Badappatta
Badappatta
Nervös schob sie die Brille näher vor die Augen. Mit beiden Augen beobachtete sie den funkelnden Rubin, der vor ihr in einer Glasvitrine aufgehoben wurde. Sie drehte sich um, um sich zu vergewissern, dass niemand sie stören könnte, dann packte sie das Glas mit ihren sieben Stummelfingern pro Hand und leckte sich die roten Schmolllippen. Ganz vorsichtig!, mahnte sie sich in Gedanken, während sie anfing mit dem Fuß zu wippen. Diese blöde Vitrine hat sich verkeilt, da hilft nur noch ... Plötzlich horchte sie auf. Schritte aus dem Korridor hinter ihr, sie wirbelte herum und stieß mit einem ihrer weißen, langen Flügeln das Glas vom Sockeln.
„Ups!“, piepste sie und zuckte zusammen, als die Scherben klirrend über den Marmorboden rutschten.
„He, du da! Halt!!“, ein Wachmann baute sich vor ihr auf und blockierte mit seiner Körperfülle den Gang. Sie lachte schrill auf, umklammerte den Rubin, winkte dem Mann mit einem breiten Lächeln und zusammengekniffenen Augen zu, machte auf den Absätzen kehrt und rannte davon. Ihre kleinen Stummelfüße trugen sie, so schnell sie konnten, aber nicht schnell genug. Der Wachmann hatte sie mit drei großen Schritten eingeholt und sie prallte mit ihrer Nase gegen sein Knie.
„Au!“, jammerte sie und schob ihre Brille etwas zurück. „Bist du blöd? Pass auf, wo du dich hinstellst“, fauchte sie wütend und in einem schrillen Ton, während sie sich leicht vorlehnte und den Mann scharf musterte. Dann trat sie ihm gegen sein Schienbein und noch während er jammernd auf einem Bein herumhüpfte, umrundete sie ihn und schlenderte aus dem Museum.
„Bleib stehen!“ Sie drehte sich um, der Mann hatte Tränen in den Augen und sein Gesicht war vor Wut rot angelaufen. Breit lächelnd winkte sie ihm zu und sprang mit hohen Sätzen über die Marmorfließen davon ...
„Badappatta ... ts, ts“, sie wirbelte herum und während dem Moment der Unachtsamkeit stieß sie eine weitere Vitrine um. Die Alarmglocken schrillen laut. Mist! Der Stummzauber, den ich auf diese schrille Dingsda gelegt habe, ist tschüss. Wütend rieb sie sich ihren blonden Kopf. Die Haare waren kurz.
„Du blöder Idiot!“, fauchte sie den kleinen Mann neben ihr an. Er war etwas größer als sie, hatte rotes Haar, ein freches Gesicht und eine widerliche Locke hing ihm ins Gesicht. Die weißen Flügel waren durch den Dreck fast schwarz. „Was willst du? Siehst du net, dass ich hier arbeit’. Saftladen hier!“, fauchte sie, schob ihre Brille näher vor ihre Augen und beäugte den kleinen Engel genau.
„Badappatta... !“, seine Stimme klang melodisch.
„Was?“, keifte sie zurück.
„Batappatta... !“ Sie stöhnte, stieß den kleinen Engel von sich, winkte ihm kurz zu und flüchtete weiter. Verflucht noch mal! Warum musste ich mir ausgerechnet jetzt meinen Flügel brechen? Jetzt wo man diese blöden Staubfänger braucht... Sie knirschte leise, während sie an den vielen Antiquitäten, Gemälden, Schätzen und ausgestopften Tieren vorbeihopfte. Die Dunkelheit um sie herum nahm zu, während der Rubin in ihrer Hand sich langsam an ihre Hand anschmiegte. Sie kam an eine Tür. Sie versuchte an die Klinke zu kommen. Merkwürdig, die anderen Türen gingen doch auch auf ... hm-h, was steht da? Für Kinder unbefugt...? Sie hopfte an dem dunklen Holz des Portals herauf, kam aber nicht an den Griff. Schließlich stampfte sie auf den Marmorboden auf, knirschte mit den Zähnen, drückte ihre Brille dichter vor ihre Augen und überlegte. Vielleicht bin ich ohne den Rubin leichter. Dieser blöde Staub hier... Durch ihre Sprünge hatte sie viel Staub aufgewirbelt, der ihr dicht um die Flügel schwebte, vor ihrer Brille tanzte und sie zum Niesen brachte. Durch dieses ungewohnte Gefühl erschrocken, fiel ihr der Rubin in einem hohen Bogen aus der Hand und zerbrach, als er landete.
Die Alarmglocken schrillten in ihren Ohren, etwas gleichgültig winkte sie den Scherben nach.
Was soll’s? Es gibt noch mehr Rubine auf der Welt.
Die Hände in die Hüfte gestemmt lachte sie laut über ihre Pläne nachdenkend auf. Wenn ich erst mal alle Rubine habe, dann ... Sie hörte auf zu lachen. Keine Ahnung was dann... Sie zuckte mit den Schultern und schlenderte zwischen den Gemälden und Sockeln hindurch, bis sie wieder vor dem kleinen Engel stand.
„Du bist noch hier?“, fragte sie tonlos. Sie rieb sich an ihrer Beule, die noch immer leicht pochte. Der kleine Mann lachte geschwollen.
„Nein, der hat sich irgendwie verzogen, als er auf einer Scherbe ausgerutscht ist“, er grinste. Was grinst der so blöd. Sie holte aus und schlug ihm fest auf die Nase.
„Ich hab dir schon oft gesagt, dass du nicht so dumm grinsen sollst.“
„Aua!“
„Hör auf, du Memme! Lass uns gehen!“
Tratschend verschwanden sie in den dunklen Gängen des Korridors, dann plötzlich drehte sie sich um.
„Tschüss!“, winkte hektisch, breit grinsen, schob ihre Brille näher vor die Augen und verschwand.