Was ist neu

Auf der Reise

Seniors
Beitritt
24.08.2003
Beiträge
2.451
Zuletzt bearbeitet:

Auf der Reise

Ich bin schon einmal in England gewesen, im Sommer. Hingefahren bin ich mit dem Schiff, mit so einem Piratenschiff aus Holz und einem schwarzen Segel. Du hättest mal die Sonne spüren sollen, und wie die Möwen geschrien haben! An Land bin ich mit einem der großen roten Doppeldeckerbusse gefahren, bis zum Trafalgar Square, und da bin ich einmal quer durch die Tauben gelaufen. Alle sind sie weggeflogen, während der Regen Spuren über meine Wangen zog.
Ich war auch schon in Spanien. Die Sonne brannte vom Himmel, der war fast so blau wie deine Augen sein werden, wenn du das erste Mal die Welt siehst. Die Straße war hart und staubig. Links und rechts wuchsen kleine Grasbüschel, und hin und wieder fuhr ein Pferdewagen an mir vorbei. Darauf saßen Männer, die an Grashalmen kauten. Keiner hat angeboten, mich mitzunehmen, aber das war mir ganz recht, ich wollte allein sein, mit dir reden und mich auf dich freuen.
Irgendwann kam ich in eine Stadt. Die Straßen waren wie ausgestorben. Sogar die Läden waren zu. Ich wusste nicht genau, welcher Wochentag es war, also machte ich mich auf die Suche nach den Menschen. Ich fand eine Arena, in der ein Torero gegen einen Stier kämpfte. Der junge Mann stand in der Mitte und wedelte mit einem roten Tuch. In der anderen Hand hielt er einen Degen, mit dem er zustach.
Der Junge tanzte mit dem Stier, genau so sah es aus. Seine Hosen waren schwarz, eng und schmutzig vom Staub, den die Hufe seines Gegners aufwirbelten. Er bewegte sich mit einer Leichtigkeit, wie ich sie sonst nur in Avalon gesehen habe. Immer wieder ließ er das Tier ins Leere rennen, eine Ewigkeit lang. Das Publikum auf den Rängen hielt den Atem an, immer wieder brüllten die Menschen. Ich schmeckte meinen eigenen Schweiß, roch das heiße Blut des Tieres, wie es auf den Boden tropfte. Als der Torero dem Stier den letzten Stoß versetzte, fühlte ich den Schmerz beinahe selbst. Das Tier brach zusammen und brüllte auf.
Ich bin in Irland gewesen. Die Sonne hat geschienen, und ich bin barfuß über den Rasen von Tara gegangen. An diesem Ort liegen tote irische Könige. Herrscher.
Ich bin dann einfach über das Gras geschritten, es hat mich an den Fußsohlen gekitzelt, das weiß ich noch. Es roch nach Sonne, sie brannte auf meine Haut. Und als ich Avalon sehen konnte, bin ich einfach dorthin gegangen, die Tür war ja weit genug offen. Der Schleier ist nur dünn an diesem Ort, und er zerreißt leicht, weißt du.
In Avalon ist es schön. Da blühen die Blumen, und es ist immer Frühling. Man kann die Priesterinnen sehen, Jungfrauen und Mütter, die in ewigen Gesängen eine ewige Göttin ehren. Sie tragen weiße Kleider und Blütenkränze im Haar. Sie haben mich eingeladen, eine Weile bei ihnen zu bleiben. Sie haben mir nur den süßesten Wein zu trinken gegeben, und zum Essen Brot, Kräuter, Gemüse, Obst. So etwas habe ich hier noch nie gegessen!
Es war ein bisschen wie im Himmel. Ich trug einen langen Rock aus Leinen, und ein helles Hemd. Wenn es regnete, blieben wir einfach draußen stehen und ließen uns vom Regen bis auf die Haut nassmachen.
Ich war auch schon in Berlin. Das ist eine riesige Stadt. Überall sind Menschen, in den U-Bahnen, in den Bussen, auf den Straßen, in den vielen, vielen Autos, die überall herumfahren. Auf dem Kurfürstendamm war ich einkaufen. Es war recht kühl und ein leichter Nebel lag in der Luft, so wie Gischt, die vom Meer aufs Land geweht wird. Die Luft schmeckte nach Abgasen.
Ich sah einen Punker mit seinem Hund. Er hatte einen Kamm auf dem Kopf, einen Irokesenschnitt, der war grün, leuchtend grün, wie Gras. Der Hund war schwarz und trug ein Halstuch. Die beiden sahen traurig und hungrig aus. Ich hätte ihnen gern Geld gegeben, aber ich hatte keins.
Morgen ist der Aufzug fertig. Dann fahren wir spazieren.

 

Da ich nicht glaube, dass du einen Rückschritt in deinem Ausdruck gemacht hast, bedeutet das wohl, dass der Schul-Aufsatz-Stil gewollt ist, diese Naivität, die einem von Anfang an in jedem Satz begegnet. Leider wirkt der Text zu sehr so wortbeschränkt, wie sich dein Prot ausdrückt, was mE vor allem deshalb problematisch ist, weil dein Prot nicht vorgestellt wird und ich als Leser den Stil auf die Autorin und nicht den Ich-Erzähler transportiere.

 

Hallo vita,

gefällt mir sehr gut, wie du die verschiedenen Reisestationen eingefangen hast. Jeder Ort hatte eine Begebenheit, die in Erinnerung blieb, die das Bild des Prot dominiert.
So geht es mir auch, wahrscheinlich fast allen, wenn man im Nachhinein über besuchte Orte nachdenkt. Gedankensplitter bleiben haften, machen das Erlebte positiv oder negativ. Der Erzählstil läßt gedanklich mitreisen :).

Der Prot rollt nun dahin, ob er alt ist oder jung - es tut nichts zur Sache und macht die Geschichte umso schöner, weil zeitlos.

Lieber Gruß
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Webby,
huch, das nenne ich einen Verriss. Nein, die Sprache ist eine Eigenschaft der Prot, nicht meine, und die Erzählweise ist eben ein bisschen naiv, auch, wenn ich das für gewollt halte. Das kann man dem Text aber, glaube ich, anmerken, oder nicht? :shy:

Hey Bernadette,
danke für die positive Kritik, das baut mich nach so viel gemeiner Prügel doch gleich wieder auf. Schön, dass du mitreisen konntest.
Ich hatte eigentlich eine weibliche Prot im Sinne, aber jeder liest, was er lesen will.

gruß
vita
:bounce:

 

Das war kein Verriss. Klar merkt man es dem Text an, aber eben zu spät, zumindest ich war dann schon darin gefangen, dir den Stil anzulasten. Es wäre etwas anderes, wenn du schon zu Beginn deutlich machen würdest, wer da erzählt. Das würde dann andererseits den Fluß etwas stören... Na ja, sind ja immer nur Anregungen.

Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass ich die Tage mal alle deine "gruß vita :bou...: aus der DB entferne? Die Signaturen sind nicht grundlos ausgeschaltet. :p

 

Hey Webby,
ich habe jetzt England an den Anfang gestellt. Ich hoffe, dass so die Naivität der Erzählung besser deutlich wird. Und meine Bouncer-Smileys gehören mir!!! Ich habe keine Lust, tausendwasweißichwieviele Beiträge zu editieren :P

Hey Crazy Janey,
da versuche ich einmal, eine Geschichte mit einer versteckten Pointe zu schreiben, und dann sieht sie keiner. Das ist wohl das Schicksal von versteckten Pointen. Es hat einen Grund, dass die Protagonistin so "legasthenisch" spricht. Er ist sogar im Text. Aber ich wollte nicht mit dem Holzhammer draufschlagen. Wenn es gar keiner findet, dann werde ich das vielleicht doch noch einbauen, aber erst einmal nicht. ;)
Ich weiß nicht so genau, was ich an Spanien anders gemacht habe als am Rest. Ich werde gleich nochmal drübergucken und dann auch das mit dem Schleier editieren, das gefällt mir auch noch nicht so gut, vielleicht finde ich ja eine schlaue Lösung.

gruß
vita
:bounce:

 

Hallo vita!

Hmm, ich weiss nicht so recht, was ich von deiner Geschichte halten sollte. Einerseits sind da all die schönen Bilder von diesen Ländern, andererseits tu ich mich aber mit der Interpretation ein bisschen schwer. Naja, ich hab den Text nur einmal durchgelesen und die Pointe verpasst. Was hat Avalon im Alltag zu tun? :confused: Hat das mit der Pointe zu tun? Auf alle Fälle rätsle ich mal weiter...

Die einfache Sprache hat mich übrigens nicht gestört, wenn das beabsichtigt ist.

Liebe Grüsse
sirwen

 

Hey sirwen,
huch, das geht ja Knall auf Fall heute, da hab ich ja fast ein schlechtes Gewissen, dass ich gleich wegfahre ;)
Ich beschreibe den Alltag meiner Protagonistin. Und in diesem Alltag gibt es eben einen Platz für Avalon. Bin ja mal gespannt, ob und wann jemand die Geschichte knackt, ohne, dass ich den Holzhammer auspacken muss :)
Schön, dass dich die Sprache nicht gestört hat. Hatte schon Angst, dass sie als Stilmittel zu extrem ist...

gruß
vita
:bounce:

 

Hi vita,

ich rätselte auch erst am Geschlecht des Prot herum und dachte dann, dass eben folgendes die Auflösung ist:

Ich trug einfache Hosen aus Leinen, an den Unterschenkeln geschnürt, und ein helles Hemd.

Nun will ich damit aber nicht behaupten, ich zöge nur Blusen an :D. Aber da für mich sonst keine Hinweise vorhanden waren, war das der Ausschlag für das Männliche ;).

Lieber Gruß
bernadette

 

Hey bernadette,
dann ziehe ich der Frau eben einen Rock an, meinetwegen soll sie einen haben. Ich bin immer noch gespannt, wann einer meine Intention durchschaut... :shy:

gruß
vita
*bounce*

 

Hey Angua,

da bin ich aber froh, dass du es gefunden hast, ich dachte schon, ich hätte es zu gut versteckt :shy:
Die Prot ist schwanger und erzählt ihrem Kind von der Welt. Ob sie die Welt so selbst erlebt hat oder ob sie nur davon träumt, ist in diesem Zusammenhang nicht wirklich wichtig, oder?
Ich hatte beim Schreiben das Bild vor Augen, dass sie tatsächlich im Rollstuhl sitzt. Deshalb wartet sie auf den Aufzug. Aber ich denke, die Erklärung dafür, warum sie keine Treppen steigen kann, ist nebensächlich, oder?

Vielen Dank fürs Entschlüsseln :D

gruß
vita
*bounce*

 

Hallo vita,

bin ich nun zu spitzfindig, wenn ich folgenden Satz rauspicke :klug: :

Die Sonne brannte vom Himmel, der war fast so blau wie deine Augen.

:confused:

Dadurch wäre ich nie auf die Idee gekommen, die angesprochene Person könnte ein noch zu gebärender Mensch sein ;) .
Aber Angua hat es ja geschafft :). :thumbsup:


Lieber Gruß
bernadette

 

Hey Bernadette,
ich hatte da in der ursprünglichen Variante stehen "wie deine Augen sein werden". Aber so weit ich weiß, haben am Anfang fast alle Babys blaue Augen, oder nicht? Die färben sich doch irgendwann um? Habe ich jedenfalls mal gelesen :D
Wenn das nicht zutreffend ist, dann ändere ich es aber wohl besser. Vielleicht ist da jemand klüger als ich?

gruß
vita
*bounce*

 

Liebe vita,

die Augenfarbe der Babys ist anfangs tatsächlich sowas wie grau-blau-wischiwaschi. Aber kein himmelblau :D.
Aber du weißt ja schon, um was es mir geht ;):
Wenn du schon so wenig Informationen über den Prot und die Person, die er anspricht, gibst, dann sollten diese wenigstens eindeutig sein.

Braunäugige Grüße
bernadette

 

Hey Bernadette,
okay, ich habe die Information eindeutiger gemacht. Das kam mir am Anfang etwas sehr nach "Holzhammer" vor, aber wenn es ohne keiner versteht, ist es so wahrscheinlich besser. Danke für die ganzen Kritiken ;)

Hey CJ,
wenn du meinst, dass du Glück gehabt hast... =) wenn ich mir angucke, wie die meisten Leute mit kleinen Kindern reden.. fast so schlimm wie mit Katzen. Ich bin sicher, die kleinen Biester verstehen jedes Wort!
Anyway, meine Prot entspricht einfach dem Klischee.

gruß
vita
*bounce*

 

Aber so weit ich weiß, haben am Anfang fast alle Babys blaue Augen, oder nicht?
Geh mal nach China :D ! Ich hatte übrigens auch sehr dunkle Augen, als ich auf die Welt kam.

Eigentlich wollte ich noch selber an deiner Geschichte rätseln, aber jetzt habe ich die Kommentare gelesen, *fluch*. Auf das wäre ich wahrscheinlich nie gekommen! :dozey:

Gruss
sirwen

 

Hey sirwen,
tja, sowas macht man ja auch nicht. Ich hab den Satz übrigens wieder zurückgeändert, hoffe, damit ist es jetzt deutlicher.
Das mit China - ja, deshalb habe ich ja auch "die meisten" geschrieben. Ich habe übrigens immer noch diese Wischiwaschi-Augenfarbe - nur, dass sie einen graugrünen Ring um die Pupille dazugekriegt hat, den man aber auch nur sieht, wenn die Sonne richtig draufscheint ;)

gruß
vita
*bounce*

 

Hi Vita,

ich habe die ersten drei komms gelesen, dann aufgehört, weil ich mich nicht beeinflussen lassen möchte.

Ich finde deine kleine Geschichte sehr schön.
Mir gefällt der einfache Ausdruck, wobei mir auch sofort klar war, dass er so sein sollte.

Ich sehe die Erinnerungen eines Menschen, der im Rollstuhl sitzt.
Es muß eine Frau sein, weil sie in einer Szene mit ihrem ungeborenen Kind spricht. Etwas muß mit ihr geschehen sein, dass sie auf die geistige Ausdrucksweise eines Kindes, zurückgeworfen hat.
Vielleicht ist sie aber auch immer etwas geistig zurückgeblieben gewesen?
Oder sie hat schon immer im Rollstuhl gesessen, und von den Orten, an denen sie glaubt gewesen zu sein, nur Phantasiert?
Dafür spricht, dass sie glaubt in Avalon gewesen zu sein. (denke ich) :shy:

Wie es auch war, deine Geschichte hat mich gerührt und daran erinnert, dass im Leben nicht alles selbstverständlich ist.

ganz lieben Gruß, coleratio

 

Hey col,
schön, dass du durch die Geschichte gleich durchgestiegen bist. Habe die Sache aber deutlich vereinfacht. Wenn du sie gern gelesen hast, hab ich mein Ziel ja erreicht.

Hey Angua,
tut mir Leid, wenn dein Hirn meinetwegen Knoten kriegt. Aber gut, dass die sich aufgelöst haben. ;)

Danke euch beiden fürs Lesen und Kommentieren!

gruß
vita
:bounce:

 

Hallo vita,
ich habe mir aus Zeitgründen nicht alle Kommentare zu deiner Geschichte durchgelesen, hoffe aber dennoch mal, dass meiner noch etwas zu der Sache beitragen kann. Ich sehe das ganze als inneren Monolog einer Frau, bzw. eine Frau, die ihrem ungeborenem Kind etwas erzählt. Sie erzählt von Dingen, die sie schon einmal gesehen hat, wobei das Erlebte doch arg unwirklich erscheint.
Ich weiß nicht, ob die kg bei Alltag so gut aufgehoben ist, dennoch hat mir die geschichte ein kurzes lesevergnügen bereitet. schön für zwischendurch, also genau das richtige für meine pause.
der angesprochene stil ist sicherlich geschmackssache, doch ich finde es gut, dass du bei deinen geschichten nicht einer linie treu bleibst, sondern auch mal andere sachen ausprobierst.

einen ganz lieben gruß...
morti

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom