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Anders als die anderen
Wir gingen durch die Stadt. Sie war dunkel, vom matten Schein der Straßenlaternen leicht erhellt.
Dunkel waren auch wir gekleidet, kaum hörte man unsere Schritte. Warum wir nachts durch die Stadt spazierten?
Wir suchten die Sterne.
Die anderen blieben zu Hause, gingen in die Disco, schliefen, liebten sich.
Wir gingen spazieren. Doch in dieser Stadt sahen wir die Sterne nicht.
So liefen wir in den Park- jedoch war es zu hell.
Nicht hell genug jedoch, um zu verhindern, was mit uns geschah.
Jemand kam. Er war dunkel gekleidet, kaum hörte man seine Schritte.
Und doch war er nicht wie wir- er ging nämlich nicht einfach nur spazieren, er lief schnellen Schrittes und hatte ein Messer in der Hand.
Wir schreckten zurück, wollten rennen. Konnten nicht. Gelähmt.
Die anderen hätten geschrieen, die anderen hätten sich gewehrt.
Den anderen würde niemand helfen.
Wir schwiegen, wir blieben stehen.
Er kam näher. Sein Messer glänzte im Licht der Straßenlaterne.
Die anderen hätten ihn angeschaut, jede seiner Bewegung beobachtet, doch wir blickten in den Himmel.
Nur dunkler, grauer Dunst.
Er war uns nun so nahe, wir konnten seinen Atem riechen.
Die anderen hätten jetzt Todesangst. Wir suchten die Sterne.
Diese Welt, sie kam uns so falsch vor. Ohne Sterne, voller anderer Menschen.
Diese Stadt- ein Kasten mit Arbeitern. Ein Gefängnis ohne Ausweg.
Diese Welt- Eine Todeskugel.
Lohnte es sich überhaupt, gelebt zu haben?
Ja, für die anderen.
Wir starben doch sowieso. Die anderen wurden geboren, zerstörten und starben.
Das ist ihr Sinn des Lebens.
Wir wurden geboren und suchten die Sterne.
Die anderen suchten sie nie, wir fanden sie nie.
Er fragte uns, ob wir noch einen letzten Wunsch hätten. Alles sei möglich. Die anderen hätten gesagt, Leben, Freiheit...
Doch wir wollten die Sterne sehen. Einfach nur die Sterne sehen.
Natürlich starben wir. Und so waren wir gar nicht so anders wie die anderen.
Uns hatte auch niemand geholfen.
Doch was hätten wir schon erwarten können, in einer Welt ohne Sterne?