Was ist neu

Che

Seniors
Beitritt
11.06.2004
Beiträge
1.056
Zuletzt bearbeitet:

Che

Während unseres gemeinsamen Guatemalatrips hatte ich mir ordentlich die Haut verbrannt. Ich hatte mich gehäutet wie eine Schlange.
Jetzt heilte meine Haut langsam ab, ich war braun wie Bronze, meine Haare waren ausgebleicht und ich fühlte mich so leicht und beschwingt, dass ich Bäume hätte ausreißen können.
Es ist schon eine merkwürdige Zeit, diese Zeit nach dem Studium, bevor man seinen Beruf beginnt, eine merkwürdige Schwebezone, in der man das Gefühl hat, zum letzten, zum allerletzten Mal richtig frei zu sein.
Es waren noch zwei Wochen, bis ich endlich in einer kleinen Kinderklinik als AIP anfangen würde. Nur noch zwei Wochen freie Zeit. Zwei Wochen. Mehr nicht...

Es klingelte an der Tür und ich wurde sehr unsanft aus dem Schlaf gerissen. Was hatte ich geträumt? Ich wusste es nicht mehr, aber es war nichts Gutes gewesen. Ich grunzte zornig. Hatte ich Susanne nicht gestern erzählt, dass ich heute ausschlafen würde?
Ich kämpfte mich aus den Federn und tapste ungelenk und wütend zur Tür.
Ich öffnete und Ben stand vor mir. Auch sein Gesicht noch braun und verbrannt wie meines. Er hielt einen Sixpack Bier in der Hand und grinste mich an.
"Como andas, che?" fragte er mich.
Ich konnte nur den Kopf schütteln und lachen.

Ich kurbelte das Fenster des Autos herunter und ließ die kühle Luft in mein Gesicht wehen und meine Hand im Fahrtwind tanzen.
Ben hatte den Kassettenrekorder angemacht. Er war immer ein großer Beatlesfan gewesen. Auf der Rückbank lagen jede Menge Bier, ein kleiner Grill, Steaks, Brötchen, Milch, Tee, Nutellacreme, ein kleiner Gaskocher, Teller und Besteck und das alte, kaputte Zelt, das uns beide schon durch Guatemala begleitet hatte.
Wir hatten beschlossen, einfach ein wenig aus der Stadt raus zu fahren, ins Grüne, dort unser Zelt aufzuschlagen und dann einen gemütlichen Abend zu verbringen, im Freien, so wie wir es in Guatemala oft getan hatten. Einfach unter dem Himmel sitzen, die frische Luft tief in die Lungen saugen und reden bis spät in die Nacht.
Ben hatte mit mir zusammen studiert, war mit mir zusammen durch die zweite Anatomieprüfung gerasselt und wollte Radiologe werden (der Langweiler).
Er saß am Steuer und war etwas schweigsam und die Beatles sangen It won’t be long.

Es fing gerade an zu dämmern, dunkles Grau überzog den vormals blassblauen Himmel und es wurde etwas kälter. Wir hatten den Grill ausgemacht, aber er war immer noch ziemlich warm.
Ben lehnte an einen Baum und öffnete unter lautem Zischen eine weitere Dose Bier, als ich mich zu ihm gesellte, mich neben ihn setzte und meine Dose an die Lippen führte. In der Ferne des Waldes hörten wir das Knistern von Holz, mit dem der Wind spielte.
"Dein Hosenschlitz ist offen", sagte Ben.
"Scheiße", sagte ich. Ich fuhr mit meinen Fingern nach unten, stellte aber fest, dass Ben gelogen hatte.
Er kicherte. "Wie läuft es mit Susanne?" fragte er, nachdem ich ihm einen Knuff gegen die Schulter gegeben hatte.
Ich sah ihn an. "Gut, ganz gut", sagte ich.
"Wolltet ihr nicht zusammen ziehen?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht", meinte ich. "Ist vielleicht noch etwas früh."
Ben nickte und nippte an seinem Bier.
"Denkst du noch an Guatemala?" fragte er.
Ich sah ihn überrascht an. "Natürlich."
"Ich auch", sagte er.
Dann lehnte er seinen Kopf gegen den Baum und schloss die Augen. Ich genoss es, so neben ihm zu sitzen. So wie jetzt war es oft gewesen. Wir schwiegen eine Weile, ohne das die Stille uns unangenehm gewesen wäre. Hin und wieder trank ich von meinem Bier. Schließlich hörte ich, wie eine weitere Dose zischte, als Ben sie öffnete.
Er spielte mit dem Blechrand herum und sah auf seine Knie.
"Anna hat mich angezeigt", sagte er schließlich.
Ich wusste gar nicht, ob ich richtig verstanden hatte, was er gesagt hatte. Ich drehte den Kopf langsam in seine Richtung und sah ihn an. Ben betrachtete weiter seine Knie und nahm schließlich einen weiteren Schluck Bier.
"Kannst du das glauben?" fragte er mich.
"Warum sollte Anna dich anzeigen?" fragte ich, noch immer ganz perflex.
Er schwieg. Nur eine seiner Augenbrauen zuckte, sonst war er völlig ruhig.
"Warum?" fragte ich erneut.
"Es ist meine Schuld", sagte er.
"Was ist deine Schuld?" fragte ich.
Ben lächelte und zum ersten Mal sah er mich an. Ich sah in seine tiefen braunen Augen und konnte einfach nicht begreifen, was er gesagt hatte.
"Was ist deine Schuld?" fragte ich ihn.
"Sie hat Fotos machen lassen", sagte Ben leise und schüttelte den Kopf.
"Welche Fotos?" fragte ich. "Scheiße, Ben, was redest du da?"
"Ihre Freundin hat ihr geholfen", erzählte Ben weiter, meine Fragen einfach ignorierend. Ich wusste nicht, ob das am Bier lag oder daran, dass er mir einfach nicht zuhörte. "Diese Tina. Sie hat die Fotos gemacht, da möchte ich wetten."
"Ben, Scheiße, was redest du da eigentlich?" schrie ich. "Sag mir endlich, worum es geht."
Ich merkte, wie mein Herz zu rasen anfing, wie mein Puls in die Höhe schoss, wie Adrenalin in meine Venen gepresst wurde. Ich wusste, dass etwas nicht stimmte, wusste, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war, ahnte, dass er mir gleich etwas Schreckliches gestehen würde.
Und dann kam seine Geschichte. Und sie veränderte alles.

Es ist nun elf Jahre her. Neulich erst, da habe ich mir wieder einmal eingebildet, dass ich Ben gesehen habe. Im Kaufmarkt. Ich sah ihn am Stand für Armbanduhren stehen und die Schaukästen betrachten.
Ich war starr vor Schreck und unfähig mich zu bewegen.
Meine kleinen Tochter zog an meinem Arm und fragte, was mit mir los sei. Als ich meinen Blick kurz auf sie richtete, auf ihr kleines Gesicht, da verlor ich Ben aus den Augen. Falls es denn wirklich Ben gewesen ist.
Ich kaufte meiner Tochter ein Eis und wir gingen gemeinsam heim.
Es gibt immer wieder Momente, wo ich glaube, Ben zu sehen. Manchmal ist es schmerzhaft und ich bin sehr traurig, darüber, dass ich ihm nicht helfen wollte, nicht helfen konnte, manchmal bin ich aber auch sehr froh.
Ich bin einfach nur froh und weiß nicht, warum.

Ben kicherte. Er verschüttete etwas Bier.
"Diese blöde Kuh", sagte er.
"Was ist?" rief ich. "Meinst du Anna? Was ist mit Anna?" Ich packte Ben an der Schulter, doch er schien meine Hand gar nicht zu spüren. "Was ist mit Anna?"
"Sie war schwanger", sagte Ben.
"Was?"
"Und sie hat es wegmachen lassen", sagte Ben. "Als wir in Guatemala waren. Einfach so. Ohne mir was zu sagen."
"Was...? Scheiße... Was...? Es tut mir leid, Ben..."
"Ich habe sie geschlagen. Ich konnte nicht aufhören, verstehst du?" Er sah mich an, die Angst in seinen Augen, seine Hand ballte sich zur Faust. Wieder kicherte er. "Verstehst du?"
Damals, als Ben mit mir an jenem Baum lehnte, die Dose Bier in der Hand und ich neben ihm, da sprach er diese Worte und ich wusste nicht mehr, wer er war.
Ich sah ihn an, starrte ihn einfach nur an. Und konnte kein Wort sagen.

Manchmal, wenn ich in meinem Bett liege und Susanne neben mir längst eingeschlafen ist, da denke ich wieder an Ben.
Ich sehe das ruhige Gesicht meiner Frau an, das ungeschminkt wenige Zentimeter neben meinem liegt. Ich höre ihren Atem, ich sehe wie ihre Haarsträhnen hin und her zittern. Und dann erinnere ich mich daran, dass auch ich oft unglaublich wütend auf sie war, dass auch ich oft die Faust ballte und dann vor mir selbst erschrak.
Und manchmal frage ich mich, wie viel fehlt. Und wie ähnlich ich Ben immer war.
Und dann höre ich wieder sein Kichern.

 

Hi Jo!

Ich muss mal sagen: du bist mindestens so flink wie ich. Wenn nicht noch schneller... ;)

Gut ausgearbeitet und dem Leser sehr entgegenkommend geschrieben, was vor allem die Beschreibung der Details anbelangt
Man dankt. Hab mir Mühe gegeben.

In diesem Sinne
c

 

Hallo chazar,

eine gute Geschichte. Du hast die schwerelose Zeit gut angefangen, sie steht im Kontrast zum ernsten Ende, das ist Dir gelungen. Den Fehler machen glaube ich viele Menschen, dass sie bei solchen Dingen immer denken "die anderen, das passiert mir nicht", schön, dass Dein Prot sich hinterfragt. Das soll Bens Verhalten natürlich nicht entschuldigen.

Ein paar Details:

Scheiße, ich hatte mich gehäutet wie eine Schlange.
Jetzt war meine Haut langsam wieder am Abheilen und ich war einfach nur gut drauf.
Zwei Sätze, die mir etwas zu umgangssprachlich waren. Vorschlag 1: das "Scheiße" weglassen ;) Vorschlag 2: "Jetzt heilte meine Haut langsam wieder ab..."
"Ich auch", sagte er. "Ich kann die Kinder einfach nicht vergessen. Und wie sie lebten."
Was diesen Satz angeht, bin ich etwas unsicher. Hier wird zum ersten Mal die friedliche, gelöste Atmosphäre zerstört. Ich dachte sofort, "Aha, das ist also der Haken." Die Wirkung von Bens Geständnis wird etwas zerstört, dadurch dass du das Negative hier schon einleitest. Was hälst Du davon, ihn zu streichen? Außer der Satz hat eine besondere Relevanz, für die Geschichte, die ich übersehen habe.
Ich sah ihn am Stand für Armbanduhren stehen und die Schaukästen betrachten.

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hi Juschi!

Das Umgansprachliche stört mich im Text nicht wirklich, im Gegenteil, war sogar Absicht. Das Scheiße stört aber schon, finde ich jetzt im Nachhinein. Werde mal drüber nachdenken.

Und mit den Kindern. Wahrscheinlich hast du Recht.

Der Fehler ist Geschichte.

Danke dir.

In diesem Sinne
c

 

Hi Noel!

Jaja, ich hab hin und her überlegt, wie soll ich das Ganze nennen, aber da es um Guatemala geht und so...
Che ist Spanisch und heißt so viel wie: guter Kumpel. Und das passt doch.

Du schreibst wirklich nur das auf, was wichtig für die Geschichte ist und verfängst dich nicht in Unwichtigem.
Genau so ist es gedacht, schon wenn es sich so liest wie es sich schreibt.

Danke dir.

Und genieß die Zeit, die du jetzt hast. Sie kommt nicht wieder.

In diesem Sinne
c(he)

 

Hallo chazar,

es ist natürlich möglich, eine Tat zu verurteilen, und trotzdem Freund zu bleiben. Leider ist es im Leben oft nicht so. Und die Wehmut deines Prot kann ich gut nachvollziehen.
Auch diese Geschichte von dir hat mir gefallen. Allerdings habe ich dieses Mal doch einige Anmerkungen.

Jetzt war meine Haut langsam wieder am Abheilen und ich war einfach nur gut drauf.
Hab lange überlegt, ob ich den Satz aufführe, denn dass du über die Sprache deinen Prot charakterisierst ist schon klar und auch gut gelungen. Hier allerdings scheint mir ein Ausbruch aus seiner sonstigen Sprache zu sein. (Jetzt heilte meine Haut langsam wieder ab und ich war gut drauf) scheint sich mit rhythmisch besser in seine Sprachmelodie zu passen.
Es fing gerade an zu dämmern, dunkles Grau überzog den vormals blassblauen Himmel und es wurde etwas kälter.
Wenn du "etwas kälter" durch "kühl" ersetzt, hast du die gleiche Aussage, ihne dass "etwas" sich im nächsten Satz doppelt
In der Ferne des Waldes hörten wir das Knistern von Holz, das mit dem Wind spielte.
das Knistern von Holz spielt mit dem Wind? Oder knistert das Holz, weil der Wind damit spielt? Oder spielen die Geräusche des Windes mit dem Geräusch knisternden Holzes?
Schließlich hörte ich, wie eine weitere Dose zischte, als Ben sie öffnete
Zuvor war es eine Flasche gewesen

Lieben Gruß, sim

 

Hi Sim!

Danke fürs Ausgraben dieser alten Geschichte.

Auch diese Geschichte von dir hat mir gefallen.
Man dankt.

Hab lange überlegt, ob ich den Satz aufführe, denn dass du über die Sprache deinen Prot charakterisierst ist schon klar und auch gut gelungen. Hier allerdings scheint mir ein Ausbruch aus seiner sonstigen Sprache zu sein. (Jetzt heilte meine Haut langsam wieder ab und ich war gut drauf) scheint sich mit rhythmisch besser in seine Sprachmelodie zu passen.
Mhm, du hast recht. Auch Juschi hat das schon bemängelt. Deshalb werde ich es wohl ändern.
Ich habe die Geschichte in einem Rutsch geschrieben (dann natürlich noch ein wenig überarbeitet, aber eben nicht so gründlich wie sonst... daher vielleicht dieser kleine Bruch).

Wenn du "etwas kälter" durch "kühl" ersetzt, hast du die gleiche Aussage, ihne dass "etwas" sich im nächsten Satz doppelt
Ja, okay...

das Knistern von Holz spielt mit dem Wind? Oder knistert das Holz, weil der Wind damit spielt? Oder spielen die Geräusche des Windes mit dem Geräusch knisternden Holzes?
Schon wieder: Punkt für dich...

Zuvor war es eine Flasche gewesen
Im Supermarkt gab es keine Flaschen mehr. Okay, ich gebe es zu... mein Fehler. Wird ausgebessert.

Danke dir. Du bist ein sehr gründlicher Leser und Kritiker.

In diesem Sinne
c

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin, chazar!

So, Story hat mir gefallen. Nix witziges, wie ich es zuerst erwartet hatte, eher was zum Nachdenken.
Schön, wie die Sache mit den Fotos offen gelassen wird. Auch die Atmosphäre ist gelungen.

Wie aber auch schon bei den untoten Lebenden find ich einige Stellen, an denen man den Stil noch verbessern könnte. Gut, der Protagonist benutzt Umgangssprache, aber trotzdem fielen mir diese Stellen auf:

Während unseres gemeinsamen Guatemalatrips hatte ich mir ordentlich die Haut verbrannt. Ich hatte mich gehäutet wie eine Schlange.
Zweimal "hatte" hintereinander.
Jetzt heilte meine Haut langsam ab, ich war braun wie Bronze, meine Haare waren ausgebleicht
Zweimal "war" hintereinander.
Es ist schon eine merkwürdige Zeit, diese Zeit nach dem Studium, bevor man seinen Beruf beginnt, eine merkwürdige Schwebezone, in der man das Gefühl hat, zum letzten, zum allerletzten Mal richtig frei zu sein.
Zweimal "merkwürdig" und außerdem würd ich nur "zum allerletzten mal" schreiben, ist ja schon die (absurde) Steigerung vom "letzten".
Es waren noch zwei Wochen, bis ich endlich in einer kleinen Kinderklinik als AIP anfangen würde. Nur noch zwei Wochen freie Zeit. Zwei Wochen. Mehr nicht...
Hier sind es dreimal hintereinader zwei Wochen. Da sagt der Leser sich: Ich hab's doch kapiert! Außerdem reicht das "nur noch", da braucht man nicht unbedingt noch das "mehr nicht".
Ben hatte den Kassettenrekorder angemacht.
"Eingeschaltet" fänd ich besser.

Naja, aber Stil ist immer Geschmackssache. Ich finde nur bei dir gibt es öfters sehr ähnliche Formulierungen hintereinander.

Ansonsten eine schöne, atmosphärische, wenn auch traurige Story über Freundschaft und was draus werden kann.

Beim Titel hab ich übrigens erst an Ché Guevara gedacht.

Gruß

Ben

 

Hi chazar,

wenn ich doch bloß wüsste, ob das eine selbsterlebte Geschichte ist? :confused:

Ich finde es sehr Schade, dass du nicht erzählst, warum dein Prot keinen Kontakt mehr zu seinem Freund hatte.
Natürlich ist es unmöglich, dass er seine Freundin geschlagen hat.
Aber ist dies ein Grund eine Freundschaft zu beenden? :hmm:
Jeder Mensch und vor allem Freunde, haben immer eine zweite Chance verdient, oder?
Wer weiß wie dein Prot bei seiner Frau manchesmal reagiert hätte, wenn er das Beispiel seines Freundes, nicht vor Augen gehabt hätte.

Also, hat Ben (so war doch der Name des Freundes?) sogar noch ein lehrreiches Vorbild gegeben. Denn nichts geschieht umsonst im Leben.

Mir gefällt deine Vergangenheitsgeschichte.
Zeigt sie doch, dass man Menschen, die eine Bedeutung im eigenen Leben hatten, nicht vergisst.
Nur traurig, dass man sie manchmal nicht halten kann, was leider oft an einem selber liegt.
Doch was wäre das Leben ohne Karma? :shy:

liebe Grüße, coleratio

 

Hi ihr zwei!

@Ben:
Ja, du hast Recht: Stil ist tatsächlich Geschmacksache. Ich habe die von dir aufgeführten Beispiele genau gelesen und störe mich an den von dir beschriebenen "Fehlern" nicht. Aber ich werde mir deine Anregungen trotzdem mal durch den Kopf gehen lassen. Denn etwas Wahres ist natürlich schon dran.
Danke dir jedenfalls.

@Col
Danke auch dir.
Nein, das ist keine selbsterlebte Geschichte. Der Ich-Erzähler ist ein sehr schwieriger Erzähler, ja, aber bei meinen Ich-Erzählern kannst du sicher sein, dass sie selten viel mit mir gemeinsam haben. Zudem schlachte ich auch ungern mein oder das Leben anderer für meine Geschichten aus.
Warum die Freundschaft der beiden auseinander gegangen ist? Ob das nur an diesem Ereignis liegt, lässt sich schwer sagen, viel eher ist es wahrscheinlich so, dass sich die beiden einfach auseinander gelebt haben.
Etwas, was man ja oft beobachten kann, wenn ein neuer Lebensabschnitt anfängt: Schule, Studium, Beruf, immer ist dies mit einer Neuorientierung verbunden, die leider auch vor Freundschaften nicht halt macht. Und es kostet manchmal sehr viel Kraft, alte Freundschaften trotz räumlicher Distanz am Leben zu halten, oder?

In diesem Sinne
c

 
Zuletzt bearbeitet:

@chazar:

Ich habe die von dir aufgeführten Beispiele genau gelesen und störe mich an den von dir beschriebenen "Fehlern" nicht.
Das sind ja auch keine Fehler, das sind bloß Stellen, die mir vom Stil her nicht so gefielen. Det is Geschmackssache.

Gruß

Ben

 

Jetzt an richtiger Stelle ;)

Hi chazar,

eigentlich wollte ich´s nur überfliegen und dann endlich mal mit den Dingen weitermachen, die bei mir hier noch so rumliegen. Aber hab´ mich festgelesen und will meine Meinung kurz sagen:

Es ist die Geschichte einer Freundschaft, die scheinbar abrupt endet und es ist das Schicksal eines Mannes, der etwas getan hat, was wir verurteilen und was wir aber auch irgendwie nachvollziehen können.

So weit - so allgemein.

Sehr stark finde den sehr flüssigen Erzählstil, der ohne größere Schlenker auskommt und die Geschichte sehr gut vorantreibt und die Reflexion des Ich-Erzählers darüber, was der Leser selbst denkt:
"Was hätte ich getan."

Kommen wir zu einigen Problemchen, die mich beschäftigen:
Ich habe 3 Ebenen erzählt.

In der Einleitung beleuchtest Du den Hintergrund des Erzählers und die Zeit kurz nach dem Trip.

Dann ist die Ebene der Erinnerung, also das, was als Haupthandlung erzählt wird.

Und die heutige Ebene.

Möglicherweise ist für Dich Einleitung und Erinnerung eine Ebene, aber dadurch, daß die Erinnerung ziemlich präzise beschrieben wird und die Einleitung eher allgemeine Hinweise auf die Zeit zwischen Studium und Beruf enthält, kann ich es nicht zusammenbringen.

Mein Vorschlag wäre, denn Abschnitt mit dem Supermarkt und der Tochter (Jetzt-Zeit) ganz vor zu bringen und dann über einen Rückblick in die Geschichte einzusteigen und dann auch mit dem jetzigen Schluß und damit der Jetzt-Zeit zu enden.
Damit haste eine prima Klammer.

Und dann stört auch der Abschnitt in der Mitte nicht so sehr. Ich glaube schon, daß Du ihn da reingesetzt hast, wegen Spannung usw. aber ich find´s nicht so gut. Evtl. könntest Du auch Details der Heute-Zeit noch einflechten, um den Zeitsprung in der Erinnerung (Fahrt -> Sitzen am Grill) zu überbrücken.

Dann etwas technisches:Zitat:
Ich merkte, wie mein Herz zu rasen anfing, wie mein Puls in die Höhe schoss, wie Adrenalin in meine Venen gepresst wurde. Ich wusste, dass etwas nicht stimmte, wusste, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war, ahnte, dass er mir gleich etwas Schreckliches gestehen würde.
Und dann kam seine Geschichte. Und sie veränderte alles.
Diese Steigerung, die die Spannung des Ich-Erzählungs darstellt, ist nicht nötig. Denn das er seinen Freund anschreit und evtl. sogar schüttelt, reicht aus. Da brauchst Du nicht die mikroskopisch-chemische Sicht.

Und wenn die Abschnitte anders liegen auch nicht die vorbereitenden Sätze, daß jetzt gleich was ungeheuerliches kommt.

Tja und dann vermisse ich noch eine kleine Andeutung, wie sich die Wege der beiden verloren haben. Da reicht ja nur ne Andeutung, daß der Erzähler nicht zu Verhandlung gegangen ist oder ihn im Knast besucht hat etc.

Aber es so plötzlich abzuschließen wirkt ein bissl ...mmh...nachlässig, denn der Konflikt des Erzählers, denn er kann es in gewissem Sinne ja auch nachvollziehen, wird nur angedeutet.

Siehe:Zitat:
Manchmal ist es schmerzhaft und ich bin sehr traurig, darüber, dass ich ihm nicht helfen wollte, nicht helfen konnte, manchmal bin ich aber auch sehr froh.
Ich bin einfach nur froh und weiß nicht, warum.

Fazit:
Sehr gut geschriebene Einbettung eines Konfliktes in einen retrospektiv erzählten Nachmittag (Abend). Den letzten Abend einer Freundschaft. Allerdings könnte man es noch etwas umstrukturieren und damit das Lesen noch etwas erleichtern, sowie ein paar Potentiale abrufen, die noch drin stecken.

P.S. Als Titel würde ich (in der Reihenfolge) "Dosenbier", "Abends", "Ben" oder "Nachmittags" favorisieren. "Che" wirkt ein bissl draufmontiert.

Viele Grüsse

mac

 

Hi macsoja!

Danke für die Kritik und das Lob!
Einleitung und Erinnerung sind tatsächlich die gleiche Ebene. Und die Jetzt-Zeit (mit der Tochter) möchte ich aus dem Grund nicht nach vorne bringen, weil sie zur Unterbrechung der Erinnerung dient. Und da diese nicht aufgelöst ist und in der Leser in der Jetzt-Zeit erfährt, dass Ben und der Prot keine Freunde mehr sind, erhöht das die Spannung.
So etwas in der Art hatte ich zumindest im Sinn...

Und der Titel Ché passt doch ganz gut, finde ich, es ist Spanisch (guatemala) und beschreibt das Wort Kumpel irgendwie treffender...

In diesem Sinne
c

 

mmh, meine ja auch nicht, daß Du´s bloß hochkopieren sollst. Und natürlich nicht das Ende der Freundschaft vorwegnehmen.
Naja, das ich die Unterbrechung net so doll finde, hab´sch ja schon gesagt und wenn Du den Titel nur für Fremdsprachen-Künstler öffnen willst, is ja och Deine Sache.

Kann ja bloß schreiben, was ich denke und das ist auch gut so, denk´ ich ma ;)

bis denn

mac

 

Salut chazar,

Erstmal kurz zu einer anderen Kritik:

und wenn Du den Titel nur für Fremdsprachen-Künstler öffnen willst, is ja och Deine Sache.

Das sehe ich überhaupt nicht so. Che läßt mich sofort an Guevara denken und damit habe ich schonmal einen Faden zu Südamerika.

Diese Geschichte hat mir gefallen :) .
Kurz gestolpert bin ich an folgender Stelle:

Und dann kam seine Geschichte. Und sie veränderte alles.

Es ist nun elf Jahre her. ....


An dieser Stelle (elf Jahre) dachte ich, du erzählst die Geschichte, die alles veränderte.

Deine Erzählung hat mich an frühere Zeiten erinnert, deshalb habe ich sie auch sehr gerne gelesen. Die Prots hast du sehr lebendig werden lassen; auch die Umgangssprache ist stimmig.

Lieber Gruß
bernadette

 

Salut bernadette!

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich gearde zu dieser Geschichte inzwischen ziemliche Distanz entwickelt habe. Ich habe sie vor ein paar Wochen wieder mal gelesen und festgestellt, dass ich sie so nicht mehr schreiben würde. Das Ende ist mir zu ... mhm, zu sehr Holzhammer, finde ich. Nicht subtil genug.

Der Weg dorthin war schon richtig, aber dann bin ich übers Ziel hinaus.

Trotzdem Danke für dein Lob. Freut mich trotzdem sehr.

Gruß
c

 

, dass ich sie so nicht mehr schreiben würde. Das Ende ist mir zu ... mhm, zu sehr Holzhammer, finde ich. Nicht subtil genug.

Dann würde ich mich über eine neuere Version sehr freuen :)

 

Hi Chazar,

ich habe deine Geschichte schon vor längerer Zeit gelesen und dachte auch, ich hätte etwas dazu geschrieben. Na ja, war wohl nicht so. Auf jeden Fall ist mir die Geschichte im Gedächtnis geblieben und das sagt ja schon einiges über sie aus.

Mir hat sie gut gefallen. Mit kleinen Details führst du den Leser direkt in deine Geschichte. Ich konnte gut verstehen, wie entsetzt dein Prot. war, als er die Sache von seinem Freund erfahren hat. Schade, dass diese Freundschaft so enden musste, aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ich jemandem so etwas verzeihen könnte. Der Punkt ist ja, dass vermutlich jeder schon mal den Impuls hatte, jemandem eins über die Mütze zu geben - manche tun´s, manche nicht. Und das macht ja letztlich auch den Unterschied aus.

Ich konnte auch gut nachvollziehen, dass er dieser alten Freundschaft hinterhertrauert, weil dein Prot. Ben schließlich nie von dieser Seite kennen gelernt hat und sich vielleicht nicht einmal richtig vorstellen kann, dass er das wirklich getan hat.

Die Andeutung mit den Fotos... Ich weiß nicht. Mich hat sie nicht so wirklich begeistert.

Ansonsten eine sehr gute Geschichte, Chazar!

LG
Bella

 

Hi Bella!

Die Andeutung mit den Fotos... Ich weiß nicht. Mich hat sie nicht so wirklich begeistert.
Mhm, mal sehen, vielleicht überarbeite ich dieses Teil doch noch - wie gesagt, ich hab schon ein bisschen viel Distanz dazu, aber zu viel? Mal sehen.

Jedenfalls Danke für deine Meinung, die ja wieder mal sehr positiv war. Das hilft mir echt weiter.

Grüße
c

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom