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Am Tag, als der Papst zum zweiten Mal starb

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31.01.2016
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Am Tag, als der Papst zum zweiten Mal starb

In diesem Sommer starb der Papst zweimal. Anfang des Monats, die Ferien hatten bereits begonnen, gaben sie es das erste Mal in den Radionachrichten bekannt.

Papa sah Luzie mit geweiteten Augen an. Ähnlich wie Herr Lehmann es immer tat, während sie versuchte zu erklären, aus welchem Grund sie keine Hausaufgaben vorzeigen konnte. Für diese Situation hatte sich Luzie verschiedene Ausreden einfallen lassen, die sie ruckzuck aus dem Ärmel zauberte. Sie wollte nicht sagen, dass Papa sehr wütend werden konnte und dann ihre Hefte zerriss, weil sie gefälligst nicht so schlau tun sollte. Sie wollte auch nicht sagen, dass sie das Taschengeld sparte, um ein Schulbuch zu ersetzen, nach dem Herr Lehmann fragte, weil es auch Papas Wut zum Opfer gefallen war. Sie war gut darin, Ausreden zu erfinden. "Lügen-Luzie" rief man ihr auf dem Schulhof hinterher.

Papa riss die Augen weiter auf. Nun waren sie groß wie Frühstücksteller. Aber während das Weiß in Yasemins Augen schimmerte wie Perlmutt, war es bei ihm rotgeädert und furchterregend, obwohl die Iris fast dieselbe Farbe hatte. Ein warmes Braun. Luzie dachte ständig an Yasemin. Sogar jetzt. Die einzige Freundin, die sie jemals hatte. Währenddessen sog Papa gierig an seiner Zigarette und blies eine blaugraue Wolke aus, so dicht und groß, dass sein Gesicht für einen Augenblick dahinter verschwand. Halb Mensch, halb Gespenst. Als der Rauch an der Zimmerdecke entlang kroch und Papas Gesicht wieder sichtbar wurde, hatte seine Stirn tiefe Furchen. Wie bei einem Zaubertrick hatte es sich verwandelt und zwischen jeder einzelnen Furche sammelte sich Schweiß. Die Haut begann, sich zu verfärben. Erst rot, dann dunkler, mehr lila. Er schrie Worte, wie Papst und Mutter, Arbeit und verrückt, dumm verkaufen und dass sie schon sehen würden. Für Luzie ergaben sie keinen Sinn. Mit weit aufgerissenem Mund, versprühte er Spucke und stand nah genug vor Luzie, dass sie das Gemisch aus Bier, Schnaps und Zigaretten roch und ihr Übelkeit verursachte. Luzie wollte lieber nicht länger mit ihm über den Papst sprechen, denn Papa verlor schnell die Geduld. Zack, war der Faden gerissen und dann war es wirklich schlau, sich dünnezumachen. Sie würde Mama später fragen, wenn die von der Arbeit zurück war.

Yasemin wohnte mit ihren Eltern, einer blinden Großmutter und der kleinen Schwester, die noch gar kein deutsch sprach, sondern nur türkisch und die Luzie jedes Mal zur Begrüßung einen Kuss auf die Hand gab und dann kichernd davonrannte, in der siebzehnten Etage im selben Haus wie Luzie. Die Aussicht war herrlich und die Räume hell und luftig. Es duftete zu jeder Tageszeit nach Gebäck und Gewürzen. Sie konnten von hier oben über die ganze Siedlung hinwegsehen bis zur Mauer. Niemand, der hier lebte, wunderte sich über diese große, graue Wand. An einigen Stellen war sie angesprüht worden: Klaus und Gaby. I'm sorry about that. DDR. Manchmal spazierten Luzie und Yasemin daran entlang und lasen alle Sprüche, aber nur bis zum alten Forellenhof, dort wo die Einfamilienhäuser standen mit Löchern in den Dächern und verbretterten Fenstern. An dieser Stelle kehrten sie um, damit sie noch rechtzeitig vor dem Dunkelwerden zurück waren und keinen Hausarrest bekamen. Mit Yasemin war das Leben lustiger und ihre Augen strahlten und wärmten Luzies Herz. Nie wieder sah Luzie dieses Braun bei einem anderen Menschen. Es war mit goldenen, klitzekleinen Pünktchen gesprenkelt und gerahmt von dichten Wimpern. Die Mädchen saßen in der Schule natürlich nebeneinander und wenn sie beide tuschelten, wurde immer Luzie von den Lehrern ermahnt, weil niemand sonst Yasemins Stimme hören konnte, so leise sprach sie.
Auf dem Heimweg kauften sie gelegentlich ein halbes Hähnchen vom Imbiss und teilten es sich dann im Treppenhaus. Sie stiegen die Etagen so schnell hoch, wie sie konnten. Ohne zwischendurch auszuruhen. Der Rekord lag im achten Stock. Dann sackten sie erschöpft und prustend auf die Stufen und wenn Luzie die Tüte aufriss, roch die ganze Etage nicht länger nur nach Urin und Staub, sondern auch nach gegrilltem Huhn. Yasemin und Luzie passten gut zusammen. Auch beim Hühnchenessen. Luzie aß am liebsten das weiße Fleisch und Yasemin die Haut und das dunkle Fleisch.
„Ich hoffe, wir bleiben für immer Freundinnen", sagte Luzie und lächelte, während sie kaute, „bis wir sterben. Und auch noch danach. Als Gespensterfreundinnen. Dann fliegen wir durch das ganze Haus und stecken unsere Köpfe durch die Wände und erschrecken alle Leute, dass die sich vor Angst in die Hose machen."

Yasemin war am Morgen des ersten Ferientages allein zu Verwandten in ein türkisches Dorf gebracht worden, während ihre Eltern den Sommer über weiter zur Arbeit gingen. Um die kleine Schwester kümmerte sich in dieser Zeit die Großmutter. Das kleine Dorf lag nicht einmal am Meer und es gab auch keinen Strom im Haus, erzählte sie am Abend vor der Abreise. Luzie gab ihr das Taschentuch mit dem Teddy darauf, das Mama ihr am Abend zuvor geschenkt hatte, damit sie die Nase putzen konnte. Und zur Erinnerung. Sie würden sich Briefe schreiben. Jeden Tag einen. Und in den Umschlag legten sie dann immer etwas dazu, das man anfassen oder daran riechen könnte. Eine Feder zum Beispiel oder Sandkörner, das Papier vom Brausebonbon oder einen Tropfen Sonnenöl. Beide Mädchen kauerten, bis die Laternen aufflackerten, auf den Stufen am Hauseingang vor der Sprechanlage, aus der immerzu irgendein Geräusch schnarrte oder jemand "Hallo, hallo" rief.
Luzie hatte sich für den nächsten Morgen den Wecker gestellt, um zu sehen, wie das Auto mit ihrer Freundin davonfuhr. Vom Balkon aus sah sie die Sonne zwischen den hellgrauen Häusern aufgehen. Es war seltsam friedlich dort unten auf dem Parkplatz an diesem Morgen. Luzie hörte niemanden rufen oder schreien, keine Autohupen oder Sirenen. Nur Vögel zwitscherten. Und nachdem beide Mädchen sich einander müde zugewinkt hatten, stieg Yasemin in ein verrostetes Auto und fuhr mit Onkel und Tante davon.

So vertrieb sich Luzie die Ferienzeit allein und ging täglich zu Herrn Kowalke, dem der Kiosk unten im Einkaufszentrum gehörte. Dort kaufte sie seit dem ersten Schultag alle Hefte, Stifte und seit kurzem die Zigaretten für Papa. An einem Tag hatte Herr Kowalke Luzie keine Zigaretten mitgeben wollen, nuschelte etwas von Unvernunft, dass es noch so weit käme, und ließ sie ratlos nach Hause gehen. Am nächsten Tag gab er ihr dann einen Brausebonbon zur Schachtel HB dazu und fragte, ob sie gegen einen Türrahmen gestoßen wäre. Das kam in etwa so hin. Papa funkelte Luzie wild mit den Augen an, als sie wegen Herrn Kowalke ohne Zigaretten nach Hause kam. Sie standen sich im Flur gegenüber, weil er Luzie an der Tür abfing, nachdem er den Schlüssel im Schloss gehört hatte. Er schubste sie immer ein bisschen an der Schulter, während er herumbrüllte. Das wollte gar nicht enden. Die Schulter pochte schon von dem ganzen Geboxe. Außerdem musste Luzie dringend mal. Sie sagte, sie müsste zur Toilette, wie immer, wenn sie Angst hatte, denn Papa war angsteinflößend, wenn er wütend wurde, aber er schubste sie bloß kräftiger, wodurch sie fiel, und dabei schlug sie mit der Stirn irgendwo gegen und machte sich nass. Für einen Augenblick sah es vom Boden so aus, als würde er ihr aufhelfen wollen, weil er einen unschlüssigen Schritt auf sie zuging, aber er drehte sich doch abrupt weg und ging aus der Tür. Zigaretten holen. Und Luzie zog die Kleidung aus und schaltete die Waschmaschine an.

Papa bekam keinen Urlaub in den Ferien. Im Sommer gab es auf dem Bau am meisten zu tun, während bei Mama im Salon um diese Zeit nicht viel los war. Die Frauen gaben ihr Geld jetzt für Eis aus und gingen an den See. Mamas Chef gab sich selbst und ihr zwei Wochen frei und Mama ging mit Luzie jeden Tag ins Freibad. In der ersten Woche fuhren sie zwei Stationen mit dem Bus, aber in der zweiten Woche gingen sie zu Fuß, denn Mama konnte gut rechnen und hielt das Geld beisammen. Mittags lagen sie faul in der Sonne und Mamas Haare glänzten wie Goldfäden, die durch Luzies Finger glitten. Luzie sah Mama gerne an, wie sie dort mit geschlossenen Augen hinter der runden Brille auf dem Rücken lag und ihr Körper im Sonnenlicht glänzte wie Luzies Lackschuhe. An manchen Tagen setzte Mama die Sonnenbrille gar nicht ab. Nicht einmal zu Hause oder im Laden von Herrn Kowalke, wenn sie eine Flasche für den Abend kaufte. Zur Entspannung. Im Freibad kaufte sie zuvor Pommes frites und Eis für Luzie. An manchen Tagen noch zusätzlich eine Tüte Süßigkeiten. Und während Luzie aß, verschwand Mama.
„Bleib schön hier, meine Kleine. Ich brauche etwas Abwechslung", flüsterte sie, strich ihrer Tochter über den Kopf und ging mit leichten Schritten davon. Luzie dachte lange Zeit über den Satz nach, konnte sich aber mal wieder keinen Reim darauf machen, was Erwachsene so sagten, und stürzte sich schulterzuckend auf die Tüte mit den Naschereien. Als Mama zurück war, fragte Luzie, wohin sie denn gegangen wäre. Aber Mama schnitt nur alberne Grimassen, schielte und zog sich selbst an den Ohren, wackelte mit dem Kopf und kitzelte Luzie so lange, bis sie beide die Frage vergessen hatten.
Das Freibad war jeden Tag rappelvoll, die ausgebreiteten Handtücher lagen dicht aneinander auf dem Rasen. Wenn Luzie zum Schwimmbecken ging, war es unmöglich, keines auf dem Weg dorthin zu betreten, so sehr sie sich auch bemühte. Der August war fürchterlich heiß und man hätte meinen können, alle Einwohner der gesamten Siedlung würden sich hier tagsüber aufhalten, weil niemand in den Sommerferien verreiste und es zwischen den Betonwänden nicht auszuhalten war. Wenn Mama von ihrem täglichen Ausflug zu Luzie zurückkehrte, waren die meisten Handtücher vom Rasen verschwunden und zwischen all dem plattgelegenen Gras, den zurückgelassenen Getränkedosen und Wurstpappen, saß Luzie auf dem Coca Cola-Tuch mit angewinkelten Knien, um die sie ihre mageren Arme geschlungen hatte.
„Ich bin zurück, Luzie", rief Mama von weitem, schnappte sich den Plastikkorb, in dem sie die nassen Handtücher und Bikinis transportierten, nahm Luzie an die Hand. Dabei fiel ihr Blick kurz auf die abgekauten Nägel ihrer Tochter. Das leise ‚tsts’ verklang im Wind, während sie mit Luzie aus dem Freibad lief. Mama verlor in diesen zwei Wochen selbst dann ihre gute Laune nicht, wenn sie auf dem Heimweg ein Gewitter überraschte und der Platzregen beide bis auf die Haut durchnässte. Es gab eine Menge Gewitter in diesem August.
Am Ende der zwei Wochen war Mama am ganzen Körper schokoladenbraun und wenn sie abends aus der Badewanne stieg, konnte man auf ihrem Körper vier kleine, weiße Dreiecke sehen. Luzie lachte sich kringelig darüber und Mama tanzte nackt durch den Flur, warf den Kopf vor und zurück, hin und her und schüttelte ihre weizenblonden Haare wie ein übermütiges Pony. Dazu sang sie "Stayin' alive", den Song, der in diesem August immerzu im Radio lief.

Mamas Urlaub war vorüber und Luzie wieder allein. Yasemin war noch nicht zurück und Luzie saß jeden Tag auf dem Balkon und las das Buch über einen Gurkenkönig, auf den man pfeifen konnte, weil der immer stahl und log. Sie hatte es schon dreimal gelesen, weil es ihr so gut gefiel, aber auch weil die Bücherhalle in der ersten Ferienwoche ausbrannte. Der Frisiersalon, in dem Mama arbeitete, befand sich direkt nebenan und sie redete an diesem Abend nur von ihrem Chef, der mutig mit Eimern voll Wasser die Bücher zu löschen versuchte, bis die Feuerwehr kam. Papa hatte an diesem Abend einen Geduldsfaden von der Stärke eines Babyhaares. Er zog mit einem kräftigen Ruck und einem kehligen Laut, der Luzie an Kowalkes Hund erinnerte, wenn man seinem Platz zu nahekam, an der Tischdecke , kaum dass Mama die Geschichte beendet hatte. Mama und Luzie sprangen gleichzeitig von den Stühlen auf, standen vor dem leergefegten Tisch. Mama legte einen Zeigefinger an die geschlossenen Lippen und sie sagten keinen Mucks, bis die Haustür zuknallte. Dann sammelten sie die Wurstscheiben, Brotreste und Gürkchen vom Teppich. Mama suchte eins nach Fusseln ab, stopfte es sich in den Mund, hob einen Teller auf, hielt ihn wie eine Trophäe in die Höhe und sprach theatralisch: „Das ist Glas, auf dem Elefanten tanzen könnten."

Bis Ende September war es so heiß, dass Luzie jeden Tag wie betäubt mit geschlossenen Augen im Liegestuhl auf dem Balkon lag und nichts tat. Sie nuckelte bloß an der Brauseflasche, die Mama für Luzie in den kleinen Kühlschrank gleich neben Papas Bier gestellt hatte, und konnte sich nicht regen. Und auch von unten drangen wenig Geräusche nach oben. Wer konnte, blieb im Haus.
Irgendetwas verursachte einen rauschenden Luftzug an Luzies Schulter. Es fiel still und schnell an ihr vorbei. Sie hörte den Aufprall auf den Steinen deutlich. Der Gedanke an einen schweren Wäschesack kam Luzie in den Sinn, wie der, den Mama eine Zeitlang zum Salon mitnahm, bevor sie eine Waschmaschine besaßen. Luzie konnte nicht sagen warum, aber sie erstarrte, rührte sich nicht. Etwas in ihr wusste, dass kein Wäschesack an ihr vorbeigerauscht war. Ihr Herz schlug in alle Richtungen, als suchte es sich einen Weg aus der Brust hinaus ins Freie.Luzie sprang vom Stuhl auf und beugte sich wie in Zeitlupe mit geschlossenen Augen über das Balkongeländer und zögerte einen Moment, bevor sie sie öffnete. Dort unten lag ein kleiner Mensch. Sie konnte den Blick nicht abwenden, keinen einzigen Muskel bewegen. Luzie starrte auf das kleine Kind, das dort auf dem Bauch lag, die Beine und Arme verdreht, wie das eigentlich nicht möglich war, die dunklen Haare auf dem grauen Pflaster wunderschön um den Kopf herum ausgebreitet. Sie trug ein weißes Sommerkleid.
Als Luzie den Blick abwenden musste, um Atem zu holen, bemerkte sie auf dem Gehweg, der von der Bushaltestelle führte, Yasemins Mama, die auf das Haus zurannte. Ihre beiden Einkaufstaschen hatte sie unterwegs fallenlassen. Die ersten Leute versammelten sich um das Kind auf dem Platz vor dem Eingang und Luzie ging einen Schritt zurück. Sie hielt die Brauseflasche immer noch mit weißen Fingerknöcheln fest umklammert und die Hände zitterten.
Jemand musste Yasemins Vater sagen, dass seine kleine Tochter aus dem Fenster gefallen war. Das sollte er doch wissen. Und nur deshalb fuhr Luzie mit dem Fahrstuhl in den siebzehnten Stock und klingelte. Verschlafen stand Yasemins Papa in der Tür nachdem er geöffnet hatte.
„Hallo Luzie", sagte er müde lächelnd, „Yasemin nicht da." Er gähnte und sah auf seine Armbanduhr. „Frau kommt gleich von Arbeit“, freute er sich.
Als er dann nur noch mit dem Kopf gegen den Türrahmen schlug, wartete Luzie nicht auf den Fahrstuhl, sondern lief durch das Treppenhaus in die Wohnung zurück, kauerte sich auf ihr Bett und drehte den winzig kleinen Hühnerknochen zwischen Daumen und Zeigefinger, der im Umschlag gelegen hatte. Auf dem Schreibtisch lag die Empfehlung für das Gymnasium und der letzte Brief von Yasemin, in dem sie schrieb, dass sie sich freue, mit Luzie in die neue Schule gehen zu können. Daraus wurde aber nichts, denn Yasemin kam nicht wieder nach Berlin zurück.
Im Radio verkündeten sie später zum zweiten Mal den Tod des Papstes.

 

Hej rieger,

es ist wirklich interessant, wie du an diesen Text herangegangen bist. Zum einen mit einer Erwartungshaltung, die sich nicht erfüllt hat. Und anstatt deine Enttäuschung kundzutun, liest du ihn erneut und probierst eine andere Sichtweise aus. Das verlangt mir reichlich Respekt ab und ich bin dankbar, dass du das für mich getan hast.

Deine Geschichte wirkt auf mich episodenhaft...

Gut möglich. Alles geschieht und ohne großes Zutun der Figur, geschehen Dinge innerhalb ihrer eigenen Existenz und im Rahmen einer Episode historischer Art. Sie nimmt zur Kenntnis und wertet nicht, erfährt aber viel über sich selbst.

Wobei mir da das Rätselhafte der Affaire gefällt und der schöne Wink auf den Chef.

Gut, zu lesen.

Das ist dann einfach eine Badegeschichte mit der Gleichsetzung: Badeanstalt ist Leben.

Wo trifft mehr Vitalität aufeinander als an einem heißen Sommertag im Freibad? Schön, dass du es auch so siehst.

Da stört mich ein wenig der dezidierte Hinweis auf die Vierjährige. Das könnte meinetwegen auch offen sein. Ich dachte tatsächlich an Yasemin und meinte, was überlesen zu haben. Dann war es aber klar und ich konnte den Kopf des Vaters nicht einordnen, den er an den Türrahmen schlägt.

Das kann ich nicht gut nachvollziehen. Es ist doch notwenig, dass Luzie weiß, wer dort unten liegt, damit sie dem Vater des Kindes bescheidgeben, damit der dann mit dem Kopf gegen den Türrahmen Schalgen kann, oder nicht?

Ich las ihn dann nochmal unter dem Aspekt: Die Zeit zwischen dem Tod zweier Päpste.

Was für ein großes Glück für mich. Lieben Dank dafür.

Es ist ein Zeitausschnitt, in dem bestimmte Dinge passieren. Wie eine Momentaufnahme zwischen zwei beliebig eingeschlagenen Zeitpflöcken, die eine bestimmte Zeit einzäunen und man kann ansehen, was in diesem geschlossenen Feld passiert.

Du weißt genau, wie wunderbar es sich anfühlt, wenn der Text richtig eingeschätzt wird, also im Sinne von, so wie man ihn sich erdacht, und versucht hat umzusetzen. Ein wundervolles und dankbares Gefühl.

Und das gefällt mir als Idee sehr gut und fast wünschte ich mir, dass dann noch mehr unabhängige Dinge hereinbrechen, die ich im Zusammenhang gar nicht deuten kann, weil sie keinen haben.

Oh, das stimmt. Schade, dass ich so begrenzt gedacht habe. Aber vermutlich hätte mich das maßlos überfordert und dann den Leser, weil ich sicher alles verworren hätte.
Ich habe mal einen Film gesehen: Dolls von Takeshi Kitano. Drei Paare mit ähnlichem Beziehungsschicksal innerhalb eines Zeitraumes, komplett unabhängig voneinander. (Wir sind nur Puppen im gnadenlosen Marionettenspiel des Lebens. T.K.) Das wäre cool gewesen, so etwas in diesem Sommer zu schaffen. Und geht mir im Kopf herum. Auch dafür Dankeschön.

Und das sehe ich in dem Text eh schon in etlichen sensibel gezeichneten Bildern und in einer Sprache, die Luzies Welt feinfühlig spürbar macht.

Das ist schon recht großzügig. Umarmung?:shy:

Bis bald einmal in deinem Text?

Ein schönes Wochenende, Kanji


Hej alexei,

feinfein, dass du dir die Zeit nimmst, bei mir reinzugucken, hast du doch ein beachtliches Projekt am Start. Kein schlechtes Engagement. ;) Könnte ich mir mal ein Beispiel nehmen.

Ich weiß echt nicht, in welche Richtung die Geschichte geht. Wegen dem eigenartigen Einstieg rechne ich mit etwas Witzigem. Entsprechend interpretiere ich "Luzie" als Abkürzung für "Luzifer"

Witzig? Horror? In deinen Kopp möchte ich mal gucken. :)

Gut beschrieben, aber heißt es nicht "angsteinflößend"?

Natörlich. Aber es korrigiert sich einfach nie von selbst! :confused:

Bis dahin hattest du ja doch Spaß irgendwie, oder irre ich?

aber auch weil die Bücherhalle in der ersten Ferienwoche ausbrannte.
Was? So plötzlich und überraschend, wie du dieses große Ereignis darstellst, hat das witzig auf mich gewirkt.

NA, du bist mir wirklich schon einer ... witzig. :hmm:

Direkt aus der Sicht von Luzie hätte ich es spannender gefunden. "War das so ein schwerer Wäschesack, wie der, den Mama ... "

Ich glaub, schmöschtenisch.

Dort unten lag ein kleiner Mensch. Sie konnte den Blick nicht abwenden, keinen einzigen Muskel bewegen.

Den Wind hast du toll eingefügt.


Hm, weiß jetzt gar nicht so genau, wie du das meinst, dennoch vielen Dank dafür.

Sie trug ein weißes Sommerkleid und war vier Jahre alt.

Von wo weiß Luzie, wie alt das Mädchen ist?


Das weiß sie nicht vom Wind. :D Sie kennt die Schwester ihrer besten Freundin und wohnt nicht sehr hoch, os dass sie sie leider genau erkennt.

Das Ende ist von den Emotionen her gut gemacht. Aber mir stellen sich da noch Fragen.
Wieso muss jetzt Yasemin im türkischen Dorf bleiben?
Wieso ist ihre kleine Schwester runtergefallen? War es Selbstmord, Mord oder ein Unfall?
Ich hatte keine Ahnung, was das mit dem Papst auf sich hat. Jetzt, wo ich das verstanden habe, stellt sich mir die Frage: Was hat der Papst mit all dem zu tun?
Hat sich Luzie den ganzen Schluss nur erträumt? Also steht das gestorbene Mädchen dafür, dass Luzie und Yasemin nicht mehr Freunde sein können, also dass Yasemin "gestorben ist"?

Dann stelle ich mich mal all deinen Fragen, was kein angenehmes Gefühl ist. Man sollte seine Kritiker aber gut behandeln, denke ich.
Yasemins Eltern könnten es als Scheitern sehen, im fremden Berlin Fuß zu fassen, wenn sie hier ein Kind verlieren. Sie könnten fürchten, es stünde unter einem schlechten Stern, sie könnten um das andere Kind fürchten. Sie könnten alle zurückgegangen sein ...
Die Eltern der beiden Mädchen arbeiten hart, versorgen auch die Großmutter, die aber auch als Babysitterin und Köchin genutzt wird (es duftet ständig nach Gebäck). Der Vater arbeitet wohl nachts, wenn er tagsüber schläft, die Frau kommt mittags nach Hause, hat vermutlich früh angefangen zu arbeiten. Die Großmutter ist allein mit dem Kind. Aber eben blind und vermutlich auch alt und so kanns dann eben passieren. C'est la vie!
Direkt hat es nichts damit zutun. Diese beiden ungewöhnlichen Begebenheiten bilden den zeitlichen Rahmen des Sommers der kleinen Luzie, die auch Ungewöhnliches erleben muss.
Leider kein Traum für Luzie. Sie hat alles genau so erlebt und ist am Ende allein mit diesen Erfahrungen, muss sich das sortieren oder eben einfach akzeptieren und (früh) lernen: such is life and life is hard.

Hab vielen herzlichen Dank für eine Gedanken über diesen Text. Ich schätze das sehr.

Lieber Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji

Ich hab das mit dem Papst, der zweimal stirbt, auch erst später kapiert. Zwar hab ich schon über Johannes Paul I gelesen, das war aber einfach vor meiner Zeit und mir deshalb nicht mehr präsent.

Finde aber sowohl den Titel als auch den ersten Satz der Geschichte sehr gelungen, das weckt auf jeden Fall schon mal Interesse.

Mit gefällt, wie sehr du auf die Details in der Freundschaft zwischen Luzie und Yasemin eingehst. Das ist zum einen gut geschrieben und schön erzählt, zum anderen macht das die Figuren auch sehr lebendig und lässt mich als Leser da schön eintauchen. Überhaupt gefällt mir dein Schreibstil, draussen haben wir Temperaturen um den Gefrierpunkt, der Himmel ist grau und es liegt etwas Schnee, trotzdem konnte ich den Sommer und die Hitze beinahe "spüren", wenn du verstehst was ich meine. Wirklich toller Stil.

Der Vater ist mir als Figur zu eindimensional. Ist halt der typische Familientyrann wie aus dem Lehrbuch, wenn ich das so sagen darf. Prügelt, brüllt, ist ständig betrunken. Als Figur hat er mir nicht so gut gefallen, ich find ja die Tyrannen immer viel bedrohlicher wenn sie auch eine "menschliche" Seite haben oder als Figur selbst innerlich zerrissen wirken.

Die Mutter gefällt mir da besser. Auch über sie streust du beiläufige Details ein und bringst sie so dem Leser nahe. Fand ich gut. Dass sie sich mit einem anderen Mann trifft, habe ich vermutet, aber darauf, dass es ihr Chef sein könnte, bin ich nicht gekommen. Ich überlege noch, ob ich es gut finde, dass du den Erzählstrang nicht zu einem Ende führst - es ist aus deiner Sicht schon konsequent, weil es eben nicht in diesen Zeitraum der 33 Tage fällt ... aber etwas unbefriedigend finde ich es dann schon. Ist meine persönliche Meinung, aber im Kontext der Geschichte kann man das durchaus auch so machen.

Der Schluss dann - also, zuerst dachte ich ja, Yasemin würde unten liegen. Ich weiß nicht. Problematisch finde ich, dass der Leser überhaupt keine Kenntnis von den beteiligten Figuren hat, oder zumindest nur sehr wenig. Yasemins Eltern sind zuvor nie aufgetaucht, und dass Yasemin eine kleine Schwester hat wird auch nur beiläufig erwähnt. Und warum schlägt Yasemins Vater mit dem Kopf gegen den Türrahmen? Wenn ich mir die Szene vorstelle, da steht Luzie und sagt ihm, seine Tochter liegt unten auf dem Asphalt - würde er nicht erstmal nachschauen gehen? Er würde doch ans Fenster rennen und runter schauen, oder?
Das Ganze kommt mir zu sehr aus dem "Nichts". Ich hätte das am Ende nicht gebraucht, für mich wirkt es irgendwie abgekoppelt vom Rest der Geschichte.

Das Thema "Gegenwind" hab ich nicht so richtig erkennen können. Es könnte natürlich einer von Luzies Konflikten sein, aber ein Konflikt ist für mich nicht automatisch gleichbedeutend mit "Gegenwind" (und gehört ohnehin zu jeder guten Kurzgeschichte). Am Ehesten würde da noch das Problem mit ihren Mitschülern passen ("Lügen-Luzie").

Aber egal - ich hab die Geschichte gerne gelesen, und nur das zählt am Ende. Es sind die vielen kleinen Details, die sie für mich zu einer schönen und spannenden Erzählung jenes Sommers machen.

Viele Grüsse,
Schwups

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Kanji,

endlich komme ich mal wieder dazu, die eine oder andere Geschichte zu kommentieren. Da schnappe ich mir doch gleich mal deinen Beitrag zur Challenge.

Keine ganz leichte Kost, das merke ich ja recht bald. (Schlau von mir, ich weiß ...) Ein saufender, gewalttätiger Vater, eine frustriert-flatterhafte Mutter, der Verlust der einzigen Freundin und dann auch noch ein Todesfall - die arme Luzie macht Dinge durch, die man einem kleinen Mädchen nicht wünscht. Bewundernswert, dass sie trotzdem den Kopf oben behält, die kleinen Freuden genießen kann, beharrlich in der Schule arbeitet, dabei nach Kräften um den A**** von Vater herumsteuert und hoffentlich die Chance hat, später mal aus diesem deprimierenden Milieu herauszukommen. Man kann sich vorstellen, dass Luzie am Ende dieses Sommers einige Illusionen und einen Teil ihrer Kindheit verloren hat, ein Stück weit (vor der Zeit) erwachsen wird. Eine verfrühte story of initiation, "Stand By Me" & Co. lassen grüßen.

Bewundernswert auch, wie du die kleine persönliche Geschichte von Luzie mit der weltgeschichtlichen Rahmenhandlung verwoben hast. Tod und Verlust im Kleinen wie im Großen, nur dass das Eine in den Zeitungen steht, während das Andere hundert- und tausendfach passiert, ohne dass ein Hahn danach kräht, obwohl es doch für den Einzelnen (bzw. hier: die Einzelne) viel bedeutsamer ist.

Dass ich mich wie viele andere nicht mehr an diesen 33-Tage-Papst erinnern konnte (obwohl ich mich, nachdem es erklärt wurde, vage entsinne, das damals mitbekommen zu haben), tat der Sache für mich keinen Abbruch. Ich muss ja nicht immer alles verstehen, solange ich das große Ganze begreife. Auch ob Mamas Lover jetzt der Chef ist oder ein anderer (oder auch jeden Tag ein neuer, so ähnlich dachte ich bei "Abwechslung"), schien mir nebensächlich. Dafür habe ich mir andere Fragen gestellt: Ob denn nur Luzie oder auch ihre Mutter unter der Gewalt des Vaters zu leiden hat; warum die Mutter, die ihre Tochter doch sehr zu lieben scheint, denn gar nicht einschreitet oder ob sie etwa gar nichts merkt; wo wohl bei der Mutter der Punkt erreicht wäre, an dem sie ihre Tochter schnappt und das prügelnde Schwein verlässt. Das musst du natürlich nicht alles erklären - sind halt so die Fragen, die ich mir zu realen Fällen dieser Art auch immer stelle. Insgesamt schien mir die Mutter eine Spur zu sorglos durchs Leben zu gehen angesichts des Umfelds, in dem sie lebt. Aber natürlich gibt es auch in echt die Leute, die ihr Leid verleugnen, überspielen, kompensieren.

Ein paar vermischte Beobachtungen inkl. Flusen:

Lügen-Luzie rief man ihr auf dem Schulhof hinterher.
Vielleicht die "Lügen-Luzie" in Anführungsstrichen?

Die Haut begann, sich zu verfärben. Erst rot, dann blau, mehr lila.
Da hab ich für einen Moment geglaubt, der Vater fällt gleich tot um. Zu früh gefreut.

in der 17. Etage
Wollen wir "siebzehnten" nicht immer ausschreiben? :D

Nie wieder sah Luzie dieses Braun bei einem anderen Menschen.
Na ja, aber das von ihrem Vater ist ja sehr ähnlich. Trügerischerweise.

Als Gespensterfreundinnen. Dann fliegen wir durch das ganze Haus und stecken unsere Köpfe durch die Wände und erschrecken alle Leute, dass die sich vor Angst in die Hose machen."
Wo doch ein paar Zeilen vorher noch der Kopf ihres Vaters gespensterhaft im Rauch verschwunden war. Sehr schön gegenübergestellt! :thumbsup:

am Morgen nach dem letzten Schultag vor den Sommerferien
Also ... am ersten Ferientag ...?

Sie würden sich Briefe schreiben. Jeden Tag einen. Und in den Umschlag legten sie dann immer etwas dazu, dass [das] man anfassen oder daran riechen könnte.
Eine von vielen sehr schönen Stellen. Schade, dass diese Briefe später nicht noch mal auftauchen. Schreiben sie sich denn tatsächlich? Oder etwa nicht? Falls doch: bekommt Luzie irgendeine Erklärung für Yasemins Fernbleiben? Wie lange dauert ihr Schriftwechsel dann noch an?
Das scheint mir hier relevant im Hinblick auf den Verlust der Freundin. Denn wenn Yasemin zumindest eine Brieffreundin bliebe, wäre das ja etwas tröstlicher. Und wenn Yasemin sich von heute auf morgen gar nicht mehr meldet, umso schlimmer. Ich glaube, das würde ich gerne besser einordnen können.

Beide Mädchen kauerten[Komma] bis die Laternen aufflackerten[Komma] auf den Stufen am Hauseingang vor der Sprechanlage, aus der immerzu irgendein Geräusch schnarrte,[Komma weg] oder jemand ‘Hallo, hallo‘ [in "richtigen" Anführungsstrichen?] rief.
Luzie hatte sich für den nächsten Morgen den Wecker gestellt, um zu sehen[Komma] wie das Auto mit ihrer Freundin davonfuhr.

„Na Luzie, haste nich uffjepasst und bist wieder jeg'n Türrahm' jelofen?", brubbelte er, sah sie nicht an, sondern ordnete den Stapel mit der BZ auf dem Ladentisch.
Na toll. Kowalke kriegt mit, dass das Mädchen geschlagen wird, aber statt dem Jugendamt einen Tipp zu geben, hat er einen lausigen Brausebonbon für sie.
War das die Zeit, als Erziehung mit Schlägen noch erlaubt war?

Sie sagte, sie müsste zur Toilette, wie immer, wenn sie Angst hatte, denn Papa war angsteinflößend[Komma] wenn er wütend wurde, aber er schubste sie bloß kräftiger, wodurch sie fiel[Komma] und dabei schlug sie mit der Stirn irgendwo gegen und machte sich nass.
Zigaretten holen und Luzie zog die Kleidung aus und schaltete die Waschmaschine an.
Vielleicht einen Punkt nach "holen"? Ist sonst irgendwie kein richtiger Satz.

Papa bekam keinen Urlaub in den Ferien.
Besser für alle seine Mitmenschen. Wer will den schon in den Ferien zuhause haben ...?

während bei Mama im Salon um diese Zeit nicht viel los war.
Huch - auf einmal taucht eine Mama auf! Bis dahin hatte ich geglaubt, Luzie würde allein mit ihrem Vater leben. Vorher wurde nur das Taschentuch erwähnt, und ich dachte, das wäre Luzies liebste Erinnerung an ihre verstorbene oder getürmte Mutter und gerade deshalb so bedeutsam als Geschenk an Yasemin.

Er zog mit einem kräftigen Ruck an der Tischdecke und einem lauten, kurzen Gebrüll, kaum dass Mama die Geschichte beendet hatte.
Er zog also mit einem Ruck an einem Gebrüll ... :D Ein zweites "mit" würde das auflösen.
Offenbar kann der Vater nicht nur mit Kindern schlecht umgehen, die schlauer sind als er, sondern auch mit Chefs (Konkurrenten?), die mutiger sind als er. Passt ins Bild. Oder ob er sogar einen konkreten Verdacht hat?

Jemand musste Yasemins Vater sagen, dass seine Tochter aus dem Fenster gefallen war.
Ich habe bis zum Schluss angenommen, dass es Yasemin war, die in den Tod gestürzt ist. Es war ja nie vorher die Rede davon, dass sie eine Schwester hatte. Anscheinend hattest du in einer früheren Textfassung das Alter erwähnt, damit wäre es klar gewesen, aber in der Version, die ich eben gelesen habe, bin ich verwirrt.
Nachtrag: Okay, ganz am Anfang wird eine kleine Schwester erwähnt. Aber das habe ich am Ende der Geschichte wieder vergessen. Vielleicht im obigen Satz "seine jüngste Tochter" oder dergleichen?

Als er dann nur noch mit dem Kopf gegen den Türrahmen schlug
Hm. Ich vermute, in seiner Trauer schlägt er wehklagend den Kopf gegen die Tür. Aber wie stelle ich mir das vor? Luzie erzählt ihm, was passiert ist, und er beginnt zu jammern? Rennt gar nicht erst zum Fenster, um zu schauen, ob das auch stimmt? Oder nach unten? Und wenn doch, kommt er dann an die Wohnungstür zurück, weil man dort am besten mit dem Kopf gegenschlagen kann?

So, da meckere ich mal wieder auf hohem Niveau. Trotz der kleinen Fragezeichen eine fein beobachtete und einfühlsam erzählte Geschichte, wirklich anrührend, und bei all den traurigen Geschehnissen doch irgendwie optimistisch.

Sehr gern gelesen! (Na ja, du weißt schon.)

Grüße vom Holg ...

 

Hej Schwups,

cool, dass du reinschaust.

Ich hab das mit dem Papst, der zweimal stirbt, auch erst später kapiert. Zwar hab ich schon über Johannes Paul I gelesen, das war aber einfach vor meiner Zeit und mir deshalb nicht mehr präsent.

Also soooo spektakulär ist das jetzt im historischen Verlauf der letzten vierzig Jahre nun wirklich nicht, aber mir fiel kein passenderer Zeitraum ein, indem ich mich zurechtfinden würde.:shy:

Finde aber sowohl den Titel als auch den ersten Satz der Geschichte sehr gelungen, das weckt auf jeden Fall schon mal Interesse.

Also das mit dem ersten Satz rahme ich mir ein. Das ist mir noch nie passiert. Dankeschön. (Knicksend).

Mit gefällt, wie sehr du auf die Details in der Freundschaft zwischen Luzie und Yasemin eingehst. Das ist zum einen gut geschrieben und schön erzählt, zum anderen macht das die Figuren auch sehr lebendig und lässt mich als Leser da schön eintauchen. Überhaupt gefällt mir dein Schreibstil, draussen haben wir Temperaturen um den Gefrierpunkt, der Himmel ist grau und es liegt etwas Schnee, trotzdem konnte ich den Sommer und die Hitze beinahe "spüren", wenn du verstehst was ich meine. Wirklich toller Stil.

Das auch. Und zwar, weil ich mich diesbezüglich "zurücklehnen" kann, weil ich weiß, was ich gutgemacht habe und mein Augenmerk beruhigt auf das legen kann, was nicht so leicht fließt. Freundlich, mir das so unverblümt zu sagen.

Der Vater ist mir als Figur zu eindimensional. Ist halt der typische Familientyrann wie aus dem Lehrbuch, wenn ich das so sagen darf. Prügelt, brüllt, ist ständig betrunken. Als Figur hat er mir nicht so gut gefallen, ich find ja die Tyrannen immer viel bedrohlicher wenn sie auch eine "menschliche" Seite haben oder als Figur selbst innerlich zerrissen wirken.

Zum Beispiel an den Figuren. Ich bin in diesen Fällen verunsichert, denn ich fürchte, alle ähnlich stark zu gewichten, was ich gerade in dieser Geschichte nicht wollte. Nah bei Luzie wollte ich bleiben, zeigen, was sie streift, woran sie stößt, mit wem sie es zu tun hat. Obwohl: ich denke, mit einer Geste, einem Halbsatz, kann ich die Last der Eindimensionalität etwas relativieren. Glaub ich.

Dass sie sich mit einem anderen Mann trifft, habe ich vermutet, aber darauf, dass es ihr Chef sein könnte, bin ich nicht gekommen. Ich überlege noch, ob ich es gut finde, dass du den Erzählstrang nicht zu einem Ende führst - es ist aus deiner Sicht schon konsequent, weil es eben nicht in diesen Zeitraum der 33 Tage fällt ... aber etwas unbefriedigend finde ich es dann schon.

Ich wollte das ja auch gar nicht offerieren, aber ich wollte auch innerhalb der Kommunikation hier keine Fragen offen lassen. Und so habe ich meine Krumen selbst gedeutet. :shy:
Es gefällt mir, dass du mich unmittelbar an deinen Überlegungen teilhaben lässt. Hier galt erneut, dass ich nicht mit den Einzelschicksalen "Unruhe" stiften wollte. Es sollte einfach nicht interessieren, warum der Vater soff und aggressiv war, was ja bestimmt auch irgendwo begründet liegt. Dazu sag ich gleich noch wa, oder die Mutter so unbekümmert - ich hoffte, darauf hingewiesen zu haben, dass sie jung, sogar sehr jung war. Viele Frauen bekamen wohl zu dieser jung ihre Kinder, auch um der Enge der Kriegsgeneration Eltern zu entfliehen. So mal eben ausziehen, weil man Bock hatte, war in den einfachen Kreisen eher noch unüblich. Man heiratete und bekam eben Kinder. Der Art.

Der Schluss dann - also, zuerst dachte ich ja, Yasemin würde unten liegen.

da bist du nicht der erste und es verwirrt mit mittelschwer, weil Yasemin ist ja in der Türkei.:hmm:

Problematisch finde ich, dass der Leser überhaupt keine Kenntnis von den beteiligten Figuren hat, oder zumindest nur sehr wenig. Yasemins Eltern sind zuvor nie aufgetaucht, und dass Yasemin eine kleine Schwester hat wird auch nur beiläufig erwähnt.

Ich hatte versucht, den Fokus ganz eng an der Figur zu lassen, damit das nicht so wischi-waschi wird und es so Alibi-Charaktere werden. Die sollen so. :D Luzies Sicht. Alle Menschen um sie herum existieren, aber spielten bisher eine Nebenrolle in ihrer Welt und in diese Zeit zwischen den Päpsten geschieht gerade deswegen viel und stürzt auf sie zusammen. Sie beginnt zu realisieren und sucht sich als Halt diese Radiomitteilungen. Ihr eigener Rahmen im Wind. Naja. So dachte ich mir das halt.

Aber egal - ich hab die Geschichte gerne gelesen, und nur das zählt am Ende. Es sind die vielen kleinen Details, die sie für mich zu einer schönen und spannenden Erzählung jenes Sommers machen.

Fein. Aber so richtig egal ist es dann aber innerhalb dieser Challenge auch wieder nicht. But so what.

Herzlicher Gruß und vielen Dank für deine Anteilnahme, Kanji


Lieber The Incredible Holg,

Da schnappe ich mir doch gleich mal deinen Beitrag zur Challenge.

Ich muss auch mal Glück haben.

Man kann sich vorstellen, dass Luzie am Ende dieses Sommers einige Illusionen und einen Teil ihrer Kindheit verloren hat, ein Stück weit (vor der Zeit) erwachsen wird.

Ich finds auch ne ganze Menge für einen Sommer. Da fällt mir auf, ich kenne einige Geschichten, bei denen entscheidend Lebenswandlungen und -irrungen im Sommer abspielen. Vermutlich liegen die Emotionen in dieser zeit nicht auf Eis.

Bewundernswert auch, wie du die kleine persönliche Geschichte von Luzie mit der weltgeschichtlichen Rahmenhandlung verwoben hast.

Wenn du es so siehst. Aber ich habe diesen Rahmen ja doch eher nicht behandelt, wenn wir es genau nehmen.

Tod und Verlust im Kleinen wie im Großen, nur dass das Eine in den Zeitungen steht, während das Andere hundert- und tausendfach passiert, ohne dass ein Hahn danach kräht, obwohl es doch für den Einzelnen (bzw. hier: die Einzelne) viel bedeutsamer ist.

Da sagst du was und jeder einzelne Betroffene glaubt, die Welt müsste sich um sie drehen oder sogar anhalten, aber die Sonne scheint weiter und der Wind tobt. Frag José. ;)

Ich muss ja nicht immer alles verstehen, solange ich das große Ganze begreife.

Mein Reden.

Dafür habe ich mir andere Fragen gestellt: Ob denn nur Luzie oder auch ihre Mutter unter der Gewalt des Vaters zu leiden hat; warum die Mutter, die ihre Tochter doch sehr zu lieben scheint, denn gar nicht einschreitet oder ob sie etwa gar nichts merkt; wo wohl bei der Mutter der Punkt erreicht wäre, an dem sie ihre Tochter schnappt und das prügelnde Schwein verlässt.Das musst du natürlich nicht alles erklären - sind halt so die Fragen, die ich mir zu realen Fällen dieser Art auch immer stelle.

Doch das muss ich erklären. Oder zumindest erzählen, was ich dabei gedacht habe, bzw. dabei, es nicht zu sagen. Ganz klar, in dieser Frist, die ich mir selbst gesetzt habe, kann es keine Lösungen geben, weil die Problematik ja nur angerissen war. So muss offenbleiben, wie es weitergeht in dieser kleinen Familie. Schaffen sie es, eine funktionierende zu werden oder scheitert jeder für sich und wird jeder alleine gestärkt daraus hervorgehen. Meistens sind diese Phasen doch Teil einer Familiengeschichte. Der Vater ist aggro, weil er einen Scheißjob hat, malocht wie ein Ochs' und nix bei rumkommt, nicht mal Urlaub in der heißesten Zeit des Jahres, gerade mal Bier und Schnaps und Zigaretten. Die Mutter, die ich als sehr jung (wohl noch zu unzureichend ) beschreiben wollte. Eine junge Frau, die nicht reif war, aber lebensfroh und wild. Was den Vater angeht, so habe ich ihn absichtlich nicht schlagen lassen. Er zügelt sich, indem er das Kind nur schubst, die Frau fasst er gar nicht an, er demoliert die Einrichtung, bzw. zerrt das geheiligte deutsche Abendbrot vom Tisch. Er kämpft quasi auch dauernd mit seinen Dämonen und dem Wind, der ihm entgegenbläst, weil ihm die Möglichkeit der Kommunikation fehlt.
Bissi viel verlangt das alles herauszulesen? :shy:

Vielleicht die "Lügen-Luzie" in Anführungsstrichen?

done

Da hab ich für einen Moment geglaubt, der Vater fällt gleich tot um. Zu früh gefreut.

Sachma, Grüner. Der besteht doch auch nur aus Mensch und lernt noch.

Wollen wir "siebzehnten" nicht immer ausschreiben?
wollten wir? Für dich!

Na ja, aber das von ihrem Vater ist ja sehr ähnlich. Trügerischerweise.

Das Braun ihres Vaters - ich wollte damit seine warme Seite zeigen - hat aber keine goldenen Punkte.

Wo doch ein paar Zeilen vorher noch der Kopf ihres Vaters gespensterhaft im Rauch verschwunden war. Sehr schön gegenübergestellt!

danke, dass du es erwähnst.

am Morgen nach dem letzten Schultag vor den Sommerferien

Also ... am ersten Ferientag ...?


Äh ... ja, genau. Entwirrt.

Schade, dass diese Briefe später nicht noch mal auftauchen. Schreiben sie sich denn tatsächlich? Oder etwa nicht? Falls doch: bekommt Luzie irgendeine Erklärung für Yasemins Fernbleiben? Wie lange dauert ihr Schriftwechsel dann noch an?

Och Holg, wie reizend, dass du dir so viele Gedanken machst. Und ich finde die Idee schön und habe einen Brief am Ende jetzt noch erwähnt. Aber ich halte es mit rieger, dem auffiel, dass diese Geschichte keine Konfliktbearbeitung und Lösungen bereithält.

Denn wenn Yasemin zumindest eine Brieffreundin bliebe, wäre das ja etwas tröstlicher. Und wenn Yasemin sich von heute auf morgen gar nicht mehr meldet, umso schlimmer. Ich glaube, das würde ich gerne besser einordnen können.

und deshalb bleibe ich dir (und Luzie) all das schuldig. Tut mir leid, mein großer, grüner Freund.

Beide Mädchen kauerten[Komma] bis die Laternen aufflackerten[Komma] auf den Stufen am Hauseingang vor der Sprechanlage, aus der immerzu irgendein Geräusch schnarrte,[Komma weg] oder jemand ‘Hallo, hallo‘ [in "richtigen" Anführungsstrichen?] rief.
Luzie hatte sich für den nächsten Morgen den Wecker gestellt, um zu sehen[Komma] wie das Auto mit ihrer Freundin davonfuhr.

Herrschaftszeiten! All diese missin' kommas :sconf:
Schon erledigt, mein Meister.

Na toll. Kowalke kriegt mit, dass das Mädchen geschlagen wird, aber statt dem Jugendamt einen Tipp zu geben, hat er einen lausigen Brausebonbon für sie.
War das die Zeit, als Erziehung mit Schlägen noch erlaubt war?

In diesem Milieu hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus.

ie sagte, sie müsste zur Toilette, wie immer, wenn sie Angst hatte, denn Papa war angsteinflößend[Komma] wenn er wütend wurde, aber er schubste sie bloß kräftiger, wodurch sie fiel[Komma] und dabei schlug sie mit der Stirn irgendwo gegen und machte sich nass.

Zigaretten holen und Luzie zog die Kleidung aus und schaltete die Waschmaschine an.

Vielleicht einen Punkt nach "holen"? Ist sonst irgendwie kein richtiger Satz.


Du lieber Spürfuchs.

Huch - auf einmal taucht eine Mama auf! Bis dahin hatte ich geglaubt, Luzie würde allein mit ihrem Vater leben. Vorher wurde nur das Taschentuch erwähnt, und ich dachte, das wäre Luzies liebste Erinnerung an ihre verstorbene oder getürmte Mutter und gerade deshalb so bedeutsam als Geschenk an Yasemin.

Gebe zu, das ist missverständlich. Ich habe das Taschentuch jetzt weniger dramatisch eingearbeitet und der Mutter einen Platz gegeben.

Er zog also mit einem Ruck an einem Gebrüll ... Ein zweites "mit" würde das auflösen.

Wie ungeschickt von mir. Jetzt zieht er mit einem kräftigem Ruck und einem kehligen Laut, der an Herrn Kowalkes Hund erinnert, wenn man ihm zu nahekommt. Danke für den Hinweis.

Oder ob er sogar einen konkreten Verdacht hat?

Er schuftet und hört seine ausgeglichene Frau, wie die naiv von ihrem Chef schwärmt mit ihrem Jungmädchencharme. Da kann einem schon mal die Hutschnur aufgehen (oder platzt die die? Nee, das ist der Kragen, oder?)

Ich habe bis zum Schluss angenommen, dass es Yasemin war, die in den Tod gestürzt ist.

Schon wieder. Ich bin ratlos. Ich habe jetzt der Schwester bei der erstmaligen Erwähnung einen Satz mehr gegönnt und sie als kleine Tochter bezeichnet, wenn Luzie beschließt, dem Vater vom Sturz seiner Tochter zu berichten. Vielleicht geht das besser durch.

Hm. Ich vermute, in seiner Trauer schlägt er wehklagend den Kopf gegen die Tür. Aber wie stelle ich mir das vor? Luzie erzählt ihm, was passiert ist, und er beginnt zu jammern? Rennt gar nicht erst zum Fenster, um zu schauen, ob das auch stimmt? Oder nach unten? Und wenn doch, kommt er dann an die Wohnungstür zurück, weil man dort am besten mit dem Kopf gegenschlagen kann?

weißt du, ich habe mir das als eine äußerst irrationale Situation vorgestellt. Versuch mal.
Da steht ein kleines Mädchen, ca.zehn Jahre alt, die er als cleveres Freundin seiner Tochter kennt und die erzählt ihm davon, was sie gerade gesehen hat.
Dieser Mann kommt aus dem Schlaf, hat die ganze Nacht vermutlich gearbeitet und dann das. Der denkt nicht, der fühlt und reagiert, spontan und intuitiv. Luzie läuft ja sofort weg und sieht nicht mehr, was er später macht. Wahrscheinlich in de Wohnung nach der Tochter sehen, aus dem Fenster schauen, die Großmutter suchen, aus dem Haus nach unten laufen. Aber all das ist für Luzie nicht von Bedeutung.

Trotz der kleinen Fragezeichen eine fein beobachtete und einfühlsam erzählte Geschichte, wirklich anrührend, und bei all den traurigen Geschehnissen doch irgendwie optimistisch.

Danke, dass du den Optimismus erkennst. :kuss:

EIn schönes Wochenende, Kanji

 

Hallo Kanji ,

Bis dahin hattest du ja doch Spaß irgendwie, oder irre ich?
Natürlich hatte ich meinen Spaß! Den Text hast du so schön gefühlvoll angereichert. Wie sollte ich da keinen Spaß haben. :D

Hm, weiß jetzt gar nicht so genau, wie du das meinst, dennoch vielen Dank dafür.
Ich fand's schön, dass du dir den Wind bis zum Schluss aufgehoben hast.

Schönes Wochenende noch,
Alexei

 

Liebe Kanji,

ich noch mal ... nur um zwei Dinge aufzuklären:

Wenn du dem Vater eine Nuance geben wolltest und einen Unterschied machen zwischen "richtig" prügeln und "nur" so schubsen, dass das Kind irgendwo gegenschlägt und sich einnässt - dann muss ich zugeben, dass das an mir vorbeigegangen ist. Das ist auch im richtigen Leben kein nennenswerter Unterschied für mich, schon allein, weil das Ergebnis dasselbe ist: die körperlichen und seelischen Verwundungen. Die braunen Augen stehen für mich deshalb auch nicht für Wärme, sondern allenfalls für ein Versprechen von Wärme, das aber nicht eingelöst wird. Das heißt, wenn du da eine Differenzierung andeuten willst (groß vertiefen willst du die Nebencharaktere ja nicht, was ich völlig in Ordnung finde), würde ich das anders machen. Eine Geste, ein Halbsatz, wie du selbst an Schwups geantwortet hast, sollte da auch reichen. Ein Anflug von Bedauern, wenn er Luzie da liegen sieht; ein Moment der Resignation als Variante zur Wut; ein freundliches Wort von ihm an irgendeiner Stelle, wo er mal gerade nicht austickt (oder überhaupt mal eine Stelle, wo er nicht austickt). Ich denke, das würde eine Menge bewirken.

Und bei den Briefen von Yasemin ging es mir nicht darum, dass du Lösungen für Konflikte anbieten müsstest. Musst du überhaupt nicht. Ich wollte bloß erst mal die Tragweite des Konflikts erkennen können, und dafür macht dieser Punkt einen großen Unterschied, wie ich finde. Und das hast du jetzt sehr schön gelöst, vielen Dank dafür. :shy:

Ebenfalls gut gelöst (okay, das ist jetzt ein dritter Punkt, den kriegst du für lau. Und noch 'n Aal obendrauf!) hast du jetzt das mit der kleinen Schwester. Ich denke, das eine Wort wirkt da Wunder. Mir ist jetzt auch aufgefallen, warum ich geglaubt hatte, unten läge Yasemin, während du ratlos sagst, die ist doch in der Türkei: Als Yasemin nämlich weggefahren ist, habe ich geglaubt, dass die komplette Familie über die Ferien nach Hause fährt (obwohl du das natürlich überhaupt nicht geschrieben hast). Und wenn dann auf einmal die Eltern wieder da sind, denke ich natürlich, auch Yasemin sei zurück. Vielleicht gerade erst gekommen, so dass Luzie das noch gar nicht mitgekriegt hat. Und dann hat es mich in der Folge auch verwirrt, als es hieß, Yasemin sei in der Türkei geblieben, wo sie doch vermeintlich in Berlin aus dem Fenster gefallen war. Vorschlag: Du könntest erwähnen, dass Yasemins Eltern in Deutschland bleiben, weil sie arbeiten müssen.

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Kanjis Geschichte? Schön, da weiß ich, die wird gut.
Ich überleg also nicht lang sondern schreib gleich mit, ohne alles zu lesen, ohne in die Kommentare zu spickeln. Abwechslung ist schließlich alles, auch beim Kommentieren.
Oha und jetzt hab ich auf den falschen Knopf gedrückt beim Tasse hochheben. Na gut, sieht mein Komm halt eine Zeit lang komisch aus.


In diesem Sommer starb der Papst zweimal. Anfang des Monats, die Ferien hatten bereits begonnen, gaben sie es das erste Mal in den Radionachrichten bekannt.
Ein wirklich schöner erster Satz. den werde ich gleich nachher in hells Faden melden. Ich bin sehr gespannt. Nicht auf die Tags geguckt, aber das klingt nach Jugendgeschichte.

Papa sah Luzie mit geweiteten Augen an. Ähnlich guckte Herr Lehmann, wenn er an der Tafel stand, die Arme vor dem dicken Bauch verschränkt, während sie versuchte zu erklären, aus welchem Grund sie keine Hausaufgaben vorzeigen konnte.
Ach - und da blieb ich schon hängen. Will ich nicht. Inhaltlich so schön, aber da rupfts mich: während sie versuchte zu erklären, aus welchem Grund sie keine Hausaufgaben vorzeigen konnte.
Lies das mal laut. Da wollen die Lippen und die Zunge gar nicht so schnell hinterher. Vom Klang her fänd ich es einfacher runder: Ähnlich guckte Herr Lehmann, während sie erklärte, warum sie keine Hausaufgaben vorzeigen konnte.
Auch inhaltlich kann ich das begründen. Warum ersetzt ganz normal aus welchem Grund. Und sie erklärt doch die nicht vorhandene Aufgabe. Ob die Erklärung geglaubt wird, ist eine andere Frage.

Papa riss die Augen weiter auf. Nun waren sie groß wie Frühstücksteller. Aber während das Weiß in Yasemins Augen glänzte wie Perlmutt, war es bei ihm rotgeädert und furchterregend, obwohl die Iris fast dieselbe Farbe hatte.
Tolle Vergleiche drin außer dem Frühstücksteller. Und sicherlich willst du den Frühstückstellervergleich trotzdem gerne haben, weil er kindlich klingt. ich hätte trotzdem den Mut, ihn rauszutun. Ich weiß nicht, zwei ganz genau gleich gebaute Vergleiche innerhalb von zwei Zeilen? Ist mir persönlich zu viel. Was mir saugut gefällt hingegen, ist die Augenbeschreibung insgesamt. Und der Vergleich der väterlichen Augen mit denen einer Freundin, der sie wohl sehr zugetan ist. Schön.

Beim Herausschreien von einzelnen Wörtern,
Hmmm, wahrscheinlich Geschmackssache, ich weiß schon, warum du das so konstruiert hast, du kannst alles miteinander zu einem Satz verbinden und Spuckenebel etc elegant unterbringen. Dafür aber klingt "beim Herausschreien" halt sehr formaldeutsch. Es klingt einfach ungelenk. Man könnte auch näher an Luzie rangehen und es aus ihrer Sicht zeigen, wie der Vater sich da in ein Jähzornsmonster verwandelt: Luzie verstand nur einzelne Wörter, deren Reihenfolge (oder: die) keinen Sinn ergaben. Und den Spuckenebel und die Gerüche danach "anheften". Und das möglichst elegant natürlich. Hehe, wie wenn das immer so einfach wäre. Wie gesagt - ich verstehe, warum du diesen Satzbau gewählt hast, aber ich finde es einfach noch keine gute Lösung.

aber nur bis zum alten Forellenhof, dort KOMMA wo die Einfamilienhäuser standen mit Löchern in den Dächern und mit Brettern vernagelten Fenstern.
und mit Brettern vernagelten Fenstern ist grammatikalisch unwuchtig. Genauer kann ich dirs nicht erklären, aber es klingt saufalsch. Entweder .. mit von Brettern vernagelten Fenstern ... oder ... mit Fenstern, die mit Brettern zugenagelt waren. Klingt beides auch nicht grad nach einem Schnäppchen. Dann vielleicht einen neuen Satz draus machen?

An dieser Stelle kehrten sie um, damit sie noch rechtzeitig vor dem Dunkelwerden zurück waren und kein Hausarrest bekamen.
keinen Hausarrest

„Ich hoffe, wir bleiben für immer Freundinnen", sagte Luzie und lächelte, während sie kaute, „bis wir sterben. Und auch noch danach. Als Gespensterfreundinnen. Dann fliegen wir durch das ganze Haus und stecken unsere Köpfe durch die Wände und erschrecken alle Leute, dass die sich vor Angst in die Hose machen."
so süß

Und in den Umschlag legten sie dann immer etwas dazu, das man anfassen oder daran riechen könnte. Eine Feder zum Beispiel oder Sandkörner, das Papier vom Brausebonbon oder einen Tropfen Sonnenöl.
Meine Güte, ist das goldig beschreiben, da geht einem ja das verbohrte Herz auf.
Also - falls du es noch nicht gemerkt hast - süß meine ich hier als großes Kompliment.

Es war seltsam friedlich dort unten auf dem Parkplatz an diesem Morgen. Luzie hörte niemanden rufen oder schreien, keine Autohupen oder Sirenen. Nur Vögel zwitscherten. Und nachdem beide Mädchen sich einander müde zugewinkt hatten, stieg Yasemin in ein verrostetes Auto.
Ohje, das war bestimmt kein schöner Moment für die beiden.

Luzie lachte sich kringelig darüber und Mama tanzte nackt durch den Flur, warf den Kopf vor und zurück, hin und her und schüttelte ihre weizenblonden Haare wie ein übermütiges Pony. Dazu sang sie "Stayin' alive", den Song, der in diesem August immerzu im Radio lief.
wunderbar
Die Mutter ist echt klasse. Okay, sie geht fremd (zumindest denke ich das hier und ich denke sogar mit dem Chef, weil du so betont hattest, dass der Chef beiden frei gibt) und lässt die kleine Tochter warten, aber wer würde bei diesem Arschlochmann nicht fremd gehen? Und damals haben die Leute sich noch nicht schnell scheiden lassen. Auch 1978 noch nicht. Und wie sie nach dem jähzornigen Ausbruch des Vaters Luzie beruhigen will, das ist klasse. Wirklich klasse. Eigentlich betont sie ja nur die Unzerbrechlichkeit des Geschirrs, aber wie sie mit dieser eigentlich schrecklichen Situation umgeht, so ein Stehaufmännchen, so voller Galgenhumor und Freude am Leben trotz allem, das ist einfach toll und für die kleine Tochter mit Sicherheit ein Segen. Und wahrscheinlich ein Grund, warum Luzie bei aller Traurigkeit und Bedrängnis durch den Vater so - hmm ein Händchen für liebevolle Freundinnen wie Yasemin hat und in gewisser Weise in sich ruht.

Und dann konnte ich erst mal keine Eindrücke mehr mitdenken oder gar mitschreiben, weil ich voll im Geschehen war. Puhh, ich dachte erst, das wäre die Mutter, die der Vater aus dem Fenster geworfen hat, weil er ihre Untreue rausgekriegt hat. Und dann ist es das Baby von Yasemins Eltern. Meine Güte, Kanji, auf den Dreh wär ich nicht gekommen.

Als er dann nur noch mit dem Kopf gegen den Türrahmen schlug, wartete Luzie nicht auf den Fahrstuhl, sondern lief durch das Treppenhaus in die Wohnung zurück, kauerte sich auf ihr Bett und drehte den winzig kleinen Hühnerknochen zwischen Daumen und Zeigefinger, der Umschlag gelegen hatte. Auf dem Schreibtisch lag die Empfehlung für das Gymnasium und der letzte Brief von Yasemin, in dem sie schrieb, es nicht abwarten zu können, mit Luzie in die neue Schule gehen zu können. Daraus wurde aber nichts, denn Yasemin kam nicht wieder aus dem kleinen Dorf in der Türkei nach Berlin zurück.
Im Radio verkündeten sie ein paar Tage später den Tod des Papstes zum zweiten Mal.

- Wie du den Vater des Babys beschriebst, das ist schlimm. Aber so reagieren Menschen, wenn das Leid übergroß wird. Und dass sich das als Bild in den Kopf eines kleinen Mädchens einnisten kann. Klaro.
- Hier fehlt was: zwischen Daumen und Zeigefinger, der Umschlag gelegen hatte.
- es nicht abwarten zu können, mit Luzie in die neue Schule gehen zu können. - Ich wäre vorsichtig mit solchen Konstruktionen. Sie sind so beamtendeutsch. Zweimal Infinitiv mit zu, direkt hintereinander, nee. Würde ich umformulieren. Nimmt nämlich jeden treibenden Rhythmus raus. Warum nicht so: in dem sie schrieb: sie freue sich auf Luzie und die neue Schule. Oder: wenn du unbedingt einen Infinitiv behalten willst/musst: in dem sie schrieb, sie könne es nicht abwarten, mit Luzie in die neue ...

Und dann kommt der erste Satz noch mal - und ich musste erst mal googeln, was mit der Nachricht los war. Ja, das habe ich eigentlich selbst erlebt und als ich es las, fiel es mir dann wieder ein. Aber es war völlig weg. Ulkig.
Jaa, das ist eine wirklich nette, schöne Geschichte. Ein Ausschnitt aus dem Leben eines kleinen Mädchens, in dem für sie viel Bewegendes passiert. Auffällig fand ich, dass sie nie oder sehr wenig selbst tätig wird, sie wirkt eher passiv, sich ergebend, ich könnte jetzt keinen innerlichen Konflikt benennen, den sie höchstpersönlich und in sich austragen oder auch nur mit sich rumtragen würde. Oder in dem sie gefühlsmäßig stecken würde. Natürlich steckt sie in vielen sehr prägenden und konfliktreichen Verhältnissen - aber sie bleibt in ihren Reaktionen immer so ein bisschen außen vor. Aber warum nicht? Ist ja auch manchmal so, dass die Ereignisse als Kind so merkwürdig an einem vorbeiziehen und man merkt erst hinterher, was da eigentlich passiert war. Ich nehme an, darum ging es dir hier und das entfaltet ja auch seinen ganz eigenen Zauber.
Dass sie sich später in ihrem Leben an genau diese Zeit erinnern wird, die sich also als Geschichte in ihrem Inneren festgehakt hat, das wird auch sehr klar sein. Die wird nie wieder vergessen, dass der Papst zweimal starb.

Ich hab das wirklich sausaugerne gelesen. Auch wenn ich manchmal den Satzkritikaster gebe. Es ist eine schöne geschichte. Und den Zeitrahmen, wie du das eingebettet hast, dafür kriegst du gleich noch mal ein Extralob. Ich hatte es längst vergessen, dass es mal zwei Päpste gab, die direkt nacheinander innerhalb kürzester Zeit starben.

Wunderschön und viele Grüße von Novak

 

Hej The Incredible Holg again,

dem Vater eine Nuance geben

herzlichen Dank für diese Ausführung. Ich habe dich jetzt verstanden und werde mich gleich morgen früh um den Kerl kümmern. Sonst macht das wohl keiner. Und weil du mir eine Menge anregender Angebote gemacht hast, wird es mir nicht schwer fallen, nachzubessern.

Und bei den Briefen von Yasemin ging es mir nicht darum, dass du Lösungen für Konflikte anbieten müsstest. Musst du überhaupt nicht. Ich wollte bloß erst mal die Tragweite des Konflikts erkennen können, und dafür macht dieser Punkt einen großen Unterschied, wie ich finde. Und das hast du jetzt sehr schön gelöst, vielen Dank dafür.

Das habe ich dann ja auch am Ende so eingeschätzt und weil es wirklich schöner ist, Manches wiederaufzugreifen, ist es in diesem Fall eine nette Idee, die Briefe zu nutzen. Und dafür muss ich dir danken!

Mir ist jetzt auch aufgefallen, warum ich geglaubt hatte, unten läge Yasemin, während du ratlos sagst, die ist doch in der Türkei: Als Yasemin nämlich weggefahren ist, habe ich geglaubt, dass die komplette Familie über die Ferien nach Hause fährt (obwohl du das natürlich überhaupt nicht geschrieben hast). Und wenn dann auf einmal die Eltern wieder da sind, denke ich natürlich, auch Yasemin sei zurück.

Wie nett, dass du da noch mal nachspürst, denn es war ja auffällig, dass andere auch Probleme damit hatten. Und deswegen werde ich noch mal verdeutlichen, dass die Eltern in Berlin bleiben.

Und Herr Ruthe schickt einen drolligen Aal zu Bett. ;)

Lieber Gruß, Kanji


Hej Novak,

unnötig zu erwähnen, wie es mich freut, dich meine Geschichte lesend und kommentierend zu wissen.

Kanjis Geschichte? Schön, da weiß ich, die wird gut.
Ich überleg also nicht lang sondern schreib gleich mit, ohne alles zu lesen, ohne in die Kommentare zu spickeln. Abwechslung ist schließlich alles, auch beim Kommentieren.
Oha und jetzt hab ich auf den falschen Knopf gedrückt beim Tasse hochheben. Na gut, sieht mein Komm halt eine Zeit lang komisch aus.

Das ist schmeichelhaft. :shy: Dafür war es ziemlich aufregend darüber nachzudenken, was da wohl vorgefallen ist, als nach zwei Zitaten der Kommentar beendet schien. Meine endgültige Vermutung war ja, du wärest so früh dann doch noch auf der Entertaste eingeschlafen. :hmm:

Ein wirklich schöner erster Satz. den werde ich gleich nachher in hells Faden melden.

Und das hast du dann ja auch wirklich getan und dafür danke ich dir jetzt auch öffentlich. :kuss:

Vom Klang her fänd ich es einfacher runder: Ähnlich guckte Herr Lehmann, während sie erklärte, warum sie keine Hausaufgaben vorzeigen konnte.
Auch inhaltlich kann ich das begründen. Warum ersetzt ganz normal aus welchem Grund. Und sie erklärt doch die nicht vorhandene Aufgabe. Ob die Erklärung geglaubt wird, ist eine andere Frage.

Na dagegen ist dann ja nichts mehr zu sagen. Ich kümmere mich darum. Danke auch für die Erklärung, das hab ich gern.

Und sicherlich willst du den Frühstückstellervergleich trotzdem gerne haben, weil er kindlich klingt. ich hätte trotzdem den Mut, ihn rauszutun. Ich weiß nicht, zwei ganz genau gleich gebaute Vergleiche innerhalb von zwei Zeilen? Ist mir persönlich zu viel.

Ich guck mir das mal im off an und warte auf Inspiration, weil es mir ohne zu schnell gehen könnte.

Dafür aber klingt "beim Herausschreien" halt sehr formaldeutsch. Es klingt einfach ungelenk.

Mäst. Das passiert mir im Eifer des Schreibens immer mal, ist mir aufgefallen. Das heisst ja genaugenommen nicht mir, sondern den Wortkriegern. Woher das wohl kommt? Ich versuche etwas Gefälligeres zu finden.

und mit Brettern vernagelten Fenstern ist grammatikalisch unwuchtig. Genauer kann ich dirs nicht erklären, aber es klingt saufalsch.

Schade, aber auch hier nehme ich mir zeit und spüre mal rein.

keinen Hausarrest

ja freili ;)

Und in den Umschlag legten sie dann immer etwas dazu, das man anfassen oder daran riechen könnte. Eine Feder zum Beispiel oder Sandkörner, das Papier vom Brausebonbon oder einen Tropfen Sonnenöl.

Meine Güte, ist das goldig beschreiben, da geht einem ja das verbohrte Herz auf.
Also - falls du es noch nicht gemerkt hast - süß meine ich hier als großes Kompliment.


Ich finde süß völlig okay und danke dir herzlich, auch wenn ich dir das 'verbohrte Herz' nicht abnehme.

Es war seltsam friedlich dort unten auf dem Parkplatz an diesem Morgen. Luzie hörte niemanden rufen oder schreien, keine Autohupen oder Sirenen. Nur Vögel zwitscherten. Und nachdem beide Mädchen sich einander müde zugewinkt hatten, stieg Yasemin in ein verrostetes Auto.
Ohje, das war bestimmt kein schöner Moment für die beiden.

Süß, die müden Gesichter und wie sie langsam winken, nicht wahr? Ich freue mich, dass du das nachempfinden kannst.

Eigentlich betont sie ja nur die Unzerbrechlichkeit des Geschirrs,

es tut gut zu lesen, wenn die Figuren funktionieren. Die Mutter sollte sehr jung wirken, beinahe kindlicher als Luzie. Deswegen dreht die so ab und Luzie bleibt beobachtend und inaktiv.
Das Glas, dass nicht zerbricht sollte auch stellvertretend für sie selbst stehen. Die kriegt man nicht kaputt.

Und dann konnte ich erst mal keine Eindrücke mehr mitdenken oder gar mitschreiben, weil ich voll im Geschehen war. Puhh, ich dachte erst, das wäre die Mutter, die der Vater aus dem Fenster geworfen hat, weil er ihre Untreue rausgekriegt hat. Und dann ist es das Baby von Yasemins Eltern. Meine Güte, Kanji, auf den Dreh wär ich nicht gekommen.

Oh, wie mich das freut!

- Wie du den Vater des Babys beschriebst, das ist schlimm. Aber so reagieren Menschen, wenn das Leid übergroß wird.

Auch das ist wunderbar, schien es Holg doch eher weniger nachvollziehbar. Aber ich denke auch, dass in dieser außergewöhnlichen Stresssituation, der Körper nicht vom Verstand gelenkt wird und so kann diese Reaktion eine anmessene Folge sein.

Hier fehlt was: zwischen Daumen und Zeigefinger, der Umschlag gelegen hatte.

Wird nachgeliefert.

- es nicht abwarten zu können, mit Luzie in die neue Schule gehen zu können. - Ich wäre vorsichtig mit solchen Konstruktionen.

das sollte ich auch sein. Ich denke immer noch zu wenig über jeden einzelnen Satz nach. Bin einfach zu ungeduldig und undiszipliniert. Verflixt.
Ich bessere nach.

Warum nicht so: in dem sie schrieb: sie freue sich auf Luzie und die neue Schule. Oder: wenn du unbedingt einen Infinitiv behalten willst/musst: in dem sie schrieb, sie könne es nicht abwarten, mit Luzie in die neue ...

Achtung: DU bist süß.

Ja, das habe ich eigentlich selbst erlebt und als ich es las, fiel es mir dann wieder ein. Aber es war völlig weg. Ulkig.

war das jetzt wirklich so spektakulär, wenn man nicht Luzie hieß? ;)

Auffällig fand ich, dass sie nie oder sehr wenig selbst tätig wird, sie wirkt eher passiv, sich ergebend, ich könnte jetzt keinen innerlichen Konflikt benennen, den sie höchstpersönlich und in sich austragen oder auch nur mit sich rumtragen würde.

Luzie lernt durchs Sehen, stellte ich mir vor. Sie trifft auf Erwachsene, die vielfältig agieren und sammelt. Das meiste kann sie nicht einordnen und bewerten schon gar nicht. Vermutlich wird sie mit der Zeit aktiver und schützt sich.

Ich hab das wirklich sausaugerne gelesen. Auch wenn ich manchmal den Satzkritikaster gebe. Es ist eine schöne geschichte. Und den Zeitrahmen, wie du das eingebettet hast, dafür kriegst du gleich noch mal ein Extralob. Ich hatte es längst vergessen, dass es mal zwei Päpste gab, die direkt nacheinander innerhalb kürzester Zeit starben.

Da hab ich ja schweinisches Glück.
Und für deine Satzkritik danke ich dir einfach.
Was du jetzt mit dem wiederbelebten Wissen um die Päpste anfängst ... who knows.

Danke für deine Zeit und lieben Worte, freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,

ich mag den Sound, die Wehmut, die zwischen den Zeilen versteckt ist, das Coming-of-age-Gefühl, das der Text transportiert. Klingt wie ein Wogen, ein Sommerwind. Die Hitze wird spürbar, die Mädchen, die sich ins sich und ihre Welt zurückziehen, sich Ewigkeit versprechen. Einige Stellen brodeln zuckerschön. Was im Dunkeln bleibt, mir auch nicht ganz begreiflich, ist der Tod Yasemins, warum sie herabstürzt, letztlich verstehe ich auch die Wut des Vaters nicht. (die muss ich aber nicht verstehen, die kann sich verstecken.) Anfangs dachte ich übrigens, der Vater sei alleinerziehend. Die Mutter kommt relativ spät ins Bild, dann aber deutlich und klar. Die Figuren nehme ich als Individuen wahr, erhalten Tiefe, das finde ich neben der treffenden Sprache wirklich stark. Am Schluss könntest du mMn noch arbeiten.
(by the way: tolles Niveau in der Challenge, ein bisschen wie ein Leistungsschau der Wortkrieger. Ich hoffe, mein Text wird rechtzeitig fertig und ich kann ein wenig beitragen)

Textstellen:

Papa riss die Augen weiter auf. Nun waren sie groß wie Frühstücksteller.
schönes Bild

Luzie wollte lieber nicht länger mit ihm über den Papst sprechen, denn Papa verlor schnell die Geduld. Zack, war der Faden gerissen und dann war es wirklich schlau, sich dünnezumachen.
kluger show-Teil

„Ich hoffe, wir bleiben für immer Freundinnen", sagte Luzie und lächelte, während sie kaute, „bis wir sterben. Und auch noch danach. Als Gespensterfreundinnen. Dann fliegen wir durch das ganze Haus und stecken unsere Köpfe durch die Wände und erschrecken alle Leute, dass die sich vor Angst in die Hose machen."
hier triffst du die Kindergedanken, die Versprechen, die später verloren gehen.
Mama suchte eins nach Fusseln ab, stopfte es sich in den Mund, hob einen Teller auf, hielt ihn wie eine Trophäe in die Höhe und sprach theatralisch: „Das ist Glas, auf dem Elefanten tanzen könnten."
noch so eine schöne Stelle

Daraus wurde aber nichts, denn Yasemin kam nicht wieder aus dem kleinen Dorf in der Türkei nach Berlin zurück.
Im Radio verkündeten sie ein paar Tage später den Tod des Papstes zum zweiten Mal.
keine Ahnung, was Yasemin und Luzi mit dem Papst zu schaffen haben

Liebe Grüße und einen Glühweinwochenausklang
Isegrims

 

Hallo Kanji,

ich mag den Erzählton deiner Geschichte. Gerade an den Stellen, wo Lucie von ihrem Vater mißhandelt wird, wird so deutlich, wie selbstverständlich das für sie ist. Wie sie gar nichts anderes kennt. Und es wird sehr spürbar, was für einen gewaltigen Stellenwert die Freundschaft zu Yasemin und das Leben in Yasemins Familie für sie hat. Traurig das sie sie am Ende verliert. Der Vater kommt wie so ein dumpfes, gewalttätiges Tier rüber, ziemlich flach als Figur eigentlich.

Für einen Augenblick sah es vom Boden so aus, als würde er ihr aufhelfen wollen, weil er einen unschlüssigen Schritt auf sie zuging, aber er drehte sich doch abrupt weg und ging aus der Tür.

Sie hofft tatsächlich noch. Das ist eine berührende Stelle.

Die Mutter zeigst du etwas differenzierter. Bei ihr fällt mir auf, wie sehr sie ihre Tochter in Bezug auf die Brutalität des Vaters im Stich lässt. Wenn es schon dem Kioskbesitzer auffällt, nehme ich an, dass sie es auch wissen muss. Wenn nicht wäre es fast noch schlimmer. Auch gibt es keine Szene, wo der Vater der Mutter gegenüber in dieser Art gewalttätig wird, außer dass er an der Tischdecke reißt. Auch im Schwimmbad erlebe ich sie unglaublich gefühllos ihrer Tochter gegenüber.

Wenn Mama von ihrem täglichen Ausflug zu Luzie zurückkehrte, waren die meisten Handtücher vom Rasen verschwunden und zwischen all dem plattgelegenen Gras, den zurückgelassenen Getränkedosen und Wurstpappen, saß Luzie auf dem Coca Cola-Tuch mit angewinkelten Knien, um die sie ihre mageren Arme geschlungen hatte und wartete.

Literarisch finde ich sie auch eine interessante Figur, aber ich wundere mich, dass sie in den Kommentaren so gut wegkommt. Als Mutter finde ich sie eine absolute Fehlbesetzung.

Eigentlich empfinde ich alle Figuren als etwas karikiert, einschließlich der resilienten Luzie, die ein gutes, verantwortungsbewußtes Kind ist, auf Schulbücher spart, die ihr Vater zerrissen hat, und es trotz ihrer beknackten Eltern aufs Gymnasium schafft.

Ich glaube beim Fenstersturz des Kindes hast du etwas gekürzt, zumindest das Alter, das finde ich gut.

Das waren so meine Gedanken zu deiner Geschichte, die ich gerne gelesen habe.
Liebe Grüße von Chutney

 

Hej Isegrims,

ich danke dir, dass du den Text gelesen und kommentiert hast. So eine Challenge verlangt einem schon eine Menge ab. Das verstehe ich. Und so kann es natürlich passieren, dass Viellesern und Kommentieren die eine oder andere Kleinigkeit durchflutscht,

Was im Dunkeln bleibt, mir auch nicht ganz begreiflich, ist der Tod Yasemins, warum sie herabstürzt, letztlich verstehe ich auch die Wut des Vaters nicht. (die muss ich aber nicht verstehen, die kann sich verstecken.)

denn Yasemin ist in der Türkei und stürzt gar nicht aus dem Fenster. ;) Des Vaters Wut ist auch lediglich gezeigt und möchte gar nicht hinterfragt werden, denn für die Figur der Luzie ist das unerheblich. Es mach in er Auswirkung keinen Unterschied und müsste dann wohl noch mit in ihre Handlung einfließen und daran hatte ich jetzt kein Interesse.

Das Coming-of-age-Gefühl, das der Text transportiert. Klingt wie ein Wogen, ein Sommerwind.

Das passt ja ganz gut und ist wünschenswert. Schön, dass es für dich so wirkt.

Die Figuren nehme ich als Individuen wahr, erhalten Tiefe, das finde ich neben der treffenden Sprache wirklich stark. Am Schluss könntest du mMn noch arbeiten.

Prima. Das ist ja eine Menge, damit der Text nicht uninteressant ist.
Am Ende arbeiten ist auch okay. Was dir da aber konkret abgeht, bleibt im Unklaren. :hmm:

Die von dir hervorgehobenen Textstellen, die du lobend erwähnst, nehme ich dankend zur Kenntnis.
Und der Papst und Luzie haben nichts miteinander zu tun. Die kurz aufeinanderfolgenden Tode der Päpste bilden einen traurigen Rahmen während der traurigen Sommergeschichte eines Mädchens.

Danke für deine Gedanken und freundlicher Gruß, Kanji


Hej Chutney,

herzlichen Dank, dass du mich mit einem Kommentar bedenkst, naja und vor allem, dass du die Geschichte gelesen hast.

ich mag den Erzählton deiner Geschichte. Gerade an den Stellen, wo Lucie von ihrem Vater mißhandelt wird, wird so deutlich, wie selbstverständlich das für sie ist. Wie sie gar nichts anderes kennt. Und es wird sehr spürbar, was für einen gewaltigen Stellenwert die Freundschaft zu Yasemin und das Leben in Yasemins Familie für sie hat. Traurig das sie sie am Ende verliert. Der Vater kommt wie so ein dumpfes, gewalttätiges Tier rüber, ziemlich flach als Figur eigentlich.

Es freut mich ungemein, dass dir der Ton gefallen hat und du von Luzies Verhalten auf den Charakter aufschließen kannst. Das ist für mich nicht ganz unwichtig, denn Figuren zu zeigen oder zu benennen, was ich über sie sagen möchte, fällt mir nicht leicht. Es braucht schon immer wieder einige Hirnakrobatik dafür.
Die 'Flachness' ;) der Vaterfigur ist durchaus so gedacht. Ich wollte ihn nur im Vorbeigehen zeigen, nicht alle Charaktere gleich stark machen. Yasemin kommt ja auch vage rum, hat bisher niemanden gestört und ich dachte noch, da hagelt's Protest.

Für einen Augenblick sah es vom Boden so aus, als würde er ihr aufhelfen wollen, weil er einen unschlüssigen Schritt auf sie zuging, aber er drehte sich doch abrupt weg und ging aus der Tür.

Sie hofft tatsächlich noch. Das ist eine berührende Stelle.


Diesen Zusatz hab ich The Incredible Holg zu verdanken, der fand, der Vater bräuchte eine zweite Dimension. Zu mehr konnte ich mich dann nicht durchringen und deshalb ist es besonders schön, dass sie dir so eingefügt gut gefällt.

Die Mutter zeigst du etwas differenzierter. Bei ihr fällt mir auf, wie sehr sie ihre Tochter in Bezug auf die Brutalität des Vaters im Stich lässt.

Das sehe ich auch so, aber durch ihre fröhliche Art, geht das unter - auch bei den Lesern ;)

Literarisch finde ich sie auch eine interessante Figur, aber ich wundere mich, dass sie in den Kommentaren so gut wegkommt. Als Mutter finde ich sie eine absolute Fehlbesetzung.

Absolut und du hast sie durchschaut. :)

Eigentlich empfinde ich alle Figuren als etwas karikiert, einschließlich der resilienten Luzie, die ein gutes, verantwortungsbewußtes Kind ist, auf Schulbücher spart, die ihr Vater zerrissen hat, und es trotz ihrer beknackten Eltern aufs Gymnasium schafft.

Karikiert ist ja nicht so schön. Was ist denn da schief gelaufen? :hmm:

Das waren so meine Gedanken zu deiner Geschichte, die ich gerne gelesen habe.

Danke, dass du sie mir mitgeteilt und gerne gelesen hast. Über die Figuren muss ich ja dann noch einmal nachdenken.

Einen schönen Sonntag und freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,

Eigentlich empfinde ich alle Figuren als etwas karikiert, einschließlich der resilienten Luzie, die ein gutes, verantwortungsbewußtes Kind ist, auf Schulbücher spart, die ihr Vater zerrissen hat, und es trotz ihrer beknackten Eltern aufs Gymnasium schafft.

Karikiert ist ja nicht so schön. Was ist denn da schief gelaufen?


Ich versuch mal es auszudrücken. Der Vater ist halt ein Tier. Die Mutter ist eine oberflächliche, gutgelaunte Schnepfe, Luzie ist einfach gut, brav, klug und verantwortungsbewußt, Yasemin ist sanft und lieb. Manchmal gibt so ein Eigenschaft, die der Haupteigenschaft entgegenläuft, dem ganzen mehr Tiefe. Der Vater, der vielleicht an einer Stelle doch Vater ist, z.B. stundenlang einen neuen Schreibtisch für sie baut, die Mutter, die sie beobachtet, wie sie Scheißegal-Tabletten nimmt, Luzie, die neidisch auf Yasemin ist, sowas in der Art. Ist nur so eine Idee und ich weiß gar nicht, ob ich sowas jetzt noch bei dieser Geschichte ändern würde.

Liebe Grüße von Chutney

 

oh hej Chutney,

da freu ich mich ja mächtig. Hab noch gar nicht richtig angefangen darüber nachdenken, wie das mit den Karikaturen gemeint sein kann (morgen kommen Gäste und ich rödel hier so rum und dürfte gar nicht im Forum sein :shy:) und flugs hilfst du mir auf die Sprünge. Das ' aber freundlich.

Manchmal gibt so ein Eigenschaft, die der Haupteigenschaft entgegenläuft, dem ganzen mehr Tiefe.

JA klar. Das verstehe ich. Und damit gebe ich dir recht. Und weißt du, vielleicht ist es wirklich eine gute Idee, wenn ich das ausschließlich bei Luzie einsetze, denn ich möchte den Rahmen ganz eng um sie halten. und die anderen lasse ich so eindimensional. Könnte klappen. Ich versuch es ... gleich, wenn der Besuch weg ist. ;)

Herzlichen Dank für dein Engagement und dir einen ruhigeren Sonntag, Kanji

 

Liebe Kanji,

wie immer habe ich deine Geschichte gerne gelesen, deine bildliche Sprache, die geschickte Art, Fährten zu legen und die eindrucksvollen Szenen, die du kreierst.

Ein Ghetto im Mauerberlin der 70er. Da musste ich gleich an Christiane F. denken, sozusagen als Kindergeschichte.
Dass so einer Geschichte das Morbide fehlt, liegt wohl in der Natur der Dinge, ist halt aus der Sicht des Kindes, und das kennt es nicht anders. Und trotzdem vermisse ich eine Spur von Neurose, die auch in einer Kinder/Jugendgeschichte funktionieren könnte, wenn sie beiläufig erwähnt würde, unreflektiert von Luzie, aber für den Leser spürbar. Ansonsten wirkt es ein wenig zu oberflächlich, und das fände ich bei dieser Thematik sehr schade.
Ich muss mich in der Hinsicht Holg und Chutney anschließen, die Figuren bräuchten - gerade in dieser Situation - extreme Brüche. Ich kann gut nachvollziehen, dass die Mutter die Realität verdrängt, um sie auszublenden. Das ist halt ihre Art, damit umzugehen. Aber was macht das mit ihr? So wie sie momentan gezeichnet ist, ist sie noch nicht wirklich greifbar für mich. Ich meine jetzt auch nicht, dass du ihr einen zusätzlichen Absatz widmen solltest, aber irgendwo zeigen, dass die nicht klar kommt. So eine Situation setzt auch jungen Menschen zu. Vielleicht könntest du sie fröhlich lachen und dann plötzlich in Tränen ausbrechen lassen oder zeigen, dass ihre Fröhlichkeit überspannt wirkt. Das würde ihr mMn als Figur mehr Dramatik geben, dem Thema mehr gerecht werden.
Ähnlich bei Luzie. Die Art, mit der sie sich in ihrer Welt zurechtfindet hast du sehr gut beschrieben. Aber auch sie kommt mir ein wenig zu glatt rüber. Ich sehe da unweigerlich eine Landidylle vor mir. Natürlich gibt es überall sensible Kinder, trotzdem wird die Umgebung Luzie geprägt haben. Oder wie der Berliner sagen würde:" Die hat voll die Macke wesch."

Beim Vater ist es dann wieder umgekehrt. Ich fand Holgs Vorschlag gut, dass er Luzie erst aufhelfen will und dann nicht über seinen Schatten springen kann. Das würde berühren. Und die Verhältnisse besser auf den Punkt bringen. Irgendwie ist jeder verloren und kann nicht aus seiner Haut. Eingemauert eben.

Natürlich ist das alles nur meine persönliche Meinung, aber ich finde, um die Tragik dieser Geschichte spürbarer zu machen, braucht es mMn weniger den Knalleffekt der Ereignisse (Vater besoffen, Mutter geht fremd), als die Abgründe, die sich dahinter verbergen, den Kampf gegen die eigenen Unzulänglichkeiten. Und damit meine ich nicht, dass du an der Handlung irgendetwas ändern müsstest. Nur eben hier und da vertiefen.

Der Tod der Schwester kommt für mich auch etwas überraschend. Da dachte ich auch erst, das wäre Yasemin, die gar nicht in dem türkischen Dorf ist, sondern von den Eltern versteckt wurde und sich dann aus dem Fenster stürzt. Da könntest du den Bezug noch deutlicher machen.

Trotz meiner Kritik habe ich die Geschichte, wie gesagt, gerne gelesen, und die Freundschaft zwischen Luzie und Yasemin hat mich sehr berührt. Die Szene mit dem "Broiler" hat es mir besonders angetan.

Ich wünsche dir noch schöne Vorweihnachtstage und viele liebe Grüße von Chai. Äh. Nee. Die Grüße wünsche ich dir nicht, die schicke ich dir einfach. Bis bald

 

Hallo Kanji,

du hast schon so viele Kommentare bekommen, trotzdem möchte ich auch einen abgeben;) Hab mir vorgenommen, alle Geschichten der Challenge zu kommentieren, keine Ahnung ob ich das schaffe. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum ich meinen Senf dazu abgeben möchte. Denn erstens gefällt mir dein Text sehr gut und zweitens war ich total begeistert, dass du in einer Passage ein Buch der Lieblingsautorin meiner Kindheit erwähnst. Christine Nöstlinger hab ich verschlungen! Deine Geschichte ist harter Tobak aber das ist meine auch und ich wurde sofort in meine Kindheit zurückversetzt, als meine beste Freundin ihre Ferien in dem ehemaligen Jugoslawien verbrachte und ich in der Hitze alleine mein Dasein fristete :D
Für mich war klar, dass da die kleine Schwester aus dem Fenster stürzte. Wieso du sie sterben ließt, allerdings nicht ganz. Ich weiß auch nicht so recht, wie viel Drama eine Geschichte aushält, bin aber dann immer der Meinung, schlimme Dinge passieren im wahren Leben, also warum dann nicht auch in Geschichten. Wie gesagt, ich fand sie gut.
Liebe Grüße Sabine

 

Hej Chai,

so schön, dich immer wieder unter meinen Texten zu finden. Ich mag es, wie du die Dinge siehst und mitteilst.

deine bildliche Sprache, die geschickte Art, Fährten zu legen und die eindrucksvollen Szenen, die du kreierst.

und ich kanns nicht ändern, dein Lob mag ich auch.

Ein Ghetto im Mauerberlin der 70er. Da musste ich gleich an Christiane F. denken, sozusagen als Kindergeschichte.

Nur unspektakulärer, obwohl wir nicht wissen, wie Luzies Leben weitergeht. Vielleicht entkommt sich dem Strudel nicht.

Ansonsten wirkt es ein wenig zu oberflächlich, und das fände ich bei dieser Thematik sehr schade.

Figuren komplex zu gestalten fällt mir nicht so leicht, wie man sieht. Möglicherweise liegt es aber auch daran, dass ich gerne ausblende, mich nicht traue, genau hinzusehen. Aber ich habe auch verstanden, dass es unumgänglich ist, will ich Tiefe geben.

extreme Brüche. Ich kann gut nachvollziehen, dass die Mutter die Realität verdrängt, um sie auszublenden.

extreme Brüche. Ich kann gut nachvollziehen, dass die Mutter die Realität verdrängt, um sie auszublenden.

Es kratzt an meiner Lust, diesen Figuren mehr Leben einzuhauchen, weil du es schaffst, mich anzuregen. Danke, liebe Chai.

Das würde ihr mMn als Figur mehr Dramatik geben, dem Thema mehr gerecht werden.

Gerade wegen des Themas. Und ich werde versuchen, mich dahingehend auf die Lauer zu legen und den beiden einen Moment zu entlocken, der sie in ihrer anderen Dimension zeigt. Vielleicht erwische ich sie ja dabei und halte diese Sekunde fest.

Irgendwie ist jeder verloren und kann nicht aus seiner Haut. Eingemauert eben.

Ich freue mich, dass du hier den Kreis siehst. :kuss:

Und damit meine ich nicht, dass du an der Handlung irgendetwas ändern müsstest. Nur eben hier und da vertiefen.

ich denke, ich habe dich verstanden.

Der Tod der Schwester kommt für mich auch etwas überraschend. Da dachte ich auch erst, das wäre Yasemin, die gar nicht in dem türkischen Dorf ist, sondern von den Eltern versteckt wurde und sich dann aus dem Fenster stürzt. Da könntest du den Bezug noch deutlicher machen.

Findest du es nicht auch überraschend, wie phantasievoll der Wortkrieger eintaucht? Und sich eine Nebengeschichte auszudenken vermag. :shy: Ich finde das auch schön.

Ich wünsche dir noch schöne Vorweihnachtstage und viele liebe Grüße von Chai. Äh. Nee. Die Grüße wünsche ich dir nicht, die schicke ich dir einfach. Bis bald

und ich spiele jetzt auch Fee und wünsche dir eine glückliche Adventszeit und Danke dir für deine Gedanken, Kanji

Hej Sabine P

und nett, dass du die Geschichte gelesen hast. Von Kommentaren kann ich nie genug bekommen, immer ist da irgendetwas, das mich anregt, nachzudenken.

Deine Geschichte ist harter Tobak aber das ist meine auch und ich wurde sofort in meine Kindheit zurückversetzt, als meine beste Freundin ihre Ferien in dem ehemaligen Jugoslawien verbrachte und ich in der Hitze alleine mein Dasein fristete

Auch nicht so schön. Aber hoffentlich nahm dein Sommer keinen so entsetzlichen Verlauf.

Für mich war klar, dass da die kleine Schwester aus dem Fenster stürzte. Wieso du sie sterben ließt, allerdings nicht ganz. Ich weiß auch nicht so recht, wie viel Drama eine Geschichte aushält, bin aber dann immer der Meinung, schlimme Dinge passieren im wahren Leben, also warum dann nicht auch in Geschichten.

Das höre ich gerne, denn ich wüsste gar nicht, wie ich immer gezielter darauf hinweisen sollte, dass Yasemin in der Türkei ihre Ferien verbringt. :confused:
Dieser tragische Fenstersturz in seiner Symbolik ist Teil dieses Ghettos, wie Chai sagt. Dort passieren Dinge vermehrt. Unfälle, Prügeleien mit Todesfolge, Messerstechereien, Drogen und das Drumherum ... der gesamte gesellschaftliche Kosmos in einer Siedlung.

Hab vielen Dank für deinen Eindruck und dass du ihn mich wissen lässt. Viel Spaß noch bei der Challenge, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej, liebe maria.meerhaba

ju mäk mi kresi. Scheuchst mich durch ein Wechselbad meiner Gefühle und als ich mich (wiedermal) damit abgefunden habe, dass du meine Geschichte hasst, obwohl nur eine Großmutter drin vorkommt, die ich dir zuliebe hab sogar blindsein lassen (nee, das ' gelogen :shy:), da erklärst du am Ende lapidar

Wenn ich darüber nachdenke, ist die Geschichte auch mit ihren losen Enden eigentlich gut gemacht. Nichtigkeit eben und es funktioniert, also gut, du hast es gut gemacht.

Aber okay, na gut.

Da frage ich mich schon, warum du dich nicht für die Rubrik Jugend entschieden hast.

Weiß nicht so genau.

Er schrie einzelne Wörter, die für Luzie in dieser Reihenfolge keinen Sinn ergaben, mit weit aufgerissenem Mund, versprühte Spucke

Ich kann mich nicht mit „mit weit aufgerissenem Mund“ anfreunden, weil mir das irgendwie reingequetsch wirkt. Ich fände den Satz besser ohne den Teil. Für mich hat hier nämlich der Lesefluss einen kleinen Knicks gemacht.


Das kam wirklich später dazwischen. Ich werde mich dann vom Adjektiv trennen, denke ich.

:3 Ich musst hier schmunzeln. Einfach nur, weil ich in der Schule auch immer so leise sprach und mein Sitznachbar deshalb ermahnt wurde :3 Ja, ja, die grauenhaften Erinnerungen.

Ach, leise schimpfst du immer. ;)

„Na Luzie, haste nich uffjepasst und bist wieder jeg'n Türrahm' jelofen?", brubbelte er, sah sie nicht an,

Jedes Mal wenn ich einen Dialekt lese, frage ich mich, ob das wirklich sein muss. Authentizität sagt dann der Autor, aber will ich das wirklich als Leser? Ich kämpfe mich so ungern durch ein Dialekt.


Ja, geht mir auch so, aber: da ich ganz bewusst die Mauer erwähne und die Geschichte in einem 'Ghetto' spielt, kann Herr Kowalke unmöglich hochdeutsch reden und deswegen hab Ichs kurz gehalten und alle andere nicht berlinerisch reden. Deal?

Ich habe das nicht gewusst. Danke für die Aufklärung, denn so ergibt das mit dem Papst einen Sinn und auch der Titel bekommt eines ab. Normalerweise sind mir solche Details nicht so wichtig, ich ignoriere sie gerne, doch er kommt im Titel vor, im ersten und im letzten Satz, und da fragt man sich schon, wenn man keine Ahnung von der Papstgeschichte hat, was der Sinn dahinter ist. Hätte ich wegens Kommentar nicht gesehen, hätte ich mich darüber aufgeregt.

Na, da hab ich ja noch mal Glück gehabt und bin deiner Aufregung entkommen. Ich bin ganz dreist davon ausgegangen, dass es erstens einfach so als eine Gegebenheit hingenommen werden kann, oder es niemanden stören muss, weil es lediglich als Rahmen gilt. So ungefähr.

Kanji, dass ich das absolut nicht ausstehen kann und allein deshalb mir deine Geschichte nicht gefällt.

Aber ...

Die Luzie funktioniert, lebt in meinen Augen, bekommt eine Seele, die für mich das Wichtigste für eine Figur ist.

Puh.

Der Vater ist das absolute Böse, der nur eine Seite in dieser Geschichte hat und deshalb so blass wirkt.

Mehr hab ich nicht gewagt, aber ein Zweifel ist dabei. Hinzugefügt, als Luzie seinetwegen fällt und er ihr beinahe aufgeholfen hätte.

Ich glaube alles, was Luzie erzählt, was sie erlebt, was sie sieht und denkt, sie funktioniert großartig und ich bin ihr echt gern gefolgt. Wirklich jetzt.

Da freut sie sich bestimmt. Und ja, liebe Maria, ich glaube dir. Wirklich.

Der Konflikt mit dem Vater wird nicht gelöst, die Mutter verschwindet wieder in den Hintergrund und dann knallt die Schwester von Yasemin auf dem Boden und Yasemin wird vermutlich auch aus dem Leben von Luzie verschwinden und alles ist so nichtig. So eiskalt, schwarz, nichtig. Das ist eines dieser grausamen Geschichten, die zeigen können, wie sinnlos das Leben für manche sind, denn das hier steuert nicht Richtung Happyend, sondern zeigt uns auf grauenhafte Weise die Sinnlosigkeit des Daseins. Also es ist echt dunkel, was mir wieder gefällt, aber ich hätte mir doch gewünscht, dass du die losen Enden irgendwie verbunden hättest.

Aber wie soll der Konflikt denn gelöst werden? Das wird so weitergehen. Der Vater ist wie er ist, die Mutter auch und Luzie hat sich beide nicht ausgesucht und muss da durch. Das klärt man nicht eben in 33 Tagen.
Yasemin kam nicht wieder nach Berlin zurück. Erinnere dich. Bitter, aber eine Lösung. Kleines Wortspiel.:shy:

Und dann gefällt sie dir im Abgang doch. Und mir geht es auch wieder gut, du wildes Ding, du.
Das nächste Mal schreibe ich über alte Großmütter, die ihre Enkel mit Liebe quälen und Schokoladenkuchen.

Bis dahin und vielen Dank für deinen emotionalen Kommentar und überhaupt, dass du sie gelesen hast, Kanji

 

Hallo Kanji!

Ich habe auch noch was beizutragen:

"dass Papa sehr wütend werden konnte und dann ihre Hefte zerriss, weil sie gefälligst nicht so schlau tun sollte."
=> Und warum darf Luzie dann aufs Gymnasium? Nach dem Bild, das ich vom Vater bekomme, müsste er Luzie auf die Hauptschule schicken. (Erstens, damit sie nicht weiter so "schlautut", zweitens, damit er Luzie nicht vier Jahre mehr durchfüttern muss. Der Vater braucht sein Geld schließlich für besseres, sprich: Alk.) Mir der Schulempfehlung würde sich der Vater, den ich hier zu sehen bekomme, sicher den Hintern abwischen.

"Die Haut begann, sich zu verfärben. Erst rot, dann blau, mehr lila."
=> Himmel, explodiert der gleich? Das Rote kann ich ja nachvollziehen, aber dann ...?

"Luzie wollte lieber nicht länger mit ihm über den Papst sprechen"
=> Hier geht's ja den ganzen Absatz um des Vaters Verhältnis zum Papst. Ich habe also erwartet, dass der Text sich darum dreht, wenigstens erklärt, warum der Vater so auf das Papst-Stichwort reagiert.

"Sie würde Mama später fragen, wenn die von der Arbeit zurück war."
=> Was fragen?

"Yasemin war am Morgen des ersten Ferientages allein zu Verwandten in ein türkisches Dorf gebracht worden"
=> Im Zusammenhang damit, dass sie am Ende nicht zurückkommt, hatte ich nur eine Erklärung vor Augen: Dass sie in diesem türkischen Dorf mit einem alten Knacker verheiratet werden soll.

"Er schubste sie immer ein bisschen an der Schulter, während er herumbrüllte."
=> Das "bisschen" Schubsen passt nicht zum Herumbrüllen. Der Wutanfall, den du hier zeichnest, ist ein wenig inkonsistent. Entweder baut sich seine Wut nach und nach auf, oder er bekommt gleich einen Jähzornanfall.

=> Übrigens bräuchte ich den Erklärabsatz hier gar nicht. Mit „Na Luzie, haste nich uffjepasst und bist wieder jeg'n Türrahm' jelofen?" ist doch alles gesagt, oder nicht?

"denn Mama konnte gut rechnen und hielt das Geld beisammen."
=> Diese Erklärung bräuchte ich auch nicht.

"An manchen Tagen setzte Mama die Sonnenbrille gar nicht ab. Nicht einmal zu Hause oder im Laden von Herrn Kowalke"
=> Heißt für mich, sie hat ein blaues Auge.

"Zur Entspannung."
=> Diese Luzie-Erklärungen, die kommen nur ab und zu mal. Ich würde da entweder mehr von reinbringen (so was kann ganz schön lustig sein, der Kontrast von dem, was der Leser sieht, und die Erklärung, die das Kind, Luzie dafür findet), oder sie eben ganz rauslassen.

"Gurkenkönig"
"Es gab eine Menge Gewitter in diesem August."
"den Song, der in diesem August immerzu im Radio lief."
=> Sorry, aber das liest sich so, als hättest du "diesen August" gründlich ergoogelt, und wolltest nun möglichst viele "historische Wahrheiten" an den Mann bringen.

"aber auch weil die Bücherhalle in der ersten Ferienwoche ausbrannte."
=> Müsste in die Vorvergangenheit, oder? (Und ist das auch so eine "historische Wahrheit"?)

"Jemand musste Yasemins Vater sagen, dass seine kleine Tochter aus dem Fenster gefallen war."
=> Auch ich habe beim ersten Lesen gedacht, dass es sich hier um Yasemin handelt. Warum? Weil es sich in der Geschichte halt um Luzie und ihre Freundin Yasemin dreht. Yasemin, die ebenso eine kleine Tochter ihres Vaters ist, wie ihre noch kleinere Schwester, die zwar irgendwo am Anfang mal erwähnt wird, aber die man ebensoschnell vergisst wie die Großmutter, weil sie nunmal absolut keine Rolle in der Geschichte spielen.
(Übrigens, in welchem Stock wohnt Luzie? Und wie wenig zerschmettert ist das kleine Kind, das ja aus dem siebzehnten Stock gefallen ist, so dass Luzie sofort weiß, es ist Yasemins kleine Schwester und nicht irgendein anderes Kind?)

Noch ein Übrigens:
Das hier: „Yasemin nicht da." zusammen mit dem hier: "Als er dann nur noch mit dem Kopf gegen den Türrahmen schlug", hat mich in meiner Yasemin-wird-in-der-Türkei-verheiratet-Theorie bestärkt. Warum? Er spricht über Yasemin und scheint sich zu grämen, vielleicht auch zu schämen. Weil er seine Tochter halt mit 'nem alten Knacker verheiratet und ihm nun, durch die Konfrontration mit der ebensokleinen Luzie, kurz mal bewusst wird, was er Yasemin damit antut.

Insgesamt ist dein Text eher eine Momentaufnahme. "Momente aus Luzies Ferien." (Ich bin kein Fan von Momentaufnahmen.)
Die Momente sind durchaus flüssig geschrieben, aber ich finde, du erklärst manchmal zu viel und an anderen Stellen zu wenig. Dazu habe ich ja schon Anmerkungen gemacht.

Grüße,
Chris

 

Hej Chris Stone,

wenn du auftauchst, dann ist das selten ein Streichelkurs und ich ziehe mich warm an, bevor ich mich deinem Kommentar stelle. Zum anderen gehe ich davon aus, dass du die Geschichte für jugendtauglich hälst, vermessen wie ich manchmal bin. Was ich sagen will, ich freue mich, dich hier vorzufinden. :shy:

Und warum darf Luzie dann aufs Gymnasium? Nach dem Bild, das ich vom Vater bekomme, müsste er Luzie auf die Hauptschule schicken. (Erstens, damit sie nicht weiter so "schlautut", zweitens, damit er Luzie nicht vier Jahre mehr durchfüttern muss. Der Vater braucht sein Geld schließlich für besseres, sprich: Alk.) Mir der Schulempfehlung würde sich der Vater, den ich hier zu sehen bekomme, sicher den Hintern abwischen.

Da könntest du rechthaben. Ich halte den Vater aber für gleichgültig und eigensüchtig. Der denkt auch nicht an Morgen. Sicher wird er in ein, zwei Jahren darauf bestehen, dass sie arbeiten geht, aber das wäre eine andere Geschichte.

"Die Haut begann, sich zu verfärben. Erst rot, dann blau, mehr lila."
=> Himmel, explodiert der gleich? Das Rote kann ich ja nachvollziehen, aber dann ...?

Das ist Luzies Fantasie nachzusehen. Aber möglicherweise auch dem Alkohol zuzuschreiben. Alkoholiker sehen manchmal bläulich aus, vor allem wenn sie sich aufregen.

"Luzie wollte lieber nicht länger mit ihm über den Papst sprechen"
=> Hier geht's ja den ganzen Absatz um des Vaters Verhältnis zum Papst. Ich habe also erwartet, dass der Text sich darum dreht, wenigstens erklärt, warum der Vater so auf das Papst-Stichwort reagiert.

Ich könnte tatsächlich den Vater einen Satz über den Papst verlieren lassen. Ich guck mal, ob mir was halbwegs Intelligentes einfällt.

"Sie würde Mama später fragen, wenn die von der Arbeit zurück war."
=> Was fragen?

Gut. Das mache ich deutlicher.

"Yasemin war am Morgen des ersten Ferientages allein zu Verwandten in ein türkisches Dorf gebracht worden"
=> Im Zusammenhang damit, dass sie am Ende nicht zurückkommt, hatte ich nur eine Erklärung vor Augen: Dass sie in diesem türkischen Dorf mit einem alten Knacker verheiratet werden soll.

Gut möglich. Aber für Luzies kleine Welt unerheblich. Davon weiss sie noch nichts.

"Er schubste sie immer ein bisschen an der Schulter, während er herumbrüllte."
=> Das "bisschen" Schubsen passt nicht zum Herumbrüllen. Der Wutanfall, den du hier zeichnest, ist ein wenig inkonsistent. Entweder baut sich seine Wut nach und nach auf, oder er bekommt gleich einen Jähzornanfall.

Hm. Gut. ich werde versuchen, das in Einklang zu bringen. Auch wenn die Situation dadurch wohl nicht harmonischer wird.

=> Übrigens bräuchte ich den Erklärabsatz hier gar nicht. Mit „Na Luzie, haste nich uffjepasst und bist wieder jeg'n Türrahm' jelofen?" ist doch alles gesagt, oder nicht?

Das ist wunderbar. Gerne hab ich ihn nicht geschrieben, wollte ihn nur den Brausebonbon geben lassen. Ich guck mal, wie es dann für mich wirkt.

"denn Mama konnte gut rechnen und hielt das Geld beisammen."
=> Diese Erklärung bräuchte ich auch nicht.

Ich kann auch drauf verzichten. ;)

"An manchen Tagen setzte Mama die Sonnenbrille gar nicht ab. Nicht einmal zu Hause oder im Laden von Herrn Kowalke"

=> Heißt für mich, sie hat ein blaues Auge.


Das war ein Zusatzprodukt, weil die Mutter ja wirklich nich so unbeschadet aus diesem Zusammensein herauskommen kann. Und genau das wollte ich damit ausdrücken.

"Gurkenkönig"
"Es gab eine Menge Gewitter in diesem August."
"den Song, der in diesem August immerzu im Radio lief."
=> Sorry, aber das liest sich so, als hättest du "diesen August" gründlich ergoogelt, und wolltest nun möglichst viele "historische Wahrheiten" an den Mann bringen.

Nja. Bis auf die Gewitter, die hab ich dreist einfach so hinzugefügt.

"aber auch weil die Bücherhalle in der ersten Ferienwoche ausbrannte."
=> Müsste in die Vorvergangenheit, oder? (Und ist das auch so eine "historische Wahrheit"?)

PQP kann ich machen. Sollte ich wohl. Danke.

=> Auch ich habe beim ersten Lesen gedacht, dass es sich hier um Yasemin handelt. Warum? Weil es sich in der Geschichte halt um Luzie und ihre Freundin Yasemin dreht.

Das ist bedauerlich, weil du schon die Version gelesen hast (nehme ich mal an), in der ich der Kleinen sogar eine Aktion beimesse. Ich weiß jetzt aber auch nicht mehr, was ich machen soll, damit klar ist:
Yasemin ist in der Türkei und kann demzufolge nicht aus dem Fenster gefallen sein.

aber die man ebensoschnell vergisst wie die Großmutter, weil sie nunmal absolut keine Rolle in der Geschichte spielen.

Das finde ich schade. In so einer kurzen Geschichte sollte man die Figuren, auch wenn sie nur beiläufig eine Rolle spielen, haben sie doch, wie hier, ihren Zweck (blinde Großmutter, die für die wohlige Atmosphäre in der Wohnung sorgt und somit bei Luzie schöne Gefühle auslöst und die dann offenbar maßgeblich am Unfall der Kleinen Enkelin beteiligt ist) nicht unbeachtet lassen.

(Übrigens, in welchem Stock wohnt Luzie? Und wie wenig zerschmettert ist das kleine Kind, das ja aus dem siebzehnten Stock gefallen ist, so dass Luzie sofort weiß, es ist Yasemins kleine Schwester und nicht irgendein anderes Kind?)

Im vierten, glaube ich mal geschrieben, gelöscht zu haben. Auf jeden Fall hat sie keine so schöne Aussicht, sondern schaut nur auf den Parkplatz gegenüber. Und Luzie ist eine stille, scharfe Beobachterin, wie du weißt und kennt alle Kinder im Haus. Sie sah die Kontur und die schwarzen Haare und kein Blut. Vielleicht lief Kam das erst später. Sie guckte recht zeitnah über die Balustrade.

„Yasemin nicht da." zusammen mit dem hier: "Als er dann nur noch mit dem Kopf gegen den Türrahmen schlug", hat mich in meiner Yasemin-wird-in-der-Türkei-verheiratet-Theorie bestärkt. Warum? Er spricht über Yasemin und scheint sich zu grämen, vielleicht auch zu schämen. Weil er seine Tochter halt mit 'nem alten Knacker verheiratet und ihm nun, durch die Konfrontration mit der ebensokleinen Luzie, kurz mal bewusst wird, was er Yasemin damit antut.

Und warum denkst du nicht einfach daran, dass er gerade in diesem Moment erfährt, seine Tochter sei aus dem Fenster gefallen, sondern vertraust eher deiner Fantasie? ;)

Insgesamt ist dein Text eher eine Momentaufnahme. "Momente aus Luzies Ferien." (Ich bin kein Fan von Momentaufnahmen.)

Keine Kurzgeschichte aus dem Leben eines Mädchens innerhalb ihrer Sommerferien? Den Unterschied zwischen Momentaufnahme und einer Kurzgeschichte, die ich dachte geschrieben zu haben, versteh ich leider nicht. Ich werde aber ganz gewiss gang genau darüber nachdenken. Danke für die Anregung.

Die Momente sind durchaus flüssig geschrieben, aber ich finde, du erklärst manchmal zu viel und an anderen Stellen zu wenig. Dazu habe ich ja schon Anmerkungen gemacht.

..., die ich dankend zur Kenntnis nehme und wie oben angemerkt, bearbeiten werde.

Hab recht herzlichen Dank für deinen Kommentar und deine Zeit, Kanji

 

Hallo Kanji!

Ich bin momentan nicht so viel bei den Wortkriegern, daher dauert es ein wenig, bis ich antworte. Aber Antwort kommt.

"wenn du auftauchst, dann ist das selten ein Streichelkurs und ich ziehe mich warm an"
=> Ich bin wie der Winter. Und ich mag den Winter. Schnee und Eis und kalten Wind. Gibt es hierzulande leider viel zu selten.

Zu zwei Punkten noch Rückantwort:

"Und warum denkst du nicht einfach daran, dass er gerade in diesem Moment erfährt, seine Tochter sei aus dem Fenster gefallen, sondern vertraust eher deiner Fantasie?"

Zum einen mal, weil in deinem Text nicht wirklich steht, dass Luzie ihm das sagt.
("Verschlafen stand Yasemins Papa in der Tür nachdem er geöffnet hatte.
„Hallo Luzie", sagte er müde lächelnd, „Yasemin nicht da." Er gähnte und sah auf seine Armbanduhr. „Frau kommt gleich von Arbeit“, freute er sich.
Als er dann nur noch mit dem Kopf gegen den Türrahmen schlug")
=> Was zwischen den Zeilen stehen soll, ist für den Autor viel schwerer zu übermitteln, als wenn es wörtlich im Text steht.
Wie ich diese Stelle gelesen habe: Der Vater sagt, Yasemin ist nicht da, und dann schlägt er den Kopf gegen den Türrahmen. Daraufhin ist Luzie so verunsichert, dass sie ihm nicht sagt, dass die Kleine zerschmettert vor dem Haus liegt, sondern wegläuft.

In anderen Worten: Es geht hier nicht um meine Phantasie. Ich male hier nicht eine eigene Geschichte, sondern setze mir deine Geschichte aus den Punkten zusammen, die drinstehen. Was nicht wörtlich da steht, muss ich zwischen den Zeilen suchen.
=> Im Punkt mit der Sonnenbrille ist es dir ja hundertprozentig gelungen, mir mitzuteilen, dass die Mutter ein blaues Auge hat, obwohl es "nur" zwischen den Zeilen steht.

=> In anderen Punkten gelingt das halt nicht oder nicht so gut.

Dass ich zum Beispiel aus dem hier: "Yasemin wohnte mit ihren Eltern, einer blinden Großmutter ..." all das hier schließen soll: "blinde Großmutter, die für die wohlige Atmosphäre in der Wohnung sorgt und somit bei Luzie schöne Gefühle auslöst und die dann offenbar maßgeblich am Unfall der Kleinen Enkelin beteiligt" => das gelingt mir einfach nicht. Ich wüsste auch nicht, wie. Weil davon halt nichts im Text steht. Da steht nur "blinde Großmutter". Nur ein Stichwort. Die positiven Gefühle dazu mögen in deinem Kopf ausgelöst werden, aber für mich ist das nur ein Stichwort. Eine blinde Großmutter kann genausogut ein Ekel sein, ein kaltherziges Aas. Und woraus soll ich lesen, dass die Großmutter "maßgeblich beteiligt" ist am Unfall? Du schrebst zwar, die Großmutter kümmert sich in den Ferien um die Kleine, aber zur Unfallzeit ist der Vater auch zu Hause. Warum sollte also die Großmutter maßgeblich Schuld sein?


Zum zweiten Punkt:

"Den Unterschied zwischen Momentaufnahme und einer Kurzgeschichte"
=> Für mich ist der Unterschied, dass ich eine KG für ein rundes Ganzes halte, eine Geschichte, in der alle (oder zumindest die meisten, bzw. die wichtigesten) aufgeworfenen Fragen beantwortet werden. Also in diesem Fall: Was hat der Papst in der Geschichte zu suchen? Warum kommt Yasemin nicht zurück?
=> Du beantwortest die Fragen nicht, weil es nicht in dein Konzept hineinpasst. Das ist in Ordnung, wenn ich den Text als Momentaufnahme sehe, aber nicht, wenn es eine KG sein soll. Wie gesagt, das ist meine Ansicht zu dem Thema.

Bis dann.

Grüße,
Chris

 

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