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Aloha
Wie blass eine Hand doch sein kann.
Aus welchen Teilen der Welt hat der Wind wohl ihre Vorfahren auf diese Insel gebracht? Diesen üppig grün bewachsenen Vulkanfelsen, wo sich sogar Regen warm anfühlt? Mir, dem Nordeuropäer, kommt das immer noch unwirklich vor. Sie lacht nur. „Ho'o kaumaha - mach dir keine Sorgen, ein dunkler Himmel bedeutet nicht gleich Kälte.“ Ja, selbst der schwarze Lavaboden ist hier stellenweise von innen her warm. Sie denkt so unbefangen, verfängt sich nicht in Zweifeln, etwas, dass mir immer wieder passiert. Wärme erfüllt gleichfalls die Herzen aller Menschen, ihre Musik, vollmundig und betörend wie Wein. Ihre Sprache fasziniert mich, ist unsere Brücke zum Gleichklang der Gefühle. Endlich finde ich Verständnis und Frieden. Wir bewundern den täglichen Regenbogen, die Wärme, die wir uns schenken, sauge ich förmlich in mich ein, um all die Verluste der letzten Jahre auszugleichen. Es wird mir gegeben, nicht hinterrücks genommen.
Wir sammeln weiße Korallenkiesel, arrangieren die Steine zu Buchstaben, auf schwarzem, nun festem Lavastrom. Ku'una - es ist eine Tradition von Verliebten. Ihre Augen: Kann Dunkles dermaßen hell glänzen? Nieselregen steigt als Dampf von warmen Steinen empor, umschmeichelt uns, ganz sanft. Sie singt „hele au i Kaleponi“, nein - sie wird ihre Heimat nie verlassen. Auch ich, der durch Untreue verletzte Ruhelose, werde niemals nach Kalifornien zurückkehren. Zuviel Kälte habe ich in einem Jahr dort erlebt. Wie viel Zeit ist verflossen, seit ich von dort hier angekommen bin? Inzwischen hat dies keine Bedeutung mehr. Es zählt lediglich unser Zusammensein, nur aloha 'âina - die Liebe zum Land, zu uns, der zusammen erlebten Natur.
Jetzt ist alles anders. Wie viel Zeit bleibt noch, für uns?
Hinter dem Fenster schwanken Bananenblätter im Wind. Als wäre es weißes Wachs, schimmern Blüten an einem Pagodenbaum im warmen Licht des Morgens. Alles scheint hier warm zu sein, der Wind, das monoton wogende Meer, die braune Haut der Menschen. Aber diese Hand hier wird kälter, trotz meiner Tränen, die ihr keine Wärme mehr spenden können.