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Atemlos

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28.10.2007
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Atemlos

Der Wind trocknete meine spröden Lippen weiter aus, und Staub verklebte meine Wimpern zu salzigen Klumpen. Mein Weg zum ersten Mal geebnet, ich sah den Himmel, der grau war, der wunderschön und neu war.
Ich atmete die Luft, so rein wie nie. Ich schloss die Augen und wollte an Wiesen denken, an Wiesen in vielfältig lodernden Grüntönen und an sanft gerundete Hügel.
Aber ich dachte brennende Hitze, ich dachte Maisfelder.
Ich dachte vierzig Grad in Indiana.

Die Luft steht und flirrt so schläfrig wie gefährlich. Kaum wahrnehmbare Brisen lassen die endlosen Maisfelder rascheln. Die meterhohen Halme stehen dicht, trocken und messerscharf. In der Ferne verlieren sie sich in silbernes Flirren. Es ist still, nur das Summen grosser Fliegen ist zu hören, dazu riecht man den widerlich süssen Mais, eine Kuh, die sich an dem ekelhaften Zeug überfressen hat. Zehn Reihen weiter liegt ihr aufgeblähter, zerplatzter Kadaver. Das Brummen wird lauter, zu Mais und Aas gesellt sich der Gestank von Erbrochenem.
Wir gehen weiter, wir gehen über die brüchige Erde. Sie sieht aus wie plötzlich getrockneter Schlamm.
Wir gehen weiter, wir gehen zuerst nach Osten, dann nach Süden, und dann sehen wir nicht mehr, wo die Sonne ist. Wir gehen nach nirgendwo.
Der Durst, der Durst und die rauen Härchen der Maiskolben, die uns hart über die Wangen streifen. Meine Knöchel bluten, der Schnitt ist nicht zu sehen. Ich biege die Halme trotzdem auseinander.
Die Maiskolben schmecken bitter und sind hart, es ist Tierfutter. Viel zu trocken. Da vorne ist ein Hügel.
Das ist er, der Hügel, der Hügel, man sieht
nicht mehr als das Maismeer um uns herum. Jemand ist nicht mehr da. Die andere Jemand kratzt Mückenstiche auf und weint.
Ich gehe weiter, die winzigen Schnitte an Armen und Beinen sind mit Staub gepudert. Die Füsse sind in den Schuhen aufgequollen.
Die andere Jemand ist nicht mehr da. Ich höre sie rufen, immer leiser und leiser. Ich antworte nicht.
Ob Adern platzen, wenn das Blut zu heiss wird? Ich ziehe die Schuhe aus und reisse einen Zehennagel ein. Die Schuhe um meinen Hals schlagen gegen meine Brust, also werfe ich sie weg.
Es wird zum zweiten Mal dunkel.
Ich sehe den Hügel, der Hügel ist vor mir. Schweiss badet die Kuhle zwischen Schulter und Hals. Der Staub tanzt in der untergehenden Sonne; golden und rot und immer roter.
Das Rascheln wird leiser.

* * *

Nachdem Kelpie mir Wodka mit Strychnin gegeben hat, legt mich ein analeptischer Keulenschlag hin.
Ich sehe wieder Dächer, Dächer überall. Und den Himmel. Er ist jetzt schwarz.

 

Liebe KG-Leser,

Hier ist meine erste Geschichte. Ich freue mich auf Antworten und besonders auf gute Kritiken.
Ich verstehe nicht gerade viel vom Schreiben und würde mich gern verbessern, also kritisiert die Geschichte schonungslos ;)

gruss
bajonett

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bajonett,

Der Wind trocknet meine spröden Lippen weiter aus, und Staub, das einzig Existente hier, verklebte meine Wimpern zu salzigen Klumpen.
„trocknete“, der Rest ist auch im Präteritum. „Das einzig Existente hier“ – klingt sehr steif.

nur das Summen grosser Fliegen ist zu hören
Großer

Ich freue mich auf Antworten und besonders auf gute Kritiken.
Jo, hm. Die Geschichte ist wahrscheinlich in dieser Form nur für den Autor verständlich. Das ist oft ein Problem.
Ich sehe 3 verschiedene Situationen. Der Anfang in so einer Art „Wüste“, dann stellt er sich ein irgendwie apokalyptisches Maisfeld vor und am Ende heißt es dann, es sind die Phantasien eines offensichtlich Vergifteten.
Tjo, zum Positiven: Das apokalyptische Maisfeld ist recht gut gelungen. Durch die Langsamkeit der Erzählung und das Beharren auf einigen, wenigen Bilder geht da schon was. Aber wie der Erzählrahmen jetzt mit genau dieser Vision zusammenhängt … ich behaupte mal, das weißt du alleine. Aus dem Text ist das nicht zu entnehmen.
Die Rubrik "Seltsam" bietet sich manchmal eben dafür an, solche einzelnen, ausdrucksstarken, irgendwie prophetisch-surrealen Szenarien zu beschreiben, die man vielleicht geträumt hat. Die Kunst wäre es dann - wenn man das will - diese einzelnen Bilder, das Material, stimmig in eine "Geschichte" einzubinden, was natürlich auch sehr schwer ist.

Gruß
Quinn

 

Hallo Quinn,
Danke für Deine Kritik. Dass Du meine Geschichte nicht verstanden hast oder sie sogar für alle Leser unverständlich hälst, ist natürlich schade. Darauf werde ich mich wohl bei meinem nächsten Versuch besser achten müssen...
Trotzdem danke fürs Kompliment, hat mich gefreut.

„trocknete“, der Rest ist auch im Präteritum.
Hast natürlich Recht, das werde ich gleich ändern.
„Das einzig Existente hier“ – klingt sehr steif.
Das ebenfalls. Aber hier:
Großer
Das ist bei uns Schweizern nunmal anders, damit kenn ich mich gar nicht aus.

Also, dann mach ich mich mal ans Ändern. Danke für Deine Anregungen
Gruss Bajonett

 

Also mir hats gefallen. Sehr schöne Sprache. Dein Stil verspricht einiges; will sagen: Ich hoffe auf mehr!

Allerdings muss ich Quinn auch Recht geben. Es fehlt die eigentliche Geschichte. Du stellst sehr schön die Halluzinationen des Vergifteten dar, wirklich toll. Doch macht das noch lange keine Geschichte aus; was fehlt ist die Handlung.

Aber du gelobst ja Besserung :D

Gruß! Salem

 

Hallo Salem,
danke für das Kompliment. ^^ Ich bastle derzeit an meiner nächsten Geschichte (genau, Geschichte!) Mal schauen, ob die besser ankommt.

Gruss zurück,
bajonett

 

Hallo Bajonett

Ja, diese Geschichte finde ich etwas verständlicher als deine andere. Wobei die andere mehr Handlung hat und diese hier eigentlich nur ein kleiner Teil einer Szene ist. Aber auch hier, muss ich dich loben, die Sprache ist wirklich toll, da entstehen Bilder. Wenn ich auch hier:

Wimpern zu salzigen Klumpen.
nicht verstehe, wieso ausgerechnet salzig. Teilweise sind die Beschreibungen auch sehr eklig, gehörst wohl eher zu der Horror-Rubrik. ;D
Ansonsten kann ich mich meinen Vorrednern anschließen.

Cu JoBlack

 

Hallo JoBlack,

danke für's Lesen, fürs Kompliment und die Kritik im Allgemeinen ;)
Noch zu dem hier:

Wimpern zu salzigen Klumpen.

Der Wind lässt die Augen des Prots tränen, und Tränenflüssigkeit ist bekanntlich salzig. Ist vielleicht nicht ganz klar im Zusammenhang mit dem Staub, das muss ich mir nochmal überlegen.

 

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