Was ist neu

Brüder

Mitglied
Beitritt
16.09.2004
Beiträge
520
Zuletzt bearbeitet:

Brüder

„Im Schlafe dem Leben die Hand schütteln. Auf dem Abenteuerhengst die Schafe hüten. Den Schäferhund beflügeln. Eine Menschenseele ganz vorsichtig mit den Fingerspitzen berühren. Ihre Wärme spüren. In sie eintauchen und in einem wilden Dschungel an Gefühlslianen durch das Blätterwerk schwingen. An der Rückwand sie wieder verlassen. Durch des Denkers Vision streifen. Über dessen hohe Türme schmunzeln, hinaufsteigen, einmal an den Wolken kratzen, den Schäfchen „Hallo“ sagen, sich fallen lassen und – aufgefangen werden.“
Sein Gegenüber schmunzelte und schüttelte den Kopf: „Da dreh ich dem Schlaf doch lieber den Rücken zu: Drei Uhr nachts, ein Glas Wein und eine Frau, deren Lippen genauso dunkelrot sind. Unsere Füße erzählen Bände vom Tanzen, unsere Blicke von der Trunkenheit - und Freude. Sie entledigt sich ihrer Schuhe und legt erschöpft ihre Beine über die meinen. Ein Gespräch entbrennt, entfesselt noch einmal den Abend und das Leben. Es wird wohl die Sonne aufgehen, bevor wir die Augen schließen werden, um uns für eine kurze Zeit von der Welt zu verabschieden.“
„Gern werd ich euch dann begrüßen – mit einem Glas Sekt aus den innersten Kellern der Geheimnisse. Du denkst, du wärest in ihrem Lebensbrunnen auf den Boden gestoßen, hättest das klare Wasser durchschaut? Lass mich dir einen Eimer aus den Tiefen schöpfen. Koste ihn bis auf den letzten Tropfen aus und spüre, wie ihr Leben durch dich hindurchfließt, mit dir eins wird...“
„...bis die Glocken den Tag einläuten, in dem ihr Innerstes nicht in einen Eimer passt. Ich mag vielleicht nie über die Fassade ihrer Lippen und ihrer dunkelbraunen Augen hinwegkommen und meine Bedürfnisse als Schablone über ihren Charakter legen. Aber mit dem, was ich dort sehe, bin ich rundum glücklich.“
„Sind wir denn dann so verschieden?“
„Nein, mein Bruder. Wir leben nur in verschiedenen Welten. Ich komme nicht ohne dich aus und du nicht ohne mich.“ Er blickte auf die Uhr und bemerkte: „Dann muss ich langsam wieder los. Es war schön mit dir zu plaudern, doch der Schlaf ist heute nur kurz.“
Sein Gegenüber nickte lächelnd. Sein Gesicht strahlte Wärme aus, wie Sonnenstrahlen, die ganz leicht auf der Haut kitzeln.

 

Hallo Tommy,

deine Brpder scheinen sich gegenseitig von ihren Welten kosten zu lassen. Der eine, dem Leben zugewandt, Freude im irdischen findend, der andere in seinen Träumen sich nach Leben sehnend.
Und wie auch die Brüder nicht ohne einander können und wollen, sie können auch Leben und Schlaf, Träumen und genießen nicht ohne einander.

Ein schöner Text, der mir gefallen hat.

„Sind wir uns denn dann so verschieden?“
Sind wir denn so verschieden oder Unterscheiden wir uns denn so sehr

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Tommy

Ein sehr schöner Text, der über die verschiedenen Wesenszüge zweier sich nahe stehender Menschen phylosophiert. Oder ist es gar nur eine Person, die im Traum von der oberflächlichen Wahrnehmung in die hinterfragende Ebene hinabsteigt und sich mit ihrem Gewissen unterhält.

Einzig die Formulierung, wo er die Menschenseele durch die Hinterwand verlässt, erschien mir etwas, ähem, seltsam. ;)

Der Text hat für mich in seiner Kürze eine enorme Gefühlsdichte, die einen einfach zum Mehrfachlesen einlädt.

Aber mit dem, was ich dort sehe(n),
LG./

 

Danke euch beiden fürs Lesen. Hatte gar nicht gemerkt, dass mir jemand auf die Geschichte geantwortet hat. Jedenfalls schön, dass er euch gefallen hat:).

Lg

Thomas

 
Zuletzt bearbeitet:

die einen einfach zum Mehrfachlesen einlädt.
:lol: Einläd ist gut. Ich hab sie nicht verstanden und musste sie desshalb noch mal lesen.

mit einem Glas Sekt aus den innersten Kellern der Geheimnisse. Du denkst, du wärest in ihrem Lebensbrunnen auf den Boden gestoßen, hättest das klare Wasser durchschaut? Lass mich dir einen Eimer aus den Tiefen schöpfen.
Diese Sätze finde ich, jetzt nachdem ich sie verstanden habe,sehr schön :D
Tagsüber wirkt der Mensch nur oberflächlich und Nachts kann er seine tiefsten Geheimnisse (d.h. Sehnsüchte und Wünsche) leben.

Aber es ist verwirrend, was der Schlaf sagt, und was das... Wachsein (wenn ich das mal so nennen kann) Das macht die Geschichte interessant. Man kann sie nur sehr schwer mit Mattle-Hintergrundmusik lesen, wie ich es gerade tue. Darum hoffe ich auch, dass ich alles verstanden habe.

„Da dreh ich dem Schlaf doch lieber den Rücken zu: Drei Uhr nachts, ein Glas Wein und eine Frau, deren Lippen genauso dunkelrot sind.
Das ist interessant... Was macht der Bruder des... Wachseins, wenn der Mensch schläft? Oder der des Traumes, wenn er wach ist? Wenn du mir diese Frage beantworten kannst (oder mir sagen kannst, dass ich da etwas grundliegendes missverstanden habe), sage ich garnichts mehr außer:
Eine rundum gelungene Geschichte.
An sonsten ist sie aber immernoch sehr gut.

gruß gara

 

Hi Tommy,

auch ich denke, dass der Bruder, sein zweites ich ist.

Er liebt und genießt sein Leben. Schöpft daraus was er kann.
Doch hin und wieder braucht er seine Ruhe, findet seinen Ausgleich in den Träumen.
Im Grunde kann ich mich nur garas Meinung anschliessen.

Bin mal gespannt, ob du es auch so gemeint hast. :)

Ich finde deine KG nicht seltsam, eher philosophisch.

lieben Gruß, coleratio

 

Nein, nein Coleratio, du hast mich anscheinen nicht ganz verstanden...
Aber das macht nichts. Mir erscheint deine Erklärung plausiebler. Er genießt das Leben und erringt Kraft aus den Träumen. Ich dachte da eher an den personifizierten Schlaf, mit dem ja auch irgendwas sein muss, wenn der Mensch, dem er gehört wach ist. (ich hoffe ich habe das einigermaßen verständlich ausgedrückt. Aus diesem Grund schreibe ich nichts Philosophisches. Mich würde eh niemand verstehen :D )
Aber Coleratios Interpretation klingt irgendwie einleuchtender.
Wenn Coleratio recht hat, schaffst du es gut, eine einfache Begebenheit in eine Komplizierte Verpackung zu hüllen. Bist du Beamter?? :D (Bitte nicht beleidigt sein, wenn du wirklich einer bist.)

gruß
Gara

 

@ gara,

ch dachte da eher an den personifizierten Schlaf, mit dem ja auch irgendwas sein muss, wenn der Mensch, dem er gehört wach ist.

Ähm ... :dozey: kannst du mir das mal genauer erklären?
Der Schlaf als Person?
Kannst mir auch ne PN schicken, damit wir nicht offtopik werden :D

 

Schön, man kommt aus dem Urlaub wieder und findet zwei Leute vor, die meine Geschichte so nett kritisiert haben. Das freut:).
Zu der Interpretation: Ich habe leider die Schwäche, dass ich selbst irgendwann vergesse, wie ich etwas gemeint habe. Da diese Geschichte schon etwas älter ist, ist es auch ein bisschen so der Fall.
Aber soweit ich mich daran erinnern kann, ist es, wie coleratio meinte, eine Person um die es geht. Jedoch mit deinem personifizierten Schlaf, gara, liegst du auch nicht so falsch.
Bei dieser kleinen Geschichte muss man sich wohl auf etwas Fantasie einlassen. Beide, der Schlaf und sein Negativ, gehören einer Person und theoretisch könnten sie sich ja überhaupt nicht treffen, denn sie leben ja eigentlich in zwei verschiedenen Reichen, bzw. verkörpern sie. Aber nun habe ich diese beiden Reiche einfach mal in die Fantasie geholt und so getan, als wären sie Personen, die sich in einer Art Zwischendimension treffen, in dem sie über die Vorteile ihres Reiches diskutieren. So, als könnte sich die eigene Persönlichkeit spalten. Letztendlich schließen sie genau damit, was du gesagt hast, coleratio.
"Er [die Person dahinter] liebt und genießt sein Leben. Schöpft daraus was er kann.
Doch hin und wieder braucht er seine Ruhe, findet seinen Ausgleich in den Träumen." - Es kann keiner ohne den anderen. Der eine ist genauso gut wie der andere.


Nebenbei, ich bin kein Beamter

Lg

Thomas

 

Gara hat dich gefragt, ob du ein Beamter seist, weil du fähig bist, einfache Gedanken kompliziert wiederzugeben. Ich verstehe zwar nicht, wieso das ausgerechnet einen Beamten ausmachen sollte und nicht einen Anwalt oder einen Philosophen.

Ach ich dachte nur an die deutsche Bürokratie. "Hier wenn sie diese 3 Fomulare ausgefüllt haben brauchen sie nur noch diese 5 und die 20 Genehmigungen..." :D
Außerdem sind Staatsanwälte ja auch Beamte (denk ich mal... sind ja schließlich beim Staat angestellt, oder?)
Aber ich werd offtopic...

 

Mist und ich wollte immer ein guter Redner werden:). Schön, dass auch dir, Golio, die Geschichte gefallen hat. Leider werde ich dich wohl mit meiner Geschichtenauswahl, die hier steht enttäuschen. Schreibe relativ wenig solcher Geschichten, auch wenn sie mir eigentlich am einfachsten fallen oder eher gerade weil sie mir einfacher fallen als etwas längere Geschichten. Schließlich bin ich hier ja zum Lernen:) und nicht um mein Ego zu verbessern. Aber falls dir sowas gefällt, schau dir mal die unter Sonstiges an, auf die hatte coleratio mich vor kurzem hingewiesen;).

@ gara. Ich hasse sone Beamten. Also bete für mich, dass ich bitte nie so ende!

 

Ja, ich kann mich eigentlich nur den Vorkritikern anschleißen, gut geschrieben. Und mMn wirklich Philosophie und nicht nur seltsam.
@gara: Mit Anwalt meinte Golio vermutlich Rechtsanwalt, und die sind ja keine Beamten.

 

Hey Angua.

Das freut einen immer richtig, wenn man einen Leser überzeugen konnte, der sowas eigentlich nicht mag.

... zuviel Bordeaux... :wein: :)

Grüße

Thomas

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom