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Balduin, der Karpfen

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02.06.2005
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Balduin, der Karpfen

Balduin kam atemlos zu seiner Frau geschwommen. "Ich habe eine Entdeckung gemacht. Komm mit, rasch!"
Helene rührte keine Flosse. "Komm her", sagte sie, "und erzähl erst einmal in aller Ruhe, was los ist. Du sollst überhaupt nicht so rasch schwimmen. Du weißt ganz genau, dass das nicht gut ist für deine Kiemen. Also was ist los?"
"Ich habe eben herausgefunden, dass auch die Fischer reden können."
"Blödsinn", sagte Helene. "Fischer sind stumm. Das weiß doch jedes Fischchen."
"Dann komm und sieh selbst", sagte Balduin und schwamm voraus.
Am Ufer saßen zwei Burschen und unterhielten sich angeregt.
"Dummkopf", sagte Helene, als sie die beiden sah. "Das sind keine Fischer."
"Aber sie haben doch ihr Angelgerät bei sich."
"Das beweist nichts. Haben sie schon jemanden gefangen?"
"Glücklicherweise nicht."
"Na also", sagte Helene verächtlich. "Eine Angelrute macht noch keinen Fischer. Du und deine Entdeckungen."
"Hör doch einmal", flüsterte Balduin, "worüber sie sprechen. Sie reden immer von einem Länderspiel, das am nächsten Sonntag in der Stadt ausgetragen wird. Weißt du, was das ist, ein Länderspiel?"
"Nein", sagte Helene, " Ich brauche das auch nicht zu wissen. Ich bin ja eine Frau."
"So, hör doch", sagte Balduin. "Eben hat der eine gesagt, es sei das größte Ereignis des Jahres. Helene, ich muss dieses Länderspiel sehen. So viel ich gehört habe, wird es im sogenannten Stadion in der Stadt ausgetragen!"
Helene gluckste verächtlich. "Möchtest du mir nicht erklären, wie du dort hinkommen willst, du Dummkopf"
"Ich werde darüber nachdenken", sagte Balduin.

Als er am Sonntagmorgen aufs Ufer zuschwamm begegnete er drei Freunden.
"Balduin", sagte der eine, "mach bitte keine Dummheiten. Deine Frau hat mir erzählt, dass du in die Stadt willst. Hat man schon so etwas je gehört? Ein Karpfen, der in die Stadt will! Du willst dich doch nicht etwa absichtlich fangen lassen?"
"Keine Angst", sagte Balduin, "ich werde in die Stadt schwimmen."
"Aber Balduin! Wie denn? Im Hauptkanal?"
"Gott bewahre! Nein. Ich werde durch die Luft schwimmen."
"Bist du verrückt? Das geht doch nicht!"
"Hat es einer von euch schon probiert? Na also."
"Aber es hat doch keinen Sinn, etwas Unmögliches zu probieren", sagten die Freunde.
"Ihr ödet mich an", sagte Balduin, sprang aus dem Wasser und flog davon.

Am Stadtrand traf er einen Lehrer.
"Um Gottes willen!" rief der Lehrer. "Ein fliegender Fisch."
"Na und?" sagte Balduin.
"Was heißt da: Na und? Sie müssen sofort dorthin zurück, woher sie gekommen sind."
"Warum?" fragte Balduin enttäuscht.
"Wegen meiner Schüler. Drei Wochen habe ich mich nun bemüht, diesen Hohlköpfen das Gesetz vom Auftrieb zu erklären. Sie sind doch nicht etwa leichter als Luft?"
"Ich wüsste nicht, wozu."
"Ich wüsste nicht, wozu ... Ja, sagen Sie, unterrichtet man dort, wo Sie herkommen, keine Physik?"
"Doch", sagte Balduin. "Aber ich war kein guter Schüler in diesem Fach."
"Eben", sagte der Lehrer, "das merkt man. Wären Sie nämlich ein guter Schüler gewesen, dann wäre es Ihnen gar nicht eingefallen, so respektlos herumzufliegen."
"Das ist möglich", sagte Balduin und flog weiter.

Da traf er einen Dichter.
"Schau mal an!" rief der Dichter begeistert. "Ein fliegender Fisch! Das ist ja großartig. Warten Sie mal - ja, ich hab's:

Flugfisch, Sonnenaal,
bist elemententfremdet, Bruder
wie ich.

Gefällt es Ihnen?"
"Oh danke", sagte Balduin. "Es ist sehr schön. Das ist das erste Mal, dass man über mich ein Gedicht geschrieben hat."
"Ich schicke Ihnen einen Durchschlag", sagte der Dichter. "Ich werde ihn eigenhändig signieren."
"Das ist aber sehr nett von Ihnen", sagte Balduin gerührt. "Können Sie mir vielleicht sagen, wie ich am besten zum Stadion komme?"
"Zum Stadion? Ja. Was ist denn heute für ein Tag?"
"Sonntag", sagte Balduin.
"Um Gottes willen!" rief der Dichter und sah auf die Uhr. Da habe ich ja in zwei Stunden meinen Gedichtvortrag in der Stadthalle. Lieber Fisch . Fliegen Sie wieder zurück zum See. Bitte, ja?!"
"Aber warum denn?" sagte Balduin enttäuscht. "Sie sind jetzt schon der zweite, der mich zurückschicken will."
"Stellen Sie sich doch vor: Ein fliegender Karpfen. Das ist eine Sensation, wie sie diese Stadt noch nicht erlebt hat. Alle Leute würden zusammenlaufen, um Sie zu bewundern. Und die Stadthalle wäre leer. Es ist dies meine erste Lesung."
"Es tut mir sehr leid", sagte Balduin, "aber ich muss zum Stadion." Und flog weiter.

Er begegnete einer Hausfrau mit einer großen Einkaufstasche.
"Sieh mal an: ein Karpfen", sagte sie belustigt. "Ja, wo wollen denn Sie hin?"
Endlich, dachte Balduin. "Zum Stadion. Können Sie mir den dorthin zeigen?"
"Wollen Sie zum Länderspiel?"
"Ja."
"Aber das ist ja erst am Nachmittag. Da können Sie mit meinem Mann gehen. Kommen Sie mit."
"Du bist schon wieder zurück?" fragte der Mann.
"Ja. stell dir vor, und ich bringe einen Gast. Darf ich vorstellen? Mein Mann... "
"Balduin."
"Das freut mich aber", sagte der Mann. Zeige Herrn Balduin doch einmal unsere Küche."
Balduin hat nie erfahren, was ein Länderspiel ist, aber er schmeckte vorzüglich.

 

Krass.

Woher nimmt man die Phantasie, so was zu schreiben?

Ich fand die Geschichte anfangs seltsam, später leidlich lustig, dann ein wenig später nur noch genial.
Nicht die Pointe an sich, sondern das Gesamtwerk.

Hervorragend in sich geschlossener Stil, kunstvolle Dialoge und eine saubere Rechtschreibung!

Und dann dieser fabelartige Einschnitt, wo jeder Charakter seine eigene Geschichte hat; bis zum Ende eben.

Hat mir sehr gefallen! Two thumbs up.

 

Hallo dundich!

"Ihr ödet mich an", sagte Balduin, sprang aus der, Wasser und flog davon.
Hier haut was nicht hin.

"Es tut mir leid", sagte Balduin, "aber ich muss zum
fehlt

"Ich wüsste nicht, wozu".
Andersrum. Satzzeichen am Ende, gehört immer vor die Anführungszeichen. Öfter im Text.

."Doch", sagte Balduin.
Der Punkt ist dort fehl am Platz.

"Zum Stadion? Ja. was ist denn heute für ein Tag?"
Ja, was... oder Ja. Was...

um Sie zu bewundern Und die Stadthalle
und

Sorry, ich fand diese Geschichte eher langweilig als unterhaltsam. Die Idee mit dem Fisch der fliegen kann, ist anfangs noch reizvoll, wird aber durch die immer gleich strukturierten Dialogabschnitte schnell langweilig. Und die Schlusspointe hilft der Geschichte auch nicht aus der Hüfte. Wenn es lustig sein sollte, hast du meinen Geschmack leider nicht getroffen.

Gruß

 

Moin dundich,

Hmm, irgendwie schade... den Anfang deiner Geschichte fand ich hervorragend. Wirklich. Richtig wunderbare Ideen (stumme Fischer) und auch toll geschrieben. Der Satz, in dem Balduin abhebt, gefällt mir ebenfalls sehr. Sehr absurd, gerade weil du nicht den Fehler machst und irgendwas erklärst. Er fliegt halt und damit basta. Supi.
Ab diesem Moment aber läßt die Geschichte in meinen Augen stark nach. Die Szenen mit den Menschen sind mir zu kurz, zu skzzenhaft. Auch wiederholt es sich irgendwie inhaltlich, da stimme ich flashbak zu. Da hättest du vielleicht ein oder zwei Personen weglassen können - zwecks Straffung. Ist aber nur mein Eindruck.
Das Ende reißt mich zwar ehrlich gesagt nicht vom Hocker, ist aber passend und rundet die Geschichte gut ab.

 

Stimmt schon

Die Kritik ist berechtigt. Ich wollte halt auch was lustiges reingeben, und da hab ich eben die alte Geschichte (1957!) ausgegraben. Hast Du einen Vorschlag, welche Personen am ehesten verzichtbar wären?
Das mit den Textfehlern kommt zum Teil daher, dass ich das alte Manuskript mit einem Texterkennungsprogramm gescannt habe. Werde noch eine Geschichte von damals reinladen (Feldmann, eine Aufragsarbeit für die Medzinsondernummer des SIMPLICISSIMUS). Vielleicht kommt die besser an.

 

Hast Du einen Vorschlag, welche Personen am ehesten verzichtbar wären?
Ich würde auf den Polizisten und den Dichter verzichten. Der Lehrer ist mit seinem "wenn du in Physik besser aufgepaßt hättest, könntest du nicht fliegen" sehr originell, der Pfarrer noch witzig. Ist aber Geschmackssache.

 

Oha! Hi dundich!!

Na das war mal ne interessante Geschichte! Ehrlich. Ein wenig seltsam, ein wenig lustig, ein wenig nachdenklich sogar... ja von allem ein bisschen. Ich bin nicht sicher was die Geschichte bezwecken soll, für "Humor" war sie mir im Ton und in dem Inhalt beinah wieder zu ernst. Aber wirklich sehr phantasievoll... ich habe mich gelegentlich gefragt, ob da ein Philosophischer Hintergrund ist.

greetz, clyan

 

Ich kann mich dem positiven Feedback der anderen nur anschließen.
Die nahezu kindliche Naivität und Unbekümmertheit des Fisches - dessen Namen ich genial passend finde - kommt super rüber.

Vielleicht passt eher die Kategorie Gesellschaft...bin mir nicht sicher. Wie oben schon erwähnt bietet diese Story von allem etwas.
Das Ende hätte vielleicht einen kleinen Tick origineller sein können.

Ansonten: Sehr angenehme Geschichte!

Gruß,
tobbi

 

Geschichte gekürzt

Hab gekürzt, Polizisten und Pfarrer weggelassen. Ist glaub ich besser so. Zufrieden?

 

Clyan schrieb:
ich habe mich gelegentlich gefragt, ob da ein philosophischer Hintergrund ist.
Eigentlich schon:
"Es ist alles möglich, wenn man nur will. Aber man riskiert dabei in der Bratpfanne zu enden"

 

Na ja...geht so, sorry ich fands net so witzig und des Ende vorhersehbar. Okay, der LEhrer ist amüsant und die stummen Fischer aber sonst...

 

Ja, durch die Straffung hat der Text meiner Meinung nach gewonnen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo dundich!

Der Text ist zwar nur bedingt humoristisch, da gebe ich tobbi Recht. Ich würde sagen, es passt eher in "Satire" rein als hier.
Ansonsten aber liest es sich einfach herrlich, in einem Rutsch. Vor allem der Hintersinn, der in jedem einzelnen Satz steckt, macht die Geschichte empfehlenswert.
Nur eines stört mich ein wenig: Den philosophischen Hintergrund hast du zwar erklärt, so richtig verstehen tue ich ihn aber immer noch nicht. Das Ende will sich irgendwie nicht so richtig zum Rest der Story fügen.
Meine Interpretation nach der Begegnung mit dem Lehrer war nämlich: Aha, er wollte die "Keine Experimente"-Mentalität der Adenauer-Ära aufs Korn nehmen. Auch die Begegnung mit dem Dichter lässt sich mit einigem guten Willen so einordnen ( Dichter kann mit unkonventionellem Denken schon mehr anfangen, aber fördert es nicht ).
Bei der Hausfrau und ihrem Mann komme ich ins Stolpern... Muss das sein, den Prot in der Bratpfanne enden zu lassen? Man hat den Eindruck eines thematischen Bruchs, ähnlich wie in "Die Stille".

Übrigens, was den Stil angeht: Wäre das eine Geschichte von 2005, so würde ich möglicherweise anders darüber urteilen.
Für "postmoderne" Verhältnisse wirkt die Sprache fast kindlich einfach ( nicht zu verwechseln mit "kindisch einfach"! ), ebenso der Inhalt. Irgendwie fühle ich mich an die Geschichten von Wolfgang Borchert erinnert ( Hast du dich von ihm inspirieren lassen? ).
Ob du auf dem heutigen Markt damit landen würdest? Es scheint mir fraglich...
Es ist auf jeden Fall ein interessanter Einblick in die Sprachstile verschiedener Epochen. Schade, dass ich kein Germanist bin, sonst könnte ich darüber mit Feuereifer meine Doktorarbeit schreiben. :D

Ciao, Megabjörnie

 

Das mit Borchert überrascht mich. Er war damals, nach dem Krieg, tatsächlich einer meiner Vorbilder (neben Brecht, S. Exupéry, Tucholsky und E. Kästner, ). Kompliment!
Das mit der Bratpfanne stört mich selbst. Ich hab diese Geschichte nie zu meinen besten gezählt. Aber die Diskussion darüber war interessant. Vielleicht schreibe ich sie einmal um.
Auf jeden Fall bedanke ich mich für das Interesse.

 

hallo nochmals, dundich.
mir is da noch was aufgefallen! hoffentlich bin ich nicht zu pingelich.
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"Gott bewahre! Nein. Ich werde durch die Luft schwimmen".
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"Ihr ödet mich an", sagte Balduin, sprang aus der, Wasser und flog davon.
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1. Wenn er durch die Luft schwimmt, dann solltest du unten nicht das Wort "fliegen" dafür verwenden, oder?
2. "sagte Balduin, sprang aus der, Wasser und flog davon." - stimmt da was nicht?

grüsse clyan

 

Clyan schrieb:
hoffentlich bin ich nicht zu pingelich.
Bist Du. Übrigens schreibt man pingelig, obwohl man das End-G wie ch spricht.
1. Wenn er durch die Luft schwimmt, dann solltest du unten nicht das Wort "fliegen" dafür verwenden, oder?
2. "sagte Balduin, sprang aus der, Wasser und flog davon." - stimmt da was nicht?
Das stimmt sehr wohl. Denk doch einmal darüber nach, wer den ersten Satz sagt: EIN FISCH. Na also!
Übrigens - Du solltest einmal die Rechtschreib- und Grammatikfehler in Deiner Jenny-Geschichte korrigieren.

 

Hm... ich weiss nicht, ob der letzte Satz von dir hier angebracht ist. Ob ich meine Geschichten korrigiere, ist ja wohl meine Angelegenheit. Ich habe nur versucht, dich auf eine Unschönheit deines Textes aufmerksam zu machen. Was du daraus machst, ist ganz und gar deine eigene Sache. Deshalb brauchst du nicht gleich persönlich zu werden.
Hoffe, du siehst das ein,
Clyan

 

Clyan schrieb:
Hm... ich weiss nicht, ob der letzte Satz von dir hier angebracht ist. Ob ich meine Geschichten korrigiere, ist ja wohl meine Angelegenheit. Ich habe nur versucht, dich auf eine Unschönheit deines Textes aufmerksam zu machen. Was du daraus machst, ist ganz und gar deine eigene Sache. Deshalb brauchst du nicht gleich persönlich zu werden.
Hoffe, du siehst das ein,
Clyan
Natürlich sehe ich das ein und es tut mir leid, wenn es bei Dir in die falsche Kehle gekommen ist. Ich wollte ja nur darauf hinweisen, dass es zwischen dem, was Du als "Unschönheit" bezeichnest und offensichtlichen Fehlern ein Unterschied besteht. Wenn jemand sich die Mühe macht, mich auf solche Fehler hinzuweisen, korrrigiere ich Sie, schon aus Höflichkeit dem andern gegenüber. "Unschönheiten" sind Ansichtsache. Othographie und Grammatik sind es nicht.

 

Nana, wer wird denn an so einem schönen Tag zu Streiten anfangen...

"Unschönheiten" sind Ansichtsache. Othographie und Grammatik sind es nicht.
Richtich (hihi)
Umso erstaunlicher finde ich, daß du clyans zweiten Punkt noch nicht berichtigt hast. Denn "der Wasser" ist definitiv nicht nur unschön, sondern tatsächlich schlicht falsch. Unabhängig davonl, wieviele Fehler in clyans Geschichten zu finden sein mögen.

 

Umso erstaunlicher finde ich, daß du clyans zweiten Punkt noch nicht berichtigt hast. Denn "der Wasser" ist definitiv nicht nur unschön, sondern tatsächlich schlicht falsch.
Um das hier mal richtich zu stellen; das hatte ich schon angemerkt. :teach:

Übrigens: die Straffung macht die Geschichte um einiges besser.

 

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