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Alles richtig und doch verkehrt
Es war einmal...
ein Junge, der in der Savanne auf einem Stein saß und bitterlich weinte.
Das weckte schließlich selbst seinen Freund, den kleinen Löwen, auf, der einen Mittagsschlaf unter seinem Lieblingsbaum hielt.
Müde trottete der kleine Löwe zum Jungen und fragte ihn, warum er denn so einen Lärm mache. "Dein Weinen bringt mich ganz um meinen Mittagsschlaf."
"Ach", jammerte der Junge. "Ich habe von Mama Schelte bekommen - und nur, weil ich alles richtig gemacht habe."
"Wie", fragte da der kleine Löwe und putzte sich verdutzt die Schnauze: "Wie kann das sein?"
Der Junge sah aber nur mit verweintem Gesicht auf den feuchten Sand vor seinen Füßen, in den seine Tränen getropft waren.
Der kleine Löwe überlegte lang, was das Problem seines Freundes sein könne, kam aber zu keinem Ergebnis. So gähnte er schließlich und wischte mit seinem Schweif dem Jungen die Tränen aus dem Gesicht.
"Nun erzähl mir die Geschichte von Anfang an", sagte er und legte sich mit gespitzten Ohren vor seinem Freund ins Gras.
"Das war so", erklärte der Junge,in das buschige Schweifende seines Freundes schniefend. "Heute morgen sagte meine Mutter, daß ich noch eine Geburtstagskarte in den Briefkasten stecken sollte, der für meinen Onkel im Nachbardorf bestimmt war. Weißt du, der hat morgen schon Geburtstag, und weil doch die Post in der Früh schon unseren Briefkasten leert, muß die Karte auch früh dahin. Danach sollte ich mein Zimmer aufräumen. Wenn ich schon auf dem Weg zum Briefkasten sei, dann könnte ich noch bei Tante Ella auf dem Rückweg vorbeisehen und ihr den Topf zurück geben, den sich meine Mutter ausgeliehen hatte. Und die Schularbeiten sollte ich nicht vergessen!" - Hier brummte dem kleinen Löwen schon allein vom Zuhören der Kopf. - "Und wenn ich Lust habe, könnte ich mit dem Hund Gassi gehen, wenn ich meine Schwester vom Kindergarten abhole, nachdem ich bei Tante Ella gewesen sei ..."
"Und das alles hast du vergessen, oder?" Wollte der kleine Löwe wissen.
"Nein, nein. Nachdem meine Mutter zur Arbeit gegangen war, lief ich los. Ich holte meine Schwester vom Kindergarten ab, ging mit dem Hund Gassi, machte Schularbeiten, war bei Tante Ella und - und - und -" hier atmete der Junge kräftig durch, um nicht wieder anzufangen zu weinen - "und dann war ich noch bei dem Briefkasten."
"Dann ist doch alles gut", beruhigte ihn sein Freund. "Du kannst gar nichts vergessen haben."
"Ich habe auch nichts vergessen. Nur, nur - als ich beim Briefkasten die Karte einwerfen wollte, war der längst schon entleert worden. Ich war zu spät gekommen! Und nur, und nur, weil ich alles richtig gemacht habe! Deshalb kommt die Karte jetzt zu spät an!"
Der kleine Löwe dehnte und streckte sich.
"Mein Freund," sagte er, sich schüttelnd, daß die Mähne flog. "Du hast recht. Dein Problem ist ist schon schwierig zu verstehen."
Er gähnte wieder, dabei überdachte er noch einmal die Angelegenheit. Dann gab er dem Jungen einen kleinen Stups mit der Nase.
"Komm, laß uns zusammen spielen. Aber vorher gehen wir zu diesem Briefkasten. Ich glaube, mein Schwanz ist lang genug, um deinen Brief wieder aus dem Kasten 'rauszuholen. Und dann laufen wir schnell zum Nachbardorf und geben ihn bei deinem Onkel ab. Dann ist er noch rechtzeitig da. Das heißt, ich renne für dich- du muß nur auf meinem Rücken aufpassen, daß ich den Weg finde. Später spielen wir dann Fangen. Aber denk dran: Du kannst mich erst fangen, wenn du mich hast."
Der Junge strahlte über die Idee des kleinen Löwen, sprang auf und rannte zum Briefkasten, immer seinem besten Freund hinter her.