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Bina und ich

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08.05.2004
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Bina und ich

Vorsichtig schaute ich um die Ecke und sah, dass sie immer noch auf dem Sofa saß. Sie hatte die Fernsehzeitschrift auf dem Schoß und blätterte uninteressiert darin.

Sie wartete auf mich.

Nicht zum ersten Mal fiel mir auf, wie gut sie aussah. Im Laufe ihrer vier bis fünf Besuche in letzter Zeit ist meine Zuneigung zu ihr immer mehr gewachsen. Bina! Und es war nicht nur ihr Aussehen! Sie war zudem noch witzig, intelligent, man konnte mit ihr einfach alles machen. Ob sie meine Zuneigung erwiderte? Ich bildete es mir jedenfalls ein. Warum sonst kam sie so oft? Ich hatte eine Schüssel mit Knabbereien dabei und begann schön langsam nervös zu werden.
Plötzlich bemerkte ich, dass sich meine Hand wie von selbst die ganze Zeit im Türstock festgekrallt hatte. Ich ließ locker und es schoss wieder Blut in meine Finger. Immer noch suchte ich eine Stütze am kalten Holz, mir war leicht schwindlig. Komisches Gefühl, was war das bloß? „Jetzt oder nie!“ dachte ich und marschierte los. Nach drei, vier Schritten jedoch spielte mein Gleichgewichtssinn verrückt und ich fiel der Länge nach auf den grauen Teppichboden, während sich der Inhalt meiner Schüssel im halben Wohnzimmer verbreitete. Bina war erschrocken aufgesprungen und kam schnell zu mir. Ein leichtes Schmunzeln flackerte auf ihrem Gesicht.
Was für eine Blamage. „Was machst du denn wieder?“ fragte sie, immer noch lächelnd. Ich war nur im Stande mit den Schultern zu zucken. Schlimmer konnte es ja gar nicht laufen. Bina warf einen kurzen Blick über die Keckse am Boden und musste unwillkürlich laut lachen. „Wolltest du mir etwa Hundecracker anbieten?“ Also doch, es konnte schlimmer laufen. Mir stand das Wasser in den Augen. Ich hatte in meiner Aufregung die falsche Packung erwischt. Außerdem begann jetzt ein gemeiner Schmerz in meinem linken Fuß zu pochen. „Jetzt bloß nicht weich werden!“ ermahnte ich mich und kämpfte immer noch gegen meine tränenden Augen. Ich murmelte etwas Unverständliches, was soviel wie eine Entschuldigung sein sollte und rappelte mich auf. Bina ging in die Küche um Schaufel und Besen zu holen und ich stand alleine und hilflos in dem von mir angerichteten Chaos. Vielleicht war Bina doch eine Nummer zu groß für mich. Auf einmal hörte ich einen Schlüssel in der Haustür und nur eine Umdrehung später standen meine Eltern im Flur. Entsetzt sah ich sie an und brachte keinen Laut über meine Lippen. Meine Mutter jedoch konnte einen leisen Schrei nicht unterdrücken, als sie mich inmitten von verstreuten Hundekuchen im Wohnzimmer stehen sah. Zu all dem kam jetzt auch noch die immer noch lachende Bina mit Schaufel und Besen. Ich war an einem Punkt angelangt, an dem ich mir wünschte auf der Stelle tot umzufallen.

„Und Bina, außer diesem Chaos hier ist alles gut gegangen?“ fragte mein Vater. „Ja klar, Herr Paul!“ gab sie zur Antwort und begann die Krümel aus den Teppichfasern zu ziehen. „Dani ist für seine eineinhalb Jahre schon gut zu Fuß unterwegs und bis auf die Tatsache, dass er mich immer wieder mit neuen Geschenken erfreut...“ Sie deutete auf die Hundekuchen und die drei Erwachsenen lachten „...ist er wirklich ein ganz Braver!“

Ich hatte genug. Ohne dass es diese Großköpfe überhaupt bemerkten verschwand ich aus dem Zimmer. Vor lauter Ärger über meine Eltern, Bina und mich selbst fiel ich im Flur noch einmal hin. So sicher konnte ich wohl doch noch nicht laufen. Dieses Mal konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Wozu auch? Warum lief das nicht so wie in den Vorabend-Serien die sich Bina immer mit mir anschaute wenn sie auf mich aufpasste. Da reichte ein romantischer Abend im Wohnzimmer mit ein paar Knabbereien und zwei Menschen wurden ein Paar. Vielleicht bin ich doch noch ein bisschen zu jung... aber wann bin ich denn dann alt genug?
Ich glaube, ich warte noch, bis ich richtig sprechen kann, dann sieht die Sache bestimmt ganz anders aus...

 

Und noch einmal ein Hallo

was soll ich sagen, wirklich tolle Idee, aber auch wenn es in Humor steht für mich zu unrealistisch, dass man als 1.5-Jähriger solche Gedanken hat. Ansonsten, wie dein anderer Text gut geschrieben und flüssig lesbar.

Ein kleiner Fehler:

Keckse
werden ohne c geschrieben ;)

Noch'n Gruss
LEMMI

 

Hallo,

also ich muss zugeben, das mir deine Geschichte beim ersten Lesen nicht so gut gefallen hat.

Allerdings habe ich sie mir dann nochmals durchgelesen und beim zweiten Mal gefiel sie mir richtig gut - vor allem, wenn man die ganzen Stellen dann liest und weiß, das es sich dabei um einen kleinen Jungen handelt!

Unrealistisch ist die Story allerdings schon - aber denoch: Echt lustig!

Ciao Bella

 

Zu "Bina und ich"

Hallo erstmal!
Ich muss sagen die Geschichte hat mir gut gefallen. Man rechnet ja wirklich nicht damit das der Ich-Erzähler ein 1,5 Jahre alter junge ist auch wenn es ein bisschen unrealistisch ist.
Ich denke aber als Humor Geschichte ist das nicht so wichtig.

Also mach weiter so! :thumbsup:
Steam

 

Hallo, mkuesters!

Mir hat die Geschichte prima gefallen :)

Und mit dieser Pointe hätte ich wirklich nicht gerechnet!
Dass diese Gedanken für das Alter vielleicht nicht ganz typisch sind, stört mich überhaupt nicht.

Runde Story, wirklich nicht schlecht! ;)

Gruß
Nanine

 

hi,

also, ich hab als ich mitbekommen habe, dass es sich um das Gedankengut eines Kleinkind dreht, laut auflachen müssen. Herrlich verdrehte Geschichte.

Ich hoffe, demnächst mehr von dir zu lesen,

stille Feder

 

Hi!

Danke für die Kritiken!

Klar ist es irgendwo unrealistisch, aber könnt ihr euch noch genau erinnern wie es damals war?

Vielleicht war man weniger von solchen Gedanken, als vielmehr von solchen Gefühlen gesteuert. Aber das ist schwieriger zu schreiben ;-)

Mike

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo mkuesters

Vielleicht kannst Du den Stil der Sprache etwas von der Erwachsenenwelt entfernen, obwohl das natürlich Deine Absicht war, den Leser in die Irre zu leiten. (Tolpatschiger Verehrer und so.)

Fazit: Nicht der grosse Lacher, aber flüssig geschrieben und gut zu lesen.
Sieht man von der Realität ab ("Hör mal wer das spricht" war ja auch sowas von realistisch...) eine nette Schmunzelgeschichte.

"und begann schön langsam nervös zu werden"
- schon

"Plötzlich bemerkte ich, dass sich meine Hand wie von selbst die ganze Zeit im Türstock festgekrallt hatte."
- am Türstock

Liebe Grüsse
dotslash

 

Holla mkuesters,

„Wolltest du mir etwa Hundecracker anbieten?“
Der is echt gut, liegt aber besonders daran, dass ich über alle Maßen schadenfroh bin.

Am Ende lutscht es sich etwas aus. Die Pointe hat ja schon lange gezündet, da meinst du, noch weiter das Streichholz an den Dort halten zu müssen. Da kann man viel streichen, damit der Leser auch wirklich mit einem Lachen verabschiedet wird.

Eike

 

Hi Mkuesters,
tolle Idee und lustige Geschichte! Wir haben uns auch früher gefragt, was die Babies wohl so denken. Dabei hängen die Erwartungen wohl vom Kontext des Überlegenden ab.

Oma: "Tüdelüdeli. " (wirbelt mit den Fingern vor seiner Nase rum)
Baby: In meinem letzten Leben war ich Großmeister, und jetzt das ...

Gruß, Elisha

 

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