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Blutschande

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21.12.2008
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Blutschande

Ein Spiegel birgt ein buntes Gesicht, lange, ungekürzte Wimpern, Augenbrauen, kindspechschwarz. Die Augen in diesem Spiegel betrachten merkwürdig lieblos den fahlen Strahl Sonnenlicht, der die Stille des Entstehungsprozesses nicht stört. Zu Füßen des Spiegels formiert sich unbeholfen ein Zeichen roten Lebens, bizarre Formen nachahmend. Jahreszeiten gehen vorbei, Sonnenlicht wärmt lange Zeit.
Eine fremde Hand nähert sich der Szene, schlanke Hände mit Haaren auf der Haut der Endphalangen. Kurze, gepflegte Nägel kratzen einen Drudenfuß um den Spiegel. Kerzen werden in allen Himmelsrichtungen verteilt, entzündet- gespannte Stille bannt sich gewaltsam durch einen Raum voller Staub, Altluft, vergangenen Dufts. Muskulöse Hemdsärmel rollen gen Schulter. Ein Paar Kleinkindaugen verharren verschreckt.
Zwei Hände schlagen in einer Wucht durch die Glätte, ein Griff um einen ungebrochenen Hals,
ein Leib prallt hart in einem Regen aus Glas in den Staub.
Bevor noch der erste Atemzug vollzogen ist- ein Dolch wird durch das noch sanfte Sternum getrieben; "du bist mein".

 
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Guten Abend, Emmy,

ein wirres Fragment ist das. Da wächst ein Kind im Mutterleib und wird als Neugeborenes getauft und dann getötet. Wie ich aus dem Titel vorsichtig raten möchte, ist es auf der verkehrten Seite des Bettes gezeugt worden.
Oder das Kind entsteht im Spiegel. Im Alleingang erschaffen, herbeigebetet, was weiß ich. Wird durch den Spiegel geboren. Oder durchgeschmissen. Oder der Teufel hat dem Kind durch den Spiegel beim Wachsen zugesehen und will es sich jetzt mit haarigen Fingern holen! Aber wozu sich krumminterpretieren, wenn der Text nicht von alleine spricht?
Den Spiegel und die Flecken/Zeichen davor: Spielt das auf irgendwas an, eine gruselige Schneewittchenvariante, eine Fehlgeburt oder ein allseits bekanntes dramatisches Procedere zur Beseitigung von Schandkindern, das mir irgendwie entgangen ist? Drudenfüße und Kerzen in allen Himmelsrichtungen findet man ja bei jedem Hobbyesoteriker.

In dem Text ist viel unfreiwillige Komik:

lange, ungekürzte Wimpern
Wer oder was kürzt Wimpern? Wie? Warum? Wann?
Augenbrauen, kindspechschwarz.
Kindspech ist Babys erste Scheiße, eigentlich noch gar keine richtige Scheiße, und es ist klebrig und grünlich. Kommt als Augenbrauenfarbenvergleich sehr seltsam.
Haaren auf der Haut der Endphalangen.
Wozu hier dieses Fachwort? Soll der Leser nachschlagen, damit es länger dauert, bis er fertiggelesen hat? Der Typ hat halt haarige Finger.
gespannte Stille bannt sich gewaltsam durch einen Raum voller Staub, Altluft, vergangenen Dufts.
Stille bannt sich? Bahnt sich vielleicht, aber auch das ist irgendwie daneben. Was bahnt sie sich denn?
Dann der plötzliche Genitiv am Satzende. Ist die Altluft vergangenen Dufts? Ein Raum voller vergangenen Dufts würde ja mit ein wenig Gewalt und gutem Willen gerade noch angehn, aber mit dem Staub und der Altluft davor ist es einfach nur ungeschickt formuliert. Manchmal ist Dativ besser. Noch besser ist es, sowas zusammenzustreichen und stattdessen Details einzubauen, die dem armen Leser die Geschichte näherbringen.
Muskulöse Hemdsärmel rollen gen Schulter.
Da mußte ich richtig laut lachen. Kam Dir das nicht komisch vor?
Ein Paar Kleinkindaugen verharren verschreckt.
Das Paar ist Einzahl. Aber auch dieser Satz ist insgesamt komisch. Ist das Kind nicht gerade erst geboren worden? Da fokussiert es nichts und wertet nichts. Bis die Augen mal verschreckt verharren können, muß ein Kind etliche Wochen auf dem Buckel haben.
ein Griff um einen ungebrochenen Hals
da mußte ich auch lachen.
das noch sanfte Sternum
das Sternum wird nie hart. Aber ob sanft das richtige Wort ist?

Dein Erstling läßt mich auf jeden Fall mit dem Ganz Großen Hm zurück. So richtig war das nichts, fürchte ich. Falls eine masterplanmäßige Symbolik drinsteckt, hat sie sich mir zumindest nicht erschlossen.

Freundliche Grüße und willkommen hier im Forum,
Makita.

 
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Hallo Emmy,
Willkommen auf KG.de

Makita hat Recht.
Ich verstehe diese bizarren Gedankensplitter auch nicht.

Solche Satzkonstruktionen gehen gar nicht!
„Muskulöse Hemdsärmel rollen gen Schulter.“
Die anderen, von Makita richtig angemerkten Ausdrücke, sollten auch noch einmal überdacht werden.
Vielleicht magst du deinen Text, der ja ein sehr ernstes Thema anschneidet, noch einmal überarbeiten, damit das, was du ausdrücken möchtest, klarer wird und eindringlicher rüberkommt.

Gruß
Kathso

 
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Hallo Emmy,

Augenbrauen, kindspechschwarz – okay, die Assoziation zum Neugeborenen wird vermittelt, die zum kommenden finsteren Geschehen auch.

gespannte Stille bannt sich gewaltsam durch einen Raum voller Staub – wie wäre es mit „gespannte Stille bannt gewaltsam einen Raum voller Staub“?

Endphalangen – Fachbegriffe sind immer eine Gratwanderung, egal woher sie stammen. Du kannst sie als Ausdrucksmittel nutzen, wenn ihre Bedeutung nicht wichtig ist – problematisch, zumal der Text sonst nicht in diesem Sinne formuliert ist. Hier klingt es zu sehr nach Medizinstudium.

ein Griff um einen ungebrochenen Hals – die Negation der Gewalt verstärkt die Gewalt; man spürt geradezu das „noch ungebrochen“.

ein Leib prallt hart in einem Regen aus Glas in den Staub – finster, aber gut formuliert.

Das mit den „muskulösen Hemdsärmeln“ finde ich auch daneben. Warum rollen da nicht die Hemdsärmel über muskulöse Unterarme?

Tja, Emmy, ein finsterer Text zum 4. Advent! Einiges soll sicher nur Assoziationen wecken, die als Wechselwirkung zwischen Text und Leser jeweils immer andere Formen hervorrufen – nicht präzise in Bahnen gelenkt und links und rechts mit Draht gesichert.
Um finstere Druidenbräuche geht es hier, um Kindestötung – auf eine gewisse Abwehr wirst Du Dich gefaßt machen müssen. Warum postest Du das nicht zu Silvester? Dann ist am nächsten Morgen alles bereinigt und überwunden.

Gruß Set

 

Wenn du die Hemdsärmel gerollt werden würden, dann wäre das ja ein "normaler" westernartiger Ausdruck männlicher Überlegenheit, dieses die Ärmel hochkrempeln, etwas anpacken, Möbelpackern gleich- Ausdruck positiven Aktivismus.

 

Hallo Emmy

... immer wieder erstaunlich, wie neue Mitglieder hemdsärmelig und grußlos durch die Literatur poltern, als sei ihnen das mit der Muttermilch eingeflößt worden und aus jedem Satz springt der Hochmut und eine Verletzbarkeit, die mich in Erstaunen setzt. Genau das spiegelt Deine Geschichte wieder.
"Ich bin böööööseeee!" schrie er und suchte verschreckt nach seiner Mutter.
Vergiss den Spiegel nicht beim Glaser reparieren zu lassen.
Liebe Grüße
Detlev

 

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