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Chaltouva Blues

Seniors
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28.12.2009
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Chaltouva Blues

In dieser Nacht lieh ich mir den Corsa meiner Mutter und fuhr mit L. auf den Parkplatz hinter dem Schützenverein, aber dort gab es eine Feier mit lauter Musik und Bier.
Zu viele Menschen, sagte sie. Zu viele Augen.
Also fuhren wir auf die Wiesen vor der Stadt, wo es nur die Augen von Kühen gab.

Es begann wie ein normales Gewitter. Heftiger Regen. Donner. Dann traf uns der Blitz.
Ein Knall, es wurde sehr hell und roch plötzlich nach verschmortem Plastik.
Wir zogen uns an und warteten darauf, dass der Regen nachlässt.
Der Corsa war natürlich hinüber, und die Versicherung wollte nicht bezahlen.
Meine Mutter war der Meinung, ich sei Schuld.
Zwei Tage später sagte L., irgendetwas sei passiert in dieser Nacht.
Sie fühle sich so stark seitdem.
Sie fühle sich so, als ob niemand ihr etwas anhaben könne.
Sie habe Superkräfte.
Ich glaube dir nicht, sagte ich. Beweis es mir.
Diesmal nehmen wir den Wagen von meinem Vater, sagte L.

Ich erinnere mich an das Gefühl von Schwerelosigkeit, an den kurzen Moment, als die Reifen den Kontakt zum Asphalt verlieren. An L. , die aus dem Seitenfenster kriecht, ihre Stimme wird leiser, wieder lauter. Sie kommt zurück, um mit ihrem Handy ein Foto von mir zu machen. Da ist Glas überall; auf meinem Gesicht, in meinem Mund. Der Rettungssanitäter, der mich wenig später aus dem Wrack zieht, kann mich kaum ansehen. Meine Augenlider sind fast abgerissen, es wird ein halbes Jahr dauern, bis alles verheilt ist. Davon erzählt er sicher noch heute: von dem Typen ohne Augenlider, der dachte, er habe Superkräfte.

Wenn ich meine Mutter besuche, sehe ich L. manchmal. Seit der Sache haben wir kaum miteinander geredet. Sie sieht mich dann immer mit diesem Blick an: Du konntest mich nicht ficken und hattest auch keine Superkräfte. Da ist eine Menge Metall in ihrem Körper, das Metall hält ihren Körper zusammen. Meine Mutter fährt schon lange kein Auto mehr; sie sitzt im Rollstuhl, aber ich wette, wenn sie noch fahren würde, dann keinen Corsa. Sie gibt mir die Schuld an dieser Sache, wie sie mir die Schuld an allem anderen gibt.

Nur wenige schaffen es aus der Stadt, die meisten bleiben. Ich nehme jedesmal die gleiche Straße, zweispurig und schlecht asphaltiert. Kurz vor dem Scheitelpunkt der Kurve steht ein Verkehrsschild, 50 km/h, leuchtend rot umrandet, ein letztes Ausrufezeichen. Uns wird nichts passieren, sagte sie. Du hast auch Superkräfte, vergiss das nicht.

Als ich damals im Krankenhaus lag, den Körper voller Schmerzmittel, die Augen verbunden, wie blind, da habe ich L. in meinen Träumen gesehen, wie sie auf mir sitzt, nackt, und mit ihrem brandneuen Mobiltelefon immer neue Photos von mir schießt.
Ich liebe dich, sage ich, und sie lächelt und sagt: Halt still.

 
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Hallo @jimmysalaryman,

ich traue mich kaum zu kommentieren, denn nach dem ersten Durchgang hinterlässt die Story für mich im Grunde ein großes Fragezeichen.

Aber da ich ja, wie ich hier schon das eine oder andere Mal bemerkt habe, immer nach einmaligem Lesen kommentiere, da das meine Lesepraxis außerhalb des Forums widerspiegelt und ich Texte "am Ernstfall" messen will, kannst du vielleicht gerade deshalb etwas mitnehmen über den ersten Eindruck deines Textes (andere lesen sicher öfter und haben dann wahrscheinlich auch mehr Klarheit erlangt).

Ich geh mal durch:

In dieser Nacht lieh ich mir den Corsa meiner Mutter und fuhr mit L. auf den Parkplatz hinter dem Schützenverein, aber dort gab es eine Feier mit lauter Musik und Bier.

Sehr ungewöhnlich für deine Texte, fand ich, dass der Einstieg etwas holpert. Das "aber" hat mich rausgerissen, denn die Feier mit Musik und Bier erscheinen wie ein natürliches Ziel. Dass sie gerade Ruhe wollen, ist also eine Erkenntnis im Nachgang – ergo Lesefluss schon ausgebremst im ersten Satz. Man fährt hier buchstäblich direkt in eine Sackgasse :-)

Also fuhren wir auf die Wiesen vor der Stadt, wo es nur die Augen von Kühen gab.

Ich weiß nicht, aber die "Augen der Kühe", das ist so gar nicht dein Sound. Das geht ja schon ins Kindliche, man sieht da dumm-glotzende Kuhaugen vor sich, die Szene bekommt einen humoristischen Anstrich, jedenfalls für mich. Würde ich überdenken, schwächt den Einstieg für mich deutlich, diese ... Moment ich suche das Stilmittel heraus ... diese Synekdoche bzw. dieses Pars pro Toto.

Es begann wie ein normales Gewitter. Heftiger Regen. Donner. Dann traf uns der Blitz.
Ein Knall, es wurde sehr hell und roch plötzlich nach verschmortem Plastik.

Vier Sätze, schon zwei Mal irritiert – und hier kommt schon die dritte Irritation: Hier musste ich drei Mal lesen, um zu eruieren, ob es sich um eine Metapher für Sex oder um ein echtes Gewitter handelt. Du dropst das hier so unvermittelt und unerwartet, dass ich es kaum glauben konnte.

Das ist natürlich Absicht und ich sage nicht, ist schlecht. Beschreibe nur die Wirkung. Pärchen fährt zu einem einsamen Ort und: Zack, vom Blitz getroffen! Irre! ;-)

Aber ist ein Auto nicht ein Faradayscher Käfig? Dachte, man kann im Auto nicht vom Blitz getroffen werden. Wirst du sicher durchdacht haben, aber der Text wirft hier diese Frage auf, weil du ja eben gar keinen Kontext gibst (was machen sie vor dem Blitzeinschlag?).

Dann traf uns der Blitz.
Ein Knall, es wurde sehr hell und roch plötzlich nach verschmortem Plastik.
Wir zogen uns an und warteten darauf, dass der Regen nachlässt.
Der Corsa war natürlich hinüber, und die Versicherung wollte nicht bezahlen.
Meine Mutter war der Meinung, ich sei Schuld.

Wieso ist das Auto hinüber, sie sind aber unbeschadet davongekommen?

Sie fühle sich so stark seitdem.
Sie fühle sich so, als ob niemand ihr etwas anhaben könne.
Sie habe Superkräfte.
Ich glaube dir nicht, sagte ich. Beweis es mir.
Diesmal nehmen wir den Wagen von meinem Vater, sagte L.

Davon erzählt er sicher noch heute: von dem Typen ohne Augenlider, der dachte, er habe Superkräfte.

Sie sagt, sie habe Superkräfte, aber dann soll er sie gehabt haben. Das hat mich komplett rausgeschmissen beim Lesen und ich musste zurückspringen, um meine Irritation aufzulösen. Hab ich verpeilt, wer wer ist? Aber war richtig unterwegs, sehe ich dann: Sie meinte, Superkräfte zu haben, dann werden sie ihm angehängt. Seltsam ...

Sie sieht mich dann immer mit diesem Blick an: Du konntest mich nicht ficken und hattest auch keine Superkräfte. Da ist eine Menge Metall in ihrem Körper, das Metall hält ihren Körper zusammen.

Sorry, es ist wirklich schlimm, aber auch die Stelle verstehe ich nicht. Er wird beim Unfall versehrt, sie kann noch rumlaufen und ihn fotografieren, aber dann hat sie das Metall in ihrem Körper, der sonst auseinanderfallen würde? Hier war ich wieder konfus, wer wer ist.

Und ich dachte, beim Blitzeinschlag waren sie nackt. Gut, dass heißt nicht, dass sie de facto Sex hatten, aber so habe ich den Einstieg abgespeichert. Dass er es scheinbar nicht gebracht hat, kommt hier irgendwie als Info aus dem Nichts.

Uns wird nichts passieren, sagte sie. Du hast auch Superkräfte, vergiss das nicht.

Hier löst sich nun auf, warum auch er meinte, Superkräfte zu haben. Aber ich verstehe nicht, warum er dann gefahren ist. Sie soll es doch ihm beweisen:

Ich glaube dir nicht, sagte ich. Beweis es mir.

Warum fährt er dann? Für mich saß gedanklich ganz klar sie am Steuer, dann erfahre ich aber, dass er es war – und muss wieder "blättern". Zwischenzeitlich hab ich sogar überlegt, ob die Textperspektive gewechselt hat oder ob es wirklich Mann und Frau sind. Irgendwie fand ich das alles wirklich schwer verständlich :-/

Soweit mein erster Eindruck. Ich werde den Text natürlich noch ein paar Mal lesen und hier die Kommentare verfolgen und dann wird sicher manches relativieren. Ich bin auch überzeugt, dass alles im Grunde so gewollt ist und ich wahrscheinlich zu stumpfsinnig an den Text herangehe, indem ich ihn einmal durchlese und mich einfach frage: Was passiert da? – Anstatt nach Symbolen, Subtext, Stimmung usw. zu suchen.

Freundliche Grüsse

Henry

PS:

In dieser Nacht lieh ich mir den Corsa meiner Mutter und fuhr mit L. auf den Parkplatz hinter dem Schützenverein, aber dort gab es eine Feier mit lauter Musik und Bier.
Zu viele Menschen, sagte sie. Zu viele Augen.

Also fuhren wir auf die Wiesen vor der Stadt, wo es nur die Augen von Kühen gab. Es begann wie ein normales Gewitter. Heftiger Regen. Donner. Dann traf uns der Blitz.

Ein Knall, es wurde sehr hell und roch plötzlich nach verschmortem Plastik.
Wir zogen uns an und warteten darauf, dass der Regen nachließ.
Der Corsa war natürlich hinüber, und die Versicherung wollte nicht bezahlen.
Meine Mutter war der Meinung, ich wäre Schuld gewesen.
Zwei Tage später sagte L., irgendetwas wäre passiert in dieser Nacht.
Sie fühlte sich so stark seitdem.
Sie fühlte sich so, als ob niemand ihr etwas anhaben könnte.
Sie hätte Superkräfte.
Ich glaube dir nicht, sagte ich. Beweis es mir.


(Teilweise selbst unsicher bei den ganzen Konjunktiven, aber im jetzigen Text ist es auf jeden Fall falsch, wenn alles in der Vergangenheit passiert.)

Diesmal nehmen wir den Wagen von meinem Vater, sagte L. Ich erinnere mich an das Gefühl von Schwerelosigkeit, an den kurzen Moment, als die Reifen den Kontakt zum Asphalt verlieren. An L. , die aus dem Seitenfenster kriecht, ihre Stimme wird leiser, wieder lauter. Sie kommt zurück, um mit ihrem Handy ein Foto von mir zu machen. Da ist Glas überall; auf meinem Gesicht, in meinem Mund. Der Rettungssanitäter, der mich wenig später aus dem Wrack zieht, kann mich kaum ansehen. Meine Augenlider sind fast abgerissen, es wird ein halbes Jahr dauern, bis alles verheilt ist. Davon erzählt er sicher noch heute: von dem Typen ohne Augenlider, der dachte, er habe Superkräfte.

Finde ich nicht optimal, schon hier ins Präsens zu wechseln, weil du ja später tatsächlich in der Gegenwart unterwegs bist. Damit untergräbst du das dramatische Präsens dieser Stelle. Auf der anderen Seite kann man natürlich argumentieren, dass das hier ein noch lebendiges Traumaereignis schildert. Fände eine klare Trennung der Zeitebenen trotzdem besser, um dem Leser mehr Orientierung zu geben.

Ich liebe dich, sage ich, und sie lächelt und sagt: Halt still[Ausrufezeichen!]

 

@jimmysalaryman

Hallo jimmy,

nach den ersten Sätzen war ich auf eine konventionelle Coming-of-Age-Geschichte eingestellt. Dann die Wandlung: Ab dem Moment des Blitzeinschlags wird daraus eine Art Surrealismus. Für mich nicht nachvollziehbar, dass sich der Erzähler auf L.s Behauptung einlässt, Superkräfte zu besitzen. In der Geschichte ist nicht klar zu unterscheiden, wie viel tatsächliches Geschehen, und was subjektive Wahrnehmung sein könnte.

(...) L. kriecht während eines Unfalls aus dem Fenster und scheint später wieder unversehrt zu sein, während der Erzähler schwerverletzt ist...

Für mich teilweise verwirrend - auch der der übrige Aufbau der Geschichte: Aktuelle Gedanken, Erinnerungen und Rückblenden wechseln sich zum Teil ohne klare Übergänge ab.

Die reduzierte, stichwortartige Sprache passt allerdings zum Text, diese wirkt direkt. Außer bei:

Du konntest mich nicht ficken und hattest auch keine Superkräfte.

Ich weiß nicht, ob das authentisch wirken soll, klingt zynisch.

Sollte es eine Geschichte über jugendliche Hybris sein, wäre dies ein brauchbarer Ansatz. Insgesamt vermute ich, die Geschichte soll eher Eindrücke hinterlassen als Antworten liefern. Durch die irritierende Struktur wird allerdings die Orientierung erschwert.


Freundliche Grüße.

rubber sole

 
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Hallo Mr. Lynch äääh @jimmysalaryman

ich muss sagen, dass es mir ein wenig wie den anderen Kommentierenden geht. Ich lese eigentlich immer deine Texte und meine da auch mittlerweile einen gewissen verbindenden Sound erkennen zu können. Dieser Text bricht dann aber ein wenig damit.
Es ist nicht nur der Sound, sondern auch die in meinen Augen nicht 1:1 nachvollziehbaren Geschehnisse, die den Text von anderen aus deiner Feder unterscheiden. Ich denke, dass man da vermutlich einiges hereininterpretieren könnte, wenn man denn wollte, aber so richtig schlau, was denn da jetzt eigentlich genau abgegangen ist und warum, das erschließt sich mir nicht. Wie eben bei einem Lynch-Film (Literarisch habe ich da keinen Vergleich).

Ich fasse die Geschehnisse mal für mich zusammen:

- Der Protagonist und L. fahren im geliehenen Corsa der Mutter herum, um einen Ort zu finden, wo sie miteinander schlafen können.
- In der Nähe des Schützenfestes ist (natürlich) zu viel los, also weichen sie auf eine Kuhwiese aus.
- Ein Gewitter beginnt und der Blitz schlägt in das Auto ein.
- L. ist seitdem überzeugt, dass sich etwas verändert hat, dass sie "Superkräfte" habe (unverwundbar ist).
- Der Protagonist will den Beweis. Sie nehmen das Auto des Vaters und bauen in einer Kurve (die vom Ende?) einen Unfall.
- Der Protagonist ist schwer verletzt (halbes Jahr Genesungszeit), aber L scheint recht behalten zu haben und ist heil (?) aus dem Auto gekommen. Sie hat also evtl. wirklich "Superkräfte". Ihre Behauptung, dass der Protagonist welche habe, ist aber wohl falsch.
- Die Mutter des Protagonisten sitzt im Rollstuhl. Es wird aus dem Text nicht ersichtlich (für mich zumindest), ob sie oder L. eine Menge Metall im Körper hat. Auch wird nicht ersichtlich ob L. und die Mutter vielleicht dieselbe Person sind. Angedeutet wird es zumindest.
- Am Ende träumt der Protagonist von L. wie sie nackt Fotos von ihm macht. Das Handy kommt auch vorher schon mal vor. Was genau das sagen soll? Keine Ahnung.

Ich lese daraus, dass der Protagonist offensichtlich Probleme mit der Mutter (Schuldfrage) und dem Ort, wo er lebt, hat. Vielleicht gab es in der Vergangenheit schon mal einen Autounfall, den er irgendwie mitverursacht hat, wo die Mutter im Rollstuhl gelandet ist?
Vielleicht ist die Kurve auch als Fluchtmöglichkeit aus der Stadt zu verstehen. Das steht ja relativ deutlich auch im Text. Er scheitert zumindest an den Ansprüchen, die an ihn gestellt werden (Flucht, Sex, Superkräfte).

Ich weiß nicht, ob mir der Text (im Vergleich zu dem was du sonst schreibst) wirklich gefällt. Für meinen Geschmack hättest du gerne noch ein wenig in Richtung verwunschene, traumartige Stimmung gehen können. Das Gewitter, die Kuhwiese, Blitze und Sommernächte - das hat ja alles schon einen besonderen vibe, finde ich. Das fehlte mir dann wiederum am Ende - da war die Stimmung anders. Zumindest habe ich mich aber genötigt gefühlt, mehr über deinen Text nachzudenken. Also auch nicht schlecht :)


Eine Sache noch zu dem Rettungssanitäter:

Der Rettungssanitäter, der mich wenig später aus dem Wrack zieht, kann mich kaum ansehen.
Sollte nicht absolute Gefahr im Verzug sein (Feuer, die Person atmet nicht), würden die safe auf die Feuerwehr warten!

Danke fürs Reinstellen
Beste Grüße
Habentus

 

Nur kurz an alle, ich melde mich die Woche, bin gerade im Inventurstress. Dankt euch für das Verständnis.

 
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Servus,

ich habe kein Problem mit dem Plot an sich, falls du ihn nicht bearbeitest hast: Sie nehmen sich einmal einen Corsa, Blitz schlägt ein, Auto hinüber, dann steigen sie ins nächste Auto und bauen einen Unfall. Die Idee mit dem Blitzeinschlag und Gewitter fand ich gut, man denkt, die ficken jetzt, aber dann geht es in eine völlig andere Richtung, das war erfrischend an der Stelle. Ich dachte kurz, dass das jetzt in die Richtung Fantasy geht, das hätte ich auch gefeiert, aber dann war die Dame quasi nur einfach irre, was mir noch besser gefiel. Vom Sound und Sujet her hätte die Story auch in Knockemstiff stehen können, Pollock.

Nur wenige schaffen es aus der Stadt, die meisten bleiben. Ich nehme jedesmal die gleiche Straße, zweispurig und schlecht asphaltiert. Kurz vor dem Scheitelpunkt der Kurve steht ein Verkehrsschild, 50 km/h, leuchtend rot umrandet, ein letztes Ausrufezeichen. Uns wird nichts passieren, sagte sie. Du hast auch Superkräfte, vergiss das nicht.
Diesen Block würde ich kicken. Ich finde, der führt vom Plot und Text weg, plötzlich ändern sich die Dinge, um die es um Subtext geht, und es geht darum, dass er wohl gerne weggegangen wäre - davon lese ich davor nichts. Kam also etwas aus heiterem Himmel, und ich würde ihn kicken und direkt beim nächsten weitermachen, sie im Traum noch sehen, das passt wieder.
Der Rettungssanitäter, der mich wenig später aus dem Wrack zieht, kann mich kaum ansehen. Meine Augenlider sind fast abgerissen, es wird ein halbes Jahr dauern, bis alles verheilt ist. Davon erzählt er sicher noch heute: von dem Typen ohne Augenlider, der dachte, er habe Superkräfte.
Ersten Satz würde ich kicken, weil er etwas unlogisch ist: Seine Augenlider sind halb abgerissen, wie kann er so etwas detailliertes sehen, dass der Sanitäter ihn nicht ganz anblicken mag?
Zweiter gestrichener Satz: Ist stärker, wenn er weg ist, das ist eine Spekulation von ihm, irgendwie selbstgefällig von seiner Seite aus, dass er sich super cool vorkommt, so kann es rüberkommen; würde ich rauslassen, weniger ist hier mehr. Und: Nach dem zweiten Unfall erkennt er ja, dass sie keine Superkräfte haben; er würde dem Arzt also nicht davon erzählen, dass er glaube, er hätte sie.
Das ganze Thema Superkräfte gefällt mir, weil es ein unbewusster Ausdruck für eine Sehnsucht nach Flucht, nach Besonderheit, Sinn ist. Er will es glauben, plötzlich enthält sein Dasein eine Sinnhaftigkeit, die Welt ist nicht entkernt. Dann entpuppt es sich als Trugschluss. Darin ist die Sehnsucht nach Flucht fein ausgearbeitet. Auch deswegen würde ich den Fluchtsehnsuchtsblock schmeißen, es braucht ihn nicht.

Gerne gelesen,
zigga

 

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