicht sehen kann, weil sie mit der rechten Hand in der Zeitung blättert. Sie schaut mich an und ich erkenne sie sofort. Meine Freundin von damals, die, die weiter gelesen hat, obwohl sie mich kannte. Sie schaut mich an, ihre Augen sind grün, und sie sagt: „Bist du’s?“
Ich nicke.
„Schön“, sagt sie. „Setz dich doch, ich bin gleich fertig.“
Ich ziehe einen Stuhl weg, er schrammt über den Boden, und ich setze mich zu ihr. Sie hat die Zeitung weggelegt und ich kann den Teller sehen. Sie isst Frikadellen mit Apfelkompott. Sie sticht mit ihrem Löffel ein Stück Frikadelle ab, taucht ihn dann in den gelben Kompott, führt ihn zur anderen Seite des Tellers und tippt Apfelkompott auf die Frikadelle. Sie sagt: „Ist schon komisch, ob der Apfel jemals daran gedacht hat, mal mit einem Schwein verspeist zu werden?“ Dann führt sie den Löffel an ihren Mund, schließt die Augen, während sie kaut und schluckt. „Ich weiß noch“, sagt sie. „Das hast du früher mal zu mir gesagt, als du gehört hast, dass in Katzenfutter Rindfleisch ist. Du hast gesagt: Stell dir mal vor, wie so eine Katze vor einer Kuh steht und sagt, morgen fress ich dich. Das weiß ich noch, daran hab ich oft gedacht. Du hast mich zum Lachen gebracht.“
Wir reden, währenddessen schaue ich aus dem Fenster und suche nach braunen oder blauen Kleinwagen, die in eine Garage passen. Meine Hose klebt am Stuhl und ich höre, wie mein Knie gegen die Unterseite des Tisches schlägt, aber wir reden.

„Du warst nie so ängstlich“, lügt sie. „Du bildest dir das nur ein. So schlimm wie du tust, war es nie. Du bist nicht ohnmächtig geworden damals, dir wurde nur schwindelig. Weißt du das nicht mehr?“
Warum belügt sie mich?
„Komm“, sagt sie. „Da ist nichts.“
Sie steht auf, ich schaue auf ihren Teller, schaue dann wieder nach oben, hinter ihr her. Ich kann nur ihren Rücken sehen und ihr Haar, ihr irgendwie dünnes, rotes Haar, ich muss mich von der Tischplatte abstützen, um aufstehen zu können.
„Kommst du?“, fragt sie und ist schon an der Tür zum Flur hinaus, nach hinten. Ich gehe ihr nach, der Flur ist wirklich nur eine Zwischenstation, ganz winzig. Er riecht nach Cordmützen und Couchgarnituren, obwohl gar nichts darin steht, aber sie macht schon die Tür auf zur Küche und ich bin hinter ihr. Es ist viel zu schnell. Sie läuft zügig, mit zackigen Schritten, wir gehen an silbernen Töpfen vorbei, Kochlöffel hängen von oben nach unten hinab, wie Gitterstäbe. Zwischen Kochlöffeln und herabhängenden Pfannen sehe ich in das feiste Sommersprossengesicht eines Mannes, er lugt hindurch wie in einem Alptraum.
„Kommst du?“, ruft sie von der Tür.
Ich folge ihr, als ich bei der Tür bin, seh ich nach unten. Da ist eine kleine Treppe. Eine winzig kleine Treppe, nur drei Stufen. Sie hüpft schon hinunter, als wär es noch gestern und nicht mehr heute. „Er ist immer noch braun, genau wie früher“, sagt sie. „Nun komm schon“.
Ich sehe nach rechts, von meiner Treppe aus, und da steht ein brauner Kleinwagen in der Garage.
„Wir haben so viel zu bereden, ich hab dich ja total aus den Augen verloren“, sagt sie. Ich lockere meinen Kragen, mein Herz rast. Meine Knie werden weich.
„Nun komm schon“, sagt sie wieder, so als wäre es heute. „Bring es hinter dich, du hast es mir doch erklärt.“
Ich habe gar nichts gesagt. Das ist ein Traum. Ich hab nicht mit ihr geredet. Sie hat den Kompott gegessen und ist aufgestanden. Und der Mann arbeitet nicht in der Küche, das ist ein Traum.
„Nun komm“, sagt sie. „Schau um die Ecke“. Sie streckt eine Hand aus, ich kann jeden einzelnen Finger sehen und die Sonne, die sie von hinten beleuchtet.
Das ist ein Traum. Ich gehe die erste Treppenstufe nach unten. Das ist ein Traum. Ich träume das nur, ich habe es schon oft geträumt. Heute ist es anders.
Sie lacht glockenklar.
Mein Herz zerspringt, das Unkraut wuchert, der Traum sprengt mich. Da ist die Ecke, um die ich nicht sehen kann. Die Ecke, die mich tötet.
Ich schaue zu ihr, sie spitzt die Lippen wie zum Kuss, ich schaue nach rechts, der braune Kleinwagen steht da, ich schaue nach vorne. Ein Traum. Ich - nur noch ein paar Schritte, bis zur Ecke. Mein Hals schnürt sich zu. Ich schaue über meine Schulter, da ist die Treppe noch, wenn ich jetzt zurückgehe, ist da die Küche und der Flur und der Schankraum und der Zigarettenautomat und der Bus und Solitär. Der Bus.
Ein Traum. Noch einen Schritt, dann bin ich um die Ecke.
Ich greife in die Tasche meiner Jacke. Da ist die Busfahrkarte.
Mir brechen die Beine weg. Das letzte Grün meines Gartens ist verdorrt. Das geschluckte Schwert hat mich durchbohrt. Ich höre sie noch schreien.
Zu viele Perlen, zu wenig Schnur.

 

Hallo Quinn,

gewohnt gut geschrieben, deine Geschichte. Du ziehst den Leser gekonnt in den Bann, bombardierst ihn mit allen Ängsten und weckst unbehagen. Dein Protagonist tut einem Leid, doch man möchte ihn auch anschreien endlich aus dem Knick zu kommen.
Du deutest mehrere Male an, bald sei das alles vorbei und ich folge dir gespannt durch die Vermischung von Realität und Traum. Sehr schön, wie du das zusammen webst und offen lässt, was denn nun wirklich nicht oder nicht.
Das Ende aber letztlich finde ich dann recht enttäuschend. Dafür, dass du den Leser so sehr auf die Folter gespannt hast, passiert eigentlich herzlich wenig. Beziehungsweise das offensichtlichste tritt ein. Die Schnur reißt ab - und zwar genau an der Stelle, wo man es vermuten würde.
Schade, das lahme Ende wird dem schön steigenden Aufbau der kg nicht gerecht.

zwei DInge, die mir auffielen:

„Bist du’s?“
Ich nicke.
„Schön“, sagt sie. „Setz dich doch, ich bin gleich fertig.“
diese Begrüßung finde ich nicht authentisch. Daür, dass sich die beiden lange nicht gesehen haben, begrüßt sie ihn recht gleichgültig.
Irritiert hat mich auch etwas, dass sie reden, aber nur sie etwas sagt. Im Zusammenhang mit dem surrealen Geschehen passt das natürlich auch irgendwo, da er recht willenlos in das Geschehen hinein gezogen wird ... Hmm

Ich folge ihr, als ich bei der Tür bin, seh ich nach unten. Da ist eine kleine Treppe. Eine winzige kleine Treppe, nur drei Sprossen. Sie hüpft schon hinunte
Eine Treppe hat Stufen. EIne Leiter hat Sprossen.

Mal schauen, wie die anderen zum Ende stehen

grüßlichst
weltenläufer

 
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Hallo Quinn!

Ich hatte Angst einzuschlafen und aus dem Bett zu fallen und mir den Kopf zu stoßen, nachdem ich den Wickeltisch meines Bruders gesehen und meine Mutter gefragt hatte, warum da Gitter dran waren?
Erstmal das Fragezeichen weg. Dann würde ich da auch zwei Sätze draus machen, ich bin da hängen geblieben, der Rhythmus ist einfach ganz komisch. Und der Satzanfang hat auch gar nichts mehr mit dem Ende zu tun, oder?
Er hielt einen Bleistift vor meine Augen, einen grünen, mit einer Hand hielt er ihn am linken Ende und mit der anderen am rechten fest. Er sagte: „Ich kann mit deinem Arm das hier machen.“ Dann hat er den Bleistift in der Mitte zerbrochen.
Das ist eine meiner Lieblingsstellen. :) Ich muss da an die eine Szene aus Sleepy Hollow denken, irgendwie. Wirklich coole Stelle. Das Knacksen ist richtig laut.
Ich hatte Angst vor morschen Knochen, vor Absplitterungen, Brüchen und Splittern, kleinen Knochen-Torpedos, die sich durch mein Fleisch bohren.
"Absplitterungen" würde ich streichen.
Später dann Aids, Freddy Mercury, ein Fünfzig-Kilo-Gerippe. Bazillen,
Viren. Aber vielleicht ist das auch belanglos.
Jede einzelne Karte ist in Folie eingeschweißt. Ich hab mal gelesen, man kann über Nacht zum Bluter werden.
Das verwirrt mich jedes Mal. Eingeschweißte Karten? Und was soll das mit dem Bluter? Raff ich nicht.
Ich weiß, was ich jetzt habe, ich bin kein Idiot, ich bin keine Witzfigur. Ich leide unter Phobiaphobie.
Ich weiß nicht. Die Stelle gefällt mir gar nicht. Ist es wichtig, den medizinischen Begriff zu wissen, als Leser? Es wird doch sowieso im Text deutlich. Die Stimmung bisher ist so surreal, da passt das überhaupt nicht rein. Wenn du es doch behalten willst: Den ersten Satz würde ich umstellen. Ich weiß jetzt, was ich habe. Er hat es ja schon die ganze Zeit, wusste es bloß noch nicht.
Ja, ich bin Bus gefahren, ich hatte nur vierzehn Euro achtzig dabei, damit ich nicht aussteigen konnte.
Versteh ich nicht.
„Ist schon komisch, ob der Apfel jemals daran gedacht hat, mal mit einem Schwein verspeist zu werden?“ Dann führt sie den Löffel an ihren Mund, schließt die Augen, während sie kaut und schluckt. „Ich weiß noch“, sagt sie. „Das hast du früher mal zu mir gesagt, als du gehört hast, dass in Katzenfutter Rindfleisch ist. Du hast gesagt: Stell dir mal vor, wie so eine Katze vor einer Kuh steht und sagt, morgen fress ich dich. Das weiß ich noch, daran hab ich oft gedacht. Du hast mich zum Lachen gebracht.“
Zweite Lieblingsstelle. :)
Eine winzige kleine Treppe, nur drei Sprossen.
Stufen. Und aus dem "winzige" würde ich ein "winzig" machen.
Da ist die Busfahr-Karte.
Busfahrkarte.

Ich finde du hast da einige wirklich tolle Stellen drin. Der Anfang ist super, das Ende auch. Dieses Perlenschnur-Motiv und sein Verstand, der ein Garten ist, auch sehr schön. Überhaupt gefallen mir diese verzerrten Bilder und der gehetzte Tonfall. Das Interessante ist ja wieder, dass Traum und Wirklichkeit verwischt sind und man nicht so richtig weiß, ob er das träumt oder es sich einbildet oder auch nicht, so wie bei der letzten Geschichte. Zwischendrin hat der Text aber ein paar Längen, ich hab mich dann immer dabei erwischt, wie ich abgeschweift bin und dann nochmal lesen musste. Bisschen kürzen und feilen und alle meine Anmerkungen reinbringen, dann find ichs toll. :D

Liebe Grüße,
strudel

Edit: Ich hab grad das mit dem Bluter verstanden. :idee: Er hat Angst sich an den Karten zu schneiden und dann zu verbluten. Ist aber trotzdem unlogisch, weil an einer Folie schneidet man sich doch eher als an einer Spielkarte, oder? Ich würde ihn lieber Handschuhe tragen lassen.

 
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Tach Quinn,

deine Geschichte hat mich leider nicht überzeugt. Der alte Affe Angst! Eine der stärksten Emotionen, die ein Mensch empfinden kann. Deshalb war es richtig, die Story aus der Ich-Perspektive zu erzählen. Aber mir fehlt die, nun ja, Tiefe oder wie man es nennen möchte. Im ersten Absatz geht es mir zu Holterdipolter durch ein Sammelsurium von Ängsten – viele davon sind mir bekannt, gleichwohl hat mich dieser Abschnitt nicht berührt. Woran das liegt? Schwer zu sagen – mir hätte eine lebendigere Herangehensweise vermutlich besser gefallen, so zählst du die Ängste mehr oder weniger auf und schwenkst dann zum eigentlichen Kern der Geschichte. Andererseits, ein opulentes Phobienmenü, das jeden noch so kleinen Möhrchenstreifen ins rechte Licht gerückt hätte, wäre als Einleitung wohl unverdaulich gewesen.

Was dann folgte, war – entschuldige! – zu beliebig. Die Geschichte handelt von der Angst vor der Angst, mehr noch, letztlich vom Sterben. Aber das Geschehen hat mich nicht gepackt. Ich war die ganze Zeit über emotional außerhalb der Geschichte – was mich betrifft, so liegt das wohl an der relativen Kürze des Dargestellten. Du verzichtest weitgehend auf Dialoge zwischen dem Prot und der Frau, obwohl gerade das dem Ganzen mehr Tiefe hätte verleihen können. So trifft er halt seine alte Freundin, man hört etwas von einem feisten rothaarigen Jungen/Mann, sieht ein Alptraumgesicht zwischen Bratpfannen und Kochlöffeln, steigt eine Treppe hinunter, da gibt es noch den ominösen braunen Kleinwagen (ominös? Ich kann die Karre jedenfalls nicht in einen Deutungszusammenhang bringen) und am Ende wird er – wenn ich es recht verstanden habe – von dem Bus überfahren.

Ich jedenfalls habe keinen Zugang zum Geschehen gefunden. Mir fehlte die Intensität, gerade weil es um Angst geht. Sorry.


Noch einige Anmerkungen:

Mein bisheriges Leben besteht aus einer raschen Abfolge von Herzinfarkten, aufgereiht wie an einer Perlenkette, aber mir geht die Schnur bald aus.
Falsche Zeitform: bestand
Ich empfinde die Metapher als missglückt. Eine Perlenkette werden die meisten mit etwas Schönem, Wertvollem in Beziehung bringen. Mit dem Bild, dass ein Herzinfarkt nach dem anderen (gleichsam einer Perle nach der anderen) auf einer Schnur aufgefädelt wird, kann ich mich nicht anfreunden.

Als Kind hatte ich Angst vor dem Mann unter meinem Bett. Das ist die erste Perle, an die ich mich erinnere.
Die erste Perlen, an die ich mich erinnere, waren Shirley Temple und die adrette Reinigungskraft in „Drei Nüsse für Aschenbrödel“. In der holden Jugend hatten wir keine Freundinnen, sondern zunächst einmal Perlen. Ein Blick in die Bibel (Matthäus 7,6): „Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben und eure Perlen nicht vor die Säue werfen.“
Die Perle als Metapher ist also durchweg positiv besetzt. Das passt weder zum Herzinfarkt noch zum (Schwarzen) Mann unter der Pofe, und damit „zieht“ das tragende Bild dieser Geschichte mit der sich stetig verknappenden Schnur nicht.

Der Mann unter meinem Bett – ich hatte Angst davor, dass er nach mir greift, seine Klauen durch die Matratze hindurch nach oben stößt, mit vor Kälte klirrenden Fingern durchs Mark greift, nach meinem Herzen.
Hättest du vom „Ding unterm Bett“ geschrieben, würde ich mich an den Klauen nicht stoßen. Aber hat ein Mann Klauen? Und dass er mit „vor Kälte klirrenden Fingern“ nach ihm greift, klingt nicht rund – vor Kälte klirrend schreibt man doch eher, wenn einem selbst saukalt ist. Wie wäre es hier mit „greift mit eiseskalten Fingern nach mir“?

In der Grundschule hatte ich Angst vor Raufereien. Ich weiß noch, so ein Junge stand vor mir, ich war nicht sehr beliebt damals, ein feister Junge stand vor mir,
Diese Wort- oder Satzwiederholungen mit verstärkendem Adjektiv mag ich überwiegend und verwende sie selbst häufiger.

und roten Haaren, roten, irgendwie dünnen Haaren.
Ich habe nichts gegen Füllwörter, wenn sie passen (womit sie ihren Status als Füllsel allerdings schon einbüßen) – in deiner Story greiftst du das „irgendwie“ immer wieder auf, ohne dass sich mir der nähere Sinn erschließen mag. Das ließ mich zunächst vermuten, dass er zwar dünne Haare habe, dies aber nicht im eigentlichen Sinne – sondern „irgendwie“, was dann noch näher erläutert würde. Aber so: er hat dünne Haare oder nicht. „Irgendwie“ täte ich radikal streichen.

Das Mädchen, das das Gedicht vorgelesen hat, wusste, was mit mir los ist,
war


Später dann Aids, Freddy Mercury, ein Fünfzig-Kilo-Gerippe. Bazillen, unsichtbare Killer, Fleisch fressende, geifernde Mäuler.
Du arbeitest viel mit Ellipsen, gefällt mir.
Aber AIDS (genauer gesagt: HIV) ist ein Virus. Bazillen gehören zu den Bakterien.

Jede einzelne Karte ist in Folie eingeschweißt. Ich hab mal gelesen, man kann über Nacht zum Bluter werden.
Das fand ich in all seiner Beiläufigkeit gut!

Ich leide unter Phobiaphobie. Das ist medizinisch. Ich habe Angst vor der Furcht.
Es ist zwar ein medizinischer Ausdruck, aber ich denke eher, dass es psychisch bedingt ist. Nur ein Vorschlag: „Ich leide unter Phobiaphobie, sagen die Ärzte/Weißkittel. Ich habe Angst vor der Furcht.“ -> der zweimalige Satzanfang mit „Ich“ ist hier beabsichtigt.

ich laufe jemandem nach, ich sehe nur seinen Rücken, manchmal ist es ein Mann, manchmal eine Frau, aber er hat immer rote Haare, irgendwie dünne rote Haare.
Wenn es dann und wann auch eine Frau ist, passt das Personalpronomen nicht. Vorschlag: „aber die beiden haben immer rote Haare ...“.

Töpfe und Pfannen stehen silbern auf den Herdplatten,
Das rumpelt. Ich glaube nicht, dass die Töpfe und Pfannen silbern auf den Herdplatten stehen, so wie manchmal Leute gelangweilt vor den Herdplatten stehen. Die Farbe/das Material gehört vor die Töpfe und Pfannen.

und hinter dieser Garage ist eine Ecke, in die ich nicht sehen kann. Mein Begleiter bleibt stehen und zeigt mit einer Hand in die Richtung und ich gehe um diese Ecke und sterbe.
Ich glaube, diese Unstimmigkeit taucht später noch einmal auf: erst schreibst du, du könntest nicht in die Ecke sehen, dann aber geht der Prot um die Ecke herum – beides geht aber nicht. Entweder betrachte ich den Winkel von innen oder von außen.

Ich bin ein Experte für die Angst. Wäre die Angst ein Schwert, ich könnte sie schlucken.
Hier bin ich ein wenig unsicher – müsstest es nicht heißen „ich könnte es nicht schlucken“?

Aber man träumt und man merkt, dass die Schnur ausgeht,
Eine „ausgehende Schnur“ ist, nun, seeeehr umgangssprachlich formuliert.

wie mir die Schnur ausgeht.
Schrieb ich schon, dass ...

So wie ich Angst hatte aus dem Schulbus zu steigen im falschen Moment.
Ich finde deinen Satzkonstrukte an vielen Stellen sehr lebendig, aber hier geht der Rhythmus flöten. Vorschlag: „So wie ich Angst hatte, im falschen Moment aus dem Schulbus zu steigen.“

Ich drücke meinen Rücken durch und fasse die Klinke mit beiden Händen an, ich reiße sie auf mit einem Ruck, die ganze Busfahrt über hab ich mir das vorgestellt.
Auch hier wieder: „... mit beiden Händen an, mit einem Ruck/ruckartig reiße ich sie auf, die ganze Busfahrt ...“ -> scheint mir geschmeidiger

Ja, ich bin Bus gefahren, ich hatte nur vierzehn Euro achtzig dabei, damit ich nicht aussteigen konnte.
Den Satz habe ich nicht verstanden. Er hatte nur 14,80 dabei, damit er nicht aussteigen konnte? Meintest du „Er hatte genau 14,80 dabei“? Oder „Ich hatte nur deshalb 14,80 dabei“?

Ich ziehe einen Stuhl weg, er knirscht auf dem Boden,
Stühle knirschen nicht auf dem Boden. Vielleicht besser Schrammen, Kratzen oder Vergleichbares (schreibt man das eigentlich groß? Hmpf!)

Sie sticht mit ihrem Löffel ein Stück Frikadelle ab, taucht ihn dann in den gelben Kompott, führt ihn zur anderen Seite des Tellers und tippt Apfelkompott auf die Frikadelle.
Das Hervorgehobene täte ich nicht hinschreiben – wozu die Info? Wenn es nicht gerade einer von Bioleks wagenradgroßen Tellern ist, sind die Wege dort nicht weit.

„Das hast du früher mal zu mir gesagt, als du gehört hast, dass in Katzenfutter Rindfleisch ist. Du hast gesagt: Stell dir mal vor, wie so eine Katze vor einer Kuh steht und sagt, morgen fress ich dich. Das weiß ich noch, daran hab ich oft gedacht. Du hast mich zum Lachen gebracht.“
Hehe, das fand ich richtig gut. Lebendiger, glaubwürdiger Dialog.

ich höre wie mein Knie gegen die Unterseite des Tisches schlägt. Es klingt wie eine Nähmaschine
Ich nehme an, du sitzt jetzt gerade. Schlag doch mal mit deinen Knien gegen die Tischunterseite. So klingt keine Nähmaschine, und wenn doch, ab damit in die Nähmaschinenwerkstatt (es könnte was am Kugellager sein).

ich muss mich von der Tischplatte abstützten,
abstützen

„Kommst du?“, fragt sie und ist schon an der Tür zum Flur hinaus, nach hinten.
Ist sie an der Tür? Oder schon hindurch, zum Flur hinaus? Warum nicht einfach: „... und ist schon zum Flur hinaus.“

Er riecht nach Cordmützen und Couchgarnituren,
Mit Sitzgruppen verbinde ich sofort einen Geruch, nämlich einen muffigen. So ganz eindeutig ist die Formulierung aber nicht – Ledercouchen frisch aussem Laden riechen anders als ein geblümtes Erbstück aus der Gründerzeit.
Aber wie riechen denn Cordmützen?

sie macht schon die Tür auf zur Küche und ich bin hinter ihr. Es ist viel zu schnell.
„Sie ist viel zu schnell.“

Sie läuft zügig, mit zackigen Schritten, wir gehen an silbernen Töpfen vorbei, Kochlöffel hängen von oben nach unten hinab, wie Stalaktiten oder Stalagmiten, das weiß ich nicht so genau.
Diese Passage ist für mein Empfinden zu aufgebläht. Wenn etwas hängt, dann von oben nach unten, logi. Ich täte es kürzen: „Kochlöffel hängen an der Wand.“ Fettich!

Sie hüpft schon hinunter, als wär es noch gestern und nicht mehr heute.
Hm, vielleicht bin ich zu blöde, ich versteh die Bemerkung mit „gestern“ und „heute“ nicht. Könnte sie „heute“ denn nicht mehr hinunterhüpfen? Liegt es am Alter der Prots? Hm ...

„Nun komm schon“, sagt sie wieder, so als wäre es heute.
Shit, das scheint wirklich etwas zu bedeuten. Was meinst du mit „so als wäre es heute“?

„Nun komm“, sagt sie. „Schau in die Ecke“.
Hier kann man wieder in die Ecke sehen.

Noch einen Schritt dann bin ich um die Ecke.
Und hier kann man wieder drumherum gehen.


Gruß,
Some

 
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Hey Quinn!

Diesmal musst Du Dir dein Seinfeld-Zitat selbst aussuchen - mir fällt nämlich keins ein. Ja, doch: Das kommt vor. Nur ist es kein gutes Zeichen, denn ich muss die Rückmeldung statt mit einem Zitat mit "Also, irgendwie..." einleiten. :)

Also, irgendwie bin ich mit der Geschichte nicht so recht warm geworden. Ich weiß nicht einmal, woran's im Einzelnen liegt. Da hast Du eigentlich alles gebracht, was ich an Deinen Geschichten immer so klasse finde: Tolle Motive, detailreich und bildhaft, amüsante Figuren ... Es war vertraut, aber dann doch wieder nicht - als lägst Du zwei Hertz unter dem Quinn'schen Kammerton.
Aber trotz des abweichenden Tons hab ich's gerne gelesen - bis das Ende kam. Dann doch? Einfach so? Und wieder frage ich mich: Hab ich was übersehen? Gibt's da was außerhalb zu entdecken? Was war in der Ecke? Was hat es mit dem ominösen "Sie hüpft schon hinunter, als wär es noch gestern und nicht mehr heute" auf sich? War der Traum ein Blick in die Zukunft? Oder womöglich Erinnerung? Deute ich wieder meilenweit am Offensichtlichen vorbei?
Fragezeichen ...

Das klingt jetzt schlimmer, als es war: Gerne gelesen hab ich's auf jeden Fall, nur stehen am Ende ein paar Fragezeichen zu viel herum.

Krempel:

Ich hatte Angst vor der Musterung, vorm Autofahren und davor, aus Angst mein Leben zu verschwenden.
Dem "aus Angst mein Leben zu verschwenden" würde ich einen eigenen Satz gönnen - das finde ich zu stark, um es so hintanzuhängen.

weil der Sicherungskasten Funken fing
Geht das? Funken schlagen, Feuer fangen ...

Ich habe Angst vor der Furcht.
Auch wenn Angst und Furcht nicht dasselbe sind, fände ich "Angst vor der Angst" wesentlich wohlklingender.

manchmal ist es ein Mann, manchmal eine Frau, aber er hat immer rote Haare
Unschön.

Wir laufen durch den Schankraum an der Theke vorbei, dann durch einen Flur und durch eine Küche, die Küche ist hell
Wir laufen durch den Schankraum, vorbei an der Theke, dann durch einen Flur, durch eine Küche. Die Küche ist hell ...
So gefällt mir's schon besser. Dieser ganze Absatz ist so ein Beispiel für den verpassten Kammerton, finde ich. Da hakt's bei mir ungewöhnlich oft. Da auch wieder:

Mein Begleiter bleibt stehen und zeigt mit einer Hand in die Richtung und ich gehe um diese Ecke und sterbe.
Die Richtung, welche Richtung? Die kommt da so aus dem Nichts und dieser Satz hakt und also irgendwie ...

Der ganze nächste Absatz ("Man lernt ...") hingegen: Sahnestück! Kammerton! :)

aber sie macht schon die Tür auf zur Küche und ich bin hinter ihr.
Bin kein großer Fan des "Aufmachens" - ich "öffne" lieber.

Kochlöffel hängen von oben nach unten hinab, wie Stalaktiten oder Stalagmiten, das weiß ich nicht so genau. Zwischen Kochlöffeln und herabhängenden Pfannen sehe ich in das feiste Sommersprossengesicht eines Mannes, er lugt hindurch wie in einem Alptraum.
Da lese ich ich immer "wie in meinem Alptraum". Und da der Kerl in der Urversion des Traumes aber nicht vorkommt ... Keine Ahnung, ob das anderen auch so geht.

Dann kommt wieder Kammerton erster Kajüte: Die Auflösung! Gas geben, hetzen, verzweifeln ... Fand ich sprachlich klasse - inhaltlich ... nu ja.

Jau, gerne gelesen hab ich's; unterhaltsam war's, aber: Also, irgendwie ... Du weißt. Das Ende und die zwei Hertz Abweichung geben bei mir Abzüge in der B-Note. :)

Bis denne,
Nick, der hilfreiche Fisch

 

Hallo weltenläufer,

Das Ende aber letztlich finde ich dann recht enttäuschend. Dafür, dass du den Leser so sehr auf die Folter gespannt hast, passiert eigentlich herzlich wenig. Beziehungsweise das offensichtlichste tritt ein. Die Schnur reißt ab - und zwar genau an der Stelle, wo man es vermuten würde.
Hm, schade, ich habe gerade das als „Unheimlich“ empfunden, die Ausweglosigkeit seiner Situation, dieses aufgefressen werden.

Irritiert hat mich auch etwas, dass sie reden, aber nur sie etwas sagt. Im Zusammenhang mit dem surrealen Geschehen passt das natürlich auch irgendwo, da er recht willenlos in das Geschehen hinein gezogen wird ... Hmm
Ja, Realität und Traum sollten sich da stärker vermischen, es sollte also schon „irritierend“ sein an dieser Stelle.

Eine Treppe hat Stufen. EIne Leiter hat Sprossen.
Jau, geändert.

Ich wollte eine Geschichte über dieses „Irrationale“ der Angst schreiben, das Nicht-Fassbare … daher auch das Ende, ist wohl alles nicht so richtig gelungen, fürchte ich.

Danke dir für deine Kritik

Hallo Strudel,

Erstmal das Fragezeichen weg. Dann würde ich da auch zwei Sätze draus machen, ich bin da hängen geblieben, der Rhythmus ist einfach ganz komisch. Und der Satzanfang hat auch gar nichts mehr mit dem Ende zu tun, oder?
Ich nehm das zweite „und“ raus, dann müsste es besser gehen.

"Absplitterungen" würde ich streichen.
Hm, ja, stell ich um.

Viren. Aber vielleicht ist das auch belanglos.
Nee, ist schon besser mit Viren.

Ich weiß nicht. Die Stelle gefällt mir gar nicht. Ist es wichtig, den medizinischen Begriff zu wissen, als Leser? Es wird doch sowieso im Text deutlich. Die Stimmung bisher ist so surreal, da passt das überhaupt nicht rein. Wenn du es doch behalten willst: Den ersten Satz würde ich umstellen. Ich weiß jetzt, was ich habe. Er hat es ja schon die ganze Zeit, wusste es bloß noch nicht.
Das ist das halt, was nicht so rauskommt. Er ist ja süchtig nach der Furcht. Sie bestimmt sein Leben, in dem Maß, dass er sich die „Furcht“ der Vergangenheit stärker geredet hat als sie war. Ich finde da den Absatz schon wichtig, auch wenn er das Surreale wegnimmt und rationalisiert.

Versteh ich nicht.
Er hat kein Geld für eine Rückfahrkarte, hat sozusagen die Schiffe hinter sich verbrannt. Wird das nicht deutlich?

Stufen. Und aus dem "winzige" würde ich ein "winzig" machen.
Ja, und auch die Busfahrkarte.

Zwischendrin hat der Text aber ein paar Längen, ich hab mich dann immer dabei erwischt, wie ich abgeschweift bin und dann nochmal lesen musste.
Hm, vielleicht geht das besser, wenn die Stilschnitzer draußen sind? Also direkte Längen, hm. Klar, man könnte schon einiges rausnehmen (den Zigarettenautomat usw.), aber die Geschichte geht eigentlich ziemlich konstant auf ihr Ende zu.
Ich hab grad das mit dem Bluter verstanden. Er hat Angst sich an den Karten zu schneiden und dann zu verbluten. Ist aber trotzdem unlogisch, weil an einer Folie schneidet man sich doch eher als an einer Spielkarte, oder? Ich würde ihn lieber Handschuhe tragen lassen.
Handschuhe sind aber nicht so cool .:)

Danke dir für deinen Kommentar und deine Zeit
Quinn


Hallo Somebody,

Schwer zu sagen – mir hätte eine lebendigere Herangehensweise vermutlich besser gefallen, so zählst du die Ängste mehr oder weniger auf und schwenkst dann zum eigentlichen Kern der Geschichte.
Ja, … es ist schon ein fauler Kompromiss irgendwo. Auf einzelne Ängste wird ja näher eingegangen, aber vielleicht ist das wirklich schon die Knackstelle, dass man nicht in die Geschichte findet.

Ich kann die Karre jedenfalls nicht in einen Deutungszusammenhang bringen) und am Ende wird er – wenn ich es recht verstanden habe – von dem Bus überfahren.
Nee, nicht mit dem Bus. Die Busfahrkarte ist für ihn nur der endgültige Beweis, dass die Situation real ist. Also die Geschichte funktioniert wohl wirklich nicht so wie ich mir das vorgestellt habe.

Ich empfinde die Metapher als missglückt. Eine Perlenkette werden die meisten mit etwas Schönem, Wertvollem in Beziehung bringen. Mit dem Bild, dass ein Herzinfarkt nach dem anderen (gleichsam einer Perle nach der anderen) auf einer Schnur aufgefädelt wird, kann ich mich nicht anfreunden.
Ja, eben. Er hat doch nichts außer der Angst. Die Beziehung zur Angst ist ambivalent. Er kann’s ja kaum erwarten, dass die Schnur reißt. Er erhöht doch die Angst in der Vergangenheit noch in seiner Vorstellung.
Mit „bestand“ … jaa, ist wahrscheinlich besser.

Hättest du vom „Ding unterm Bett“ geschrieben, würde ich mich an den Klauen nicht stoßen. Aber hat ein Mann Klauen? Und dass er mit „vor Kälte klirrenden Fingern“ nach ihm greift, klingt nicht rund – vor Kälte klirrend schreibt man doch eher, wenn einem selbst saukalt ist. Wie wäre es hier mit „greift mit eiseskalten Fingern nach mir
Der Mann unterm Bett ist ja auch kein „Mann“, sondern ein Ding wie der schwarze Mann. Aber „Ding“ unterm Bett klingt so doof. Es ist ja ein individueller Mann, wenn man so will. Das „eiskalt“ will ich vermeiden, wo’s geht, das is schon so abgenutzt, auch wenn Kälte klirrend jetzt sicher nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

Ich habe nichts gegen Füllwörter, wenn sie passen (womit sie ihren Status als Füllsel allerdings schon einbüßen) – in deiner Story greiftst du das „irgendwie“ immer wieder auf, ohne dass sich mir der nähere Sinn erschließen mag. Das ließ mich zunächst vermuten, dass er zwar dünne Haare habe, dies aber nicht im eigentlichen Sinne – sondern „irgendwie“, was dann noch näher erläutert würde. Aber so: er hat dünne Haare oder nicht. „Irgendwie“ täte ich radikal streichen.
Hm … ich dachte es unterstreicht das „Surreale“, dieses „dünn“ durch das man was anderes sehen kann. Aber vielleicht pfropfe ich meine Vorstellung da zu sehr anderen auf.
„Ist“ wird zu „war“, klar, und Bakterien zu Viren.

Es ist zwar ein medizinischer Ausdruck, aber ich denke eher, dass es psychisch bedingt ist. Nur ein Vorschlag: „Ich leide unter Phobiaphobie, sagen die Ärzte/Weißkittel. Ich habe Angst vor der Furcht.“ -> der zweimalige Satzanfang mit „Ich“ ist hier beabsichtigt.
Ja, das ist auch so was. Ich denke nicht, dass er beim Arzt war. Er sagt nur: „Das ist medizinisch“ und eben nicht: „sagt mein Arzt.“

Wenn es dann und wann auch eine Frau ist, passt das Personalpronomen nicht. Vorschlag: „aber die beiden haben immer rote Haare ...“.
Hm, es sind ja mehr als zwei. Ich wird’s ändern in: Aber wer auch immer es ist, er hat rote Haare. Das mit dem Personalpronomen ist an der Stelle so und so ein Problem.

Das rumpelt. Ich glaube nicht, dass die Töpfe und Pfannen silbern auf den Herdplatten stehen, so wie manchmal Leute gelangweilt vor den Herdplatten stehen. Die Farbe/das Material gehört vor die Töpfe und Pfannen.
Na jo, das ist schon so bisschen abgehoben, künstlerisch dieses „silbern“ in der Form. Aber ich denke das ist schon noch vertretbar. Kleiner Sprach-Reiz in dem Satz halt.

Ich glaube, diese Unstimmigkeit taucht später noch einmal auf: erst schreibst du, du könntest nicht in die Ecke sehen, dann aber geht der Prot um die Ecke herum – beides geht aber nicht. Entweder betrachte ich den Winkel von innen oder von außen.
Ja, das änder ich ab.

Hier bin ich ein wenig unsicher – müsstest es nicht heißen „ich könnte es nicht schlucken“?
Hm, das weiß ich auch nicht. Wäre die Angst ein Schwert, ich könnte es schlucken – klingt für mich eher falscher. Wärst du ein Apfel, ich würde dich essen. Wärst du ein Apfel, ich würde ihn essen. Hm, keine Ahnung. Ich würd’s eher mit „dich“ machen.

Eine „ausgehende Schnur“ ist, nun, seeeehr umgangssprachlich formuliert.
Knapp werden, hm. Ausgehen. Ich weiß nicht. Ist es wirklich sehr störend?

Ich finde deinen Satzkonstrukte an vielen Stellen sehr lebendig, aber hier geht der Rhythmus flöten. Vorschlag: „So wie ich Angst hatte, im falschen Moment aus dem Schulbus zu steigen.“
Okay, übernehm ich.

Auch hier wieder: „... mit beiden Händen an, mit einem Ruck/ruckartig reiße ich sie auf, die ganze Busfahrt ...“ -> scheint mir geschmeidiger
Okay.

Den Satz habe ich nicht verstanden. Er hatte nur 14,80 dabei, damit er nicht aussteigen konnte? Meintest du „Er hatte genau 14,80 dabei“? Oder „Ich hatte nur deshalb 14,80 dabei“?
Die exakte Zahl 14,80 Euro deutet doch schon an, dass es genau abgezählt ist, damit es nur für die Hinfahrt reicht, oder? Hm, dachte nicht, dass so viele Probleme mit diesem Satz haben.

Stühle knirschen nicht auf dem Boden. Vielleicht besser Schrammen, Kratzen oder Vergleichbares
Jau, schrammen ist besser.

Das Hervorgehobene täte ich nicht hinschreiben – wozu die Info? Wenn es nicht gerade einer von Bioleks wagenradgroßen Tellern ist, sind die Wege dort nicht weit.
Ja, dieses Zeitlupenartige, genaue Beobachten dieser Bewegung und schlicht, weil ich noch ein Satzglied reinschieben wollte, um eine zu starke Monotonie zu vermeiden.

Ich nehme an, du sitzt jetzt gerade. Schlag doch mal mit deinen Knien gegen die Tischunterseite. So klingt keine Nähmaschine, und wenn doch, ab damit in die Nähmaschinenwerkstatt (es könnte was am Kugellager sein).
Als besäße ich eine Nähmaschine. ;) Der Satz ist wirklich mies, weil da das metaphorische „Nähmaschine“, das es beim Biathlon immer gibt, da sagt man, wenn jemand nervös ist, er hat die Nähmaschine, dann so verwendet wird. Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht hab, wahrscheinlich gar nix. Fliegt raus.

Ist sie an der Tür? Oder schon hindurch, zum Flur hinaus? Warum nicht einfach: „... und ist schon zum Flur hinaus.“
An der Tür, die zum Flur hinausführt. Hm, stört das wirklich?

Mit Sitzgruppen verbinde ich sofort einen Geruch, nämlich einen muffigen. So ganz eindeutig ist die Formulierung aber nicht – Ledercouchen frisch aussem Laden riechen anders als ein geblümtes Erbstück aus der Gründerzeit.
Aber wie riechen denn Cordmützen?
Cordmützen riechen wie geblümte Erbstücke aus der Gründerzeite, das sollte den Sitzgruppen genau diesen „muffigen“ Geruch geben.

„Sie ist viel zu schnell.“
Nee, „es“ ist zu schnell. Die Sache, er kann es nicht richtig auskosten, es überrumpelt ihn.

Diese Passage ist für mein Empfinden zu aufgebläht. Wenn etwas hängt, dann von oben nach unten, logi. Ich täte es kürzen: „Kochlöffel hängen an der Wand.“ Fettich!
Ja, aber wenn ich nur „Kochlöffel hängen an der Wand“ schreibe, kann ich’s auch ganz rauslassen. Wär aber vielleicht eh besser, ich wollte nur das Bild dieser Kochlöffel wie so ein Gitter haben, so ein Vorhang sozusagen.

Hm, vielleicht bin ich zu blöde, ich versteh die Bemerkung mit „gestern“ und „heute“ nicht. Könnte sie „heute“ denn nicht mehr hinunterhüpfen? Liegt es am Alter der Prots? Hm ...
Sie hüpft als wäre sie wieder ein Kind. Daher auch „Er ist noch immer grau.“ Der Erzähler kennt den Hinterhof natürlich aus seiner Kindheit.

Jau, das mit den Ecken hab ich noch.

Sehr geile Kritik, da muss ich mich, der ich wirklich behäbig geworden bin in der letzten Zeit doch noch mal Satz-für-Satz mit einem Text rumschlagen. :)
War mal wieder ein erfrischendes Gefühl und hat mich, glaube ich, weitergebracht. Die Sachen, gegen die ich mich jetzt noch sträube, bau ich vielleicht in ein paar Tagen doch noch mit rein, da kann ich für nix garantieren.

Wirklich vielen Dak für die tolle Kritik
Quinn

Kollege Fischi,

Also, irgendwie bin ich mit der Geschichte nicht so recht warm geworden. Ich weiß nicht einmal, woran's im Einzelnen liegt. Da hast Du eigentlich alles gebracht, was ich an Deinen Geschichten immer so klasse finde: Tolle Motive, detailreich und bildhaft, amüsante Figuren ... Es war vertraut, aber dann doch wieder nicht - als lägst Du zwei Hertz unter dem Quinn'schen Kammerton.
Ja, das ist jedes Mal, wenn ich den unzuverlässigen Erzähler verwende. Das geht in 8 von 10 Fällen irgendwie schief. Das ist … ich weiß nicht, was da fehlt. Die Lockerhehit wahrscheinlich, weil ich da diese „Neben-Konnotationen“ zu sehr berücksichtigen muss. Und da selbst nicht richtig reinkomme. Ehrliche Erzähler klappen, die hier, die was zu verbergen haben, meistens nicht. Kruzefix. (Ist auch ne klasse Ausrede, oder? Wenn ne Geschichte nicht gefällt, behaupte ich fix noch zwei oder drei Zusatzebenen, die ich beim Schreiben natürlich berücksichtigen musste :D).

Hab ich was übersehen? Gibt's da was außerhalb zu entdecken? Was war in der Ecke? Was hat es mit dem ominösen "Sie hüpft schon hinunter, als wär es noch gestern und nicht mehr heute" auf sich? War der Traum ein Blick in die Zukunft? Oder womöglich Erinnerung? Deute ich wieder meilenweit am Offensichtlichen vorbei?
Ja, klar. Ich hoffe doch, dass es da noch was gibt. So wär’s ja Jonathan Frakes, kann ein Mann seinen eigenen Tod träumen? Ist das auf dem Foto hier ein Mann mit einer riesen Nase oder ein Pudel? Das ist natürlich auch drin, aber hämhämhäm. Kommt nicht raus. Kruzefix.

Dem "aus Angst mein Leben zu verschwenden" würde ich einen eigenen Satz gönnen - das finde ich zu stark, um es so hintanzuhängen.
Grade daraus gewinnt das doch die Kraft. Das Lapidare.

Geht das? Funken schlagen, Feuer fangen ...
Ich fand Funken fing akustisch so toll und dann kommst du … Blöde Realität … weißt was, du hast Recht, aber ich lass es einfach trotzdem so!

Auch wenn Angst und Furcht nicht dasselbe sind, fände ich "Angst vor der Angst" wesentlich wohlklingender.
Hm, Angst vor der Angst? Find ich jetzt nicht so. Angst/Furcht – das „u“ gefällt mir besser, aber auch Furcht vor der Furcht. Hm.

Wir laufen durch den Schankraum, vorbei an der Theke, dann durch einen Flur, durch eine Küche. Die Küche ist hell ...
Jau, gekauft.

Die Richtung, welche Richtung? Die kommt da so aus dem Nichts und dieser Satz hakt und also irgendwie ...
Jau, die Richtung der Ecke. Änder ich.

Bin kein großer Fan des "Aufmachens" - ich "öffne" lieber.
Jaaa, ich mach lieber auf. Öffnen is schon chicer, aber ich wie nicht. Ich mag dieses „auf“. Mach mal die Tür auf. Öffne die Tür. Hm.

Da lese ich ich immer "wie in meinem Alptraum". Und da der Kerl in der Urversion des Traumes aber nicht vorkommt ... Keine Ahnung, ob das anderen auch so geht.
Ja, ja, ja. Du hast schon Recht, aber das ist doch das Surreale, klar es ist auch „sein“ Alptraum – und war der Mann da drin, oder nicht? Also, hm. Das ist doch grad das Unbehagliche.

Danke dir für deine Kritik, ich glaub an dem Text kann ich viel lernen und von deiner Kritik natürlich auch
Quinn

 

Tach Quinn,

Ja, eben. Er hat doch nichts außer der Angst. Die Beziehung zur Angst ist ambivalent. Er kann’s ja kaum erwarten, dass die Schnur reißt. Er erhöht doch die Angst in der Vergangenheit noch in seiner Vorstellung.
Ich möchte dir mitnichten dieses Bild von den Angstperlen ausreden, aber für mich klingt das halt nach einem „schwarzen Schimmel“, ungeachtet selbst eines ambivalenten Verhältnisses zur Angst.

Der Mann unterm Bett ist ja auch kein „Mann“, sondern ein Ding wie der schwarze Mann. Aber „Ding“ unterm Bett klingt so doof. Es ist ja ein individueller Mann, wenn man so will. Das „eiskalt“ will ich vermeiden, wo’s geht, das is schon so abgenutzt, auch wenn Kälte klirrend jetzt sicher nicht der Weisheit letzter Schluss ist.
„Doof“ hat das „Ding“ vielleicht nicht gerade verdient, aber stimmt schon, es ist wie ein Wassereis: ausgelutscht. Bei der Eiseskälte stimme ich dir zu, die Biester greifen immer mit Frostgriffeln nach dem Fuß, der über die Bettkante heraushängt. Daran ändert dann aber auch eine andere Formulierung nur wenig. Möglicherweise wäre es klug, die Klischeetemperatur ganz in die Tonne zu hauen.

Hm, das weiß ich auch nicht. Wäre die Angst ein Schwert, ich könnte es schlucken – klingt für mich eher falscher. Wärst du ein Apfel, ich würde dich essen. Wärst du ein Apfel, ich würde ihn essen. Hm, keine Ahnung. Ich würd’s eher mit „dich“ machen.
Okay, so sei es, hast recht. Bei zukünftigen sprachlichen Unsicherheiten werde ich mich deines casus boskoop erinnern.

Als besäße ich eine Nähmaschine. :) Der Satz ist wirklich mies, weil da das metaphorische „Nähmaschine“, das es beim Biathlon immer gibt, da sagt man, wenn jemand nervös ist, er hat die Nähmaschine, dann so verwendet wird. Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht hab, wahrscheinlich gar nix. Fliegt raus.
Ja wie, kein Nähzimmer zu Hause? :D

Cordmützen riechen wie geblümte Erbstücke aus der Gründerzeite, das sollte den Sitzgruppen genau diesen „muffigen“ Geruch geben.
Ah, ham wa wieder was gelernt!

Ja, aber wenn ich nur „Kochlöffel hängen an der Wand“ schreibe, kann ich’s auch ganz rauslassen. Wär aber vielleicht eh besser, ich wollte nur das Bild dieser Kochlöffel wie so ein Gitter haben, so ein Vorhang sozusagen.
Dieses Bild mit den schwedischen Kochlöffeln gefällt mir gut. Schreibs doch hin.

Gruß,
Some

 

Hey Quinn

Mein bisheriges Leben bestand aus einer raschen Abfolge von Herzinfarkten, aufgereiht wie an einer Perlenkette, aber mir geht die Schnur bald aus.
Für mich ist die Aussage relevant, ob ich nun mit Perlen eher was schönes verbinde oder nicht, fürs ersten funktionierts.
Der Mann unter meinem Bett – ich hatte Angst davor, dass er nach mir greift, seine Klauen durch die Matratze hindurch nach oben stößt, mit vor Kälte klirrenden Fingern durchs Mark greift, nach meinem Herzen.
Jetzt wird’s nur noch Korinthenkackerei, aber könntest du bitte deine Zeichensetzung etwas konsequenter durchziehen? Danke. Anstatt dem Komma hätte ich gern ein Bindestrich, damit ich weiß, wo der Hauptsatz fortgesetzt wird.
Dann hat er den Bleistift in der Mitte zerbrochen. Ich hatte Angst vor morschen Knochen, vor Brüchen und Splittern, vor kleinen Knochen-Torpedos, die sich durch mein Fleisch bohren.
Für mich funktioniert das nicht, das nehme ich deinem Erzähler nicht ab, dass er das als Grundschüler gedacht hat. Das mit dem schwarzen Mann unter dem Bett oder im Schrank ist okay, das kennt man, das kennen wir. Aber diese Beschreibung ist ja wohl eher eine Vorstellung der Erwachsenen und entspringt aus der Fantasie eines 25jährigen. :P
Das Mädchen, das das Gedicht vorgelesen hat, wusste, was mit mir los war, wir verstanden uns gut, sie war meine Freundin, aber sie hat einfach weiter gelesen.
Auch nicht wirklich schön. Und für so einen einfachen Satz sind es mir zu viele Kommata. Das kannst du besser.
Entweder er oder ich.
Wer ist er? Der Tod? Der ist gerade weit weg, auch wenn er in dieser Geschichte ein ständiger Begleiter sein sollte, er verlässt mich als Leserin ständig. Das ist auch wirklich eine der ersten Geschichten von dir, bei der ich runtergescrollt habe, um zu sehen, wie viel ich noch lesen muss. Ein ziemlich schlechtes Zeichen für so eine relativ kurze Geschichte.
Ich weiß, was ich jetzt habe, ich bin kein Idiot, ich bin keine Witzfigur.
Also momentmal, keiner hat gesagt, dass er das eine noch das andere ist. Wenn er sich selbst so sieht, dann bitte, aber bis jetzt hat er sich ernst genommen und seine Angst auch. Wieso sollte er eine Witzfigur sein?, hätte ich verstanden, wenn du irgendwo geschrieben hättest, dass er deswegen gemobbt wurde, und wie lächerlich er es findet, dass er seine Karten eingeschweißt hat. Wobei ich es besser finde, wenn er von "außen" darauf aufmerksam gemacht wird.
Ich habe Angst vor der Furcht.
Häh? Ich finde, dass er eher Angst vor dem Tod hat. Oder vor Schmerzen, aber Angst vor der Angst. (btw. Muss da Fisch Recht geben, Angst vor der Angst hört sich viel besser an als Angst vor der Furcht. Natürlich ist es dasselbe, aber es suggeriert, dass es nicht dasselbe ist. Angst vor der Angst hat auch Flair; wie „Ich liebe die Liebe“)
Ich laufe jemandem nach, ich sehe nur seinen Rücken, manchmal ist es ein Mann, manchmal eine Frau, aber wer auch immer es ist, er hat rote Haare,
Kannst du nicht einfach „diese Person“ schreiben? :)

Da ist eine Ecke irgendwo.

Rechts von mir ist eine Garage und ein Auto steht darin, ein blauer oder brauner Kleinwagen
Braun und blau hören sich ja fast gleich an, sehen aber alles andere als gleich aus, gerade bei Träumen fallen doch so Details auf, oder? Blaues Auto? Wer hat schon ein blaues (ausgenommen dunkel) Auto? Braun geht ja noooch. Ich würde weiß oder grau nehmen.
Kochlöffel hängen von oben nach unten hinab, wie Stalaktiten oder Stalagmiten, das weiß ich nicht so genau.
Zuviel! Ich will das gar nicht wissen, wie die Mist-Kochlöffel da hängen, ist mir wurscht.
Zwischen Kochlöffeln und herabhängenden Pfannen sehe ich in das feiste Sommersprossengesicht eines Mannes, er lugt hindurch wie in einem Alptraum.
Eine Verschwörung! Er ist das lebende Experiment eines Dorfes, wie ein Mensch - mit der Angst jederzeit zu sterben - umgeht. Seine Freundin von damals, die sich "plötzlich" mit ihm trifft, dann wieder der Laden, wo er auch als Kind war, dann dieses Sommersprossengesicht! *rumspinn*
Ich habe gar nichts gesagt. Das ist ein Traum. Ich hab nicht mit ihr geredet. Sie hat den Kompott gegessen und ist aufgestanden. Und der Mann arbeitet nicht in der Küche, das ist ein Traum.
Oder eine Verschwörung!
Die Ecke, die mich tötet.
Der 'Tote Winkel' :D

Hmm, ja, ich weiß auch nicht so recht, wie ich die Geschichte deuten soll. Kann sein, dass er seine Umgebung einfach nicht wahrnimmt, jedenfalls nicht so wie es alle anderen tun. Alles was um ihn geschieht, passiert mit der Absicht ihn zu töten, ist jedenfalls seine Überzeugung. Und er hat sich da so in diese Angst reingesteigert, dass er meint auch dieses Treffen zu träumen. Da gibt es ja auch Andeutungen auf seine Kindheit, er war öfters in diesem Lokal, oder auch als die Frau sagt, dass der Wagen noch braun ist wie früher. Da war also schon einmal ein Treffen zwischen den beiden.

Fazit: Ich kann die Geschichte nicht deuten, und deshalb gefällt mir sie
nicht. :D Also sie ist schon gut geschrieben, und da sind ein paar gute Formulierungen bei, aber insgesamt hats mich nicht vom Hocker gehauen.

JoBlack


edit:
Titel?

 

Hallo Quinn!

Mein bisheriges Leben bestand aus einer raschen Abfolge von Herzinfarkten, aufgereiht wie an einer Perlenkette, aber mir geht die Schnur bald aus.
"an einer Kette" kann man nicht sagen - Vorschlag: aufgereiht wie Perlen bei einer Kette
meine Mutter gefragt hatte, warum da Gitter dran waren
wären
Aber das ist alles bald vorbei, die Schnur geht mir aus. Entweder er oder ich.
Wer ist "er"? Der rothaarige Tod, der ihn "um die Ecke" bringt?
Ich habe Angst vor der Furcht.
Ich würde durchaus: "Angst vor der Angst" schreiben, weil in diesem Fall die Wortwiederholung das Absurde daran noch unterstreichen würde.
Aber es ist nichts Heldenhaftes darin, zu erdulden.
"daran" statt "darin" und kein Komma
Ich drücke meinen Rücken durch und fasse die Klinke mit beiden Händen an, mit einem Ruck reiße ich sie auf
"die Tür" statt "sie", sonst kennt man sich nicht aus
und ich höre wie mein Knie gegen die Unterseite des Tisches schlägt
Komma: höre, wie ...
Kochlöffel hängen von oben nach unten hinab,
wie sollen sie sonst hängen? "von oben nach unten hinab" würd ich einfach weg lassen
Noch einen Schritt dann bin ich um die Ecke.
Komma: Schritt, dann ...


Dein Text ruckt - immer wieder machst du so Pausen, indem du Dinge wiederholst - es ist, als ob sich der Held immer wieder vergewissern will bei dem, was er erzählt.

In der Grundschule hatte ich Angst vor Raufereien. Ich weiß noch, so ein Junge stand vor mir, ich war nicht sehr beliebt damals, ein feister Junge stand vor mir, mit Sommersprossen übers ganze Gesicht verteilt und roten Haaren, roten, irgendwie dünnen Haaren. Er hielt einen Bleistift vor meine Augen, einen grünen, mit einer Hand hielt er ihn am linken Ende und mit der anderen am rechten fest. Er sagte: „Ich kann mit deinem Arm das hier machen.“ Dann hat er den Bleistift in der Mitte zerbrochen. Ich hatte Angst vor morschen Knochen, vor Brüchen und Splittern, vor kleinen Knochen-Torpedos, die sich durch mein Fleisch bohren.
Das ist so eine Stelle, wo der Erzähler auf Zeitlupe und auf Mikroskop schaltet, sozusagen.
Ich ziehe einen Stuhl weg, er schrammt über den Boden, und ich setze mich zu ihr. Sie hat die Zeitung weggelegt und ich kann den Teller sehen. Sie isst Frikadellen mit Apfelkompott. Sie sticht mit ihrem Löffel ein Stück Frikadelle ab, taucht ihn dann in den gelben Kompott, führt ihn zur anderen Seite des Tellers und tippt Apfelkompott auf die Frikadelle. Sie sagt: „Ist schon komisch, ob der Apfel jemals daran gedacht hat, mal mit einem Schwein verspeist zu werden?“ Dann führt sie den Löffel an ihren Mund, schließt die Augen, während sie kaut und schluckt
Und das auch. Ich mag diese Stellen, sie entlasten den Leser, er kann sich ein bisschen ausruhen. Aber es ist noch was an diesen Stellen, sie schaffen einerseits Distanz, es wirkt kühl beobachtend, wie hier erzählt wird, fast schon wissenschaftlich, also jedes Detail scheint wichtig, und auf der anderen Seite spürt man schon die Abwehrhaltung des Ich-Erzählers genau in dieser Distanzierung mit. Jetzt ist eine gefährliche Situation, oder es kommt gleich was, vor dem ich Angst haben muss, also schalt ich alles andere ab und nur der Augensinn ist noch da. Das find ich schon ziemlich toll gemacht.

Ja, und sonst ... ich weiß ja auch nicht genau. Möglich, dass er sich der letzten Angst stellen will, und das ist die Angst vor dem Tod. Also ich denk, dass er sich selbst sozusagen um die Ecke bringt. Vielleicht auch, weil er seine Ängste nicht mehr erträgt. Aber wieso ihn da die Freundin dazu verlockt, oder wozu sie ihn eigentlich bringen will? Er will nicht mehr zurück ins Leben, das ist klar: Er hat nur Geld für die einfache Hinfahrt. Aber die Geschichte mit der rothaarigen Freundin, und was es mit dem Kleinwagen auf sich hat - keine Ahnung! Der Ich-Erzähler ist halt so eine Maschine, die durch sich selbst heiß läuft und daran kaputt wird, und nicht durch etwas von außen.

Ich hab´s schon interessant gefunden beim Lesen, aber ja, es ist unbefriedigend, weil man es nicht durchschaut. Oder vielleicht will man auch mehr sehen, als da ist.

Gruß
Andrea

 

Hey somebody noch mal,

okay, die schwedischen Kochlöffel übernehme ich so. 

Danke dir noch mal

Hey Black,

Jetzt wird’s nur noch Korinthenkackerei, aber könntest du bitte deine Zeichensetzung etwas konsequenter durchziehen? Danke. Anstatt dem Komma hätte ich gern ein Bindestrich, damit ich weiß, wo der Hauptsatz fortgesetzt wird.
Nee, nee, der Bindestrich steht für einen Satzbruch.

Für mich funktioniert das nicht, das nehme ich deinem Erzähler nicht ab, dass er das als Grundschüler gedacht hat. Das mit dem schwarzen Mann unter dem Bett oder im Schrank ist okay, das kennt man, das kennen wir. Aber diese Beschreibung ist ja wohl eher eine Vorstellung der Erwachsenen und entspringt aus der Fantasie eines 25jährigen. :P
Ja! Verdammt. Genau! Deshalb sagt ihm die Frau doch nachher auch: Das war alles nicht so schlimm damals. Er ist ein Furcht-Junkie und steigert sich da komplett rein, auch in die „vergangene Angst“, es ist wie eine Sucht und er berauscht sich an dieser Furcht.

Wer ist er? Der Tod? Der ist gerade weit weg, auch wenn er in dieser Geschichte ein ständiger Begleiter sein sollte, er verlässt mich als Leserin ständig.
Okay, fliegt raus.

Also momentmal, keiner hat gesagt, dass er das eine noch das andere ist. Wenn er sich selbst so sieht, dann bitte, aber bis jetzt hat er sich ernst genommen und seine Angst auch. Wieso sollte er eine Witzfigur sein?, hätte ich verstanden, wenn du irgendwo geschrieben hättest, dass er deswegen gemobbt wurde, und wie lächerlich er es findet, dass er seine Karten eingeschweißt hat. Wobei ich es besser finde, wenn er von "außen" darauf aufmerksam gemacht wird.
Ja, das ist halt schon wichtig so, ach, die Geschichte funktioniert einfach nicht wie geplant. Die Stellen, die für diese „zweite Ebene“ wichtig sind, wegen der ich die Geschichte eigentlich schreiben wollte, sehen dann alle wie Fehler aus.

Okay, bei der „Angst vor der Angst“-Nummer tritt die berühmte Black/Abdul-Regel in Kraft, nachdem auch Fisch schon darauf hingewiesen hat.

Braun und blau hören sich ja fast gleich an, sehen aber alles andere als gleich aus, gerade bei Träumen fallen doch so Details auf, oder? Blaues Auto? Wer hat schon ein blaues (ausgenommen dunkel) Auto? Braun geht ja noooch. Ich würde weiß oder grau nehmen.
Er weiß doch, dass es braun ist. Er mystifiziert es nur, seine Kindheitserinnerungen werden zu einem nebulösen Todes-Szenario zusammengebastelt, in dem er sich ergehen kann.

Und er hat sich da so in diese Angst reingesteigert, dass er meint auch dieses Treffen zu träumen. Da gibt es ja auch Andeutungen auf seine Kindheit, er war öfters in diesem Lokal, oder auch als die Frau sagt, dass der Wagen noch braun ist wie früher. Da war also schon einmal ein Treffen zwischen den beiden.
Jau, klar.

Der Titel: Das ist die zweite Hälfte eines Zitates: Wir haben nichts zu fürchten, außer der Furcht an sich.

Schade, dass die Geschichte einfach nicht zieht, ist mir auch nen bisschen peinlich und ich ärger mich da über mich selbst, aber schön, dass du sie trotzdem gelesen hast
Quinn

Hallo Andrea,

die Tür" statt "sie", sonst kennt man sich nicht aus
Das ist die einzige Anmerkung, bei der ich nicht mitgehe, sonst hab ich alles übernommen.

Das ist so eine Stelle, wo der Erzähler auf Zeitlupe und auf Mikroskop schaltet, sozusagen.
Er ergötzt sich auch daran.

Möglich, dass er sich der letzten Angst stellen will, und das ist die Angst vor dem Tod.
Nicht unbedingt der Angst vor dem Tod, sondern vor der „Essenz“, vor der höchsten Angst, der nichtgreifbaren Angst. Und der Tod ist dann die logische Konsequenz. Es ist die pure Angst, die da hinter der Ecke auf ihn lauert.

Also ich denk, dass er sich selbst sozusagen um die Ecke bringt. Vielleicht auch, weil er seine Ängste nicht mehr erträgt.
Jau, und weil es die Konsequenz ist. Die letzte Stufe.

Aber die Geschichte mit der rothaarigen Freundin, und was es mit dem Kleinwagen auf sich hat - keine Ahnung!
Das ist halt dieses Szenario, das er braucht. Das Unterbewusstsein bastelt ihm da ein Szenario zusammen aus Kindheitserinnerungen. Er tut ja so, als wäre das alles mystisch, als wüsste er gar nicht, wo dieser Traum herkommt, der ihn so bedroht. Und die Angst, dass alles genau so ist wie in seinem Traum (wie sollte es auch anders sein?) reicht ihm dann, um ihn fertig zu machen. Als dann die Bestätigung kommt, es ist real (mit der Busfahrkarte), war es das.

Der Ich-Erzähler ist halt so eine Maschine, die durch sich selbst heiß läuft und daran kaputt wird, und nicht durch etwas von außen.
Genau.

Ich hab´s schon interessant gefunden beim Lesen, aber ja, es ist unbefriedigend, weil man es nicht durchschaut. Oder vielleicht will man auch mehr sehen, als da ist.
Ja, ich glaub es liegt daran, dass man in der Wahrnehmung des Protagonisten gefangen ist und dadurch die Frau auch so bedrohlich wahrnimmt (das Gespräch, das er mit ihr hat, - aber wir reden – ist ja ausgeblendet, das erledigt der Teil in ihm, der ihm das einbrockt wohl ;) ).

Hab mich sehr über deinen Kommentar gefreut, freut mich, dass du dich so mit der Geschichte, die wohl leider einfach misslungen ist, auseinandergesetzt hast
Quinn

 

Leben ist immer lebensgefährlich
Erich Kästner


Hallo Quinn,
nun hab ich mir mal die Geschichte zu Gemüte geführt und mein Gemüt ist da nicht sonderlich bewegt.

Die Idee find ich gut: Ein Leben in Angst, Angst vor Allem - der Held leidet nicht nur an Phobiaphobie (ich weiß, das soll die Steigerung sein). Er hat Angst vorm Leben und das ist viel gravierender – für solche Angst gibt es bestimmt auch einen medizinischen Terminus.

Dann ist da zusätzlich das Motiv der Selbstprophetie: Er glaubt an den Traum, ergo tritt dieser ein bzw. der Erzähler „erfüllt ihn“. Hat mich an so’ne Geschichte erinnert, die man sich als unwahre Anekdote erzählt: Ein Mann träumt davon, gegen einen Baum zu fahren und zu sterben und wandert in ein Land aus, wo es sogut wie keine Bäume gibt (wo genau, hab ich vergessen). Eines Tages fährt er auf einer Straße – am Rande dieser gibt es nur einen einzigen Baum und … den Schluss kannst du dir denken.
Obwohl bekannt, hat das Motiv etwas, muss ich zugeben.

Da gibt es noch die Leitmotive: Perlenkette, Solitär spielen /Karten, rote, dünne Haare – fand sie alle gut. > Wenn ich mir die Geschichte anschaue, sehe ich ein solides Netz /Skelett von Motiven, das Fleisch aber überzeugt mich nicht:

Diese ganze Vergangenheit, von frühester Kindheit an beschrieben, fand ich z.B. ermüdend & uninteressant – lebt eine Kurzgeschichte nicht (auf) von dem unmittelbaren Einstieg? Zumindest den ersten langen Absatz könntest du einsparen.
Im zweiten Absatz liefert der Erzähler sich selbst ein psychologisches Gutachten – hm, als versierter Schreiber weißt du sicher, dass sowas eher Distanz beim Leser erzeugt.
Dann folgt der Traum – der ist natürlich der Kern der Geschichte. Er motiviert ja hauptsächlich die Handlung. Und doch, so allein für sich stehend zu auffallend sprich aufdringlich.

Im Grunde fängt deine eigentliche Geschichte erst bei „Die Tür zum Schankraum ist schwer“. Alles andere ist Einleitung – und zwar eine lange. Kompromißlos streichen ginge nicht, denn die Motive werden da aufgebaut – und da frag ich mich, warum eigentlich? Ich glaube nicht, dass es für dich eine besondere Herausforderung wäre, die in der eigentlichen Geschichte entstehen zu lassen (das Ganze also etwas zu vermischen, durch eventuelle Rückblenden zwischendrin o.ä.).

Fazit: Gute Idee mit Potenzial zum Unheimlichen, leider vom Aufbau und überladenem Inhalt erstickt.

Gruß
Kasimir

 

Hallo Kasimir,

Dann ist da zusätzlich das Motiv der Selbstprophetie: Er glaubt an den Traum, ergo tritt dieser ein bzw. der Erzähler „erfüllt ihn“. Hat mich an so’ne Geschichte erinnert, die man sich als unwahre Anekdote erzählt: Ein Mann träumt davon, gegen einen Baum zu fahren und zu sterben und wandert in ein Land aus, wo es sogut wie keine Bäume gibt (wo genau, hab ich vergessen). Eines Tages fährt er auf einer Straße – am Rande dieser gibt es nur einen einzigen Baum und … den Schluss kannst du dir denken.
Obwohl bekannt, hat das Motiv etwas, muss ich zugeben.
Ehm, jau. Ich finde er ist ein Stück weit auch ein Furcht-Junkie, und gerade diesen Aspekt fand ich interessant, dass er sich selbst dieses Albtraum-Szenario zusammenbastelt, um an der ultimativen Angst, der nicht fassbaren Angst, dann schließlich zu sterben.

Da gibt es noch die Leitmotive: Perlenkette, Solitär spielen /Karten, rote, dünne Haare – fand sie alle gut. > Wenn ich mir die Geschichte anschaue, sehe ich ein solides Netz /Skelett von Motiven, das Fleisch aber überzeugt mich nicht:
Versteh ich.

Diese ganze Vergangenheit, von frühester Kindheit an beschrieben, fand ich z.B. ermüdend & uninteressant – lebt eine Kurzgeschichte nicht (auf) von dem unmittelbaren Einstieg? Zumindest den ersten langen Absatz könntest du einsparen.
Im zweiten Absatz liefert der Erzähler sich selbst ein psychologisches Gutachten – hm, als versierter Schreiber weißt du sicher, dass sowas eher Distanz beim Leser erzeugt.
Ja ... du hast schon recht. Es wirkt so ein wenig tranig, die Selbstanalyse und die Steigerung fand ich wichtig, damit auch später deutlich wird, dass er es sich eben zusammenphantasiert, wenn die Frau ihm sagt: das war nicht so schlimm damals. Das Problem ist, das kommt dann so spät und im Dialog, dass der Leser bis dahin eingelullt ist.

Dann folgt der Traum – der ist natürlich der Kern der Geschichte. Er motiviert ja hauptsächlich die Handlung. Und doch, so allein für sich stehend zu auffallend sprich aufdringlich.
Hm, es läuft halt darauf hinaus, aber als zu aufdringlich hätte ich ihn jetzt nicht empfunden.

Im Grunde fängt deine eigentliche Geschichte erst bei „Die Tür zum Schankraum ist schwer“. Alles andere ist Einleitung – und zwar eine lange. Kompromißlos streichen ginge nicht, denn die Motive werden da aufgebaut – und da frag ich mich, warum eigentlich? Ich glaube nicht, dass es für dich eine besondere Herausforderung wäre, die in der eigentlichen Geschichte entstehen zu lassen (das Ganze also etwas zu vermischen, durch eventuelle Rückblenden zwischendrin o.ä.).
Ich bin kein großer Fan von Rückblenden und erzähle lieber chronologisch, dass die Einleitung als so langweilig empfunden wird, hätte ich nicht gedacht, scheint aber wirklich generell so rüberzukommen, traniges Selbstmitleid so ein bisschen, hm.

Fazit: Gute Idee mit Potenzial zum Unheimlichen, leider vom Aufbau und überladenem Inhalt erstickt.
Schade, aber die Kritik hat mir schon einiges gebracht, ich muss da mal in Zukunft schauen, wie ich an diese Art von "passiven" Erzählern herange, das ist schon ein paar mal schief gegangen

Danke dir für deine Zeit
Quinn

 

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