Was ist neu

Begegnung im Zugabteil

Mitglied
Beitritt
30.11.2003
Beiträge
86
Zuletzt bearbeitet:

Begegnung im Zugabteil

Der Zug stieß einen hohen Ton aus, bevor sich die Türen schlossen. Ich legte mein Buch weg und starrte aus dem Fenster. Auf Bahnhöfen geht es immer unglaublich hektisch zu. Ein Mann eilte an meinem Fenster vorbei und zog den Koffer hinter sich her. Ein Hund bellte ihm nach. Ein Stück weiter, begrüßte eine Mutter stürmisch ihre Familie.
Ich war gerne an Bahnhöfen, sie verströmten so einen angenehmen Geruch von Freiheit und Abenteuer. Meine Reise war jedoch nicht lang, denn ich wollte nur meine Oma einige Kilometer weiter besuchen. Das Abteil, in dem ich saß, war bisher leer, was mich nicht störte, so konnte ich die Beine ausstrecken und es mir gemütlich machen. Gerade als ich die Augen geschlossen und den Kopf zurück gelehnt hatte, ging die Tür zu meinem Abteil auf. Einen Moment lang überlegte ich, die Augen einfach geschlossen zu halten, aber die Neugier darüber, zu wissen, wer sich zu mir gesellen wollte, siegte.
Ich sah ein junges Mädchen, etwa so alt wie ich selbst. Sie trug etwas altmodische Kleidung, einen Baumwollrock und eine weiße Bluse. Ihre langen, blonden Haare hatte sie mit einer Klammer zusammen gesteckt. Scheu lächelte sie mir zu und ließ sich auf einem Sitz nieder.
„Hallo, wohin reist du?“, fragte ich und überlegte danach, ob das nicht etwas zu neugierig war.
"Nach Hannover", antwortete das Mädchen und ergänzte dann, "zu meinem Onkel."
Ich erwiderte, dass ich unterwegs zu meiner Großmutter war.
Das Mädchen und ich sprachen über das Wetter, die Fahrt, und die Leute und ich erfuhr unter anderem, dass sie Lise hieß.
Sie schien mir nett und freundlich zu sein, bis ein schwules Pärchen an unserer Abteiltür vorbei ging. Lise stockte im Gespräch und starrte auf den Gang, als sich die beiden Männer küssten.
„Igitt“, keuchte Lise und drehte beschämt ihren Kopf zur Seite.
„Du findest das eklig?“, fragte ich und musste ein Lächeln unterdrücken.
„Natürlich! Das ist nicht die Bestimmung der Bibel“, sagte Lise und sah mich aus großen, schockierten Augen an. Ich runzelte die Stirn.
„Die Bestimmung der Bibel?“
„Das ist eine unnatürliche Liebe, verstehst du?“
„Aber wenn sie sich doch lieben?“
Lise zog die Nase kraus und antwortete dann:
„Die wahre Liebe ist ohnehin nur die zu Christus.“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Bis mir etwas einfiel, das ich vor kurzem gelesen hatte. Ich fragte sie danach:
„Ach, bist du eine bibeltreue Christin?“
Sie lächelte breit und ihre Augen glänzten.
„Ja, so ähnlich. Du auch?“, fragte sie. Ich schüttelte den Kopf und sie sah enttäuscht aus.
„Das wird sich ohnehin ändern, wenn Jesus Christus erst zurück kommt“, meinte sie und ihre Augen bekamen einen leicht glasigen Ausdruck. Mein Herz begann mit einem Mal schneller zu schlagen.
„Ich glaube überhaupt nicht“, presste ich hervor.
„Dann wirst du zurück bleiben, während wir ins Paradies kommen“, antwortete sie und ihre zuvor so wunderbar helle und freundliche Stimme hatte einen Kälte angenommen, wie ich sie noch nie zuvor gehört hatte.
„Woran genau glaubst du?“, fragte ich und lehnte mich in meinem Stuhl etwas nach vorne. Ihre Augen begannen wieder zu leuchten.
„ Wir haben Grund zur Annahme, dass Christus noch zu unserer Lebzeit wiederkommen kann. Das ist wahrscheinlicher als bei jeder anderen Generation zuvor“, sagte sie leidenschaftlich, der Text klang aber wie auswendig gelernt.
Mein Puls ging wieder etwas schneller, als ich merkte, dass ich es hier mit etwas völlig Neuem zu tun hatte.
„Und was passiert mit denen, die nicht daran glauben?“, fragte ich und wusste die Antwort eigentlich schon. Lise bemühte sich nicht, sondern machte nur eine wegwerfende Handbewegung. Dann kramte sie in ihrer Taschen nach etwas und zog ein Blatt heraus.
Als sie es mir in die Hand gab und ich in ihre hell leuchtenden Augen sah, bekam ich eine Gänsehaut.
„Aber es gibt noch eine Chance für dich!“, flüsterte sie und drückte meine Hand.
Mir lief ein Schauer den Rücken hinunter.

 

Hallo Bluna,

eine seltsame Begegnung schilderst du da. Ich kann mir vorstellen, dass es deine Prot. etwas komisch zumute wird - allerdings halte ich ihre Reaktionen trotzdem für übertrieben. Auf der anderen Seite habe ich nicht das Gefühl, dass hier von einer Christin die Rede ist. Ich bin nicht sonderlich bibelfest, aber ich meine, dass in der Bibel nichts von einem weiteren Messias steht.
Insofern glaube ich, dass Lise eine Sektenanhängerin ist und das solltest du in deiner Geschichte eindeutig klären bzw. insofern offen lassen, dass gar nicht erst der Verdacht aufkommt, es wäre von Christen die Rede. Ich selbst habe bisher noch keine fanatischen Christen kennen gelernt, gläubige ja, welche die sehr nach den Grundsätzen der Bibel leben, ja - aber keine, die einem mit ihren Beschwörungen einen Schauer über den Rücken jagen würden.
Ein paar Klischees bemühst du in deinem Text leider auch: Zum Beispiel, wenn ich an Lises altmodische Kleidung denke.

Ich lege mein Buch weg und starte aus dem Fenster.

legte/ starrte

Einen Moment lang überlegte ich, die Augen einfach geschlossen zu halten, aber die Neugier darüber, zu wissen, wer das Abteil betreten hatte, siegte.

Etwas umständlich, finde ich. Vorschlag: Einen Moment lang wollte ich die Augen geschlossen halten, doch dann siegte meine Neugier.

Es war ein junges Mädchen, etwa so alt wie ich selbst.

Hier schöner: Ich sah/ Ich entdeckte

Sie trug etwas altmodische Kleidung, einen Baumwollrock und eine weiße Bluse. Ihre langen, blonden Haare hatte sie mit einer Klammer zusammen gesteckt.

Hatte oder War finde ich immer etwas unschön. Vielleicht hier: Eine Klammer hielt ihr langes, blondes Haar zusammen.

LG
Bella

 

„Aber es gibt noch eine Chance für dich!“, flüsterte sie und drückte meine Hand.
Mir lief ein Schauer den Rücken hinunter.
Und dann?

Nichts gegen ein abruptes Ende, aber hier ist es mir ein bißchen zu abrupt. So macht es den Eindruck einer unvollständigen Geschichte. Zumindest einen flüchtigen Blick auf das Blatt oder eine weitere Aktion von Lise hättest du deinen Lesern gewähren können.

Anfangs mit Holperstellen gekoppelt, entwickelte sich die Geschichte im Nachhinein zu einer - mit wenigen weiteren Ausnahmen - angenehm lesbaren, wenn man den etwas klischeebehafteten und leicht unglaubwürdigen Inhalt außer Acht lässt.
Auf Zeit- und Formulierungsfehler bist du ja bereits von Bella hingewiesen worden.

 

Hallo!
Erst einmal danke für eure Kritik.
Ich bin nicht sonderlich bibelfest, aber ich meine, dass in der Bibel nichts von einem weiteren Messias steht.
Erst einmal dazu. Vielleicht sagt euch der Name Tim Lahaye etwas? Er gehört dieser "Sekte" an, die die Bibel wortgenau auslegen und an eine Rückkehr Christus glauben. Von ihm habe ich vor kurzem ein Buch gelesen. Also von Lahaye, nicht von Christus ;)
Ok, Spaß bei Seite, also solche Leute gibt's. Mmm, was du sagst, Bella, dass ich in der Geschichte ganz klar machen sollte, dass es sich um eine sekte handelt, finde ich schwierig. Denn, der Prot weiß nicht, worum es sich handelt und Lise würde nicht sagen, dass es sich um eine Sekte handelt. Das mit dem abrupten Ende, naja, ich wollte ein offenes Ende lassen, aber ich werde noch einmal darüber nachdenken.
Also gut, LG, bluna

 

hallo bluna,

eine bibel wortgenau auslegen ... das geht nicht. niemand kann das. wir müssen die worte interpretieren, weil sie sonst keinen eindeutigen sinn ergeben. deshalb ist das christentum vom judentum gespalten, deshalb haben die christen 2 testamente. beide testamente sind überlieferungen von geschehnissen aus einer längst vergangenen zeit. dass jesus existierte, dass ist historisch erwiesen. aber jetzt fängt der glaube an, denn ... war christus gottes sohn? glauben wir an die dreifaltigkeit? die juden glauben nicht, denn sie halten am eindeutigen wort im alten testament, dass gott einzig ist.
du siehst, die interpretation geht schon los, bevor wir das 2. testament aufgeschlagen haben.
wahrscheinlich hast du tim lahayes roman: "die letzten tage der erde" gelesen, in diesem israel unter göttlichem wohlstand und schutz steht. in dem der messias und auch der antichrist zurückkehren. dieser roman ist toll geschrieben, er bringt die prophezeiungen gut ins geschehen ein. das konnte stephen king aber auch!
nichtsdestotrotz ist es ein roman, und es gibt in der heiligen schrift kein wirklich interpretierbares datum für die apokalypse. und wer an die bibel glaubt; im alten testament nach der sintflut schon hat gott den menschen versprochen, dass er ewigen frieden mit den menschen geschlossen hat. vielleicht ist es gut, wenn du seinen worten vertraust *smile*.

zur geschichte - ja, welcher religion gehört das mädchen an? ist sie auch baptist? "soetwas ähnliches" hat sie gesagt. der leser neugiert natürlich. und ja, ich war enttäuscht, dass die geschichte so plötzlich endete. sie hat mich nämlich auf die folter gespannt, was ein guter ansatz für gute geschichten ist. führe für die geschichte und für dich selbst diesen ansatz bis zum ende durch und versuche, auch wenn es schwierig wird, für beide ein resumee, also eine entscheidung in der einstellung, zu finden.

den stil möchte ich nur ganz kurz ansprechen. versuche einfach längere sätze zu formulieren.

fazit: das ist eine halbe aber schon spannende geschichte, die leser warten auf die fortsetzung *smile*

bis dann

barde

anmerkungen:

Ein Mann rannte an meinem Fenster vorbei und zog den Koffer hinter sich her. Ein Hund bellte ihm nach.

statt "rannte" bitte "eilte", denn rennen mit koffer hinter sich herziehen geht nicht

Meine Reise war jedoch nicht lang. Ich wollte nur meine Oma einige Kilometer weiter besuchen. Mein Abteil war bisher leer, was mich nicht störte. So konnte ich meine Beine ausstrecken und es mir gemütlich machen.
"Meine", "meine", "Mein", "mich", "meine", "mir" das ist heftig. das solltest du raffen, z.b.: Ich wollte meine Oma besuchen; die Reise würde nicht lange dauern. Das Abteil, in dem ich saß, war leer, was mir nicht unangenehm war, denn so konnte ich gemütlich die Beine ausstrecken." ausserdem tut es gut, wenn kleine sätze zusammengefasst werden können.

Gerade als ich die Augen geschlossen und den Kopf zurück gelehnt hatte, ging die Tür zu meinem Abteil auf. Einen Moment lang überlegte ich, die Augen einfach geschlossen zu halten, aber die Neugier darüber, zu wissen, wer das Abteil betreten hatte, siegte.

"Abteil" ist doppelt. statt "das Abteil betreten hatte,..." klingt vielleicht besser: "...sich zu mir gesellen mochte,...

"Nach Hannover", antwortete das Mädchen und ergänzte dann "zu meinem Onkel."

hinter "dann" ein komma ?

Das Mädchen und ich sprachen über das Wetter, die Fahrt und die Leute und ich erfuhr unter anderem dass sie Lise hieß.
vor "dass" ein komma
vor "und" eigentlich auch ein komma

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Bis mir etwas einfiel, das ich vor kurzem gelesen hatte.

was denn? du gehst gar nicht unmittelbar darauf ein!

Als sie es mir in die Hand drückte und ich in ihre hell leuchtenden Augen sah, bekam ich eine Gänsehaut.

„Aber es gibt noch eine Chance für dich!“, flüsterte sie und drückte meine Hand.


"drückte" ist hier ungeschickt doppelt. das 1 "drückte" würde ich in ein "gab" ändern

 

Hallo Barde,
darf ich hier eine Fortsetzung schreiben?
Nein, ich habe nicht den Roman von Tim Lahaye gelesen, sondern das Begleitbuch und in dem gibt er Zitate aus der Bibel und legt sie selbst aus. Er begründet praktisch mit der Bibel die Apokalypse. Ich persönlich halte die Rückkehr Christus für Quatsch, aber in dem Buch wird es ganz klar, mit Hilfe der Bibel, so dargestellt, als wäre das "die Endzeit" in der wir gerade leben.
Die Fehler werde ich bei Gelegenheit ändern.
bluna

 

Hi bluna,

Was mir noch auffiel:


„Dann wirst du zurück bleiben, während wir ins Paradies kommen“, antwortete sie und ihre zuvor so wunderbar helle und freundliche Stimme hatte einen Kälte angenommen, wie ich sie noch nie zuvor gehört hatte.

Das macht den Eindruck, sie würde das Mädchen schon länger kennen und hätte sich schon öfters mit ihr unterhalten.

Das Klischee mit der altmodischen Kleidung finde ich passend; wenn man die Damen und Herren (und manchmal auch Jugendliche bzw. Kinder) der Zeugen Jehova betrachtet, bestätigt sich das.

Etwas zu aufgebracht erschien mir die Prot mit ihrem schnellen Puls.
Wenn man an nichts glaubt, hat man sich doch schon Gedanken über Religionen und deren Auswirkungen gemacht. Da erscheint es verwunderlich, dass sie so schnell aus der Bahn geworfen wird, anstatt einfach nur ihre Meinung dazu kundzutun und eine - wenn auch sinnlose ;) - Diskussion zu beginnen oder das Thema eben damit zu beenden, dass sie kein Interesse hätte.
Deine Geschichte scheiterte vielleicht an deinen fehlenden Detailkenntnissen, die es dir nicht möglich machte, das Thema weiterzuspinnen.

Die Idee als solche fand ich gut :).

Lieber Gruß
ber

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom