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Berlin, vom Brocken gesehen

Monster-WG
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07.01.2018
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Berlin, vom Brocken gesehen

Goslar, früher
An Charlottes achtzehntem Geburtstag trank ich Wodka. Anton, ihr Bruder, schenkte mir zwei Finger breit ein. Er rief nach ihr, fragte, ob sie auch etwas wollte, aber sie tanzte. Und wenn sie tanzte, konnte sie nichts erreichen. Die Hitze des Wodkas wanderte durch meinen Körper. Breitete sich bis in die Fingerspitzen aus.

Berlin, heute
Der Wodka kommt mir wieder in den Sinn – Jahre später –, als Anton die Wohnungstür öffnet. Er sieht müde aus.
»Hi«, sage ich. Möchte etwas hinzufügen, etwas Unverfängliches, doch ich finde keine Wörter.
Er sagt nichts, und ich trete an ihm vorbei in die Wohnung.
Ich hole tief Luft. Ich bin mit dem festen Vorsatz hier, ihm schnell meine Schlüssel zu geben, die Sache hinter mich zu bringen. Doch der Anblick der gerahmten Bilder im Flur lässt mich erstarren. Das Einschulungsfoto hängt noch hier: Charlotte und ich mit Schultüten im Arm auf einer Mauer, Schulter an Schulter, Hüfte an Hüfte, Knöchel an Knöchel.
»Möchtest du was trinken?«, fragt Anton.
Ich halte ihm den Schlüssel hin. »Bin gleich wieder weg.«
»Simi. Nur einen Moment.«
Ich seufze tiefer, als nötig wäre. »Wodka, bitte.«
Seine Mundwinkel zucken, beinahe lächelt er.

Brocken, früher
In unserer Schulzeit wanderten Charlotte und ich fast jede Woche auf den Brocken. Wir saßen immer auf dem gleichen Felsen. Als wir älter wurden, teilten wir uns meistens eine Zigarette, legten unsere Beine übereinander und ignorierten die glotzenden Touristen.
Es war ein besonderer Felsen: Brockengranit, das gibt es nirgendwo sonst. Der Brocken hat sogar ein eigenes Klima, und als wir nach ihrem Geburtstag auf dem Felsen saßen, trieb der Brockenwind die ersten Schneeflocken vor sich her. Unter uns erstreckte sich der Wald: blaue Tannen und schwarze Berghänge.
Trotz der schneidenden Kälte zogen wir die Handschuhe aus und knüpften unsere Freundschaftsbänder. Ich hatte blaue und rosafarbene Fäden für Charlotte ausgesucht, Charlotte rote und grüne für mich.
»Rot für die Liebe und Grün für die Hoffnung«, sagte Charlotte. »Weil ich hoffe, dass du die Liebe findest.«
Ich konnte nicht sagen, was die Farben bedeuteten, die ich für sie ausgesucht hatte. »Ich glaube, Blau und Rosa passen zu dir«, sagte ich.
»Schau mal nach Osten.« Sie streckte die Hand aus, als könnte sie damit die Wolken am Horizont beiseiteschieben. »Ich kann Berlin sehen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Viel zu weit weg.«
»Ich kann es sehen.«
Die Haut unter meinen Fingernägeln hatte sich bläulich verfärbt, und ich pustete auf die Finger, bevor ich weiterknüpfte. »Kommst du in den Herbstferien wieder mit?«, fragte ich. »Meine Oma muss das bald wissen.«
»Nee.« Charlotte beugte sich zur Seite und flüsterte mir ins Ohr: »Ich fahre nach Berlin. Zum Casting.«

Berlin, heute
»Weißt du noch?«, fragt Anton, als er das Glas vor mir abstellt. »An Charlottes Geburtstag? Da haben wir Wodka getrunken.«
»War mein erstes Mal«, sage ich.
Er setzt sich nicht, lehnt sich an die Anrichte. Stößt nicht an, sondern nippt bereits an seinem Glas. »Simi, ist das wirklich die richtige Entscheidung?« Er holt tief Luft. »Du wolltest doch nie nach Goslar zurück.«
Ich trinke, und der Wodka brennt durch mich hindurch. Von der Straße wirbelt Motorenlärm herauf.
Anton streicht mit gespreizten Fingern das Haar zurück, bis es nach allen Seiten absteht. »Ich dachte, wir könnten vielleicht neu anfangen. Wenn wir bloß aufhören, über Charlotte zu reden …«
»Ich will nicht aufhören, über sie zu reden.« Ich nehme einen weiteren Schluck, einen größeren diesmal. »Und ich gehöre eben nicht nach Berlin.«

Nordsee, früher
Jeden Herbst besuchte ich meine Großmutter an der Nordsee. Zweimal war Charlotte bereits mitgekommen, doch meine letzten Herbstferien verbrachte ich dort allein.
Ich saß auf dem Sofa, einen heißen Kakao in der Hand, während der Sturm an den Fenstern rüttelte. Charlotte rief an, im Hintergrund das Zischen der Züge, das Stimmengewirr, die hallenden Gleisdurchsagen.
»Ich bin da«, sagte sie feierlich. »Ich bin in Berlin!«
»Toll«, sagte ich. »Wie hast du das Geld zusammenbekommen?«
»Sei keine Spaßbremse, Simi. Ich melde mich wieder.«

Als später mein Handy klingelte, war es nicht Charlotte, die anrief. Es war Anton.
»Weißt du, wo Charlotte ist?«, fragte er. Seine Stimme klang gepresst. Seltsam, wenn ich ihn nicht für einen so coolen Typen gehalten hätte – er war schließlich schon zwanzig –, hätte ich schwören können, dass er Tränen unterdrückte.
»Nein«, sagte ich. Mein Magen zog sich zusammen. »Keine Ahnung.«
»Sie war zum Abendessen nicht da. Sie geht nicht ans Handy. Meine Mutter …« Er atmete tief ein.
Eine schmerzende Gänsehaut breitete sich auf meinen Oberschenkeln aus, und ich rieb mit den Händen über den Jeansstoff, als könne ich sie dadurch vertreiben. Vor meinem inneren Auge erschien Charlottes Mutter Regina – wie sie, wenn sie die Treppe hinunterging, die Kante vom Foto berührte, das Charlottes Vater zeigte. Und das Schimmern in ihrem Blick. Seltsam, Mitleid mit einer Erwachsenen zu haben.
»Simone, wenn du weißt, wo sie ist, musst du es sagen.«
Mit schwitzigen Händen umklammerte ich das Handy. »Vielleicht kann ich etwas rausfinden.«

Berlin, heute
»Ich dachte immer, Berlin wäre dein Traum«, sagt Anton. Er berührt das Wodkaglas, lässt dann die Hand wieder sinken.
Ich nehme noch einen Schluck. »Ich konnte Charlotte und mich nicht auseinanderhalten.«

Goslar, früher
Charlotte kam früher als geplant aus Berlin zurück. Anton holte sie mit dem Auto ab, und ich befürchtete, dass er wütend auf sie sein würde. Oder sie auf mich.
Ich kehrte auch früher als geplant nach Goslar zurück. Charlotte antwortete nicht auf meine WhatsApp-Nachrichten und ging nicht ans Telefon. Also lief ich die zwei Straßen zu ihr.
»Sie ist oben«, sagte Charlottes Mutter, als sie die Tür öffnete.
Charlotte saß auf dem Boden in ihrem Zimmer, den Rücken ans Bett gelehnt. Sie schaute nicht auf, sagte nichts, also setzte ich mich neben sie, lehnte den Rücken ans Bett. So hatten wir dort schon als Erstklässlerinnen gesessen.
Mein Knöchel berührte ihren Knöchel, die Farben der geknüpften Fußbänder waren schon verblasst.
»Tut mir leid«, sagte ich. »Aber ich hab nichts von dir gehört. Ich hab mir Sorgen gemacht.«

Charlotte hörte auch in den folgenden Wochen nicht auf, von Berlin zu reden. Sie hörte sowieso nie auf zu reden. Je flacher das Land, desto tiefer die Seele, pflegte mein Vater zu sagen. Er fand es lustig, schließlich lebten wir im Harzvorland. Vielleicht war Charlottes Seele nicht tief genug. Das hat ein Mitschüler mich später einmal gefragt: wie man sich aus lauter Oberflächlichkeit umbringen könne.
In der Schule schwärmte sie für Markus, einen Typen aus der Parallelklasse. Nach den Herbstferien nannte er sie eklig, und dann eilte er davon, und sie stand wie angewurzelt da, mit zitternder Unterlippe. Ich legte ihr den Arm um die Schulter, fühlte die Knochen durch ihren übergroßen Pullover.

»Hast du dich mit Anton getroffen?«, fragte Charlotte.
Wir saßen wieder an ihr Bett gelehnt, vor dem Fenster wirbelten Schneeflocken. Wir blätterten in Modezeitschriften, doch ich las nicht wirklich. Diäten, Stars, Kleidung — dafür konnte ich heute keine Konzentration aufbringen.
»Ja«, sagte ich.
»Finde ich nicht gut.«
Ich hob den Kopf. »Was?«
Sie schaute mich an. Ich hatte flüssigen Lidstrich um ihre Augen gemalt. Zu viel. Sie sah wie ein Panda aus. »Ich find’s komisch, dass ihr euch ohne mich trefft.«
»Entschuldige mal …« Ich rang nach Luft, suchte nach Worten.
»Seid ihr zusammen?«
»Nein«, entfuhr es mir. Und dann noch einmal, weniger heftig: »Nein. Wir … haben nur Spaß.«
»Cool. Dann kann ich ja beim nächsten Mal dabei sein.«
Ich klappte das Heft zu. »Und wenn ich mit Anton zusammen wäre, was dann?«
Ihr Blick folgte der Bewegung meiner Hände. »Liest du das nicht mehr?«
Wortlos reichte ich ihr das Magazin und erhob mich.
»Gehst du schon?«
»Muss noch lernen. Meine Mutter wünscht sich …« Ich holte tief Luft. Wappnete mich für die Explosion »…, dass ich es an die FU Berlin schaffe.«
»Du willst nach Berlin?«, fragte sie mit blitzenden Pandaaugen.
»Meine Mutter wünscht sich das. Ich …« Ich sah mich im Zimmer um, als könne ich irgendwo die rettenden Worte finden. »Ich denke eher an Braunschweig«, schloss ich.
»Das passt auch besser zu dir«, sagte sie und schlug die Zeitschrift auf. »Dieses Low Carb, denkst du, ich sollte das mal ausprobieren?«
Ich zuckte die Achseln und schluckte säuerlichen Speichel herunter. »Ich hab keine Ahnung von so was.«
»Eh klar. Madame hat es ja nicht nötig.«

Berlin, heute
Anton blickt ins Leere. Schließlich sagt er: »Ich weiß, was du meinst. Und deshalb denke ich auch, sie sollte kein Teil unseres Lebens mehr sein.«
»Es gibt kein unseres.« Ich trinke den Wodka leer. Als ich aufstehe, dreht sich das Zimmer um mich. »Wir haben Schluss gemacht.« Ich lege die Schlüssel auf den Küchentisch. »Mach’s gut.«

Goslar, früher
Ich bin ein Einzelkind, und ich dachte, Geschwister würden einander nie verlassen. Geschwistern konnte man nicht einfach Adieu sagen, man konnte nicht mit ihnen Schluss machen. Ein Irrtum, wie sich herausstellte.
Vor Weihnachten besuchte ich Charlotte im Krankenhaus. Sie saß auf dem Bett, und wir tranken Ingwertee. Sie durfte nicht so viel trinken wie sonst, aber dieser Becher Tee vor dem Mittagessen war ihr heilig.
»Anton versteht nicht, wie hart es ist«, sagte sie. »Wie hart ich arbeite, um das zu erreichen, was ich will.« Sie strich sich mit dem Handrücken über die geröteten Augen. »Er hat gesagt, er will mich nicht mehr sehen.«
Ich blickte auf ihre Fußknöchel. Sie waren so stark geschwollen, dass Charlotte das Bändchen nicht mehr tragen konnte. Das rosablaue Bändchen, das nun von ihrer Nachttischlampe baumelte. Ich nippte am Tee, doch der Ingwer spülte den bitteren Geschmack in meinem Mund nicht weg.
»Ja, es ist harte Arbeit«, sagte ich. »Das Hungern.«
Und diesmal sagte sie nichts.

An Heiligabend war sie zu Hause, wir saßen auf dem Balkon und blickten auf die Berge, die blauen Tannen. Den Wald, in dem die Luchse und Hexen lebten.
»Wenn ich gesund bin, ziehe ich nach Berlin«, sagte Charlotte.
»Und das Abi?«, fragte ich.
»Ich kann nicht noch ein Jahr hier festsitzen.«
Ich drückte ihre kalte Hand, und dann schauten wir beide nach Osten, auf die wolkenumhüllten Berge, und sie sagte: »Aber du kannst mich vom Brocken sehen.«

Berlin, heute
Im Flur nehme ich das Einschulungsfoto von Charlotte und mir von der Wand. Warum Anton es nicht längst abgenommen hat?
Ich drehe mich um, und er steht in der Küchentür. »Was willst du eigentlich wieder in Goslar?«, fragt er.
Er ist ihr so ähnlich. Aber das ist das Letzte, was er hören will.
»Vom Brocken aus kann ich Berlin sehen«, sage ich. »Das genügt.«
Denn was ich von Berlin aus nicht sehen kann, das sind die Bäume, der Nebel, die Luchse, der Hexentanzplatz. Berlin ist so laut und wuselig, ständig geschieht etwas. Dem Harz ist das alles gleichgültig.
»Weißt du noch, Bosse?«, frage ich. Ein anderer Niedersachse, der über Berlin sang. Leise summe ich: »Und Berlin war wie New York. Ein meilenweit entfernter Ort.« Ich schaue Anton an, doch er weicht meinem Blick aus. »Ich glaube, ich verstehe jetzt, was damit gemeint ist.« Verstehe, was Charlotte nie verstand. Was die Sehnsucht bedeutet.
Anton runzelt die Stirn. »Man kann Berlin vom Brocken nicht sehen.«
»Ich schon.«

Goslar, früher
Sie sah Berlin nicht wieder. Ihre Mutter rief am Neujahrsmorgen an, und sie sagte nichts, ich hörte bloß ihren Atem in der Leitung. Ich starrte auf das Foto an der Wand, das Foto von unserer Einschulung. Charlotte und ich, Schulter an Schulter, Hüfte an Hüfte, Knöchel an Knöchel.
Ich fuhr ins Krankenhaus und stand wie erstarrt im Zimmer, während die Mutter Charlottes Sachen zusammenräumte. Auf dem Nachtschrank lag der giftgrüne Apfel, den ich ihr an Silvester mitgebracht hatte.

Berlin, noch
Die Zugbremsen lösen sich zischend, und an der Scheibe zieht das blaue Schild vorbei. Das gleiche blaue Schild, das an jedem Bahnhof in Deutschland hängt, in Berlin aber immer ein bisschen blauer aussieht.
Vom Bahnhof in Berlin aus kann ich alles sehen: die Leute, die Tauben, die Farben. In Goslar werden es die Berge sein, die Kirchtürme. Ein Sehnsuchtsort. Ich komme nach Hause.

 
Quellenangaben
"Schönste Zeit" von Bosse (Album: Kraniche (2013))

Mach dir keinen Stress, das eilt nicht. Hört sich an als gäbe es gerade wichtigere Dinge..

 
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Hey @TeddyMaria,

Berlin, vom Brocken gesehen
:schiel: Wenn der Titel in der KG-Übersicht erscheint, lese ich jedes Mal: "Berlin, vom Brocken AUS gesehen", weil es sich sonst für mich anhört, als werde Berlin von dem (personifizierten) Berg selbst gesehen.
Das wird jetzt nicht falsch sein. Dafür halte ich dich für zu sattelfest und es waren auch schon einige Füchse hier. Danke für grammatikalische Aufklärung, damit sich mein Hirn entrenkt. :shy:

Interessierte Grüße
wegen

PS: falls das schon jemand angesprochen hatte und es in den Kommentaren geklärt wurde, habe ich es nicht mitbekommen. Sorry dann.

 

Liebe @TeddyMaria,

@wegen sieht es richtig

Wenn der Titel in der KG-Übersicht erscheint, lese ich jedes Mal: "Berlin, vom Brocken AUS gesehen"
(keine Bange, ich mach jetzt keine Spielchen mit "von wegen" ...

Tschüss und in Bälde

Friedel

 

Liebe @Chutney

Habe mich gefreut, dass Du nochmal reingeschaut hast. Ich finde interessant, noch einmal über die Ortsangaben nachzudenken - habe mich aber trotzdem dazu entschieden, sie stehen zu lassen.

Es ist natürlich superschwer, sich in jemanden hineinzuversetzen, für den die Geschichte neu ist, aber in den einzelnen Abschnitten wird es ja doch deutlich, wo das jeweils spielt und du unterscheidest ja auch in den Zeiten.

Du erinnerst Dich ja noch, dass ich zu Anfang keine Orts- und Zeitangaben hatte. Damals dachte ich auch, ich hätte die Geschichte so geschrieben, dass in den einzelnen Abschnitten deutlich wird, wann und wo sie spielt. Nun denken wir das halt beide, aber ich fürchte, das deutet eher darauf hin, dass wir beide die Geschichte inzwischen gut kennen.

Die Ortsangaben machen es doch ziemlich abgehackt.

Ich habe mich inzwischen daran gewöhnt und finde sie im Auge ganz angenehm.

Ansonsten mag ich die Geschichte immer noch sehr und finde, sie hat noch gewonnen.

Freut mich sehr! Ich bin auch zufriedener damit als am Anfang - oder zwischendurch während der Überarbeitung. Danke, dass Du nochmal reingeschaut hast.

Cheers,
Maria

Liebe @Maedy

Danke, dass Du mir noch einen Kommentar dalässt. Du hast ja auch schon reingelesen, bevor ich die Geschichte überhaupt hochgeladen habe, und dabei ging es ja auch um "Ghost" (interessante Parallelen):

Ich kenne das Gefühl, da kommen so viele tolle Vorschläge und plötzlich merkt man, dass dann etwas ganz anderes aus der Story wird. Und machmal will man das einfach nicht.

Genauso hat es sich angefühlt. Normalerweise werfe ich ja gerne um, aber an dieser Geschichte in dieser Form hängt auch mein Herz. Ist mal eine schöne Erfahrung, denn an den meisten Geschichten hänge ich halt nicht und kann sie deshalb so großflächig überarbeiten.

Das mit der Farbbedeutung ist ja regional verschieden. Aber bei uns steht blau für die Treue. Ich weiß nicht, ob Du das intendiert hast bei der Farbwahl, aber ich finde es sehr schön deswegen.

Über die Farbwahl habe ich mir nur ein klein wenig mehr Gedanken gemacht als Simi: nämlich kaum. Und inzwischen habe ich, wenn ich es recht überblicke, von KommentatorInnen mehrere Hinweise zur Farbbedeutung bekommen. Scheint keine präzise Wissenschaft zu sein. ;) Vielleicht ist das auch so ein Horoskop-Effekt, dass jede/r hineinlesen kann, was er/sie möchte.

Wenn ich die Kleinigkeiten nicht weiter erwähne, habe ich sie wie gewohnt schon eingearbeitet. Vielen Dank!

Der Satz stört mich irgendwie. Warum ist das seltsam?

@Raindog hat diesen Satz lobend hervorgehoben, und deshalb habe ich auch kein schlechtes Gewissen, ihn außerhalb der Geschichte zu erklären: Ich lehne mich nicht so weit aus dem Fenster und behaupte, alle Jugendlichen würden dies erleben, aber ich habe es erlebt und Simi eben auch - dass Erwachsene plötzlich nicht nur für einen da sind, sondern dass auch Erwachsene Probleme haben und Hilfe brauchen. Gerade in der Eltern-Kind-Beziehung fand ich es einschüchternd ("seltsam") zu erleben, dass meine Mutter mich mit ihren Problemen belastet und irgendwann auch Rat und Hilfe von mir möchte. Diesen Aufbruch der Erwachsenen-Kind-Beziehung, den Simi während des Erwachsenwerdens erlebt, möchte ich hier gerne zeigen.

Anekdote am Rande: Ich erinnere mich noch daran, als ich erfahren habe, dass meine Eltern auch Namen haben und nicht "Mama" und "Papa" heißen. Das fand ich SEHR seltsam. Natürlich war ich damals kein Teenager, sondern sehr viel jünger, aber ich denke, es ist ein Anfang dieser Erfahrung, dass Eltern auch unabhängig der Fürsorge für die Kinder existieren. In der Psychoanalyse spielt dieser Narzissmus von Neugeborenen, dass nämlich alle Menschen nur existieren, um für sie zu sorgen, eine wichtige Rolle. Und im Laufe des Erwachsenwerdens wird uns Menschen immer klarer, dass andere eben nicht nur für uns leben und dass wir ihnen womöglich genauso helfen können, wie sie uns geholfen haben. Und im späteren Erwachsenenalter muss man womöglich die eigenen Eltern pflegen, d.h. dieser Umbruch der Eltern-Kind-Beziehung vollzieht sich vielleicht ein Leben lang.

Das frage ich mich jetzt gerade (zum ersten Mal) auch. Warum will Simi eigentlich nach Berlin. Charlotte ist ja gerade nicht mehr da. Oder hofft sie, dass Charlotte nachkommt?

Ich glaube nicht, dass der Grund ein rationaler ist. Viel später kommt Simi ja zu der Erkenntnis, dass sie sich stark an Charlottes Träumen orientiert hat und viel weniger daran, was sie selbst fühlt. Das zeigt sich hier auch, obgleich sie es sich nicht bewusst ist, es nicht rationalisieren kann.

Das finde ich nach näherem Nachdenken auch komisch. Ich hätte so verstanden, dass Charlotte Low Carb probieren will, um wieder regelmäßig zu essen anstatt nichts zu essen. Oder täusche ich mich da? Bei Simi wäre es jedenfalls umgekehrt (sie müsste das machen, um abzunehmen).

Das sind ja Gedankengänge, da wäre ich nie drauf gekommen. Ich hatte es so verstanden, dass Charlotte Diäten ausprobiert und Simi es in ihren Augen eben nicht nötig hat, da sie in Charlottes Augen schlank ist. :confused: Ich hätte das gar nicht so um die Ecke gedacht wie Du.

Ich mag die Geschichte immer noch!

Das freut mich sehr. Vielen Dank für Deine Anmerkungen!

Cheers,
Maria

Lieber @Carlo Zwei

Wie schön, dass Du reinschaust und mir einen so hübschen Kommentar dalässt! Du sagst so viele schöne Dinge, das freut mich wirklich sehr. Dankeschön!

Das ist so ein Schreibstil, der auf jeden Fall polarisiert. Nicht jeder kann was damit anfangen – die, die können, können sich regelrecht verlieben, denk ich.

Ich denke, das lässt sich den Kommentaren auch entnehmen - wobei die Resonanz doch in erster Linie positiv ausgefallen ist.

Mir gefällt, dass das alles um drei Personen kursiert. Bei der Länge ist das vielleicht auch meine Lieblingszahl, wenn man das so sagen kann :lol: Du baust eine schöne, wohlige Stimmung auf, indem du – was einige kritisieren – vieles im Vagen lässt.

Ich freue mich, dass Du mit dem Vagen etwas anfangen kannst. Das ist halt immer die Krux: Wer das nicht kann, für den ist die Geschichte nichts. Und damit zu leben, fällt mir bekanntlich schwer. Was die drei Figuren angeht, stimme ich Dir zu, wobei es wahrscheinlich nicht unbedingt an der Länge liegt. Ein Konflikt lässt sich perfekt um zwei bis drei Figuren erzählen, und mit drei Figuren gerate ich in die berühmte Dreiecksbeziehung.

Es gibt ungefähr fünfzig Stellen, vor denen ich mich verneige und fünfzig, die mir gar nicht behagen. Aber das ist so subjektiv. Wenn du das hören willst, such ich dir was raus. Habe aber nicht das Gefühl, dass das super konstruktiv wäre; ist irgendwie keine Verhandlungssache.

Hm, fünfzig Stellen, die Dir gar nicht behagen! :eek: Bei knapp 2.000 Wörtern ziemlich viel. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es hören will. Vielleicht war es eine gute Entscheidung von Dir, den Text nicht so zu zerpflücken - vor allem, wenn Du den Eindruck hast, dass es keine definitiven Dinge sein werden. Beurteilen kann ich das natürlich nicht, ohne zu wissen, was die Anmerkungen wären.

Also. Ich konnte mit der Geschichte total was anfangen, bin gerne auf den Vibes herumgetrieben.

Dankeschön! Habe mich über Deinen Kommentar gefreut.

Cheers,
Maria

Liebe @wegen, lieber @Friedrichard

Wenn der Titel in der KG-Übersicht erscheint, lese ich jedes Mal: "Berlin, vom Brocken AUS gesehen", weil es sich sonst für mich anhört, als werde Berlin von dem (personifizierten) Berg selbst gesehen.

Musste eine Weile nachdenken, bis ich das mit dem personifizierten Berg gesehen habe. Hihi.

@wegen sieht es richtig

Und das sagst Du, Friedel, nach all der Zeit?

Anyway, Kinder, ich weiß nicht, ob ich jetzt eine große Debatte darüber lostrete, ob Titel der Griffigkeit halber nur halb korrekt sein dürfen (*duckt sich weg*), aber bei dem "aus" rollen sich mir die Zehennägel hoch. Deshalb habe ich mich dagegen entschieden. Wenn ihr mir ein "aus" aufzwingen wollt, überlege ich mir lieber einen völlig anderen Titel.

Das ist alles, was ich zu meiner Verteidigung zu sagen habe.

Cheers,
Maria

 

Wenn ihr mir ein "aus" aufzwingen wollt, überlege ich mir lieber einen völlig anderen Titel.

Das ist alles, was ich zu meiner Verteidigung zu sagen habe.

Nix läge mir ferner, TeddyMaria. :hmm:

 

Und das sagst Du, Friedel, nach all der Zeit?

Hat doch keiner was vorweg gesagt ...Quatsch, natürlich hat @wegen recht. Aber bedeutet das dann, dass eine Ellipse nicht erlaubt wäre und vor allem keine Fantasie? Denn ich weiß, dass ich niemals Berlin vom Brocken aus gesehen hab, aber ich halbtaubblinde Nuss bin da ja auch kein Maßstab ...

Tschüss und schönes Wochenende aus'm Pott (max. ca. 40 m über NN, Kaiserberg - Duisburger Zoo - max. 70 m, der Gasometer 108 m, wie etwa auch Hanielhalde ... usw.)

Friedchen

 

Hi @wegen, hi @Friedrichard

Klar, das mit dem Aufzwingen war krass geschrieben von mir (so habe ich es nicht gemeint, entschuldigt bitte). Ich hatte lediglich im Kopf, dass hier im Forum öfters darüber diskutiert wurde, ob Geschichtentitel grammatikalisch inkorrekt sein dürfen. Und eigentlich habe ich ja auch eine klare Haltung dazu ... Nur in diesem Fall bleibe ich :dagegen:, den Titel "korrekt" zu schreiben.

:lol:

Fröhliche Weihnachten euch allen!

 

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