@Rick: Das liest sich recht desillusionierend, weil es beinhaltet, dass letztlich das, was man selbst lesen und schreiben möchte, niemanden interessiert.
Gerade bei deinen Geschichten eigentlich unvorstellbar.
Und um ehrlich zu sein, auch etwas, mit dem ich mich für mich nicht abfinden möchte. Natürlich weiß ich, dass ich noch dazulernen muss, aber ich möchte trotzdem an der Illusion festhalten, gut genug zu sein, dass es auch einen Markt für das geben müsste, was ich schreibe und wie ich es schreibe. Es kann nicht Sinn eines Literaturbetriebs sein, sich verbiegen zu müssen, um Erfolg zu haben (das sollte ohnehin nie Sinn sein.). Ja, ich weiß, ich bin ein Träumer.
@toolatenow: Ich fürchte, das Unbehagen liegt nicht in den Fakten. Bei genauerer Betrachtung wird jeder sehen, dass mit Anthologien kein Geld zu verdienen ist. Da steckt der Teufel mE im Detail:
Anthologien sind eine gute Möglichkeit, überhaupt gedruckt zu werden. Und ich weiß noch, wie es mir mit meinem ersten Autorenvertrag für eine Anthologie ging. Ich bin Kompromisse eingegangen, habe zu sprachlichen Verlusten "ja" gesagt, zu Einschnitten im dramaturgischen Bogen meiner Geschichte, weil ich die Hoffnung hatte, es ist ein Anfang. "Es geht nur darum, mir erstmal einen Namen zu machen", war meine Überlegung.
Und ich hatte mit diesem Vertrag sogar das Glück, einen Honorarvertrag zu haben, war also im Vergleich zu den meisten Anthologieautoren noch relativ privilegiert, auch wenn man sich leicht ausrechnen kann, was dabei herauskommt, wenn sich neun Autoren zehn Prozent des Umsatzes teilen.
In Buchhandlungen finden Kleinverlage und vor allem Anthologien kaum statt. Sie landen nicht in den Auslagen, nicht im Schaufenster und wenn ich als Autor die Läden abklappere, muss ich Bücher da lassen, für deren Verkauf ich kein Geld bekomme, sondern mir nur Bücher ausleihen darf.
Trotzdem klappert man erstmal ab, es geht ja darum, sich einen Namen zu machen. Nur genau das funktioniert nicht. Kleinverlage scheinen jenseits der Literaturszene stattzufinden, bilden sozusagen ihre eigene Subkultur, bestehend aus einem festen Zirkel der Amateurautoren und ohne Zweifel engagierten Verlegern, die das Beste wollen, denen aber auch die Investitionsmittel fehlen, das zu erreichen. So schwimmt diese Szene in ihrem eigenen Saft und führt nicht voran.
Um also wenigstens ohne zu große Verluste herauszugehen, müssen möglichst viele Autoren in der Anthologie untergebracht werden, denn aus den Autoren, deren Stolz und deren Bekanntenkreis entsteht der Umsatz. Das ist wie bei Schultheaterstücken, bei denen sich das Publikum aus Eltern und Bekannten zusammensetzt.
Das hat mit Bezahlung der Autoren erstmal weniger zu tun, als mit dem individuellen Gefühl von Stillstand.
Wenn diese Bücher dann so sind, dass es an Qualität fehlt, was Aufmachung, Lektorat und Auswahl der Geschichten betrifft, entsteht Frust, der anders geäußert wird. Hier wird der Blick auf einmal auf irreale Dinge wie das, was der Verleger verdienen könnte gerichtet.
Wenn ich für mich beschlossen habe, mich kaum noch an solchen Ausschreibungen zu beteiligen, hat das weniger mit Bezahlung zu tun, als mit dem Umstand, dass ich auf kaum eines der bisher entstandenen Projekte besonders stolz war. Am schlimmsten war eine Anthologie (nicht in deinem Verlag), in die 60 Texte unterschiedlicher Autoren zum Teil grauenhafter Qualität gequetscht wurden und bei der eine Geschichte "Der Einzigste" heißen durfte, ohne dass ein Lektor eingegriffen hätte.
Die Anthologie „Verfolgt“ aus deinem Verlag rangiert aber, auch das muss ich leider sagen, was die Qualität der Aufmachung und der Geschichtenauswahl betrifft, in meiner Negativliste schon auf Platz 2. Zwar gibt es darin wenig Rechtschreibfehler (den einen oder anderen dürfte ich auch nicht monieren, bei „Exzess“ habe ich bestimmt auch einiges übersehen), aber in jeder Geschichte falsche Nebensatzeinleitungen und zum Teil inkonsistente Formulierungen.
Die zweite negative Erfahrung, die ich gemacht habe, ist, dass ein Kleinverleger zwei meiner Geschichten, die in jeweils unterschiedlichen Büchern seines Verlags erschienen waren und für die ich gezielte Verträge hatte, ohne mich zu fragen in ein drittes Buch übernommen hat. Darauf angesprochen hat er mich erst belogen, er hätte "alle" Autoren informiert (von denen, die ich davon kenne, hatte er keinen informiert) und auf weitere Nachfrage hin den Kontakt einfach abgebrochen.
Natürlich muss ich hier differenzieren, denn aus diesem Verhalten kann und will ich nicht auf andere und schon gar nicht auf dich (irgendwie merkwürdig, in unserem Mailverkehr siezen wir uns immer) schließen. Aber es hat sich bei mir dadurch das frustrierende Gefühl eingeschlichen, die Leistung, die ich bringe, wird nicht geachtet.
Das hat, wie gesagt, erstmal nichts mit Bezahlung zu tun, geld habe ich schließlich auch nicht (was natürlich meinen Ehrgeiz genau so bremst, da ich schlicht nicht mehr die Möglichkeiten habe, Bücher vorzufinanzieren, die ich dann in Buchhandlungen tragen oder bei Lesungen verkaufen kann), sondern mit dem Gefühl der Stagnation, die durch das Schwimmen im eigenen Saft entsteht.
Und ich denke, es ist dieses Gefühl der Stagnation und der Chancenlosigkeit, aus diesem Kreislauf auszubrechen, das Anthologien zum Teil auch in den negativen Ruf bringt.