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Blaue Lippen
Es war an einem Wintertag.
Sie lag in meinen Armen - regungslos - und sie konnte nichts mehr sagen. Ich war fassungslos. Es war kalt und grau. Aus ihrem Körper entwich jegliche Wärme. So kraftlos, ohne jeden Willen auf Leben, habe ich sie noch nie gesehen.
Ihre Haut wurde blass. Ich sah ihr in die Augen, - sie waren fast schon schwarz. Schwarz wie Trauer oder Verzweifelung, die uns wie ein Mantel umgeben hatte. Jedoch sollte dieser Mantel uns nicht vor der Kälte schützen, sondern mich in Mitleidenschaft ziehen. Sie wird sterben. Damit auch ein Teil in mir, der mich an meine Vergangenheit erinnert.
Ihre Lippen wurden blau vor Kälte. Ein letztes Mal würde ich diese Lippen küssen. Ich konnte spüren, dass dieser Kuss sich wie ein Dolch in mein Herz zu bohren versuchte und die ganze Kälte von außen in mich hineingetragen wurde. Dabei schloss ich die Augen und fing die Momente ein, die man nicht mit Worten beschreiben kann. Mein Herz blutete und gefror zu gleich.
Das Letzte, was sie zu mir sagte, war: "Warum?"
Aus ihrer Hand fiel ein Foto. Nachdem ich es mir angesehen hatte, wehte der Wind es in die Ferne. Es war ein Foto aus meiner Kindheit und es zeigte, wie glücklich ich doch vor dem Wendepunkt in meinem Leben war.
Für einen kurzen Moment verlor ich mich in der Vergangenheit. Dachte an die Küsse, die ich nicht wollte, aber dazu gezwungen wurde.
Ich biss mir umbewusst, vielleicht aus Abscheu, auf meine Lippen.
Das Blut färbte sich blau, wie ihre Lippen.