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Café Noir
„Einen Café Noir, bitte.“
Ich trinke gern Kaffee im Café. Zum Träumen schön.
„Einen Eiskaffee, bitte.“
„Darf man hier rauchen?“
Eine Schönheit mit Brille. Eine bebrillte Schönheit. Männer im Überfluss. Flirten ist nicht verboten, deshalb Flirten bis zum Abwinken. Der italienische Mann. Die italienischen Männer. Noch mehr Frauen in Sicht!
Das Lächeln, das sie ihm schenkt, ist unbezahlbar. Schade, dass er es nicht zu würdigen weiß. Das geht mich nicht an, aber an seiner Stelle … Keine Ahnung.
Der Kaffee muss schwarz und bitter sein, so bitter, dass all die Süßigkeiten, die ich gegessen habe, verschmelzen, verschwinden, zusammen mit meinem Übergewicht, es soll mir den Buckel runterrutschen!
Die Kellnerin nimmt sich gerade eine Zigarettenpause. Dabei schreibt sie eine SMS. Es ist August, die Sonne scheint und die Menschen sitzen in Cafés. Die frische Brise tut allen gut. Eine Prise Humor würde das auch, wir wollen aber nicht zugeben, dass wir eine angenehme Umwelt brauchen, zugeben, dass uns die Kopfschmerzen, Augenschmerzen verrückt machen.
Taubenfütterung. Ich gebe ihnen etwas von dem Keks, den ich kostenlos zum Kaffee bekommen habe. Ich beobachte den widerlichen Kampf der Tauben um den blöden Keks! Jesus hatte definitiv unrecht. Die Tauben sind keine niedlichen, goldigen, unschuldigen, putzigen, wie auch immer, Lebewesen. Ihr Aussehen führt uns irre. Bei den Tauben gilt genauso: Nur die Starken überleben! Wie langweilig!
Ich sitze schon seit einer Stunde im Café. Kleine Vorfälle verscheuchen die Eintönigkeit: Eine Studentin hat gerade ihr Glas Wasser umgeworfen. Der Inhalt fließt in ihre Designer-Handtasche. Nach einem winzigen Wutanfall verfällt sie wieder in Melancholie. Sie raucht, ihr Blick ist leer. Soll ich sie ansprechen? Sie wird mich für einen Spinner halten. Also lieber nicht. Dennoch ist die Einsamkeit untragbar.
Was ist schwerer zu fragen: „Kann ich Ihnen Gesellschaft leisten?“ Oder „Kann ich bitte zahlen?“ Na ja, ich sollte lieber zahlen und gehen. Bewegung tut gut. Übergewichtige sollten sich lieber mehr bewegen als in Cafés sitzen und Kaffees trinken. Immer noch allein, immer noch einsam.
Die Sonne wird von einer Wolke, einer dicken, haha, übergewichtigen Wolke bedeckt. Eine übergewichtige Wolke ist nicht so komisch wie ein übergewichtiger Mann. Übergewichtige Wolken können sogar schön sein, sie passen in die Landschaft, Szenerie, der Übergewichtige sieht einfach nur abstoßend, lächerlich, aus. Aber er hat auch seine guten Seiten: Er kann genauso gut Schatten spenden wie die Wolke.
Es wird wieder nichts. Gibt es eine Lösung, eine Erlösung? Meine Augen tun weh. Der Kaffee ist kalt geworden. Flirten ist meine Leidenschaft. Was mache ich, falls ich blind werde? Aus der Kirche austreten!
Je t’aime, Felix! Café Central, Café … Die ganze Innenstadt ist voll von ihnen. Kaum hast du eins hinter dir, stolperst du über die Stühle eines anderen Cafés. Wo befindet sich das älteste Café Europas? Da war ich schon!
Immer nett zu sein ist ermüdend. Dieser unerschöpfliche Drang! Diese Kopfschmerzen! Frauen wollen erwachsene Männer. Die Liebe zu älteren, reifen Frauen: Nur wenn sie blond sind. Werben – Umwerben. Sorgen – Umsorgen mit einem Hauch Betrug und leicht bekleidet.
Ich spüre einen Schwächeanfall. Ich kann nicht aufstehen. Die Sehkraft schwindet … Wirrwarr.
Immer positiv denken, sagt mein Psychologe. Die Floskel!! Ausgedörrt, sarkastisch, trocken, billig, platt, abgedroschen… Ich wollte Tipps vom Fachmann erhalten, wie geht das oder das? Wie funktionieren die Menschen? Die Frauen? Er hat nur Phrasen von sich gegeben: Wege finden, statt Ausreden. Erwachsen werden. Vielleicht wäre es besser gewesen, die Bücher zu kaufen, die er mir empfohlen hat?
Die eine Frau ist schwanger, ihre Freundin nicht.
Ein Pärchen verhält sich sehr wortkarg. Er liest die lokale Zeitung, sie überfliegt eine Frauenillustrierte. Er kopiert das Verhalten des Vaters, sie schlüpft in die Frauenrolle. Er beharrt minutenlang auf seine Lektüre, sie scheint übermäßig interessiert in ihrer. Es herrscht ein harmonisches Einverständnis, wo kein Regisseur erforderlich ist. Die beiden bekommen endlich ihr Frühstück serviert und es wurde immer noch kein Wort gesprochen. Ich beobachte sie weiter und sehe wie eloquent ihre Körpersprache ist. Ich hab’s! Zuerst dachte das Paar sei zerstritten. Ganz im Gegenteil: die beiden sind so stark eins geworden, dass das Kommunikationsmittel Sprache abhanden gekommen ist. Hübsch!
Man schreibt Cappuccino mit zwei p und zwei c.
Zahlen – Gehen – Verschwinden. Auf Nie mehr Wiedersehen.
Die Bücher kaufen oder nicht?
Zurückgewiesen aber freundlich. Macht nichts.
Großfamilientreffen Die Umarmung. Komisches Ereignis: Ein Kleinkind wird allen Angehörigen überreicht. Es erduldet stoisch, fast am schreien, die Knutscherei, jedoch erwidert es nicht. Das eineinhalb Jahre Kind hatte aktiv nur seine Mutter umarmt und den Onkel. Den Onkel hatte er nur zweimal in seinem Leben gesehen. Alle wundern sich darüber.
Ich will mich wenigstens mit der netten Kellnerin unterhalten, wie der alte Bob. Bob Dylan. Der Träumer: The Times They Are A-Changin'! Genau. Das glaubt er doch selber nicht mehr. Die Leute wollten ihn zur Legende erklären, der will aber nicht sterben und singt immer noch. Wenn es ihm Spaß macht! Warum nicht. Er hat nur aufgegeben, die Welt ändern zu wollen. Er klingt so, als hätte er seinen Frieden gefunden, obwohl die Welt immer noch ein Gefängnis ist. Na ja. Die Kellnerin hat auch keine Zeit für mich. Ich bin nicht berühmt, und sie will keine Zeichnung von mir. Ich gebe ihnen immer ein dickes Trinkgeld. Dafür kriege ich ein nettes Lächeln. Und das ist schön.