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Aller Anfang ist schwer

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18.03.2021
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Aller Anfang ist schwer

Ich bin ein Nachtmensch. Das ist in meiner Lebensrealität eine schwere Bürde. Diese Veranlagung passt so gar nicht in unsere durchgetaktete, verplante und koordinierte Welt.

So kommt es, dass ich ein Doppelleben führe. Am Tag der Berater, der Trainer, der Coach, in der Nacht der Kreative, der Träumer, der Schreiber. Am Abend vom Tag erschöpft, in der Früh von der Nacht aufgezehrt. Unter Tage kleine Nickerchen, in den Nachtstunden kurze Schlummerzeiten.

Ich stehe von der Couch auf, ziehe mir die Trainingsjacke an und schleppe mich im Dunklen und noch halb blind in mein Bad. Das Licht blendet mich, als ich es einschalte. Mit zusammengekniffenen Augen drehe ich den Wasserhahn auf und schmeiße mir eine Ladung lauwarmes Wasser ins Gesicht, dann noch eine zweite und schließlich noch eine dritte Ladung. Erst dann wage ich einen ersten Blick in den Spiegel. Ein verbrauchter Mittfünfziger mit kurzen Haaren, weißen Bartstoppeln und tiefen Falten auf der Stirn starrt mich an. Ich scanne mein Gesicht, ist da noch eine Falte dazugekommen? Ich gehe näher ran und berühre die Stelle vorsichtig. Tatsächlich, ein weiterer Krähenfuß fräst sich unaufhaltsam in meine Haut. Lachfalten sollen das sein, sagt man, aber natürlich ist das nicht so, zumindest nicht ausschließlich. Körperliche Anstrengung, blendendes Licht, große Schmerzen, all das verursacht, dass wir unser Gesicht verziehen, es in Falten legen, es kurzfristig entstellen, während diese kleinen Mistkerle sich in der ausgetrockneten und unflexibel gewordenen alten Haut verewigen. Gott sei Dank, habe ich wenigstens Augenringe. Sie kaschieren meine Falten unter den Augen ganz ausgezeichnet. Ich nehme mein altes Gesicht resignierend und achselzuckend zur Kenntnis, beende meine Waschung und bewege mich aus dem Badezimmer heraus zur nächsten Station meiner Wanderung, der Küche.

Ein fast unhörbares Klicken im Dunklen und schon geht das Licht an. Schön gereiht stehen sie da, die vier Glaskrüge mit dem Fassungsvermögen von jeweils einem Liter. An jedem dieser Krüge sind drei Teebeutel mit der Schnur am Henkel befestigt. Die Beutel selbst ruhen in dem inzwischen handwarmen Wasser, das sich irgendwo zwischen dunkelbraun und schwarz eingefärbt hat. Schwarzer Tee mit Süßstoff, meine Überlebensration für die nächsten Stunden in dieser Nacht. Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass ich durch den Konsum von so viel Tee einen Blutdruck habe, der kurz davorsteht, meinen Schädel in Hunderte unappetitliche Teile zu zerfetzen. Aber nichts, rein gar nichts passiert. Mein Blutdruck bleibt davon völlig unbeeindruckt und manchmal frage ich mich, ob das irgendwas zu bedeuten hat. Ist der Tee vielleicht ein Verschnitt mit billigem, geschmacklosem Grünzeug oder ist mein Körper so kaputt, dass er nicht darauf reagieren kann? Ich werde es wohl nie erfahren. Wie immer verzichte ich auch heute auf ein Essen in der Nacht, denn es würde mich nur müde machen und ich brauche alle Konzentration für meine schriftstellerische Tätigkeit.

Ich schnappe mir die Krüge an ihre Henkel, zwei in die linke Hand, zwei in die rechte und mache mich auf dem Weg ins Wohnzimmer, vorbei an meiner Couch in Richtung meines überdimensionalen Schreibtisches. Nach wie vor ist es hier stockdunkel, während die Lampe in der Küche dort freilich alles wunderbar erhellt. Ich überlege und komme zu dem Schluss, dass mit vier Krügen in meinen Händen eine Veränderung der aktuellen Lichtsituation ganz offensichtlich nicht möglich ist und ferner beschließe ich, dass das so bleiben wird, bis ich an meinem Ziel angekommen bin und endlich die Schreibtischlampe angemacht habe. Aber solche, nicht vollständig durchdachten Entschlüsse, können durchaus unangenehme Folgen haben und sollten tunlichst vermieden werden, wie mir meine kleine Zehe des rechten Fußes eben mitteilt, die ich mit allem Schwung in meinen Sitzhocker vor dem Schreibtisch gerammt habe. Schmerzverzerrt, fluchend und hinkend gehe ich weiter, während ich irgendwo im Hinterkopf darüber nachdenke, wo wohl der nächste Krähenfuß in meinem Gesicht auftauchen wird, nach dieser wirklich dämlichen Aktion von mir. Nur drei Schritte weiter und schon war ich am Ziel meiner Wünsche. Vorsichtig abstellen, die Schreibtischlampe anschalten und nochmals raus zur Küche, um meine Tasse zu holen und das Licht auszumachen. Hmmm, wenn ich sowieso ein zweites Mal raus musste, warum habe ich dann nicht …? Mit einem Kopfschütteln, noch immer humpelnd und mit einem gemurmelten „Was soll ’s“ verlasse ich wieder die Küche.

Endlich sitze ich am Tisch, schalte den Computer ein und warte darauf, dass der Startbildschirm angezeigt wird. Währenddessen trinke ich die erste Portion meines lauwarmen Tees und erledige die Post vom Vortag. Rechnung, Rechnung, Mahnung, Werbung, Rechnung. Die Werbung schmeiße ich weg, das andere Zeug staple ich zu einem Haufen, die Mahnung an oberster Stelle. Ich packe das ganze Bündel, um den Mist in die Briefablage zu legen, merke aber, dass dort der Platz schon reichlich rar geworden war. Egal, ich will, ich muss und ich werde jetzt schreiben. Noch eine Portion Tee und langsam komme ich aus dem Halbschlafmodus heraus und spüre ein zartes, fast unscheinbares Erstarken meines Körpers. Nicht zu früh wie mir scheint denn mein treuer Begleiter, mein Freund mit der kalten Nase, mein Trost in der Finsternis steht hechelnd vor mir. Der Mundgeruch meines Schäferhundes ist definit ekelerregend dafür aber sind seine Zähne strahlend weiß. Ich denke eifersüchtig daran, während ich ihm in dem Arm nehme und wir inniglich schmusen, dass er mit einer Beißkraft von rund 240 Pfund per Quadratzoll praktisch jeden menschlichen Knochen zermalmen kann und das dass praktisch das Gegenteil von meinen Zähnen ist, mit denen ich mich schon wie ein mörderisches Tier fühle, wenn ich eine Soletti zerbeiße, ohne dass sie dabei Schaden nehmen. Aber wie auch immer, offensichtlich von der lautstarken Beschreibung meines Unglücks aufgeweckt, wankt er aus dem Wohnzimmer heraus und geht unbeirrbar auf die Ausgangstüre zu. Ein Blick aus dem Fenster heraus und ich sehe, wie dort kleine Wassertropfen auf dem Glas aufschlagen, sich mit anderen Tropfen vereinen um gemeinsam als kleiner Rinnsal herunterzulaufen. Hunderte kleiner Rinnsale, wie mir scheint, tun das gerade. Fein, es wird immer besser. Ich seufze leise vor mich hin und gehe dabei völlig unmotiviert in das Vorzimmer, rüste mich mit Schuhen, Trenchcoat und Hut aus, schnappe die Leine und schloss dann sanft die Eingangstüre hinter uns.

„Es regnet in Strömen“, bringt es nicht annähernd auf den Punkt und während ich meinem Hund folge, überlege alternative Ausdrucksweisen. „Sintflutartig“ ist zu altbacken, „Wolkenbruch“ zu abgegriffen und „Starkregen“ zu wenig aussagekräftig. Schließlich treffe ich die Entscheidung, den Begriff des „Monsunregens“ für mich zu verwenden. Mit Sicherheit war das, was da gerade runterkam, genauso stark, aber im Gegensatz zum Original schien dieser hier noch längere Zeit anhalten zu wollen. Während ich spüre, wie die Wassertropfen von meinem Gesicht über die Schulter, den Rücken hinunter und den Beinen entlang direkt in meine Schuhe wanderten, versuchte ich mich daran zu erinnern, was der Typ aus dem Fernsehen dazu gesagt hatte. Was war das doch gleich? Ach ja, er sagte es würde vermehrt zu Extremwetterereignissen aufgrund des Klimawandels kommen. Na, das hat ja nicht lange gedauert, denke ich so nebenbei und stampfe weiter meinen Hund hinterher, dem der Regen überhaupt nichts auszumachen schien. Wir Menschen sind Idioten. Nicht ein Einzelner natürlich, aber alle zusammen, sozusagen als Spezies, sind wir nichts anderes als ignorante, auf den eigenen Vorteil bedachte Schwachköpfe. Wir denken, wir würden diese Welt beherrschen, aber tatsächlich ist jeder Hund besser an die Natur angepasst als wir. Sie wird uns einfach abschütteln „unsere Welt“, so wie mein Hund einen lästigen Floh abschüttelt, der die Berechtigung zur Mitreise verloren hat. Das ist alles, mehr nicht. Bald werden es auch die Letzten verstanden haben, aber ich hoffe, dass es bis dahin nicht schon zu spät sein wird. Ich schüttle den Kopf. Nein, jetzt nur keine negativen Gedanken, dass hilft dir beim Schreiben nicht ein Stück.

Inzwischen war ich bis auf die Unterhose vollständig nass, erkannte aber, dass es durchaus Vorteile hat, wenn man so vollständig durchnässt ist. Noch mehr ist dann keinesfalls möglich. Mir ist trotz der Nässe nicht kalt und so gehe ich weiter meinem Hund hinterher, der sich anschickt, eine große, ich meine eine wirklich große Runde zu gehen. Zwei Stunden und viele Gedankensplitter später, auf den letzten Metern zum meinen Wohnhaus, erleichtert er sich endlich. Überaus stolz blickt er mich an, als wollte er mir damit zeigen, was er mit Herrchen machen kann, wenn er zu unangemessener Stunde von seiner Schimpftirade aufgeweckt wird. „Ich hab’s kapiert“, sage ich zu ihm und nehme mir vor, den Transport des Tees zukünftig besser zu planen, während ich von fern die Sirenen der Feuerwehr höre. Vollgelaufene Keller, denke ich, während ich die rutschigen Schlüssel vorsichtig in die Eingangstüre stecke.

Zu Hause entledigt sich mein Hund seiner Nässe größtenteils durch ausgiebiges Schütteln, während ich kriechend versuche, das überschüssige Wasser von Boden und Wänden wieder zu entfernen. Nachdem ich ihn umfangreich abfrottiert habe, gehe ich selbst ins Badezimmer und versuche dasselbe mit mir. Ich bemerkte dabei, dass mein weißer Schnauzbart, mein ganzer Stolz, irgendwie seine Spannung verloren hatte und traurig über meine Lippen herunterhing. Auch schon egal!

Drei Stunden nachdem ich die Wohnungstüre hinter mir zugemacht hatte, mache ich es mir zum zweiten Mal, in einem völlig neuen Trainingsanzug auf meinem Bürosessel richtig bequem, lege meine Beine auf den Hocker unter dem Tisch und trinke eine weitere Tasse Tee. Er hat natürlich Zimmertemperatur aber er bringt mich doch schluckweise wieder in den Schreibmodus. Ich öffne meine Textverarbeitungssoftware, starre auf ein leeres digitales Blatt und warte, was da so über mich kommen würde. Tausende von Gedanken rasen mir durch den Kopf, sinnvolle, aber auch weniger sinnvolle, schlaue, aber auch weniger schlaue, innovative, aber auch weniger innovative und nichts davon, wer hätte es gedacht, sprach mich wirklich an. Dennoch bin ich fest entschlossen, zumindest eine Kurzgeschichte in die Tastatur zu hämmern. Ich wurde jetzt schon Stunden aufgehalten, habe meinen körperlichen Verfall betrachtet, mir eine verstauchte Zehe beigebracht, einen von mir genervten Hund ausgeführt und anschließend die Wohnung und mich mühsam wieder trockengelegt. Das kann doch nicht alles umsonst gewesen sein, oder? Ich lege meinen Kopf in die Hände und warte. Und dann plötzlich war es soweit. Ich grinse unkontrolliert und strecke meinen Kopf wieder in die Höhe. Dann richte ich mich vollständig auf, atme noch einmal tief durch und tippe den Titel meiner Kurzgeschichte auf das digitale Blatt: „Aller Anfang ist schwer.“

Ich strecke meine Finger gegeneinander, so dass sie laut krachen und lege dann wie ein besessener los:

„Ich bin ein Nachtmensch. Das ist in meiner Lebensrealität eine schwere Bürde. Diese Veranlagung passt so gar nicht in unsere durchgetaktete, verplante und koordinierte Welt.“ …

 

Mahlzeit @Dieter W. Schreiter,

ein frühlingshaftes Willkommen im Forum. Erster Beitrag, erster Text hier. Normal bin ich nicht so der Korrektor, aber heute bin ich schlecht drauf (nicht wegen dir), deswegen mal zuerst das hier:

Am Tag der Berater, der Trainer, der Coach in der Nacht der Kreative, der Träumer, der Schreiber
Nach Coach entweder ein Komma - besser aber ein Punkt. Dann "In der Nacht ..." So haben auch Leser*innen gleich die korrekte Pause.
dann noch eine Zweite und schließlich noch eine dritte Ladung
Ladung als Nomen schreibst du hier natürlich nicht doppelt, aber "zweite" bezieht sich trotz allem auf das Nomen und deshalb klein.
Ich schnappe mir also die Krüge an ihren Henkeln, zwei in die linke Hand, zwei in die Rechte und mache
So wie oben. "... zwei [Krüge] in die linke ... zwei [Krüge] in die rechte [Hand]. Füllwörter wie "also" sind ein bisschen gestelzt, findet man in Satiren, hier würde ich es lassen.
gemurmelten „Was soll ’s.“ verlasse
"Was soll's" verlasse" Punkt muss weg.
Endlich sitze ich an meinen Tisch, schalte meinen Computer ein und warte darauf das der Startbildschirm angezeigt wird.
Personalpronomeninflation ... Endlich sitze ich am Tisch, schalte den Computer ein (wir gehen davon aus, dass Tisch und PC dir gehören) ... "... darauf, dass der ..." müsstest du noch ändern.
Nicht zu früh wie mir scheint denn mein treuer Begleiter
"Nicht zu früh, wie mir scheint, denn mein ..."
Ich seufze leise vor mich hin und gehe dabei völlig unmotiviert in das Vorzimmer, rüste mich mit Schuhen, Trenchcoat und Hut aus, schnappe die Leine und schloss dann sanft die Eingangstüre hinter uns.
Zeitproblem: Das hast du ein paar Mal, das Zeitproblem. Ich "seufze" und "schloss" ...
„Es regnet im Strömen“,
"in Strömen"
überlege ich mir alternative Ausdrucksweisen
Personalpronom ... "überlege ich alternative Ausdrucksweisen ... "ich" und "mir" ist unnötig.
„Sintflutartig“ war zu altbacken
ist altbacken, denn wenn es war, ist es das ja jetzt nicht mehr.
Na, dass hat ja nicht lange gedauert
Na, das hat ja ..."
Bald werden es auch die Letzten verstanden haben, aber ich hoffe
Komma
bis auf die Unterhose vollständig Nass
nass ist Eigenschaft, deshalb klein ...
eine Große, ich meine eine wirklich große Runde zu gehen
... eine große, ich meine, eine wirklich große Runde ...
Überaus Stolz blickt er mich an
stolz = Eigenschaft, deswegen klein
„Ich hab’s kapiert.“, sage ich zu ihm
Punkt ist hier überflüssig, der ist ja am Ende. "Ich hab's kapiert", sage ich zu ihm.
Ich bemerkte dabei, dass mein weißer Schnauzbart, mein ganzer Stolz, irgendwie seine Spannung verloren hat und traurig über meine Lippen herunterhing
In diesem Abschnitt beginnst du mit der Gegenwart. Das hier ist aber wieder Vergangenheit.
Ich fing an unkontrolliert zum Grinsen und strecke meinen Kopf wieder in die Höhe.
Vergangenheit und Gegenwart. "Ich grinse unkontrolliert und nehme den Kopf wieder hoch."

Sodele, ich hab es gerne gelesen, wenn ich auch den vermuteten Ablauf bestätigt sah. Ein lockerer und leichter Text, der doch jede Menge Einsicht in die Persönlichkeit gibt. In der Liste der Persönlichkeitsprofile gibt es dafür sogar einen Begriff. Aber egal, ich bin gespannt, was weiterhin hier von dir als Text kommt. Noch viele Schreibnächte wünscht

Morphin

 

Hallo @Dieter W. Schreiter,

dein Schreibstil gefällt mir wirklich sehr gut. Es hat richtig Spaß gemacht, den Text zu lesen. Nur einmal musste ich mit den Augen rollen:

Erst dann wage ich einen ersten Blick in den Spiegel.
Das Blick-in-den-Spiegel-Klischee. Du hast es dann doch ganz gut umgesetzt, eine weniger klischeehafte Lösung wäre aber besser.

Und das hier hat mir richtig gut gefallen:

„Es regnet im Strömen“, bringt es nicht annähernd auf den Punkt und während ich meinem Hund folge, überlege ich mir alternative Ausdrucksweisen. „Sintflutartig“ war zu altbacken, „Wolkenbruch“ zu abgegriffen und „Starkregen“ zu wenig aussagekräftig. Schließlich treffe ich die Entscheidung, den Begriff des „Monsunregens“ für mich zu verwenden.
Da merkt man schön, wie der Kopf des Schreiberlings arbeitet :D.

Wohnungstüre
Warum sagst du Türe? Weiter oben machst du das schon einmal. Wirkt etwas fehl am Platz, finde ich.

Dann richte ich mich vollständig auf, atme noch einmal tief durch und tippe den Titel meiner Kurzgeschichte auf das digitale Blatt: „Aller Anfang ist schwer.“

Ich strecke meine Finger gegeneinander, so dass sie laut krachen und lege dann wie ein besessener los:

„Ich bin ein Nachtmensch. Das ist in meiner Lebensrealität eine schwere Bürde. Diese Veranlagung passt so gar nicht in unsere durchgetaktete, verplante und koordinierte Welt.“

Zirkelschlüsse in Geschichten sind meine große Liebe und auch der hier hat mir gut gefallen.

Also, wie gesagt, der Schreibstil gefällt mir wirklich gut. Die Handlung bleibt dagegen leider etwas lahm. Du hast hier einen Tagesablauf beschrieben und Tagesabläufe neigen dazu, recht lahm zu sein.
Du hast dir kein wirklich neues Thema ausgesucht: Wer nicht weiß, was er schreiben soll, der schreibt über's Schreiben und das ist meist weniger originell, als man denkt. In die Falle bin ich auch schon getappt. Sicherlich kann man das Ganze spannend aufbereiten, das braucht's dann aber etwas innovativere Einfälle, als dein Text sie (inhaltlich) geboten hat.

Also ich glaube, die richtige Geschichte könntest du großartig erzählen und bin deswegen sehr gespannt, was von dir hier noch so kommt. Bleib bitte dran und versteh' die Kritik nicht zu hart, ich hab auch ALLER ANFANG IST SCHWER trotzdem sehr gerne gelesen.

Mit vielen Grüßen,
Manfred

 
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Hallo @Morphin

Vielen lieben Dank für die Korrekturen und dein Feedback.

PS: Ich hoffe, der Kommentarbereich ist die richtige Stelle für ein Dankeschön.


Hallo @Manfred Deppi

Vielen lieben Dank für dein Feedback. Ich kann mit Kritik gut umgehen und bin dafür sehr dankbar. Also immer wieder gerne.

Noch einen schönen Abend
mlg Dieter

 

Hola @Dieter W. Schreiter,

beim ersten Überfliegen Deines Textes schien mir, aneinandergereihte Belanglosigkeiten zu lesen, aber das konnte natürlich nicht sein. Also lese ich langsam und aufmerksam.

Im ersten Abschnitt nimmt der Leser teil am Krähenfuß-Zählen. Viel Text ohne Inhalt, sehr redundant:

… drehe ich den Wasserhahn auf und schmeiße mir eine Ladung lauwarmes Wasser ins Gesicht, dann noch eine zweite und schließlich noch eine dritte Ladung.
Spricht mich nicht an – auch weil es dem Ich-Erzähler nur um sich geht.

Zweiter Abschnitt: Teebeutel-Betrachtung.
Viele, viele Worte; völlig uninteressant.

Dritter Abschnitt:
Ich schnappe mir die Krüge an ihre Henkel, …
Unsere schöne Muttersprache!

Der Leser erfährt Unwichtiges über Lichtsituationen. Wozu muss ich das wissen?
Jede Kleinigkeit wird zu ausführlich geschildert – das Malheur mit der kleinen Zehe und anderes Belang- und Sinnloses. Das langweilt mich als Leser, ich sollte hier abbrechen. Allerdings habe ich diesen Komm begonnen, und werde ihn auch zu Ende bringen.

Vierter Abschnitt:
Die Briefablage ist voll! Außerdem Mundgeruch und Beißkraft des Hundes. Ich vermisse immer noch die Handlung.
Bis jetzt erschöpft sich der Text in Befindlichkeitsbeschreibungen des Ich-Erzählers – nicht genug für eine Kurzgeschichte.

„Es regnet in Strömen“, bringt es nicht annähernd auf den Punkt und während ich meinem Hund folge, überlege alternative Ausdrucksweisen. „Sintflutartig“ ist zu altbacken, „Wolkenbruch“ zu abgegriffen und „Starkregen“ zu wenig aussagekräftig. Schließlich treffe ich die Entscheidung, den Begriff des „Monsunregens“ für mich zu verwenden.
Wie viel Gerede! Genauer gesagt: Geschwafel. Jeder kann Google Synonyme drücken. Wieso müssen Deine Leser diese Umständlichkeiten über sich ergehen lassen?
Eine Handlung ist immer noch nicht in Sicht.

Doch kommt es an dieser Stelle noch zum philosophischen Höhepunkt:

… tatsächlich ist jeder Hund besser an die Natur angepasst als wir.
Es sei denn, wir greifen zum Regenschirm …

Um den Text zu straffen, solltest Du auf alles Entbehrliche verzichten:

lege meine Beine auf den Hocker unter dem Tisch und trinke eine weitere Tasse Tee.
(… lege die Beine hoch und trinke noch einen Tee.)

Dein Text ist mir in seiner jetzigen Form zu langatmig und detailverliebt, es passiert faktisch nichts. Trotzdem würde ich an Deiner Statt nicht viel herumoperieren, sondern mit einem neuen Ansatz starten. Ich hoffe, Du profitierst von Deiner Mitgliedschaft im Forum.

José

PS:
Morphin hat ja schon fleißig korrigiert, hier noch die letzten Korinthen:

zermalmen kann und das dass praktisch
und dass das praktisch …

kleiner Rinnsal
das Rinnsal

schnappe die Leine und schloss
Zeit

wie ein besessener

 
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Hallo @josefelipe

Zunächst einmal vielen Dank für das Feedback. Üblicherweise ergehe ich mich nicht in einer langen „Verteidigungsrede“, wenn es um meine Texte geht.

Heute möchte ich da eine Ausnahme machen:

1) Nicht jeder Text muss handlungsgetrieben sein. Die Handlungen selbst kann und soll vielleicht nur völlig unbedeutend sein. So können andere Dinge in den Vordergrund gebracht werden.

2) Der Großteil unserer Gedanken drehen sich nur um uns. Und wenn es uns um andere Personen geht, dann meistens im Zusammenhang mit uns. Meine Texte spielen nicht im MCU und machen auch keine Heldenreise, sondern sind eher in der Realität verhaftet.

3) Die Lichtsituation selbst erklärt natürlich auf der einen Seite, warum es zu dem Malheur kommt, aber auf der anderen Seite drückt diese auch den Grad des Erwachens des Protagonisten aus, sagt also etwas über seinen aktuellen Zustand aus.

4) Die Teebeutel-Betrachtung ist lediglich eine Brücke zu den gesundheitlichen Belangen, die dem Protagonisten zwar in den Sinn kommen, die er aber offensichtlich gerne wieder verdrängt. Sie sagt also auch sehr viel über ihn aus.

5) Wie wir dem Text schnell entnehmen können, beschäftigt sich der Protagonist mit dem Schreiben. Und in der Tat ist es eigentlich eine gängige Übung und eine Referenz an die Schriftstellerei, sich alternative Begrifflichkeiten zu überlegen. Die beschriebene Suche ist also nicht mehr als eine Methode, dem Leser die Denkweise eines Autors, Schriftstellers usw. nahezubringen.

6) „Es sei denn, wir greifen zum Regenschirm“ ist genau die Einstellung, die uns in die aktuelle Situation gebracht hat und zeigt das eigentliche Problem auf. Aber das gleitet in eine andere Diskussion ab, die ich gerne vermeiden würde.

7) Und warum ich nicht „… lege die Beine hoch und trinke noch einen Tee“ verwende, ist doch offensichtlich, oder? Ich treffe eine völlig andere Aussage, wenn ich die Beine auf den Tisch lege oder wenn ich sie unter den Tisch auf den Hocker lege. Wenn es mir also wichtig ist, den Leser in die richtige Richtung zu führen …

Dieses triviale Geschwafel dreht es sich also nur …

- … um das älter werden, …

- … um die Achtsamkeit uns gegenüber (Gesundheit), ...

- … um eine Freundschaft (Hund), ...

- … um unseren Umgang mit der Natur, ...

- … und um die Suche nach beruflicher Erfüllung.

Ich hatte freilich nie die Absicht eines dieser Themen in seiner Vollständigkeit auszubreiten, sehr wohl aber den Leser zu ermuntern, darüber nachzudenken.

Mir ist das Thema „Schriftsteller, der nicht weiß, was er schreiben soll“, völlig egal. Sie ist lediglich eine Krücke um eine Reihe von Themen, die mir wichtig sind, in eine Kurzgeschichte zu bekommen.

Der Nachtteil von Feedback ist der, dass er manchmal mehr über den Menschen aussagt der Feedback gibt, als über die eigentliche Sache selbst.

In diesem Sinne hoffe ich du profitierst von deiner Mitgliedschaft im Forum.

Dieter

 
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Hallo Dieter
Willkommen bei den Wortkriegern.
Bitte packe in Zukunft zeitnahe Beiträge zusammen in einen Kommentar und vermeide Vollzitate. Natürlich geht das Zitieren einzelner Textpassagen, auf die Bezug genommen wird in Ordnung. Auch Danksagungen sind im Kommentarbeitrag erlaubt. Polemische Auseinandersetzungen zwischen den Autor:innen hingegen sind eher was für privaten Nachrichten-Austausch via Konversationssystem (Briefsymbol oben rechts).

Danke fürs Verständnis und weiterhin viel Freude hier.
Gruss dotslash

 

Lieber @Dieter W. Schreiter

ich habe Deine Geschichte sehr gerne gelesen. Auch wenn ich sie nicht unbedingt sehr tiefgründig finde und von der Thematik her eher belanglos, so hat sie mir doch sehr gut gefallen und mich an vielen Stellen zum Lächeln gebracht. Du zeichnest das Bild eines interessanten Protas und seine Erlebnisse. Das hast Du gut und bildhaft beschrieben, ich bin in den Szenen drin, erlebe sie sozusagen live mit. Ganz besonders gefällt mir der eingeflochtene Humor.

Hier ein paar konkrete Leseeindrücke:

Ich bin ein Nachtmensch. Das ist in meiner Lebensrealität eine schwere Bürde. Diese Veranlagung passt so gar nicht in unsere durchgetaktete, verplante und koordinierte Welt.

Mit diesem Satz hast Du gleich mal meine Neugierde geweckt, da ich selbst ein Nachtmensch bin :) Allerdings muss ich aufgrund meines Berufs, der tagsüber und leider viel zu früh am morgen beginnt, versuchen nachts zu schlafen :D

o kommt es, dass ich ein Doppelleben führe. Am Tag der Berater, der Trainer, der Coach, in der Nacht der Kreative, der Träumer, der Schreiber. Am Abend vom Tag erschöpft, in der Früh von der Nacht aufgezehrt. Unter Tage kleine Nickerchen, in den Nachtstunden kurze Schlummerzeiten.

Sehr gut beschrieben. Kann mir den armen Kerl sofort vorstellen.

Ich stehe von der Couch auf, ziehe mir die Trainingsjacke an und schleppe mich im Dunklen und noch halb blind in mein Bad.

ins Bad

Ein verbrauchter Mittfünfziger mit kurzen Haaren, weißen Bartstoppeln und tiefen Falten auf der Stirn starrt mich an. Ich scanne mein Gesicht, ist da noch eine Falte dazugekommen? Ich gehe näher ran und berühre die Stelle vorsichtig. Tatsächlich, ein weiterer Krähenfuß fräst sich unaufhaltsam in meine Haut. Lachfalten sollen das sein, sagt man, aber natürlich ist das nicht so, zumindest nicht ausschließlich. Körperliche Anstrengung, blendendes Licht, große Schmerzen, all das verursacht, dass wir unser Gesicht verziehen, es in Falten legen, es kurzfristig entstellen, während diese kleinen Mistkerle sich in der ausgetrockneten und unflexibel gewordenen alten Haut verewigen.

Sehr gut beschrieben. Ich hab sofort ein Bild von ihm im Kopf. Ich mag den leichten Sarkasmus zwischen den Zeilen.

Schön gereiht stehen sie da, die vier Glaskrüge mit dem Fassungsvermögen von jeweils einem Liter.

aufgereiht

Ich schnappe mir die Krüge an ihre Henkel, zwei in die linke Hand, zwei in die rechte und mache mich auf dem Weg ins Wohnzimmer, vorbei an meiner Couch in Richtung meines überdimensionalen Schreibtisches.

ihren Henkeln

Aber solche, nicht vollständig durchdachten Entschlüsse, können durchaus unangenehme Folgen haben und sollten tunlichst vermieden werden, wie mir meine kleine Zehe des rechten Fußes eben mitteilt, die ich mit allem Schwung in meinen Sitzhocker vor dem Schreibtisch gerammt habe. Schmerzverzerrt, fluchend und hinkend gehe ich weiter, während ich irgendwo im Hinterkopf darüber nachdenke, wo wohl der nächste Krähenfuß in meinem Gesicht auftauchen wird, nach dieser wirklich dämlichen Aktion von mir.

Diese Szene hat mich zum Schmunzeln gebracht.

Hmmm, wenn ich sowieso ein zweites Mal raus musste, warum habe ich dann nicht …?

Lol :D Das hatte ich beim Lesen auch gedacht.

Ich grinse unkontrolliert und strecke meinen Kopf wieder in die Höhe. Dann richte ich mich vollständig auf, atme noch einmal tief durch und tippe den Titel meiner Kurzgeschichte auf das digitale Blatt: „Aller Anfang ist schwer.“

Cooler Moment.

„Ich bin ein Nachtmensch. Das ist in meiner Lebensrealität eine schwere Bürde. Diese Veranlagung passt so gar nicht in unsere durchgetaktete, verplante und koordinierte Welt.“ …

Und irgendwie hat er doch seinen eigenen durchgetakteten, geplanten, ritouellen Alltag :)

Ganz liebe Grüße und einen schnellen Start ins Wochenende,
Silvita

 

Hallo,

das ist keine Geschichte im eigentlichen Sinne, deswegen sollte man sie so auch nicht bewerten. Richtig ist, dass ein Text nicht immer eine sinnvolle oder überhaupt eine Handlung haben muss, aber dann sollte sie sich wenigstens um einen gewissen ästhetischen Anspruch bemühen; das ist es, was deinem Text vollkommen abgeht, jegliche Literarizität. Da gibt es keine sprachliche Finesse, keine Metapher, kein Bild, kein Symbol, das ist alles nackt, Beamtendaitsch, wenn ich jetzt mal böse wäre. Ich lese Amy Lowell eine halbe Seite darüber schreiben, wie sich das Licht in ihrem Badewasser spiegelt, und bin begeistert: weil es eine luzide, poetische Sprache ist, die nichts erzwingt, die von ganz alleine schwingt. Es kommt eben auf das Wie an.

Ich bin ein Nachtmensch. Das ist in meiner Lebensrealität eine schwere Bürde. Diese Veranlagung passt so gar nicht in unsere durchgetaktete, verplante und koordinierte Welt.
Wenn ich ehrlich bin, diese fetten Präambel, die vor dem Text stehen, warum nur? Die erklären dem Leser den Text schon, bevor er ihn gelesen hat? Traust du dem Leser so wenig zu, oder aber deinem Text? Die meisten Texte hier im Forum bemühen sich eben um das genaue Gegenteil, möglichst nicht konstruiert zu wirken, die Botschaft nicht direkt mit dem Holzhammer zu verbreiten, sondern möglichst subtil zu sein, ohne hermetisch zu wirken, immer lesbar bleiben.

Der Nachtteil von Feedback ist der, dass er manchmal mehr über den Menschen aussagt der Feedback gibt, als über die eigentliche Sache selbst.
Das gilt allerdings auch für Texte jeglicher Art. Für mich liest sich dein Text wie so eine Anekdote, die man am Ende von einem Training entweder vorgelesen bekommt oder aber selber schreiben muss. Das sind dann oft zuerst so Mindmap-Übungen, um das Gelernte zu vertiefen, und danach muss man brav und artig zeigen, dass man es auch verstanden hat. Das kann man natürlich machen, aber es ist dann eben keine Literatur, und wird auch nicht als solche rezipiert oder besprochen.

Konstruktiv: In deinem Text gibt es weder eine besondere Atmosphäre, noch ein Detail, das herausragt. Es gibt keine sprachlichen Verzückungsspitzen, aber auch keine oszillierenden Minimalismus, für mich ist das eine Sprache ohne besondere Merkmale. Es gibt keine Dialoge, kein Personal, aber auch keine Stimmung, keine Eigenheit, die deinen Erzähler ausmacht. Dazu ist der Text mit Adjektiven überladen. Die Klammer, die dann am Ende noch mal wiederholt, Ich bin ein Nachtmensch, die steht meiner Meinung einfach da, weil der Text sonst beliebig weiterlaufen könnte, er hat einfach kein organisches Ende, weil er kein Momentum beschreibt, das von seiner Einzigartigkeit lebt, sondern im Grunde lapidar vom Morgen eines älteren Mannes berichtet. Wie gesagt, das hat alles seine Berechtigung, aber du darfst eben nicht erwarten, dass man dir hier dafür einen Strauß Blumen schenkt und sagt: Das hast du aber toll gemacht, ein wahres Meisterwerk der Gegenwartsliteratur.

Mal eine Frage: Liest du selber gerne solche Texte? Und wenn ja, warum?

Gruss, Jimmy

 

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