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- 03.07.2006
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Bücher abbrechen
Ich habe so einen Tick: Ich muss jedes Buch zu Ende lesen, sonst habe ich das Gefühl der Unvollständigkeit. Ich weiß gar nicht woher das kommt, aber ich kann einfach nicht ein Buch abbrechen, vor allem nicht eins, das hochgelobt worden ist. Nicht von einem Autor oder einer Autorin, die zum Kanon gehört oder dessen/deren Bücher als "moderne Klassiker" gelten.
Zuletzt ging es mir so mit Thomas Manns "Buddenbrooks" - Digger, hab ich das Buch gehasst, so die ersten 100-150 Seiten sind interessant, aber der Rest war eine regelrechte Qual. Ich habe mich durch das Buch durchgequält - FREIWILLIG!
Lesen ist wie Schreiben ein Hobby von mir, wenn ich keinen Spaß dabei empfinde, dann sollte man dabei aufhören. Mit dem Schreiben klappt das - aber ein Buch einfach in die Ecke werfen, das fällt mir echt schwer.
Es lohnt sich überhaupt nicht, manchmal denke ich, ach, ich werde was verpassen, was ist wenn das Ende meinen Kopf sprengt? Auf der anderen Seite weiß ich, na ja, das macht die 90% Prozent des Inhalts auch nicht besser - zuletzt passiert mit Marias "Mein Herz so weiß". Das Ende ist tatsächlich sehr gut, aber so der Mittelteil?
Ich hab Pamuks "Schnee" abgebrochen, was mich ziemlich stolz macht. Der Typ wird international gefeiert, hat den Nobelpreis gewonnen, kommt nicht aus dem Westen :P und das weckt erstmal Interesse. Hab die ersten 100 Seiten gelesen --- SCHLECHT! Abgebrochen, nicht bereut. Deswegen hatte ich mir so eine Regel auferlegt: Wenn mich die ersten 100 Seiten nicht überzeugen, hör ich mit dem Lesen auf.
Jetzt lese ich Siri Hustvedt "Was ich liebte" - wird vom Feuilleton derartig gefeiert, als intellektuelle Amerikanerin, Frau vom berühmten Paul Auster, blabla.
Das Buch ist blutarm, es ist auf intellektuell gemacht, es trieft vor name dropping und knochentrockenem Kunstgelaber.
Ich sollte abbrechen - bin auf Seite 240, das Buch hat 470 S.. Werde ich etwas verpassen? Nein, es wird vermutlich so weitergehen, die Charaktere werden mir kein Stück näher kommen.
Darf ich eine Meinung zu dem Buch haben, obwohl ich es nicht zu Ende gelesen habe? Ist das Abbrechen nicht Meinung genug?
Ich habe Geld für den Mist ausgegeben. Na ja, dafür stiehlt es mir meine Zeit, und Zeit ist Geld.
Habe ich vielleicht das Buch nicht verstanden? Ja, es ist vermutlich nicht für mich geschrieben, es gibt da draußen Leute, denen es gefällt, die das Buch feiern. Ich gehöre nicht zu dieser Gruppe. Das ist okay.
Warum quatsche ich euch damit voll? Um vermutlich mein Gewissen zu beruhigen, um zu hören, dass ihr auch an dieser Krankheit leidet. Oder ich möchte wahrscheinlich, dass ihr mir gut zuredet oder mir sagt, dass ich auf meinem Leben klar kommen soll.