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Café Noir

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01.09.2008
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Café Noir

„Einen Café Noir, bitte.“
Ich trinke gern Kaffee im Café. Zum Träumen schön.
„Einen Eiskaffee, bitte.“
„Darf man hier rauchen?“
Eine Schönheit mit Brille. Eine bebrillte Schönheit. Männer im Überfluss. Flirten ist nicht verboten, deshalb Flirten bis zum Abwinken. Der italienische Mann. Die italienischen Männer. Noch mehr Frauen in Sicht!
Das Lächeln, das sie ihm schenkt, ist unbezahlbar. Schade, dass er es nicht zu würdigen weiß. Das geht mich nicht an, aber an seiner Stelle … Keine Ahnung.
Der Kaffee muss schwarz und bitter sein, so bitter, dass all die Süßigkeiten, die ich gegessen habe, verschmelzen, verschwinden, zusammen mit meinem Übergewicht, es soll mir den Buckel runterrutschen!
Die Kellnerin nimmt sich gerade eine Zigarettenpause. Dabei schreibt sie eine SMS. Es ist August, die Sonne scheint und die Menschen sitzen in Cafés. Die frische Brise tut allen gut. Eine Prise Humor würde das auch, wir wollen aber nicht zugeben, dass wir eine angenehme Umwelt brauchen, zugeben, dass uns die Kopfschmerzen, Augenschmerzen verrückt machen.
Taubenfütterung. Ich gebe ihnen etwas von dem Keks, den ich kostenlos zum Kaffee bekommen habe. Ich beobachte den widerlichen Kampf der Tauben um den blöden Keks! Jesus hatte definitiv unrecht. Die Tauben sind keine niedlichen, goldigen, unschuldigen, putzigen, wie auch immer, Lebewesen. Ihr Aussehen führt uns irre. Bei den Tauben gilt genauso: Nur die Starken überleben! Wie langweilig!
Ich sitze schon seit einer Stunde im Café. Kleine Vorfälle verscheuchen die Eintönigkeit: Eine Studentin hat gerade ihr Glas Wasser umgeworfen. Der Inhalt fließt in ihre Designer-Handtasche. Nach einem winzigen Wutanfall verfällt sie wieder in Melancholie. Sie raucht, ihr Blick ist leer. Soll ich sie ansprechen? Sie wird mich für einen Spinner halten. Also lieber nicht. Dennoch ist die Einsamkeit untragbar.
Was ist schwerer zu fragen: „Kann ich Ihnen Gesellschaft leisten?“ Oder „Kann ich bitte zahlen?“ Na ja, ich sollte lieber zahlen und gehen. Bewegung tut gut. Übergewichtige sollten sich lieber mehr bewegen als in Cafés sitzen und Kaffees trinken. Immer noch allein, immer noch einsam.
Die Sonne wird von einer Wolke, einer dicken, haha, übergewichtigen Wolke bedeckt. Eine übergewichtige Wolke ist nicht so komisch wie ein übergewichtiger Mann. Übergewichtige Wolken können sogar schön sein, sie passen in die Landschaft, Szenerie, der Übergewichtige sieht einfach nur abstoßend, lächerlich, aus. Aber er hat auch seine guten Seiten: Er kann genauso gut Schatten spenden wie die Wolke.
Es wird wieder nichts. Gibt es eine Lösung, eine Erlösung? Meine Augen tun weh. Der Kaffee ist kalt geworden. Flirten ist meine Leidenschaft. Was mache ich, falls ich blind werde? Aus der Kirche austreten!
Je t’aime, Felix! Café Central, Café … Die ganze Innenstadt ist voll von ihnen. Kaum hast du eins hinter dir, stolperst du über die Stühle eines anderen Cafés. Wo befindet sich das älteste Café Europas? Da war ich schon!
Immer nett zu sein ist ermüdend. Dieser unerschöpfliche Drang! Diese Kopfschmerzen! Frauen wollen erwachsene Männer. Die Liebe zu älteren, reifen Frauen: Nur wenn sie blond sind. Werben – Umwerben. Sorgen – Umsorgen mit einem Hauch Betrug und leicht bekleidet.
Ich spüre einen Schwächeanfall. Ich kann nicht aufstehen. Die Sehkraft schwindet … Wirrwarr.
Immer positiv denken, sagt mein Psychologe. Die Floskel!! Ausgedörrt, sarkastisch, trocken, billig, platt, abgedroschen… Ich wollte Tipps vom Fachmann erhalten, wie geht das oder das? Wie funktionieren die Menschen? Die Frauen? Er hat nur Phrasen von sich gegeben: Wege finden, statt Ausreden. Erwachsen werden. Vielleicht wäre es besser gewesen, die Bücher zu kaufen, die er mir empfohlen hat?
Die eine Frau ist schwanger, ihre Freundin nicht.
Ein Pärchen verhält sich sehr wortkarg. Er liest die lokale Zeitung, sie überfliegt eine Frauenillustrierte. Er kopiert das Verhalten des Vaters, sie schlüpft in die Frauenrolle. Er beharrt minutenlang auf seine Lektüre, sie scheint übermäßig interessiert in ihrer. Es herrscht ein harmonisches Einverständnis, wo kein Regisseur erforderlich ist. Die beiden bekommen endlich ihr Frühstück serviert und es wurde immer noch kein Wort gesprochen. Ich beobachte sie weiter und sehe wie eloquent ihre Körpersprache ist. Ich hab’s! Zuerst dachte das Paar sei zerstritten. Ganz im Gegenteil: die beiden sind so stark eins geworden, dass das Kommunikationsmittel Sprache abhanden gekommen ist. Hübsch!
Man schreibt Cappuccino mit zwei p und zwei c.
Zahlen – Gehen – Verschwinden. Auf Nie mehr Wiedersehen.
Die Bücher kaufen oder nicht?
Zurückgewiesen aber freundlich. Macht nichts.
Großfamilientreffen Die Umarmung. Komisches Ereignis: Ein Kleinkind wird allen Angehörigen überreicht. Es erduldet stoisch, fast am schreien, die Knutscherei, jedoch erwidert es nicht. Das eineinhalb Jahre Kind hatte aktiv nur seine Mutter umarmt und den Onkel. Den Onkel hatte er nur zweimal in seinem Leben gesehen. Alle wundern sich darüber.
Ich will mich wenigstens mit der netten Kellnerin unterhalten, wie der alte Bob. Bob Dylan. Der Träumer: The Times They Are A-Changin'! Genau. Das glaubt er doch selber nicht mehr. Die Leute wollten ihn zur Legende erklären, der will aber nicht sterben und singt immer noch. Wenn es ihm Spaß macht! Warum nicht. Er hat nur aufgegeben, die Welt ändern zu wollen. Er klingt so, als hätte er seinen Frieden gefunden, obwohl die Welt immer noch ein Gefängnis ist. Na ja. Die Kellnerin hat auch keine Zeit für mich. Ich bin nicht berühmt, und sie will keine Zeichnung von mir. Ich gebe ihnen immer ein dickes Trinkgeld. Dafür kriege ich ein nettes Lächeln. Und das ist schön.

 
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Guten Abend, Leo Spacer,

das ist eine hübsche, unaufgeregte Sommerlochgeschichte von angenehmer Länge, der Ton und die kurzen Sätze passen gut zur Handlung (wenn ich das jetzt mal ganz nonchalant als Handlung bezeichnen darf).

Ein paar Korrekturen würde ich empfehlen:

>>Einen Café Noir, bitte<<. Ich trinke gern Kaffee im Café. Zum Träumen schön. >>Einen Eiskaffee, bitte<<. >>Darf man hier rauchen<<?
Erstmal sind das schauerliche Anführungszeichen. Das sind gar keine Anführungszeichen, das sind ... weiß auch nicht. Größer-kleiner-Zeichen.
Entweder Du nimmst solche » « oder eben die: „ “, die Punkte müssen rein und nicht dahinter, und die wörtliche Rede wäre hübscher mit Absätzen, etwa so:

»Einen Café Noir, bitte.«
Ich trinke gern Kaffee im Café. Zum Träumen schön.
»Einen Eiskaffee, bitte.«
»Darf man hier rauchen?«

Schade, dass er es nicht zu würdigen weiß oder kann oder will. Was weiß ich?
Das klingt nach zu würdigen kann oder zu würdigen will. Das ist verwurstet. Und dieses Was weiß ich? ist auch überflüssig; klar weiß er nicht, sonst müßte er ja nicht mutmaßen. Entweder
Schade, daß er es nicht zu würdigen weiß oder wünscht
oder, besser
..., daß er es nicht würdigen kann oder will
oder, am besten:
Schade, daß er es nicht zu würdigen weiß. Da ist doch alles drin.

es soll mir den Buckel runterrutschen.
Dabei schreibt sie eine SMS.

Die frische Brise tut uns allen gut. Eine Prise Humor würde das auch, wir wollen aber nicht zugeben, zugeben, dass wir eine angenehme Umwelt brauchen, zugeben, dass uns die Kopfschmerzen, Augenschmerzen verrückt machen.
Alles Unterstrichene würde ich ersatzlos streichen. Erstens wird allenthalben bereitwillig zugegeben, eine angenehme Umwelt zu brauchen oder von Kopf- bzw. Augenschmerzen verrückt zu werden. Zweitens klingt die Prise Humor doof in dem Zusammenhang.

Taubenfütterung. Ich gebe ihnen etwas von dem Keks, den ich kostenlos zum Kaffee bekommen hatte.
Da wäre habe die bessere Vergangenheitsform.

Die Tauben sind keine niedlichen, goldigen, unschuldigen, putzigen, wie auch immer, Lebewesen.
das wie auch immer muß echt nicht mehr sein, nachdem Du schon so viele Eigenschaften erwähnt hast. Außerdem sind niedlich, goldig und putzig ziemlich dasselbe. Ich hab wieder alles, was ich für streichenswert halte, unterstrichen. Streichen ist was Tolles.

Nur die Starken (Tauben) überleben!
Stimmt nicht. Beethoven hat's auch dahingerafft. :D
Den Hinweis in Klammern brauchts nicht.

Ich sitze schon seit einer Stunde im Café. Kleine Vorfälle verscheuchen die Langeweile: Eine Studentin hat gerade das Glas Wasser umgeworfen.
das Glas würd ich mit ihr Glas oder ein Glas ersetzen, das wär runder.

Was ist schwerer zu fragen: >>Kann ich Ihnen Gesellschaft leisten<<? Oder >>Kann ich bitte zahlen<<?
Auch hier: Die Fragezeichen in die Anführungszeichen. Oder kursiv, da es nicht laut ausgesprochen wird:

Was ist schwerer zu fragen: Kann ich Ihnen Gesellschaft leisten? oder Kann ich bitte zahlen?

Übergewichtige wie ich einer bin kein Komma sollten sich lieber mehr bewegen kein Komma als in Cafés sitzen und Kaffees trinken.
Eine übergewichtige Wolke ist nicht so komisch wie ein übergewichtiger Mann.
sie passen einfach in die Landschaft, Szenerie, der Übergewichtige sieht einfach nur abstoßend aus.
Ein einfach würd ich mindestens streichen. Und warum brauchst Du sowohl Landschaft als auch Szenerie? Würde nicht eins genügen?

Aber er hat auch seine guten Seiten: Er kann genauso gut Schatten spenden kein Komma wie die Wolke.
Das ist ja nun nicht wahr. Außerdem ist das ein extrem überstrapaziertes Bild. Würde ich alles streichen. Wenn, dann sowas:

Immerhin kann er einen großen Schatten werfen.

Je t’aime, Felix!

Kaum hast du eins hinter dir, stolperst du über den Stühlen eines anderen Cafés.
stolperst du über die Stühle.

Die Liebe zu älteren, reifen Frauen: Nur wenn sie blond sind.
der will aber nicht sterben kein Komma und singt immer noch.
Ich gebe ihnen immer ein dickes Trinkgeld.

Doch, hat was!

Freundlichen Gruß,
Makita.

 

Hallo spacer,

den Reiz, den ich an diesem Text finden kann, ist der, dass er sich wirklich so liest, als würde da jemand im Café sitzen und seine Gedanken runterschreiben. Ohne besonderen roten Faden, nicht sonderlich reflektiert, überhaupt nicht besonders, sondern so, wie seine Wahrnehmung im Augenblick ist.
Ja, das ist dir gelungen. Aber mich lässt das unbefriedigt zurück. Ein ungeordneter Gedankenstrom, der kurz an mir vorbei zieht und dann wieder vergessen ist. Nichts, was einen bleibenden Eindruck hinterlässt, der Inhalt nicht und die sprachliche Aufbereitung auch nicht. Fingerübung. Belanglos.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo leo_spacer,

ich habe das gelesen und gewartet und erwartet und gelesen und dann war es aus. Schön fand ich, wie du die Atmosphäre eingefangen hast, es liest sich, als wärest du wirklich in einem Café gewesen zu dem Zeitpunkt.

Insgesamt passiert mir aber zu wenig. Mir fehlt die Spannung, der Reiz, solche Dinge.

Schöne Grüße,

yours

 

Hallo *!
Vielen Dank für euere Inputs! Ich merke, da habe ich viel Arbeit vor mir.
Kurze Erklärung zu meinen Charakteren: Sie sind Grübler, Menschen, die tausendmal über eine Sache nachdenken, bevor sie etwas tun. Sie sind Gefangene ihrer Untätigkeit. Das Leben geht an Ihnen vorbei...

Grüsse,
Leo

 

Hallo Leo,

Habe den nichtstuerischen Nachmittag in den Cafés genossen und konnte die Gedankengänge des Prots gut nachvollziehen, die Szenen vor seinen Augen sehen. Und Dein Erzähler erschien mir ziemlich genau so, wie Du ihn in Deiner Erläuterung beschreibst. Das ist Dir sehr gut gelungen.

Du sprichst von Deinen Figuren im Plural, also gibt es mehr davon. Her damit. Etwas mehr Handlung wäre interessant.

Kleinkram:

führt uns in die Irre.
"führt uns irre", m. E. besser

wir wollen aber nicht zugeben, zugeben, dass wir eine angenehme Umwelt brauchen
Über das das doppelte "zugeben" bin ich gestolpert, vielleicht könntest Du wiederholen: "... zugeben, wollen nicht zugeben, dass wir ...", oder zumindest: "... zugeben, nicht zugeben, dass..."

älteste Café Europas
oder heißt das Café so?

Gern gelesen, liebe Grüße

Elisabeth

 

Hallo Elisabeth,

Vielen Dank für Deinen netten und ermutigenden Kommentar!
Ja, es handelt sich ja auch um das älteste Caféhaus Europas.

LG,
Leo

 

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