@Wendigo:
Gut und schlüssig formuliert. Mit geringer Einschränkung teile ich deine Ansicht.
Es ist aber wichtig, jetzt an dieser Stelle zwei Perspektiven zu unterscheiden: Betrachte ich die Welt von außerhalb oder von innerhalb dieser? Die Existenz einer Entität trägt ihren individuellen Sinn insofern in sich selbst, als dass diese zu existieren trachtet. Daher etwa unser Überlebensinstinkt. Auch die Gesetze der Natur tragen ihren persönlichen Sinn mit sich: Sie erhalten diesen, "unseren" Kosmos am Leben.
Von außerhalb dieses Kosmos betrachtet zeigt sich allerdings, dass diese Folgerung wohl nicht mehr gegeben ist. Das Außerhalb kann auch ohne das Innerhalb existieren. Also müsste man sich daher einen alternativen Sinn ausdenken. Eine Möglichkeit wäre eine wie auch immer geartete Verknüpfung beider Welten (oder gar zu deren vielen). Gerade daran glaube ich aber eben nicht. Und wissen kann man es nicht. Jedenfalls nicht, solange man am Leben ist.
[...] bleibt das Wissen um die eigene Sterblichkeit übrig.
Das ist nicht ganz korrekt: Niemand
weiß von seinem eigenen Tod. Wenn ich dir gegenüber behaupten würde, dass du ewig leben wirst, könntest du mir streng genommen nichts zwingendes entgegensetzen, da dieses Ereignis in deiner persönlichen Zukunft liegt. Von Descartes' Solipsismus oder einigen genialen Überlegungen Schopenhauers mal abgesehen lässt sich unser sogenanntes Wissen immer nur auf entsprechende Analogien stützen: Ich sehe, höre, lese (von) Menschen, dass sie sterben. Also werde ich wohl auch eines Tages sterben.
Der biblische Abraham soll etwa über dreitausend Jahre alt geworden sein. Völlig ausgeschlossen?
Daraus folgt: Unser Bewusstsein (es liegt bereits im Wort: Wissen um uns selbst, aber nicht mehr!) befähigt uns lediglich, zu reflektieren. D.h., wir können davon ausgehen, dass wir existieren. Der Tod dagegen ist allenfalls eine empiristische Angelegenheit. Aber selbst ihn erfahren wir in der Regel persönlich erst dann, wenn wir dieses Wissen nicht mehr brauchen.
Im Übrigen geht es doch mehr darum, warum wir existieren, und weniger, warum unser Leben begrenzt ist.
(literarischer Einschub: Gerade wegen o.g. Erkenntnis über unsere Unwissenheit sind Erzählungen über Unsterbliche so faszinierend. Ihre absolut außergewöhnliche Fähigkeit könnte beispielsweise auf einer unerwarteten Laune der Natur basieren)
Will heissen: Erst wenn man belegen kann, dass die Fähigkeit, nach einem Sinn zu fragen, in sich selbst sinnlos ist, wird auch die entsprechende Existenz sinnfrei.
Für die Natur hat der Glaube des Menschen an einen Sinn des Lebens bzw. an einen Gott sehr wohl (wiederum) einen in sich geschlossenen Sinn. Nämlich den, angesichts seines angeborenen Bewusstseins seinen Lebenswillen, und damit seine Existenz, so, wie wir sie in dieser Welt verstehen, zu sichern. Darauf basiert übrigens die vor einigen Jahren von einem Evolutionstheoretiker postulierte Annahme eines sog. Gottesmoduls in unseren Gehirnen, eine (psychologische) Strategie der Natur im Kampf gegen die Folgen unserer einst erworbenen Erkenntnisfähigkeit. Vielleicht liegt darin auch der Grund, dass wir
überhaupt die Fähigkeit besitzen, zu glauben. (in diesem Fall wäre die Natur in ihrer Absicht über ihr eigentliches Ziel hinausgeschossen)
@masterplan:
Definition Gott: Für Tiere sind wir Menschen wie Götter. Wir besitzen Fähigkeiten, welche diese nicht einmal erahnen können. Wie sähe für uns Menschen ein göttliches Wesen aus? Gerade so.
Ich persönlich benutze den Begriff "Gott" um sprachlich von "Mensch" unterscheiden zu können. Eine Gleichsetzung käme somit der Bildung zweier Synonyme gleich.
Weiterhin unterstelle ich einem angenommenen Gott zu einem nicht unerheblichen Teil nicht menschlich zu sein. Das heißt: Eben jener besäße wiederum Fähigkeiten, welche wir nicht einmal erahnen können. Woher sollte ein Tier wissen, was Bewusstsein ist, wenn es dieses weder real noch in seinen Gedanken je erfahren hat? Wir benötigen für unsere Vorstellungen Zusammenhänge, welche wir wenigstens in unseren Gedanken zu erfahren imstande sind. Aber es benötigt eines Genies, um sich Dinge auszudenken, welche sich bisher niemand auch nur vorstellen konnte. Weiterhin besitzt ein Gott in meiner Vorstellung Fähigkeiten, welche uns selbst in unserer Phantasie völlig fremd sind.
Stell Dir doch einfach mal vor wir sind die einzigen und es ist alles nur wegen uns da, vielleicht sogar nur wegen Dir.
Das ist sicher nicht auszuschließen. Dennoch widerlegt es meine These der kosmischen Sinnhaftigkeit als Variable nicht. Dafür brauche ich keine Außerirdische, es reicht mir schon die Möglichkeit ihrer Existenz. Die Vorstellung dieser veranschaulicht meine These aber besser.
Allerdings: Sollten wir im gesamten Universum tatsächlich die einzigen Lebewesen sein hat diese Theorie keinen praktischen Wert, da wir nicht vergleichen können. (Eine Variable ohne Vergleich ist keine solche mehr; hier: innerhalb des existenziellen Kosmos) Wir kennen lediglich unsere selbst erdachten Sinnhaftigkeiten (Beispiele: Glaube an einen sich entwickelnden Kosmos, an Gott und seinen Willen, an eine Aufgabe)
So, ich gebe an den nächsten weiter...