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Aufzug in die Ewigkeit
„Eine 1,0 in der Bachelorarbeit, ba-ba-ba-baby! Ba-ba-ba-baby!“ Matthias tanzte über den Bürgersteig. Eben hatte er die Note erfahren und schon war er im schönsten Moment seines Lebens. Und in seinem letzten.
Er hörte das Quietschen und Hupen erst, als er aus dem Blickwinkel bereits den Kühlergrill sah. Der junge Mann starrte den LKW mit aufgerissenen Augen an, bis er nur noch Zentimeter von ihm entfernt war. Er wandte sich ab, schlug die Arme über den Kopf, duckte sich und kniff die Augen fest zusammen. Und dann kam... nichts. Kein Knall, kein Aufprall.
Matthias öffnete langsam die Augen und schaute sich um. Wände. Beige. Ein Aufzug?
„Hallo?“ Die Stimme wankte zaghaft. War alles nur ein Traum?
„Hallo!“ seine Stimme klang nun etwas kräftiger.
„Hallo Matthias.“ Eine Stimme erklang. Sie drang aus einem Lautsprecher in der Ecke zu ihm. Er kannte die Stimme.
„Sind Sie nicht die Frau, die immer die Telefonansagen macht? Kein Anschluss unter dieser Nummer und so?“
„Ich wurde für dich als vertrauenswürdig eingestuft. Die Stimmen werden hier individuell ausgewählt.“ säuselte die Dame.
„Hier? Was heißt das?“
„Es tut mir Leid, Ihnen das mitteilen zu müssen, aber Sie sind bei einem Autounfall vor 20 Sekunden verstorben. Falls es Sie beruhigt, der Notarzt wurde umgehend verständigt und ist bereits auf dem Weg zu Ihren Überresten.“
„Tot? Warum sollte mich ein Notarzt beruhigen? Wird er mich wiederbeleben?“
„Nein.“
„Sie verarschen mich, oder? Hey, bin ich bei Versteckte Kamera?“
„Unsere Analysen haben ergeben, dass Sie kein Fan dieser Fernsehserie sind. Aber wir haben festgestellt, dass Aufzüge beruhigend auf Sie wirken. Damit sind Sie einer von wenigen.“
„Na toll. Was soll denn jetzt werden? Ich hab doch eine Familie, eine Freundin. Was wird aus denen?“
„Sie werden es überleben. Wenn Sie es wünschen, können Sie Ihre Liebsten viermal im Monat als Geist heimsuchen, aber wir raten davon ab. Das führt meistens zu Chaos, auch wenn Ihre Absichten guter Natur sein mögen.“
„Kaum zu glauben.“ Matthias kratzte sich am Kopf. Warum hatte er keine Angst? „Warum habe ich keine Angst?“
„Sie sind tot. Ihre Gefühle sind mit Ihnen gestorben. An Ihrem Bestimmungsort werden Sie einen Gefühlssatz verabreicht bekommen, der Sie an Ihre Umgebung anpasst.“
Matthias konzentrierte sich einen Moment. Er konnte die Bewegungen des Fahrstuhls nicht einschätzen. „Ja, wo wir gerade von meinem Bestimmungsort reden... Geht es nach oben oder unten?“