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21.10.2005
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Tick, Tack, hallte es durch die einsame Unendlichkeit einer Dachgeschosswohnung im Nirgendwo.
Tick, Tack, erfüllte es den Raum, der spärlich möbliert bereits seit Jahrzehnten in diesem Zustand dahinvegitierte. Vor dem einzigen Fenster, in den letzten Strahlen der Dämmerung, auf einem leise vor sich hin knarrenden Stuhl sitzend, überdachte Karl sein Leben.

Tick, Tack, machte es in seinem Kopf, er konnte sich schon nicht mehr erinnern, wann seine Gedanken angefangen hatten, sich der Monotonie des Raumes anzupassen, welche den Lohn für sein Arbeitsreiches Leben darstellte. Leistung und Effektivität waren die Schlagworte seiner Generation gewesen, Arbeit und Funktionalität die Bürden seines Daseins. Heute war er bereits froh, aufstehen zu können, ohne dass seine Knochen bedrohlich knackten.

Tick, Tack, hallte es von den Wänden wider, als ob sie sich auch verzweifelt nach Gesellschaft sehnten. Der letzte Besuch seines einzigen Sohnes Bernhard war bereits einige Jahre her. Bernhards Job als Bankier ließ ihm einfach nicht mehr Zeit seinen alten Herrn zu besuchen. So war es doch auch bei ihm gewesen, als sein seliger Vater dem Umzug in das Seniorenheim endlich zugestimmt hatte. Irgendwie war es ihm so auch lieber, denn die Luft in der Einzimmerwohnung hallte noch immer von der Peinlichkeit des letzten Pflichtbesuchs seines Sohnes wider, mit dem dieser wahrscheinlich nur versucht hatte, sein Gewissen zu beruhigen.

Tick, Tack, schien es ihm zuzustimmen. Langsam, um seine gebeutelten Knochen nicht zu überanstrengen, wendete er seinen Kopf in Richtung der alten Standuhr, die beinahe die ganze Längsseite des kleinen Raumes einnahm und folgte, mit seinen vom Star trüben Augen, den verwitterten Holzkanten, die ihn von Jahr zu Jahr mehr an seine eigene, von Falten zerfurchte, Haut erinnerte. Das von den Jahren milchig gewordene Glas, schien seine alten Augen widerzuspiegeln. Die alten leicht verbogenen Zeiger vermochten nur noch unzureichend die Uhrzeit anzuzeigen.

Tick, Tack, schien sie ihm zum Trotz entgegenzuschreien. Ohne Hast, denn wenn er jetzt etwas im Übermaß besaß war es Zeit, obwohl ihm eben diese immer durch die Finger zu fließen schien, drehte er seinen Blick wieder zum Fenster und starrte auf den feuerroten Horizont, der sich vor ihm erstreckte. Langsam strich er mit seinen pergamentenen Händen über die metallene Schneide des Messers, das sich auf der Decke befand, die er als Schutz vor der Kälte um seine Füße geschlungen hatte. Langsam umklammerte er mit seinen klammen Fingern den kalten Griff und legte die Klinge auf seinen Unterarm.

Tick, Tack, schien es entsetzt zu keuchen. Doch von kühlem Kalkül geführt begann er langsam die, zur Küchenarbeit gedachte, geritzte Klinge über die faltige Haut seines Armes zu ziehen. Langsam öffnete sich seine Schlagader und ergoss ihren roten Saft über seinen welken Körper, wobei er durch die, erst vor kurzem von seinem Arzt verschriebenen Schmerzmitteln, nur ein leichtes Ziehen verspürte. Sie sollten eigentlich seine Altersbeschwerden vermindern, wobei sie ihm der Arzt ohne weiteres Nachfragen verschrieben hatte, über das Alter spricht man ja nicht. Langsam lehnte er sich an die knarrende Lehne seines Stuhles zurück und schloss zum letzten Mal seine Augen.
Tick, Tack, schien es ihn zu verabschieden.


Todesanzeigen der Oberndorfer Lokalen 24. Oktober 1999

Zur lieben Erinnerung

an unseren guten Vater, Schwiegervater, Opa, Bruder, Schwager, Onkel Herrn

Karl Steiner
pensionierter Bankier

welcher am 23. Oktober 1999 im 82. Lebensjahr von Gott zu sich gerufen wurde.
Möge er in Frieden ruhen​


Ja, Ja, er hatte dem alten Herrn immer gesagt, er solle aufpassen was er da von seinem Arzt verschrieben bekommt. Langsam legte Bernhard die Zeitung in den Papierkorb und widmete sich wieder seinem Schriftverkehr, der sich seit dem Mittagessen angesammelt hatte. Während er den ersten Brief von der Intervest AG überflog, verspürte er plötzlich ein eigenartiges Ziehen in der linken Seite seiner Brust. Eigenartig, ein derartiges Gefühl hatte er noch nie gehabt, auch seine Augen begannen kurz in einer sonderbaren Weise zu zucken.

Plötzlich hörte das Gefühl wieder auf. Wahrscheinlich war ihm sein Burger nur nicht bekommen. Als er gerade den nächsten Brief zu Hand nahm, fing die einzelne Träne gerade an zu trocknen, die in trauriger Ehrerbietung an seinen Vater auf seine Krawatte gekullert war. Die schlimmste Art zu sterben ist noch immer vergessen zu werden!

 

Hallo Agron,

herzlich willkommen auf kg.de

Zunächst einige Fehler, die mir aufgefallen sind.

Tock, Tock, erfüllte es den Raum, der spärlich möbliert bereits seit Jahrzehnten in diesem Zustand dahinwegitierte.

dahinvegetierte

auf einem leise vor sich dahinknarrenden Stuhl sitzend,

vor sich hin knarrenden

..., er konnte sich schon nicht mehr erinnern wann seine Gedanken angefangen hatten, sich der Monotonität des Raumes anzupassen, welche den Lohn für sein Arbeitsreiches Leben darstellte.

Komma nach erinnern; Monotonie; arbeitsreiches

Heute war er bereits froh aufstehen zu können,

Komma nach froh

Tock, Tock, hallte es von den Wänden wieder

wider

Der letzte Besuch seines einzigen Sohnes Bernhard war bereits einige Jahre her, Bernhards Job als Bankier lies ihm einfach nicht mehr Zeit seinen alten Herrn zu besuchen. So war es doch auch bei ihm gewesen, als sein seeliger Vater dem Umzug in das Seniorenheim endlich zugestimmt hatte.

Punkt nach her; ließ; Komma nach Zeit; seliger Vater

Irgendwie war es ihm so auch lieber, denn die Luft in der Einzimmerwohnung hallte noch immer von der Peinlichkeit des letzten Pflichtbesuchs seines Sohnes wieder, mit dem dieser wahrscheinlich nur versucht hatte sein Gewissen zu beruhigen.

wider (widerhallen); Komma nach hatte

..., wendete er seinen Kopf in Richtung der alten Standuhr die beinahe die ganze Längsseite des kleinen Raumes einnahm und folgte, mit seinen vom Star trüben Augen, den verwitterten Holzkanten die ihn von Jahr zu Jahr mehr an seine eigene, von Falten zerfurchte, Haut erinnerte.

Komma nach Standuhr und nach Holzkanten

Das von den Jahren milchig gewordene Glas, schien seine alten Augen wiederzuspiegeln.

widerspiegeln

Die alten leicht verborgenen Zeiger vermochten nur noch unzureichend die Uhrzeit anzuzeigen.

heißt es nicht "verbogenen"

Langsam strich er mit seinen pergamentenen Händen über die metallene Schneide des Messers dass sich auf der Decke befand, ...

Komma nach Messers; das sich auf der Decke befand

..., erst vor kuzem von seinem Arzt verschriebenen Schmerzmitteln, ...

vor kurzem

als Todesursache wird eine Überdosis rezeptpflichtige Schmerzmittel angenommen.

das steht mE nicht in einer Todesanzeige

Ja, Ja er hatte dem alten Herrn immer gesagt, er solle aufpassen was er da von seinem Arzt verschrieben bekommt.

Ja, ja, er ...; Komma nach aufpassen

... widmete sich wieder seinem Schriftverkehr der sich seit dem Mittagessen angesammelt hatte.

Komma nach Schriftverkehr

Damit die Geschichte übersichtlicher wird, bzw. besser lesbar ist, würde ich dir raten, mehr Absätze zu machen. Es bietet sich an, jedes Mal einen neuen Absatz zu machen, wenn du die Worte Tock, tock verwendest.
Soll dies das Ticken der Standuhr darstellen und damit das Ablaufen der Zeit?
Was mir etwas komisch erscheint ist, warum er den Oberarm aufschneidet. Ich kenne es nur vom Unterarm, den Pulsadern.
Ich weiß auch nicht, ob man den Selbstmord vertuschen kann, indem man angibt, dass es eine Überdosis Schmerzmittel war, die zu seinem Tod geführt hat, denn es muss ja eine ganz schöne "Sauerei" gewesen sein mit dem Blut.
Hier scheint es mir etwas irreal.

Hat mich nicht sehr gerührt die Geschichte. Eigentlich sollte man mit 82 Jahren keinen Selbstmord mehr begehen, da man sein Leben ja in gewisser Weise schon gemeistert hat. Vielleicht wäre es ganz interessant zu wissen, um welche Art von Schmerzen es sich bei deinen Prot gehandelt hat. Ist es eine unheilbare Krankheit oder wirklich nur sein Alter, das ihm zu schaffen macht?

Ich würde sagen, es bleiben noch einige Fragen offen.

Viele Grüße
bambu

 

Hallo Bambu,

erstmal Danke für die konstruktive Kritik, auch wenn sie leider hauptsächlich aus Fehlerbereinigung besteht.(Ich schreibe derzeit beinahe ausschließlich im Unterricht und poste es direkt, das tut dem Ganzen nicht unbedingt gut :( )

Ich werde mich in den nächsten Wochen sicherlich noch einmal hinsetzen und die Geschichte von Grund auf neu strukturieren, da sie derzeit ziemlich anstrengend zu lesen ist.
Der Fehler mit dem Oberarm war unbeabsichtigt, dass mit den Schmerzmittel war aber nicht als Vertuschung der Todesursache gedacht, sondern nur um es später in der Todesanzeige zu erwähnen und damit darauf hinzuweisen, dass es noch immer als unschicklich gilt über Selbstmord zu reden. Da man es beim Lesen aber sicherlich missversteht habe ich den Verweis entfernt.
Die Geschichte sollte aber nicht wirklich vom Selbstmord des alten Mannes handeln, sonder sie sollte aufzeigen dass es keine Rolle spielt ob man Selbstmord begeht, wenn man von der Zivilisation bereits vergessen wurde.

Greez, Agron

 

Hallo Agron,
zu

sondern nur um es später in der Todesanzeige zu erwähnen
gut, dass du das ínzwischen rausgenommen hast, denn das hat mich beim ersten Lesen gestört (zu unrealistisch). Jetzt wirkt es besser.
sie sollte aufzeigen dass es keine Rolle spielt ob man Selbstmord begeht, wenn man von der Zivilisation bereits vergessen wurde
Ich finde, das Vergessen-Sein oder nur noch als Last angesehen zu werden hast du gut geschildert.

@bambu

Eigentlich sollte man mit 82 Jahren keinen Selbstmord mehr begehen, da man sein Leben ja in gewisser Weise schon gemeistert hat.
Leider ist die Selbstmordrate bei alten Menschen gar nicht so niedrig, und es sind genau die geschilderten Ursachen: Schmerzen und Einsamkeit

Gruß, Elisha

 

Hallo Elisha,

erstmal danke, die Antwort könnte ja schon fast als Lob durchgehen (Naja, eben nur fast ;) ).
Falls du aber noch irgendeine Art von Kritik hast, schreib sie bitte dazu. Am liebsten wäre es mir nämlich, wenn der Text einmal richtig zerissen würde.(Hilft ja bekanntlich am meisten beim korrigieren)

Greez, Agron

 

Hi Agron,

wow, warum hat diese Geschichte fast niemand kommentiert?

Ich kenne dich ja als witzigen Typen von den UW, da dachte ich mir, ich lese einmal auch eine Geschichte von dir. Der Anfang der neuesten hat mir nicht so zugesagt, also nahm ich die älteste. Und ich muss sagen: Wow! Eine gute Entscheidung meinerseits. Ich bin eben ein Genie. ;)

Deine Geschichte ist sehr kurz, aber in dieser Kürze wird alles gesagt, was es zu sagen gibt.

Du wirst nun Zeuge meiner mittlerweile zehnten Interpretation auf kg.de - ein Jubiläum! ;)
Dass er sich umbringt und das ganze zeug drumrum, ist für mich nur eine Metapher. Wenn niemand mehr an ihn denkt, ist es egal, ob er lebt oder tot ist - was der letzte Satz schön widergibt.
Der Sohn weint dem Vater eine Träne nach, weiß aber gar nicht, was passiert -> Abstumpfung, der Job ist wichtiger, etc.

Ein Punkt, bei dem ich mir nicht ganz sicher bin: Dass der Sohn es auf die Medikamente schiebt könnte einerseits deine Nachlässigkeit sein ;) Andererseits - und das würde mir sehr gefallen, obwohl vermutlich unrealistisch - die wahre Todesursache interessiert ihn gar nicht. Es ist für ihn einfach so: Ok, der ist tot, weiter gehts. Vielleicht wurde ihm die echte Todesursache aber auch mitgeteilt, aber er hat es geschäftsmäßig überhört oder verdrängt, als unwichtige Information gelöscht.

Ich sollte mit meinen Interpretationen aufhören ... :dozey:

Tserk!
Gefundene Fehler:

welche den Lohn für sein Arbeitsreiches Leben darstellte.
arbeitsreiches
Bernhards Job als Bankier ließ ihm einfach nicht mehr Zeit seinen alten Herrn zu besuchen.
die Zeit,
Ohne Hast, denn wenn er jetzt etwas im Übermaß besaß war es Zeit
besaßKOMMA
Ja, Ja, er hatte dem alten Herrn immer gesagt
ja
er solle aufpassen was er da von seinem Arzt verschrieben bekommt.
aufpassenKOMMA
Die schlimmste Art zu sterben ist noch immer vergessen zu werden!
sterbenKOMMA

 

Hi Agron,

das Alleinsein im Alter und den Sohn, der seinen Vater als Last sah, hast du treffend beschrieben.

Was ich allerdings zu bemerken habe ist die Begriffsverwendung "Bankier"
Der Bankier ist üblicherweise jemand, der eine Bank besitzt im weitesten Sinne wird er für den Vorstand eine Bank AG benutzt. In diesem Zusammnehang passt das pensioniert nicht, denn das können nur Beamte werde. Es müsste also heißen Bankier im Ruhestand.
Wenn der Sohn auch Bankier ist, finde ich die Bezeichnung "Job als Bankier" nicht sehr zutreffend.
Solltest du keinen Bankier gemeint haben, dann ist die Bezeichnung Banker/Bankkaufmann richtig. Der allerdings auch nicht pensioniert wird.
Ich weiß, dass klingt möglicherweise kleinlich, aber mich hats eben gestört und dreimal darfst du raten, wo ich arbeite:D

LG
Katinka

 
Zuletzt bearbeitet:

Kleinigkeiten

Hallo Agron,

mir hat deine Geschichte bis auf ein paar Kleinigkeiten recht gut gefallen:

1. Nachdem du den Verweis auf die Todesursache aus der Todesanzeige entfernt hast, macht es keinen Sinn mehr, warum sein Sohn davon ausgehen sollte, dass ihn die Tabletten umgebracht hätten. Ich finde es würde vielleicht noch besser die Gleichgültigkeit des Sohns zeigen, wenn er zum Beispiel davon ausginge, dass sein Vater einfach an Altersschwäche gestorben sei. Mit einem Gedanken nach dem Motto "Er war ja nun auch schon sehr alt" würde er sich mE nach noch stärker von seinen Emotionen distanzieren.

2. Die Reaktion seines Sohnes ist mir etwas zu kurz beschrieben. So wirkt sein Charakter wie ein flaches Klischee in meinen Augen. Vielleicht kannst du ihm zumindest ein bisschen Persönlichkeit verleihen ohne die Aussage der Geschichte zu verwaschen?

Bzgl. Katinkas Kritik stimme ich ihr leider nur in einem Punkt zu: Dass sie ein bisschen kleinlich ist (sorry). Für mich klang pensioniert ganz normal. Es mag zwar nicht fachlich 100% korrekt sein, entspricht aber dem alltäglichen Sprachgebrauch. Bankkaufmann ist ein Ausdruck, der nach meinem Verständnis nichts in einer emotional ansprechenden Kurzgeschichte zu suchen hat. Das Wort Bankier hat mir persönlich da besser gefallen, wobei "Banker" vielleicht noch besser passen würde (ok, Katinka da stimme ich dir auch wieder zu ;) )

Lieben Gruß,

Kastanie

 

Hy Kastanie,

danke für die Kritik - hätte ja eigentlich nicht mehr damit gerechnet, bei dieser Geschichte.

Werde mir die Punkte noch einmal anschauen und das Ganze bei Gelegenheit noch dahingehend überarbeiten.

Greez Agron

 

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