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Auf der Jagd

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06.01.2019
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Auf der Jagd

Er formt die Enden der beigen Papiertüte zu einem Filter und lässt die Bohnen in die Mühle gleiten. Nur er macht so Kaffee. Mit der Hand. Ehrlich! Für mich ist Kaffee einfach nur Kaffee. Für Ben ist es eine Kunst. Er kann stundenlang über Mahlstufen, Zubereitung und Anbau reden.
Seine kräftigen, kurzen Finger drehen mühelos und gleichmäßig das Mahlwerk. Ich fixiere sie. Möchte sie berühren. Die monotone Bewegung unterbrechen. Dann stelle ich sie mir am Abzug einer Waffe vor und spüre, wie mir heiß wird, mein Herz hämmert.

Das erste Mal traf ich ihn auf dem Geburtstag einer Freundin. Ihre Eltern waren verreist und sie hatte das riesige Haus am Kölner Stadtwald für sich allein. Ich hatte Überstunden im Büro gemacht und mich spontan entschlossen für eine Stunde vorbeizuschauen. Im Auto zog ich meine Bürokluft aus und fand ein blaues Sommerkleid in meiner Für-alle-Fälle-Tasche. Deo, Parfüm, etwas Lipgloss. Das musste reichen.
Die Sonne schien. Es war Juni. Nach dem zweiten Gin Tonic hielt ich Small Talk, lachte und konnte mich sogar ein bisschen amüsieren. Wir wurden vorgestellt und sein erster Satz war: „Du bist sehr hübsch.” Er sagte das ganz nüchtern, fast kalt, legte den Arm um mich, stellte mir Freunde vor und füllte mein Glas immer wieder auf. So plump und doch irgendwie charmant.
Plötzlich war er verschwunden. Ich fand ihn vor den Toiletten in eine lautstarke Diskussion mit einer hübschen Brünetten verwickelt. Er bemerkte mich, ließ sie stehen. „Stress?”
Er sah mich an.
„Ich mag kein Drama. Aber ich mag dich.”
Wir gingen zurück.
Irgendwann fanden wir den richtigen Moment, küssten uns oder ich küsste ihn, waren allein unter den anderen. Mein Kleid rutschte über die Knie, Leute starrten uns an. Gänsehaut auf den Armen. Leichtigkeit im Herzen. Ich blieb die halbe Nacht mit ihm in einem der Gästezimmer. Bis ich nach Hause fuhr, obwohl ich viel zu betrunken war. Ich fühlte mich wieder wie achtzehn.


„Machst du kurz weiter?“ Ich schnappe mir die Mühle und drehe. Kurz berühren sich unsere Finger. Kleine Mini-Stromschläge, die nicht weh tun, aber wieder an laue Sommernächte mit Gänsehaut erinnern.
Aus dem Schrank holt er einen kleinen Wasserkocher mit Gradzahlanzeige und eine Küchenwaage.
Ich übergebe ihm fast schon festlich und stolz den gemahlenen Kaffee und er misst grammgenau die Menge für zwei Tassen ab, während er das Wasser auf 90 Grad erhitzt. Dann wäscht er einen Papierfilter aus und setzt ihn in die Aeropress ein.
Mit einer kleinen Kupferkanne gießt er Wasser in die Karaffe und Kaffeegeruch verbreitet sich in der kleinen Küche. In Gedanken male ich mir Namen für einen YouTube - Channel aus in dem er über die Feinheiten der Kaffeezubereitung referiert. CoffeeBen, Ben[...], Der Kaffeemacher[...], Auf eine Tasse mit Ben[...]…
Jetzt ist der Moment in dem ich den Kaffee in den höchsten Tönen loben muss. Dass gehört dazu: „... voll im Geschmack,... würzig,...die Röstaromen kommen richtig durch...“
Ben nickt zufrieden. „Guter Kaffee braucht Zeit und Liebe. Hast du dir endlich eine Mühle gekauft?“ Ich lächle und denke an meine neue, rote, definitiv nicht Co2-neutrale Nespresso Maschine, die ich auf jeden Fall das nächste Mal verstecken musste, bevor er zu Besuch kommt.
„Wie läuft es so?”
Ich beiße mir auf die Lippe und knibble an dem ehemaligen Nähmaschinentisch, den er bei einem überteuerten antiken Möbelhändler gekauft hat, einen Holzspan ab. Als ich nicht antworte, schaut er auf.
„Alles okay?“ Es ist schwer ihm was vorzumachen. Weder was meine Vorliebe für moderne Küchengeräte noch was meine Gedanken und Emotionen angeht.
Mein Daumennagel bohrt sich in eine weitere Ritze des Tisches und ich beginne langsam zu reden. Über meinen Opa, seinen Jagdschrank, die Geschichten von der kleinen Prinzessin morgens bei ihm im Bett und von seinen Händen auf meinem Körper. Damals, als ich vier war.
Und von meiner Wut. Die jeden Tag größer wird. Die mich in den letzten Wochen völlig vereinnahmt hat. Die mich nicht mehr atmen lässt, meine Kehle zuschnürt und die dafür sorgt, dass wöchentlich Porzellan gegen meine Wände fliegt.
Die Worte hören sich fremd an. Hallen in dem kleinen Raum wieder, bohren sich in meinen Kopf und lösen mein Gehirn in einer Nebelschwade auf.
Ich fühle mich wie in Trance, nippe am Kaffee und schmecke diesmal wirklich Aromen von Honig, Waldbeeren und Nüssen. Atme den Dampf ein. Halte mich an der Tasse fest. Rede immer weiter.
Aus den bodentiefen Fenstern blicke ich in den grauen Winterhimmel. Vereinzelt fallen Schneeflocken herunter. Fast so, als ob sie oben jemand verloren hätte. Jede Flocke eine Erinnerung.
Er hat keinen Ton gesagt. Die Tasse Kaffee ist unberührt. Seine Augen bohren sich in meine. Glänzend, fokussiert, wie ein dunkler See in der Nacht.
Ich halte es nicht aus. Starre auf die Wand mit den Abzeichen, Orden, Familienwappen und den Siegelring an seinem Ringfinger. Zeiten bei der Armee über die er selten spricht und wenn, dann mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Die lustigen Sachen halt, nicht unsere Ängste. Da sind wir ähnlich. Diese Gleichheit ist unser Band und ich habe es soeben zerschnitten.

Er kippt den Kaffee aus und nimmt die Flasche mit dem achtzehn Jahre alten Laphroaig.
Die Whiskey Gläser mit Gravur hatte ich ihm zu seinem letzten Geburtstag geschenkt.
Seetang und Meer. Ein Brennen, dass von der Kehle in den Bauch, hoch in die Brust und dann in den Kopf steigt. Mein Kopf wird wieder klar. Der Nebel verschwindet.
„Ich kläre das.“
Er stellt sein Glas etwas zu laut auf den Tisch und lässt es Halbkreise drehen.
„Nein. Deswegen habe ich es dir nicht erzählt.”

Ich will mit ihm schlafen. Meinen Kopf leeren. Meine Nase in der Kuhle an seinem Hals vergraben und seinen Geruch atmen. Mein Inneres nach außen kehren. Nur fühlen. Nicht denken.
Er nimmt meine Hände. Legt sie behutsam auf seine Handgelenke. Sie zittern leicht und sind kalt.
„Willst du mir wieder zeigen, wie ich mich befreien kann, wenn mich jemand an den Handgelenken festhält?” Ich lächle ihn an, unsicher, und drehe seine Hände wie ein Buch, dass ich öffnen will, nach außen.
Nichts zu sehen von seinem für ihn so typischen, leicht spöttischen Lächeln.
„Dafür ist es wohl zu spät.”
Er steht auf, geht um den Tisch herum. Legt seine Arme auf meine Schultern. Sie sind schwer wie Felsbrocken. Es fühlt sich an, als ob ich ihn trösten würde. Ich streiche durch seine dunklen Haare. Reibe eine vom Haargel verklebte Strähne zwischen meinen Fingern. Im Abendlicht leuchten einzelne silberne Haare wie Glitzerfäden auf.
Er senkt den Blick und taxiert den Boden.
Ich knabbere an seinem Ohr, kralle meine Fingernägel etwas zu Feste in seine Oberarme, suche seine Lippen. Sein Kopf ist starr, seine Augen etwas zu weit auf. Er nimmt meine Hände behutsam weg, legt sie auf seine Brust, bedeckt sie mit einer Hand. Eisklötze.
„Nein, nicht jetzt!”
Ein Nein ist ein Nein bei ihm.
Ich stoße mich von ihm ab, haste zur Tür und renne die fünf Treppen runter, immer zwei Stufen auf einmal, bis ich an der Haustür kalte Luft atme. Meine Jacke habe ich liegen lassen und fröstelnd gehe ich zum Auto. Unter dem Scheibenwischer ist ein Knöllchen. Ich zerdrücke es zu einer Kugel und verfehle den Mülleimer.
Als ich losfahren will, steht er vor der Motorhaube. Ich drücke im Leerlauf aufs Gas.

Ich betrachte ihre Silhouette im Halbdunkel des Morgengrauens. Sie liegt mit dem Rücken zu mir gewandt in der weißen Bettwäsche, die Decke zwischen ihren Schenkeln. Sie liebt weiße Bettwäsche. Als sie das erste Mal in meiner Wohnung war, ist sie nach dem Sex direkt gegangen und meinte trocken: „Wenn du willst, dass ich bei dir schlafe, kauf neue Bettwäsche. Weiße.“
Normalerweise ändere ich weder mich, noch meine Wohnung. Aber bei ihr ist es anders. Sie ist mein Zuhause geworden und so will ich ihr auch eins geben.
Die Vorhänge sind auf und draußen funkeln die ersten Lichter im dunklen Winternebel. Kalte Luft weht in das kleine Schlafzimmer. Ihre Füße sind eiskalt. Ich ziehe die Bettdecke über ihre Schultern und fasse ihr mit einer Hand unter das bauchfreie Top. Mit der anderen streichle ich ihren Oberschenkel. Ihre Haut ist warm und weich. Die noch feuchten Haarsträhnen riechen nach Waldhonig und süßem Harz. Irgendwie männlich. Sie dreht sich zu mir um, legt mir einen Arm und den Hals und presst ihren dünnen Körper noch enger an mich. Eine Hand liegt auf meiner Brust. Meinem Herzen. Als ob sie das gleichmäßige Pochen in sich aufsaugen will, bis unsere Herzen synchron schlagen. Das Rot ihrer Nägel und das Weiß meiner Brust sehen aus wie ein Absperrband. Diese Flatterbänder an Baustellen. Ich erzähle ihr, was wir tun werden. Was ich tun werde. Sie nickt nur.
„Wie spät ist es?”
“Vier Uhr dreißig.”
„Viel zu früh.”
Ich küsse sie auf die trockenen Lippen.
Sie streift sich die Seidenshorts von den Beinen, zieht das Shirt aus, legt sich auf mich, ihre Hände in meine. Ihre Brüste sind warm und weich und einzelne Haarsträhnen kitzeln mich im Gesicht. Der Druck ihrer Hände wird fester und ihre Lippen sind jetzt feucht. Mein Zuhause.

Wir ziehen uns an. Er geht zum Waffenschrank und nimmt einen Revolver und Munition heraus. Sorgfältig verstaut er beides unter seiner Jacke.
Händchenhaltend laufen wir hastig die Treppen hinunter und er öffnet einen dieser teuren Mercedes, die er fährt.
Er fährt schnell aber sicher. Mit ihm Auto zu fahren erinnert mich immer an meine Jugend im Pott. Laute Motoren, wummernde Bassboxen, Autorennen an roten Ampeln, getunte Golf 3 und Neonlicht im Fußraum. Mit Ben zu fahren ist wie ein Remake. Eine Deluxe Version meiner Jugend. Eine Mischung aus altem Hip-Hop, Rock und irgendwas mit Gitarren, dass ich noch nie gehört habe, dröhnt laut aus den Boxen. Soldatenmusik. Nach einer Stunde sind wir da. Das Haus meiner Großeltern kommt mir unwirklich vor. Das große Grundstück mit dem angrenzenden Jagdgebiet wirkt auf den ersten Blick wie das Cover eines Rosamunde Pilcher Romans. Der nächste Nachbar ist fast einen Kilometer entfernt. Die Auffahrt aus weißen Kieselsteinen, die gepflegten Rosenbüsche, und die strahlend weiße Treppe mit den fünfzehn Stufen die zum Eingang führt. Alles perfekt gepflegt ohne einen Makel.
Um Punkt sieben öffnet mein Opa die Tür. Sein Weimaraner Rüde Otter springt die Treppen hinunter und schaut in meine Richtung.
„Los, geh!” Ich öffne die Beifahrertür und laufe ihm entgegen, tätschle seinen Kopf.
„Anna, was machst du denn hier um die Uhrzeit?”
„Ich hatte Streit mit Ben und konnte nicht schlafen. Immerhin konnte ich sein Auto klauen.“
Ich lächle gekünstelt und zwinkere ihm verschwörerisch zu. „Ich habe heute frei. Nimmst du mich mit in den Wald?”
Opa schüttelt den Kopf. „Was hat er jetzt wieder angestellt? Der scheiß Krieg hat ihn zum Wrack gemacht, na ja, wem sag ich's.” Er atmet laut aus und fährt dann hastig fort. „Scheiß Wüstenstaaten. In denen die Menschen aus den Flüssen trinken in denen sie ihre Kinder baden. Die ihre Ziegen und Schafe besteigen und ihre Frauen, die meist noch Kinder sind, verschleiern.“
Das gerade er von verschleierten Kindsbräuten sprach und sich darüber aufregte. Egal.
Er sieht immer noch gut aus für seine achtundsiebzig Jahre. Schlank, fit und dichtes Haar, dass von grauen Strähnen durchzogen immer noch die nussbraune Farbe erahnen lässt, die es einmal hatte.
„Was hat Krieg mit Fremdgehen zu tun?”
Er sieht mich an. Schüttelt nochmal den Kopf. „Schon wieder? Du musst das beenden!”
„Werde ich.” Werde ich nicht! Niemals.

Wir biegen in den kleinen Waldweg hinter dem Haus ein. Ich drehe mich unauffällig um. Ich kann Ben nicht sehen. Ich weiß aber, dass er da ist. Meine Füße knirschen unter dem frischen Raureif, die Sonne kommt langsam zwischen den schon fast kahlen Ästen hindurch. Die Luft ist kalt und feucht.
Kurz denke ich tatsächlich an Bens Eskapaden. Treu war er nie gewesen. Aber ich hatte es auch nie verlangt. Wir hatten dem Ganzen nie einen Namen gegeben und doch war es so viel mehr, als alles was ich kannte. Ich schaute weg und lebte damit. Nahm mir selber Freiheiten, die ich nie bekommen hatte. Schmerz ignorierte ich. So war unser Weg. So war es gut.
Otter ist irgendwo im Wald verschwunden. Er geht immer seine eigenen Wege.
Wir schweigen.
Es wirkt, als wäre Opa schon ewig hier im Wald. Lange bevor es Bäume und Felder gab. Doch merke ich, wie fremd er mir ist. Ich stecke meine Hände tiefer in die warme Daunenjacke und balle sie zu Fäusten.
Als wir erneut abbiegen wollen steht Ben vor uns. Die dunkelgrüne Wollmütze tief im Gesicht. Er geht auf uns zu. Langsam. Taxierend. Opa bewegt sich nicht. Doch ich höre seinen schneller werdenden Atem. Er stellt sich vor mich. Ben lacht. „Du willst sie vor mir beschützen? Ausgerechnet du?”
Opa setzt zum Antworten an. Ben zieht in Sekunden die Waffe, zielt und drückt ab. Opa sieht mich starr an. Die Pupillen sind geweitet. Dann sackt er zusammen. Holz knackt. Ein Specht hämmert in einen Baumstamm. Er liegt vor meinen Füßen. Sein Brustkorb ist regungslos. Otter kommt aus dem Gebüsch geschossen. Er stellt sich vor Opa und bellt. Ben sammelt die Hülse ein. Hievt sich Opa über dir Schulter und trägt ihn die zehn Minuten Fußweg bis zu der Stelle an der er sein Auto geparkt hat. Er hält nicht einmal an. Alles geht so schnell. Otter läuft uns hinterher Richtung Haus. Er bellt immer noch. „Was machen wir mit dem Hund?“ „Bring ihn in den Zwinger.“
Ich will Otter am Halsband fassen, doch er schnappt nach mir und springt am Kofferraum hoch. Opa liegt auf den weißen Kieseln. Von den Rosenblättern tropft Wasser. Ben dreht Otter mit zwei Griffen auf den Rücken und führt in dann Richtung Garten.

Im Kofferraum liegt eine Plastikplane. Er wickelt Opa darin ein und wir fahren los.
„Und jetzt?”
„Ich fahre dich zu mir. Dann hole ich Alex ab und wir erledigen den Rest.”
Ich drehe die Musik lauter. Warte, dass ich etwas spüre. Irgendetwas fühle. Doch da ist nichts. Einfach Leere.
Das ging so verdammt schnell. Keine fünfzehn Minuten.
„Alles gut?”
Er sieht mich an. Intensiv. So wie immer. Seine Augen sind feucht.
Ich nicke.

 

Hallo @JoanaMaria,

interessante Geschichte, ich mag die Wendung. Und dein Stil ist angenehm aufgeräumt und nimmt mich mit!

Traurig, wie deine Prot sich diesen Mann ausgesucht hat und wieder in einer toxischen, von Missbrauch ( des Vertrauens in diesem Fall) geprägten Beziehung lebt. Ein Muster.
Das bringt mich aber auch schon zur Kritik an der Geschichte: Es wird zu wenig klar, was die Prot in Ben sieht. Beschützer? Oder nur Werkzeug zur Rache? Dann würde sie ja nicht sagen, sie würde immer bei ihm bleiben. Vielleicht kannst du da schärfen, was die Beziehung zwischen den Beiden betrifft. Das würde auch die Spannung, die unterschwellige Bedrohung besser zeigen, die der Geschichte zu Grunde liegt.
Das ist mir auch aufgefallen, als sie das erste Mal über den Missbrauch spricht. Das kommt aus dem nichts, das nimmt mich in diesem Moment nicht mit - ich bin nicht mal sicher, dass sie Ben nicht anlügt, aber sonst gäbe es kein Motiv, den Mord herauszufordern. Vielleicht magst du das noch mal angehen?

Textkram:
Da fehlen einige Kommata :)

Dann stelle ich sie mir auf dem Abzug einer Waffe vor und spüre wie mir heiß wird, mein Herz hämmert.
am Abzug?


allein. Ich hatte Überstunden im Büro gemacht und mich spontan entschlossen, für eine Stunde vorbeizuschauen.

Er bemerkte mich, ließ sie stehen. „Stress?” Er sah mich an. „Ich mag kein Drama. Aber ich mag dich.” Wir gingen zurück.

--> unklar, wer da „Stress“ sagt – vielleicht immer den Dialog in unterschiedliche Zeilen packen.

Irgendwann fanden wir den richtigen Moment, küssten uns oder ich küsste ihn, waren allein unter den anderen
In Gedanken mahle ich mir Namen für einen YouTube Channel aus in dem er über die Feinheiten der Kaffeezubereitung referiert.
glaub da ist der Kaffee zu prominent geworden und dann wurde gemahlen statt gemalt :)

Jetzt ist der Moment, in dem ich den Kaffee in den höchsten Tönen loben muss. Dass gehörte dazu „... voll im Geschmack... würzig...die Röstaromen kommen richtig durch...“
Da fehlt ein Komma, und du hast versehentlich eine Vergangenheitsform stehen lassen - das passiert dir später nochmal.

Weder was meine Vorliebe für moderne Küchengeräte noch was meine Gedanken und Emotionen anging.
.. und zwar hier.

Über meinen Opa, seinen Jagdschrank, die Geschichten von der kleinen Prinzessin morgens bei ihm im Bett und von seinen Händen auf meinem Körper. Damals, als ich vier war.
--> Das kommt plötzlich. Ich meine, das ist an sich natürlich kein Problem, aber hier hätte es geholfen, wenn man verstehen würde, warum die Prot das genau jetzt loswerden will? Einem fast noch Fremden? Ohne dass der Leser vorher weiß, dass sie vielleicht eine Schwere in sich trägt oder an etwas knabbert, das sie nun sprechen lässt.

Die Whiskey Gläser mit Gravur hatte ich ihm zu seinem letzten Geburtstag geschenkt.
--> oha, das klingt als seien die beiden schon sehr lange zusammen. Das habe ich bis dahin anders gelesen, als sei das noch relativ frisch. Auch, weil er ihre Kaffeemaschine noch gar nicht kennt.

Ich hoffe, dieses Feedback ist dir nützlich :)

Viele liebe Grüße,
Ardandwen

 

Hallo @JoanaMaria

Mir hat deine Rache-Geschichte eigentlich ganz gut gefallen. Der Text lässt sich gut lesen, fast keine Fehler und auch keine seltsamen Formulierungen, die einen raushauen oder so, also das ist schonmal toll. Du schreibst über eine Frau, die in ihrer Kindheit Schlimmes erlebt hat. Also durch ihren Opa hat da Missbrauch stattgefunden, ich weiss nicht, ob sie von ihm vergewaltigt wurde oder ob es bei unsittlichen Berührungen geblieben ist, das lässt der Text bewusst offen und das ist auch gut so. Der Opa hat was mit ihr gemacht, dass heute noch an der Protagonistin nagt und das sie nicht in Ruhe lässt. Wie alt sie ist, erfährt man nicht, und auch nicht, inwieweit sie vielleicht schon in ihrem Verarbeitungsprozess fortgeschritten ist, denn obwohl ihre Emotionen im Groben bei mir ankommen, ist da nicht viel mehr als diese Wut in ihr drin und ein Gefühl von Taubheit. Man merkt schon auch, dass ihre Vergangenheit was mit ihr gemacht hat, also das sie eben nicht so sattelfest durchs Leben geht, wie andere das tun. Ein Hinweis ist beispielsweise das sie Bens Eskapaden einfach so ohne weiteres akzeptiert (wegschauen und Schmerz ignorieren). So ganz Einblick in ihre traumatisierte Welt bekomme ich aber dennoch nicht, oder zumindest berührt es mich nicht direkt / zu wenig. Das liegt vor allem auch daran, weil es am Anfang zu lange um eine Nichtigkeit wie z.B. den Kaffee geht.

Also will sagen: Ich hätte ihrem inneren Schmerz, der Wut und all diesen Gefühlen, von denen sie geplagt wird, noch etwas mehr Raum gegeben. Wie wirkt sich dieses Trauma - konkreter - auf ihr Leben aus? Vielleicht hättest Du noch einen Absatz einbauen können (oder einen bestehenden ersetzen), wo man bspw. was aus dem weiteren Verlauf ihrer Kindheit erfährt. Ist sie in einem Heim aufgewachsen, oder doch bei den Grosseltern geblieben? Beides wäre, denke ich, extrem schwer: In einem Heim sich zurechtzufinden, ohne wirkliche Bezugspersonen, oder das Leben unter demselben Dach mit dem missbräuchlichen Grossvater und ihm täglich ins Gesicht blicken zu müssen. Wenn Du gewisse Dinge aus ihrer Vergangenheit genauer ausleuchten würdest, könnte man sich auch im hier und jetzt besser in sie einfühlen und dieses Taubheitsgefühl, der Schmerz und die Wut, ihre Sichtweise auf die Welt noch besser nachvollziehen.

Ihr Lover, der Ben, ist ausgebildeter Soldat und war in diversen Konfliktgebieten im Einsatz. Das finde ich ziemlich gut, weil ich lese es so, dass auch seine Seele gelitten hat, dass auch er vielleicht unter sowas wie einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet (der Text sagt das nicht, ist nur meine Interpretation). Auch das sie als Missbrauchsopfer sich wieder jemanden sucht, der sie nicht unbedingt gut behandelt, passt, weil ich glaube, solche Leute entwickeln da teilweise schon ein Muster. Ich sehe es aber wie meine Vorkommentatorin: Die Beziehung zu Ben bräuchte noch etwas mehr Tiefe, damit ich als Leser besser verstehen kann, wieso sie bei ihm bleibt. Besteht da eine Abhängigkeit? Oder versteht der Ben sie vielleicht, kann ihre Gefühle nachvollziehen, weil er eben sozusagen ein "Kriegsopfer" ist und deswegen eine Verbindung zwischen den beiden besteht? Also da könntest Du definitiv noch nachschärfen.

Ben erzählt sie von ihrem Opa und gemeinsam beschliessen sie, ihn umzubringen. Ich finde es recht geschickt, wie Du das gemacht hast. Obwohl es schon früh im Text Anzeichen gibt, auf was das Ganze (ungefähr) hinausläuft, blieb es für mich eigentlich bis zum Schluss spannend. Gut gelungen finde ich, dass sie beim Mord an ihrem Opa nichts fühlt. Das bedeutet aber auch, dass ihr Trauma mit dieser Tat nicht einfach aus der Welt geschafft wurde. Den Schluss finde ich einen der stärksten Teile des Textes.

In einem Absatz wechselst Du die Perspektive zu ihm. Das hat mich rausgerissen. Was bezweckt dieser Wechsel? Mich hat das anfangs nur verwirrt, weil der Text in der Ich-Perspektive geschrieben ist und seine Sicht wird dann ebenfalls in dieser Perspektive geschildert. Und das ja nur in diesem einen Abschnitt. Wieso? Das habe ich nicht verstanden.

Kleinkram / Korinthen:

Ihre Eltern waren vereist und sie hatte das riesige Haus am Kölner Stadtwald für sich allein.
Hehe, lustiger Flüchtigkeitsfehler: Die Eltern waren nicht vereist (also zu Eis gefroren), sondern verreist :)

Für-alle-Fälle- Tasche
Für-alle-Fälle-Tasche (ohne Leerschlag)

YouTube Channel
Youtube-Channel

Dass gehörte dazu „... voll im Geschmack... würzig...die Röstaromen kommen richtig durch...“
Nach 'dazu' fehlt ein Doppelpunkt, oder? Zeitform: gehört.

Ich lächle und denke an meine neue, rote, definitiv nicht Co2 neutrale, Nespresso Maschine samt Aluminium Kapseln, die ich auf jeden Fall das nächste Mal verstecken musste, bevor er zu Besuch kommt.
Schreibweise: CO2-neutrale / Komma streichen: nach 'CO2-neutrale' braucht es keins / Zeitform: muss / Der Satz liest sich etwas umständlich. Braucht es bspw. die Angabe mit den Aluminium Kapseln? Kennt doch noch jeder aus der George Clooney Werbung und weiss, dass die Nespresso Maschinen mit diesen Kapseln funktionieren. Würde ich etwas entschlacken.

Nähmaschinen Tisch
Nähmaschinentisch oder Nähmaschinen-Tisch

Weder was meine Vorliebe für moderne Küchengeräte noch was meine Gedanken und Emotionen anging.
Zeitform: angeht

Die mich nicht mehr atmen lässt, meine Kehle zuschnürt und die dafür sorgt, dass wöchentlich Porzellan gegen meine Wände fliegt und mein Kickboxtrainer mich zur Europameisterschaft anmelden möchte.
Das mit 'mein Kickboxtrainer mich zur Europameisterschaft anmelden möchte' ist definitiv drüber für mich. Das hat in dem Moment eine unangemessene Komik, finde ich. Würde ich anders formulieren oder komplett rausnehmen.

Vereinzelt fallen Schneeflocken herunter. Fast so, als ob sie oben jemand verloren hätte.
Hier bin ich über den zweiten zitierten Satz gestolpert. Wieso denkt sie das? Ist das so auf einer metaphorischen Ebene? Also sie erzählt von ihrem Grossvater, was er ihr als Kind angetan hat und dadurch hat sie wohl ihre Kindheit (und wahrscheinlich noch viel mehr) verloren. Und der Schnee steht dann für all dieses Verlorene. Mmmh, naja, scheint mir etwas weit hergeholt, aber zugegeben, ich kenne mich mit Traumata-Bewältigung auch nicht aus.

Das rot ihrer Nägel und das weiß meiner Brust sehen aus wie ein Absperrband. Diese rot weißen Flatterbänder an Baustellen.
Schreibweise: Das Rot / das Weiß / Absperrbänder musst Du nicht erklären. Liest sich vor allem unschön, weil nochmal 'rot weiss' vorkommt. Dann finde ich auch diesen Vergleich etwas seltsam bzw. weit hergeholt. Ist seine Brust wirklich dermassen weiss, wie das Weiss eines Absperrbandes? Kann ich mir nicht vorstellen. Und sie hat ja pro Hand nur fünf Finger bzw. fünf rote Nägel, ein Absperrband ist doch normalerweise um einiges länger, ausser es wäre nur ein Fetzen davon.

Händchenhaltend laufen wir hastig die Treppen hinunter und er öffnet einen dieser teuren Mercedes, die er fährt.
Er fährt schnell aber sicher.
Wortdoppelung 'fahren'. Im ersten Satz kann das Wort ganz sicher vermieden werden.

Eine Mischung aus altem Hip-Hop, Rock und irgendwas mit Gitarren, dass ich noch nie gehört habe, dröhnt laut aus den Boxen. Soldatenmusik.
Soldatenmusik? Hip-Hop, Rock und was mit Gitarren klingt für mich nach 'Rage against the Machine' :D

Das Haus meiner Großeltern kommt mir fast unwirklich vor. Das große Grundstück mit dem angrenzenden Jagdgebiet wirkt auf den ersten Blick wie das Cover eines Rosamunde Pilcher Romans.
Es kommt ihr fast unwirklich vor? Hätte die Stelle stärker gefunden, wenn es ihr unwirklich vorgekommen wäre, nicht nur fast. Immerhin sind in diesem Haus jede Menge schlimme Dinge passiert, oder? Für das 'grosse Grundstück' im zweiten Satz würde ich ein passendes Synonym für 'Gross' bemühen, um die Wortdoppelung mit 'Grosseltern' zu vermeiden. Dann das mit Rosamunde Pilcher: Ich weiss nicht. Klar, hat man da gleich ein Bild, so Friede-Freude-Eierkuchen, mit rosaroten und violetten Blümchen und zartblauem Himmel usw. Finde ich auch gut gewählt, als Kontrast, aber ich hätte es stärker gefunden, würdest Du was eigenes machen und dich nicht einfach auf dieses Bild verlassen, weil eh jeder diese olle Rosamunde kennt. Das würde diese Gegensätzlichkeit von schöner Naturumgebung mit den dunklen, schmerzvollen Ereignissen in ihrer Vergangenheit vertiefen bzw. stärker betonen, denke ich, als wenn das einfach mit einem Roman-Cover abgetan wird. Dann schreibt man's auch (glaube ich zumindest): Rosamunde-Pilcher-Roman.

Er sieht immer noch gut aus für seine achtundsiebzig Jahre. Schlank, fit und dichtes Haar
Ja, es ist wohl Jahre her, aber denkt die Frau so über den Täter, den Verursacher ihres Leides? Also ich weiss nicht, müsste der alte Sack nicht das hässlichste Schwein der Welt sein für sie. Verstehe ich nicht, wie sie ihn so sehen kann. Oder ist das eine Art Stockholm-Syndrom?

Als wir erneut abbiegen wollen[KOMMA] steht Ben vor uns.

Ein Specht hämmert in einen Baumstamm.
Könnte man streichen. Wo rein hämmert ein Specht denn sonst noch? :hmm:

Ben sammelt das Ventil ein.
Das Ventil? Also der Ben hat ja gerade den Opa erschossen. Sammelt er vielleicht die (Patronen-)Hülse ein?

Das soweit mal von meiner Seite. Schade, dass deine Geschichte so wenig Beachtung findet. Liegt aber wohl auch daran, dass Du kaum kommentierst? Wie dem auch sei: Danke für die spannende Geschichte und

Beste Grüsse,
d-m

 

Traurig, wie deine Prot sich diesen Mann ausgesucht hat und wieder in einer toxischen, von Missbrauch ( des Vertrauens in diesem Fall) geprägten Beziehung lebt. Ein Muster.
Das bringt mich aber auch schon zur Kritik an der Geschichte: Es wird zu wenig klar, was die Prot in Ben sieht. Beschützer? Oder nur Werkzeug zur Rache?
Hallo @ardandwen,

danke für deine Zeit. Ich habe auch endlich welche gefunden um zu antworten :-)
So traurig finde ich die Beziehung gar nicht. Klar, er hat noch andere Frauen aber von Missbrauch würde ich nicht sofort sprechen. Ich wollte auch durch die Kennenlerngeschichte verdeutlichen, dass es als etwas sehr Lockeres angefangen hat und auch immer noch von beiden nicht "Beziehung" genannt wird. Trotzdem haben sie sehr großes Vertrauen zueinander und als sie die Vergangenheit nicht mehr wirklich erträgt, ist er es, dem sie alles erzählt. Zudem hab ich immer wieder einfließen lassen, dass sich die zwei auf ihre eigene Weise doch sehr nah stehen und auch sehr gut kennen.

Das ist mir auch aufgefallen, als sie das erste Mal über den Missbrauch spricht. Das kommt aus dem nichts, das nimmt mich in diesem Moment nicht mit - ich bin nicht mal sicher, dass sie Ben nicht anlügt, aber sonst gäbe es kein Motiv, den Mord herauszufordern. Vielleicht magst du das noch mal angehen?
Ich wollte es eigentlich so. Plötzlich. Aus dem Nichts. Er rechnet nicht damit. Ist auf seine Art schockiert. Kippt sogar seinen geliebten Kaffee weg :-) Aber die Story lag 1.5 Jahre bei mir rum. Immer wieder geändert, neu angefangen, etc. Irgendwann wird man betriebsblind. Ich nehme mir deinen Rat zu Herzen.

am Abzug?

Ach du Schande, sowas von betriebsblind :-)

glaub da ist der Kaffee zu prominent geworden und dann wurde gemahlen statt gemalt
hahaha, musste sehr lachen. Auch das nicht gesehen. Naja, ein Gehirn kann auch "mahlen" :-)
as kommt plötzlich. Ich meine, das ist an sich natürlich kein Problem, aber hier hätte es geholfen, wenn man verstehen würde, warum die Prot das genau jetzt loswerden will? Einem fast noch Fremden? Ohne dass der Leser vorher weiß, dass sie vielleicht eine Schwere in sich trägt oder an etwas knabbert, das sie nun sprechen lässt.
Nein, sie sind sich nicht fremd. Sie hat ihm sogar gravierte Gläser zum Geburtstag geschenkt. Das heißt, auch an solchen Anlässen, sehen sie sich. Naja, ich wollte dieses komplizierte Konstrukt: eine Beziehung ohne Beziehung...Kompliziert halt. :-)

oha, das klingt als seien die beiden schon sehr lange zusammen. Das habe ich bis dahin anders gelesen, als sei das noch relativ frisch. Auch, weil er ihre Kaffeemaschine noch gar nicht kennt. Ich hoffe, dieses Feedback ist dir nützlich

Sag ich doch. :-) Die doofe Nespresso Maschine hat sie neu.
Für Feedback bin ich (wieder) nach einer langen Pause hier. Daher sehr dankbar für jeden der sich Zeit nimmt meine Verwirrungen zu lesen. Vielen lieben Dank!

Grüße Jo

 

Mir hat deine Rache-Geschichte eigentlich ganz gut gefallen. Der Text lässt sich gut lesen, fast keine Fehler und auch keine seltsamen Formulierungen, die einen raushauen oder so, also das ist schonmal toll.
Hallo @deserted-monkey (cooler Name:-)),

vielen Dank. Positives höre ich immer gerne:-) Die Kickbox - Formulierung muss noch raus. Die war tatsächlich sehr drüber.

Also durch ihren Opa hat da Missbrauch stattgefunden, ich weiss nicht, ob sie von ihm vergewaltigt wurde oder ob es bei unsittlichen Berührungen geblieben ist, das lässt der Text bewusst offen und das ist auch gut so.

Generell finde ich es schwer über so etwas zu schreiben. Man will es nicht zu sehr verbildlichen. Wer weiß, wer so etwas liest und was es in ihm/ihr triggert. Oft wird ja auch gerade wenn es in der Kindheit passiert ist so sehr verdrängt, dass die Erinnerungen nicht mehr klar sind.

Wie alt sie ist, erfährt man nicht, und auch nicht, inwieweit sie vielleicht schon in ihrem Verarbeitungsprozess fortgeschritten ist, denn obwohl ihre Emotionen im Groben bei mir ankommen, ist da nicht viel mehr als diese Wut in ihr drin und ein Gefühl von Taubheit. Man merkt schon auch, dass ihre Vergangenheit was mit ihr gemacht hat, also das sie eben nicht so sattelfest durchs Leben geht, wie andere das tun. Ein Hinweis ist beispielsweise das sie Bens Eskapaden einfach so ohne weiteres akzeptiert (wegschauen und Schmerz ignorieren). So ganz Einblick in ihre traumatisierte Welt bekomme ich aber dennoch nicht, oder zumindest berührt es mich nicht direkt / zu wenig. Das liegt vor allem auch daran, weil es am Anfang zu lange um eine Nichtigkeit wie z.B. den Kaffee geht.

In meiner Vorstellung ist sie Ende zwanzig / Anfang dreißig. Keine Studentin mehr oder noch in der Ausbildung. Halbwegs gefestigt im Berufsleben.
Ich wollte die Gefühlslage auf Wut und Ohnmacht fokussieren. Denn irgendwie muss es ja dazu kommen, dass sie den Mord geschehen lässt. Mittäterin ist. Eher sogar Anstifterin. Wenn vielleicht auch unbewusst.
Ich wollte sie auch nicht als Opfer in einer toxischen Beziehung darstellen sondern vielmehr darauf hinaus, dass es ihr ein bisschen egal ist. Sie abgestumpft ist. Andere Frauen interessieren sie nicht so wirklich. Wichtiger ist ihr, dass sie ihm sonst vertrauen kann und er für sie da ist.
Hier ist noch viel Potenzial den Charakter weiter zu entwickeln. Ich setze mich da noch einmal dran. Danke dafür!
Und hey, Kaffee ist nie eine Nichtigkeit:-)
Ihr Lover, der Ben, ist ausgebildeter Soldat und war in diversen Konfliktgebieten im Einsatz. Das finde ich ziemlich gut, weil ich lese es so, dass auch seine Seele gelitten hat, dass auch er vielleicht unter sowas wie einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet (der Text sagt das nicht, ist nur meine Interpretation). Auch das sie als Missbrauchsopfer sich wieder jemanden sucht, der sie nicht unbedingt gut behandelt, passt, weil ich glaube, solche Leute entwickeln da teilweise schon ein Muster.
Ich glaube die Seele jedes Soldaten hat auf die ein oder andere Art gelitten. Ob es direkt eine PTBS ist, wahrscheinlich. Meistens geht es an niemandem spurlos vorbei, wenn man Kameraden/Freunde sterben sieht. In dem Umgang mit Schmerz haben sie auch irgendwie ihre Verbindung. Beide blenden erst einmal alles aus und sehen/genießen die schönen Seite des Lebens. Daher auch die oberflächliche Party/Kennenlernen zu Beginn.
Ihrer Ansicht nach behandelt Ben sie gut. Sie ist nur nicht die einzige mit der er schläft. Aber es gibt tatsächlich Menschen die ihr Glück nicht nur in der Monogamie finden :-)
lso will sagen: Ich hätte ihrem inneren Schmerz, der Wut und all diesen Gefühlen, von denen sie geplagt wird, noch etwas mehr Raum gegeben. Wie wirkt sich dieses Trauma - konkreter - auf ihr Leben aus? Vielleicht hättest Du noch einen Absatz einbauen können (oder einen bestehenden ersetzen), wo man bspw. was aus dem weiteren Verlauf ihrer Kindheit erfährt. Ist sie in einem Heim aufgewachsen, oder doch bei den Grosseltern geblieben?

Gute Idee, könnte helfen, der Prot näher zu kommen.
Besteht da eine Abhängigkeit? Oder versteht der Ben sie vielleicht, kann ihre Gefühle nachvollziehen, weil er eben sozusagen ein "Kriegsopfer" ist und deswegen eine Verbindung zwischen den beiden besteht? Also da könntest Du definitiv noch nachschärfen.
Genau das war die Idee davon. Zwei seelisch vorbelastete/traumatisierte Menschen. Die eigentlich geordnet durchs Leben kommen aber durch den Mord dann total eskalieren/die Kontrolle, die sich sich über Jahre erarbeitet haben, verlieren Hier braucht es tatsächlich mehr Tiefe.
Obwohl es schon früh im Text Anzeichen gibt, auf was das Ganze (ungefähr) hinausläuft, blieb es für mich eigentlich bis zum Schluss spannend. Gut gelungen finde ich, dass sie beim Mord an ihrem Opa nichts fühlt. Das bedeutet aber auch, dass ihr Trauma mit dieser Tat nicht einfach aus der Welt geschafft wurde. Den Schluss finde ich einen der stärksten Teile des Textes.

Echt? Den fand ich so schlecht und habe lange damit gehadert :-)
In einem Absatz wechselst Du die Perspektive zu ihm. Das hat mich rausgerissen. Was bezweckt dieser Wechsel?
Genau das, was bemängelt wurde. Die Beziehung darzustellen. Auch das sie ihm viel bedeutet. "Sie ist mein Zuhause."
Hehe, lustiger Flüchtigkeitsfehler: Die Eltern waren nicht vereist (also zu Eis gefroren), sondern verreist :)
Wieder einen rausgehauen :-)

Das mit 'mein Kickboxtrainer mich zur Europameisterschaft anmelden möchte' ist definitiv drüber für mich. Das hat in dem Moment eine unangemessene Komik, finde ich. Würde ich anders formulieren oder komplett rausnehmen.
Schmeiße ich raus, hast recht!

Ist seine Brust wirklich dermassen weiss, wie das Weiss eines Absperrbandes?
Es ist Winter:-)
Und der Schnee steht dann für all dieses Verlorene. Mmmh, naja, scheint mir etwas weit hergeholt, aber zugegeben, ich kenne mich mit Traumata-Bewältigung auch nicht aus.
So ungefähr war es gedacht. Wollte aber eher die Umgebung verbildlichen... Denke ich nochmal drüber nach.
Soldatenmusik?
Ist nur ihr Gedanke. Sie kennt sich nicht aus. Hört wahrscheinlich nur Britney Spears :-)
s kommt ihr fast unwirklich vor? Hätte die Stelle stärker gefunden, wenn es ihr unwirklich vorgekommen wäre, nicht nur fast. Immerhin sind in diesem Haus jede Menge schlimme Dinge passiert, oder? Für das 'grosse Grundstück' im zweiten Satz würde ich ein passendes Synonym für 'Gross' bemühen, um die Wortdoppelung mit 'Grosseltern' zu vermeiden. Dann das mit Rosamunde Pilcher: Ich weiss nicht. Klar, hat man da gleich ein Bild, so Friede-Freude-Eierkuchen, mit rosaroten und violetten Blümchen und zartblauem Himmel usw. Finde ich auch gut gewählt, als Kontrast, aber ich hätte es stärker gefunden, würdest Du was eigenes machen und dich nicht einfach auf dieses Bild verlassen, weil eh jeder diese olle Rosamunde kennt.
Ok, "fast" kommt raus. Die Rosamunde Pilcher und die Rosenbüsche sind schon etwas kitschig. Vielleicht erweitere ich. Ganz trennen kann ich mich nicht davon :-)
ch weiss nicht, müsste der alte Sack nicht das hässlichste Schwein der Welt sein für sie.
Müsste er. Aber objektiv ist er es nicht. Sie betrachtet ihn ganz nüchtern. Vielleicht auch mit dem Wissen, dass er bald leblos unter der Erde liegt.
Wo rein hämmert ein Specht denn sonst noch? :hmm:
Gute Frage. Muss ich mal recherchieren :-)
Das Ventil? Also der Ben hat ja gerade den Opa erschossen. Sammelt er vielleicht die (Patronen-)Hülse ein?
Ja, absolut richtig.
Schade, dass deine Geschichte so wenig Beachtung findet. Liegt aber wohl auch daran, dass Du kaum kommentierst? Wie dem auch sei: Danke für die spannende Geschichte und
Liegt wahrscheinlich daran, dass ich einige Jahre hier nicht aktiv war. Aber ich leg jetzt wieder los. Musste wieder reinkommen... Vielen Dank für deine sehr konstruktive Kritik!

Liebe Grüße
Jo

 
Zuletzt bearbeitet:

Das große Grundstück mit dem angrenzenden Jagdgebiet wirkt auf den ersten Blick wie das Cover eines Rosamunde Pilcher Romans.

Du sagst es,

liebe JoanaMaria,

aber kein Grund, Deine und insbesondere diese Art Literatur zu verunglimpfen oder gar zu verachten, denn die „Gartenlaube“ und ihr nahestehende Autoren (so nebenbei, Theodor Fontane zählte auch zur Gartenlaube) wie selbst Heftchenromane bringen auch sogenannte „bildungsferne“ Schichten ans Lesen.

Da ich i. d. R. eine Erzählung nicht nach-erzähle – sie soll ja gelesen werden - werden einige Dinge schon erwähnt sein – und ich fang ganz schlicht an mit einer Passage aus Ellipsen (was mir sehr gefällt, für mich sind es „Brandbeschleuniger“ in allen Arten von Niederschriften)

Nur er macht so Kaffee. Mit der Hand. Ehrlich. Für mich ist Kaffee einfach nur Kaffee.
Gönne der Beteuerung ein Ausrufezeichen, es ist mehr als eine bloße Aussage!, wie auch weiter unten hier
„Schon wieder? Du musst das beenden.”
oder hier
Werde ich.” Werde ich nicht. Niemals.

Dann stelle ich sie mir am Abzug einer Waffe vor und spüre[,] wie mir heiß wird, mein Herz hämmert.

Und auch ein Lob, nämlich hier bereits
„Ich mag kein Drama. Aber ich mag dich.”
wo oft genug – wie in der Bürokratie der Plural „haben Sie Kinder“ - verwendet wird und Mitglieder einer Einkindfamilie wahrheitsgemäß mit „nein“ antworten müssten.

Kleine Mini-Stromschläge, die nicht weh tun[,] aber wieder an laue Sommernächte mit Gänsehaut erinnern.
....
CoffeeBen, Ben[...]- Der Kaffeemacher, Auf eine Tasse mit Ben[...]…
(direkt am Wort behaupten die [Auslassungs-]Zeichen, dass da zumindest ein Buchstabe fehle, was nicht der Fall ist.

Hier nochmals

Dass gehört dazu: „... voll im Geschmack,... würzig,... die Röstaromen kommen richtig durch...“

„Alles ok?“
In den USA wäre das ein verniedlichende Abkürzung (etwa der kleinen Strolche) von Oklahoma … Und warum Abkürzung, wenn im Deutschen „o. k. /O. K.“ abzukürzen wäre mit fünf Zeichen (zwei Buchstaben, zwei Punkten und eine Leerstelle), das Wort aber ausgeschrieben nur vier Zeichen hat – „okay“?

Und auch hier ein Lob

Mein Daumennagel bohrt sich in eine weitere Ritze des Tisches und ich beginne langsam zu reden.
wo die Infinitvbildung zur Kommasetzung einlädt, das komplexe Prädikat (langsam zu reden beginnen) jedoch stärker wirkt als die Kommaregel.

Als ich losfahren will[,] steht er vor der Motorhaube.
Sie liegt mit dem Rücken zu mir gewannt in der weißen Bettwäsche, …
Nein, da gehts nicht ums gewinnen, sondern ums wenden. Besser „gewandt“ oder einfacher „gewendet“
Normalerweise ändere ich weder mich[,] noch meine Wohnung.
(Einfache Aufzählung, eine Konjunktion wie „oder“ würde das Komma vermeiden)

Das rot ihrer Nägel und das weiß meiner Brust sehen ….
Die Artikel verraten es eigentlich, dass die Farben substantiviert werden … Rot, Weiß
Der scheiß Krieg hat ihn zum Wrack gemacht, na ja[,] wem sag ich[’]s.”

Er sieht mich an. Schüttelt noch mal den Kopf.
(auseinander, da ein verkürztes „noch einmal“!

Als wir erneut abbiegen wollen[,] steht Ben vor uns.

Hievt sich Opa über dir Schulter und trägt ihn die zehn Minuten Fußweg bis zu der Stelle[,] an der er sein Auto geparkt hat.
Und hier

Scheiß Wüstenstaaten. In denen die Menschen in die Flüsse kacken[,] aus denen sie trinken und *ihre Kinder baden.
* Kannstu dem bescheidenen „an“ auch noch das Kinderbad anhängen.
Wie wärs mit einem „aus denen sie trinken und in dem ihre Kinder baden“?

Für eine absolute Reinigung leg ich meine Hand nicht ins Feuer,

behauptet der

Friedel

 

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