Was ist neu

Cindy

Beitritt
15.03.2009
Beiträge
190
Zuletzt bearbeitet:

Cindy

Sie stand vor dem Spiegel und zupfte ihre Augenbrauen. Ein rohes, ungeschminktes Gesicht blickte ihr unsicher entgegen, ein Gesicht wie das kahle Zimmer im Hintergrund: die dunkelgrüne Bettwäsche, das hölzerne Nachtkästchen, auf dem nur der Wecker und die zweckdienliche Leselampe standen. Das einzige persönliche - ein Poster von Madonna. Vater und Mutter dachten wohl, Daniel wichste bei ihrem Anblick, doch sie war Cindys Idol. Wehmütig drängte sich ihr der Vergleich mit Claudias Zimmer auf: die rosa Vorhänge, die große Kommode voller Kosmetiksachen und schmuckem Krimskrams, die Plüschtiere auf dem Bett ... Nichts wie raus hier und zu Claudia. Raus aus ihrem Loch und rein in ihre Haut.

Cindy prüfte noch einmal, ob die Tür versperrt war, dann holte sie den alten Lederkoffer unter ihrem Bett hervor. Aufgeregt öffnete sie ihre Schatztruhe und wühlte zwischen ihren Lieblingskleidern. Das eine oder andere fischte sie heraus und ließ es sinnlich durch ihre Hände gleiten. Sie hielt bei dem roten Minikleid inne, das letzten Samstag die Blicke auf sie gezogen hatte. Wie ein Filmstar hatte sie sich gefühlt, als sie den Club betrat und aller Augen auf ihr ruhten, auch Martins.

Die Aufmerksamkeit der Menge erregte sie und füllte sie mit Stolz, auch wenn es eine schmutzige Gier war, mit der die Männer nach ihr verlangten. Cindy hatte die Blicke beobachtet, die sie Claudia und den anderen Mädchen zuwarfen. Bei ihr war es nicht dieselbe, unbeschwerte Art zu flirten. Cindy spürte, wie sich die Faszination ihrer Bewunderer mit einem gewissen Unbehagen vermischte, oft unter der Maske von Spott und Verachtung. Sie war kein gewöhnliches Mädchen, keine Frau für sie. Es war eine verdrängte Lust, mit der hungrige Augen sie verschlangen, ein neugieriger Reiz, der die geheimsten Fantasien entblößte. Martins Fantasien wollte sie befreien. Sie wollte ihn.

Cindy entschied sich für das schwarze Samtkleid, dazu die Schuhe mit Bleistiftabsätzen. Elegant, nicht leichtfertig, wollte sie sich heute präsentieren. Sie kramte noch eine passende Handtasche hervor, in die sie Schminkzeug, Zigaretten und Geldbörse steckte, und packte ihre Sachen in die blaue Sporttasche. Dann schlüpfte sie in ihren engen Tanga und verstaute alles sorgfältig darin. Ihr Blick im Spiegel schweifte nach oben und sie seufzte wieder einmal über ihre viel zu breiten Schultern. Wahllos nahm sie ein ausgeleiertes T-shirt und eine Jeans aus dem Schrank und zog sich eilig an.
An der Zimmertür angelangt, drehte sie sich ein letztes Mal um und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Er fiel auf die Pinzette, die noch auf dem Schreibtisch lag, und sie steckte sie hastig in die Schublade.

Im Wohnzimmer lief wie gewöhnlich der Fernseher. Der Vater war in ein Spiel zwischen Barcelona und Milan vertieft. Die Mutter sah vom Bügelbrett auf.
“Wo geht denn heute die Post ab?”
Cindy glaubte, eine kaum greifbare Unruhe in ihrem Blick wahrzunehmen, als stünde ein Fragezeichen hinter der Pupille. Sie schlang die Sporttasche lässig über die Schulter und zupfte an ihrem T-shirt.
“Im Club.”
“Gehst du mit Claudia?”
Auch der Tonfall ihrer Fragen schien eindringlicher als sonst. Cindy griff sich instinktiv an die Augenbrauen, ertappte sich aber im letzten Augenblick und kratzte stattdessen verlegen ihre Stirn.
“Wie immer.”
“Na dann, viel Spaß!”
"Tschüs, Dani.", ließ sich der Vater kurz vom Bildschirm ablenken.
Auf dem Weg durch den Flur spürte sie die Augen der Mutter im Rücken und bemühte sich verkrampft, breite Schritte zu machen und nicht die Hüften zu schwenken.

“Hey, Cindy!”
Claudias Mutter war anders.
“Claudia ist noch im Bad. Möchtest du was trinken?”
“Nein, danke! Ich mach’ mich schon mal fertig.”
“Hör mal, Prinzessin ...”
Der Spitzname, den sie bei Claudia zu Hause trug, erhellte ihr Gesicht ein jedes Mal. Er war an Claudias elftem Geburtstag entstanden, als sie beide sich im Schlafzimmer verkleidet und Claudias Mutter sie ertappt hatte.
“ ... Da breitet sich ganz schön viel Geschwätz in der Stadt aus. Vielleicht solltest du zu Hause mal was anklingen lassen. Du weißt ja, wie die Leute sind.”
“Ich weiß!”, stammelte sie, ein Bisschen zu trotzig.
Es war gut gemeint. Lange konnte das nicht mehr so weitergehen.
“Danke für den Tip!”
Schnell verdrängte sie den Gedanken, verschwand in Claudias Zimmer und zog sich um. Das Kleid stand ihr gut. Sie war zufrieden mit ihrer Figur.
Cindy war gerade dabei, die Konturen ihrer Lippen so breit zu malen, wie sie sie gerne hätte, da kam Claudia, in ein Handtuch gewickelt, ins Zimmer.
“Wow, da werden Martin aber die Glubscher aus dem Gesicht fallen.”
“Hi Süße! Glaubst du, das Rot ist zu grell?”
“Nein, das sitzt, aber den Lidschatten würde ich nicht so dick auftragen.”
Cindy tupfte mit einem Wattebausch ihre Augenlider ab, bis die Schattierung unaufdringlicher wirkte.
Bei Claudia ging das ruck-zuck. Sie verwendete wenig Schminke, ein Bisschen Wimperntusche, einen Touch von Rouge auf ihren Wangen, eilig noch den Lippenstift draufgeschmiert – fertig. Auch bei der Auswahl ihrer Kleidung schien sie sorglos vorzugehen. Was auch immer sie anzog, sie wusste, dass es saß.
“Robert kann uns heute nicht abholen. Seine neue Flamme macht ihm sonst die Hölle heiß.” Claudia grinste schelmisch.
“Bernie kommt wohl auch nicht als Chauffeur in Frage?”
“Verdammte Scheiße! Er hat gestern drei Mal angerufen. Was habe ich mir da nur eingebrockt?”
Cindy zupfte noch immer an ihrer Frisur, dann fiel ihr Blick im Spiegel neidisch auf die vollen Brüste ihrer Freundin und sie rückte ihren eigenen, ausgestopften BH zurecht.
“Manchmal wünschte ich mir, es würde auch mal einer total auf mich stehen, weißt du, so richtig verliebt sein.”
Ihre falschen Wimpern klimperten sehnsüchtig. Claudia sah sie einen Augenblick lang ratlos an. Dann zwinkerte sie ihr zu.
“Du siehst umwerfend aus, Prinzessin.”

“Du liebe Zeit! Kann ich euch zwei tatsächlich so aus dem Haus lassen?”
Claudias Mutter protestierte wieder einmal schmunzelnd.
“Verursacht mir ja keinen Verkehrsunfall oder eine Schlägerei, wenn ihr so provokant unterwegs seid.”
Die beiden kicherten, während Claudia in ihre Stöckelschuhe schlüpfte und Cindy die Haustür öffnete.

In der grellen Eingangsbeleuchtung starrte ihr ein entsetztes Augenpaar entgegen. Cindy fiel noch auf, dass die Mutter den schicken Mantel nur hastig über den Jogginganzug geworfen hatte. Darunter lugten die Pantoffeln hervor, als ginge sie den Müll raustragen.
Mutter und Kind schwiegen einander erschrocken an. Dann wich die Ungläubigkeit des vertrauten Gesichts einer schmerzverzerrten Grimasse, die Cindy zornig anschrie:
“Wie hast du dich bloß zugerichtet? Zieh das sofort wieder aus! Was soll das denn, um Himmels Willen? Daniel!?”
Cindy sah, wie die Mundwinkel der Mutter zitterten und die Augen sich mit Tränen füllten.
Ein krampfartiges Gefühl tief aus dem Bauch stieg durch ihre Brust hoch und schien nun in ihrem Hals zu sitzen. Ihr Mund stand offen, doch die Worte wollten nicht herauskommen. Als sie dicke Tropfen über die eigenen Wangen laufen spürte, musste sie an ihre Schminke denken. Gerade jetzt wollte sie schön sein, noch mehr als für Martin. Schließlich hörte sie sich sagen:
“Ich bin jetzt Cindy.”

 

Hallo Elisabeth!

Ich mag ja solche Themen. :)

Allerdings habe ich beim ersten Lesen auch recht schnell nur überflogen. Hab dann den Kommentar von Sabine gelesen und hab mich dann besser konzentriert und dann gings.

Grund war, dass am Anfang nicht gleich klar war, wer jetzt Daniel ist, wer Cindy (z.B. das Poster, Daniel würde wichsen, aber es ist Cindys Idol), und dann denkt er/sie auch noch an Claudias Zimmer.

Auch war mir nicht klar, dass Daniel sich nicht schon im Zimmer umzieht, damit war mir unklar, warum seine Eltern nicht gleich "krass" reagiert hatten. Klar, da steht etwas mit dem T-Shirt, das schnell angezogen wird, aber zumindest mir war aus der Szene nicht ersichtlich, dass Daniel nun noch Daniel ist.

Hm. Vielleicht könntest du das absatzweise ordnen? Also ein Absatz Daniel und als Pronomen "er", dann wird er Cindy und "sie".

“Hey, Cindy!”
Claudias Mutter war cool.
“Claudia ist noch im Bad. Möchtest du was trinken?”

Das ist schön, aber es passt irgendwie nicht zum restlichen Erzählstil. Der ist zu distanziert für ein "cool". Denn das ist ja eine Wertung, die der Erzähler vornimmt.

Ja. Mal sehen, was die Anderen sagen. :)

Schöne Grüße,

yours

 

Hallo Elisabeth!

Da wäre ich nie drauf gekommen! Das Ende hat mich ja so was von kalt erwischt.
Deine Geschichte ist gut, oder besser gesagt raffiniert konstruiert. Das Interesse an der Geschichte hältst du geschickt aufrecht: Man fragt sich, warum es bei ihr nicht dieselbe unbeschwerte Art zu flirten ist, was wohl im Club passieren wird, was die Leute im Dorf wohl über sie schwatzen.
Dass du praktisch zu 99% die Außensicht verwendest, werde ich in diesem Fall nicht kritisieren. Anders würde die Pointe nicht funktionieren.
Es wäre aber mal interessant, die "Cindy" genauer kennenzulernen. Kannst ja das Kopierspiel mit dir selber spielen!


das hölzerne Nachtkästchen, auf dem nur der Wecker und die nichtssagende Leselampe
Gibt es nicht. Leselampen sagen immer was. Ein verschnörkeltes teures Model sagt mir: "Schau mal, meine Besitzerin hat viel Geld, aber keinen guten Geschmack." Eine billige, nur auf Zweckmäßigkeit ausgelegte Leselampe sagt mir: "Mein Frauchen ist ne arme Sau." Ich könnte Seiten damit füllen, was Leselampen so sagen!
+++
Cindy versicherte sich noch einmal, dass die Türe versperrt war,
Vorschlag: Cindy prüfte noch einmal, ob die Tür ... (aktiv)
+++
Bereits an ihrer Zimmertür angelangt, drehte sie sich noch einmal um und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen.
"Bereits" kann raus. ... ein letztes Mal ...
+++
Auf dem Weg durch den Flur spürte sie die Augen der Mutter im Rücken und bemühte sich verkrampft, breite Schritte zu machen.
Das klärt sich zwar später auf, ist aber an dieser Stelle ein echter Stirnrunzler. Ich würd das von der anderen Seite aufzeigen. Sie bemüht sich, oder achtet darauf, nicht mit den Hüften zu wackeln. Oder so ähnlich.
+++
Der Spitzname, den sie bei Claudia zu Hause trug, erhellte ihr Gesicht ein jedes Mal. Er stammte von Claudias elftem Geburtstag, als sie beide sich im Schlafzimmer verkleidet und Claudias Mutter sie ertappt hatte.
Eigentlich von Claudias Mutter, oder?

Gruß

Asterix

 

Hey Elisabeth!

Schade, dass die Charakterisierung eines interessanten Menschen aufgrund einer wirklich doofen, lahmen Pointe büßen muss.
Ich mag das Thema auch, aber so, wie die Geschichte dasteht, ärgert sie mich nur, weil ich dahinter nur die Autorengier nach solchen KOmmentaren wie "Oh, das Ende hat mich jetzt aber eiskalt erwischt" sehe, und das finde ich wirklich schade.

Der Stil am Anfang ist auch im Nachhinein super verkrampft - bloß nix verraten, dafür alles durcheinander machen.

ein Poster von Madonna.
Ich dachte wirklich, dass es ein Klischee wäre, dass Schwule/Transen auf Madonna und Cher stehen. :D Ich denke das aber immer noch. :P

In der grellen Eingangsbeleuchtung starrte ihr ein entsetztes Augenpaar entgegen. Cindy fiel noch auf, dass die Mutter den schicken Mantel nur hastig über den
Wie kommt die denn dahin? Und warum? Sind das Nachbarn und die wollte nur mal eben etwas Zucker?

Auch ist am Anfang nicht klar, dass DAniel in "normaler" Kleidung die Wohnung der Eltern verlässt - dieses Detail wurde natürlich auch wegen der Pointe geopfert.

Ich fände es wirklich spannender Daniels "Verwandlung" mitzuerleben, und natürlich, was er dabei empfindet, seine Ängste, seine Sorgen, aber auch die Aufregung und Lust, die ihn dazu treibt.

Ja. :)

JoBlack

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo und vielen Dank für die raschen Kommentare!

Vorweg möchte ich eins sagen: Es war hier nicht wirklich meine Absicht, eine Pointengeschichte aufzubauen, hauptsächlich, weil mir das respektlos erschiene. Viel mehr wollte ich zeigen, was Cindy so alles machen muss, um sie selbst zu sein, und es auf das hinauslaufen lassen, was ihr am schwersten fällt – die Auseinandersetzung mit ihren Eltern. Die Geschichte ist wohl doch mit Überraschungseffekt angekommen, und einigen scheint gerade das gefallen zu haben. Eine gewisse Spannung für den Leser anzuhalten, war schon in meinem Interesse, doch wollte ich es zumindest ahnen lassen, schon klar, dass man da beim ersten Mal lesen nicht wirklich leicht draufkommt. Werde darüber nachdenken, ob es der Story gut tut, deutlichere Hinweise zu verstreuen. Über Cindy, die einige besser kennenlernen möchten, habe ich in den Antworten auf einzelne Komms, etwas mehr geschrieben, aber eigentlich sollte das ja in die Geschichte rein …(grübel)


Hallo Sabine,

Vielen Dank für die ausführliche Liste an Verbesserungsvorschlägen. Die meisten davon, die Fehler sowieso, werde ich gleich mal in die Tat umsetzen, da gefällt mir Dein Ausdruck viel besser. Bei manchen muss ich noch ein Bisschen rumprobieren, da scheinen unsere Geschmäcker auseinanderzugehen. Wo Du Dir nicht sicher bist (ob er jetzt wichse oder wichste), bin ich mir’s auch nicht. Vielleicht ist ja noch ein erhabener Grammatiker so nett.

Dass eine Überarbeitung nötig ist, ist mir klar und ich freue mich sehr über Deine Hilfe dabei und darüber, dass Du die Geschichte trotzdem gern gelesen hast.

Der Hint auf Claudias Mutter, die auf die falsche Fährte führt, ist besonders wertvoll. Vielleicht sollte ich da noch einen deutlicheren Hinweis einbauen.

Um Cindy etwas besser zu verstehen, schlage ich folgendes vor: Stell Dir mal vor, Du hättest den Körper eines Mannes, wärst aber trotzdem Du, Sabine.

Allerdings würde ich Cindy doch ganz gerne mehr Konturen geben und “überfliegen” klingt auch nicht gut. Vielleicht habe ich mich zu sehr auf ihre Kleidung und Kosmetik beschränkt, was langweilig werden kann. Ist aber irgendwie auch gerade das, was sie beschäftigt.

Vorschläge darüber, was Du gern über Cindy wissen möchtest, mehr als willkommen.

Danke fürs Lesen und Kommentieren

Liebe Grüße

Elisabeth


Hallo Yours,

Vielen Dank für Deine hilfreichen Hinweise. Ja, ich stimme Dir zu. Es ist bis zum Schluss nicht klar, was es mit Daniel so auf sich hat. Vielleicht sollte ich ihn noch irgendwo reinbasteln. Ein “er” möchte ich aber vermeiden, denn Cindy ist eigentlich immer Cindy, auch wenn sie gerade nicht so aussieht und sich nicht so geben kann wie sie ist, und Daniel existiert schon lange nur noch für sehr wenige Menschen, hauptsächlich die Eltern. Muss ich mir noch überlegen, vielleicht raunzt ja der Vater ein “Tschau, Dani.” hinter der Glotze raus.
Der Hinweis darauf, dass nicht klar wird, dass Cindy in Jeans und Pullover das Haus verlässt, und Kleid und Stöckelschuhe in der Sporttasche rausträgt, ist sehr wertvoll. Da muss ich wohl ausfühlicher werden.

Über das “cool” hatte ich selbst meine Zweifel. Eigentlich soll die Geschichte – trotz der dritten Person und einer gewissen Distanz – aus Cindy’s Sicht beschrieben werden, aber ich verwende sonst nirgends ihre eigenen Worte, außer in der direkten Rede. Da muss der Ausdruck wohl auch raus.

Brauche noch ein Bisschen Distanz dazu, dann kann ich wieder rumfummeln

Herzlichen Dank noch mal für Deine Mühe und liebe Grüße

Elisabeth


Hallo Asterix,

Schön, von Dir zu hören. Obwohl, wie gesagt, der Überraschungseffekt viel stärker rüberkam als beabsichtigt, freut es mich, dass Du die Geschichte gut aufgebaut findest.und sie Dein Interesse erhielt.

Ebenfalls nicht beabsichtigt war die starke Außensicht, denn hätte sich ein Mäuslein in ihr Zimmer geschlichen, dann hätte es ja einen Daniel vorgefunden. Aus Cindys Sicht ist sie immer Cindy, auch wenn sie noch nicht in ihrer Haut steckt. So sieht das zumindest die Autorin. Vielleicht wäre ja doch ein Bisschen mehr psychologische Tiefe angebracht, doch irgendwie passte mir das nicht so recht zu einem Teenager, der den Gedanken an Daniel hauptsächlich verdrängt.

Jawoll, “nichtssagend” kommt raus, war noch nie wirklich zufrieden damit, und mit “zweckmässig” hast Du mir unbeabsichtigt ein besseres Wort geliefert. Danke Dir. Wäre übrigens gespannt auf Deine Geschichten über Leselampen. ;)

Auch die anderen sprachlichen Vorschläge gefallen mir sehr gut und ich werde sie einbauen. Mag das mit dem Hüften schwingen, doch kann ich mich noch nicht recht vom breiten Gang trennen.

Wer das jetzt mit der Prinzessin erfand – Claudia oder ihre Mutter – hatte ich mir noch gar nicht überlegt. Ist “stammte von + Zeitpunkt” flasch? Hm, hm … werde nach Umformulierung grübeln.

Danke Dir herzlich fürs Lesen und die hilfreichen Tips

Liebe Grüße

Elisabeth


Hallo JoBlack,

Freut mich, von Dir zu hören. Schade, dass Dir die Ausführung des Themas nicht gefiel. Nun wie bereits gesagt, war es eigentlich nicht mein Bestreben, die Pointe nicht zu verraten, aber es fällt mir oft nicht leicht abzuwägen, wie viel der Leser sich aus Hinweisen zusammenreimen kann.

Das Klischee mit Madonna und Cher kannte ich gar nicht. Madonna schlüpfte da rein, weil meine beste Freundin in unseren Teenyjahren ihr Zimmer mit ihr vollpflasterte, und sie mir als passend und allseits bekannt erschien. Danke für den Hinweis. Vorschläge für weibliche Popstars willkommen.

Die Mutter ist ihr nachgeschlichen, weil sie was geahnt hat, vielleicht sogar von anderen gehört, dass ihr Sohn außer Haus eine Tochter ist. Es sind zwei, drei Hinweise im Text auf ihre Vorahnung. (Blick, Stimme, Kommentar von Claudias Mutter) Werd mal schaun ob ich es noch klarer machen kann. So wie ich mir das vorstelle, wohnen sie in der Nähe, die Mädchen kennen sich schon lange. Vielleicht auch noch klarer …

Dass das mit dem T-shirt, der Jeans und der Sporttasche leicht überlesen wird, wurde bereits erwähnt. Auch klarer ... Dank Dir ebenfalls.

Eigentlich sehe ich Cindy gar nicht als so einen wahnsinnig interessanten Menschen. Sie ist ein Teenager, der sich wie viele Mädels ihres Alters hauptsächlich für Schönsein (in diesem Fall sogar noch mehr so), Ausgehen und Jungs interessiert. Nur wurde sie eben mit einem Penis geboren. Cindy ist nicht Daniel, wie bereits in der Antwort an Yours Truly erklärt, sie ist kein Crossdresser, sondern sieht sich gänzlich als Frau. Eine Verwandlung in diesem Sinne findet hier eigentlich nicht statt. Für Cindy ist das längst Routine. Nur sind da halt noch die Eltern … So wollte ich das zumindest darstellen.

Stimme Dir zu, dass der Moment der Verwandlung (die ersten Male als Frau gekleidet) sehr interessant wäre. Ich habe da irgendwo eine nie fertig gewordene Geschichte über die Entwicklung eines Teenagers, der sich in gewissem Sinne “verwandelt”, in erster Person geschrieben, nur war ich nie so recht zufrieden damit. Ist mir vielleicht auch zu schwierig und zu heikel, dass verallgemeinert wird (mit Madonna als Klischee kann ich noch eher leben). Bin mir nicht sicher, inwiefern so eine Verwandlung eigentlich wirklich stattfindet. Das ist wohl bei jedem Menschen anders. Viele wissen es von klein auf, dass sie irgendwie anders sind als von ihnen erwartet wird.

Auf jeden Fall gibts an dieser Geschichte noch so einiges zu basteln, aber ich brauche noch etwas Zeit und Abstand dazu

Danke fürs Lesen und Deinen Kommentar

Liebe Grüße

Elisabeth

 

Hallo Elisabeth,

von mir nur ein kurzer Kommentar:
Mir hat die Geschichte gefallen und sie hat auch gut funktioniert. Die Hinweise finde ich eigentlich deutlich genug. Ich möchte hier ein kleines Gegengewicht zu den anderen Kommentaren abgeben, die alles noch deutlicher und noch klarer haben möchten. Damit kann man auch viel kaputt machen. Ich fürchte, wenn du zusätzlich viel Außensicht einbaust (zum Beispiel Kommentar von Daniels Vater), noch genauer schilderst, was er trug, als er das Elternhaus verließ (ich finde auch das deutlich genug), was in der Tasche ist (es löst sich ja kurz danach auf), dann wird das a) zu langatmig und b) zu langweilig. Vielleicht kann man ein oder zwei Hinweise etwas verdeutlichen, aber ich würde nicht der Forderung nach einer ausufernden Charakterisierung nachgeben. Für das Thema der Kurz(!)geschichte ist das meiner Meinung nach absolut ausreichend. Mehr wäre mir schon zu viel.

Viele Grüße
Kerstin

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Elisabeth,

bin bestimmt die inkompetenteste Person, die was zum Treiben junger Mädchen sagen kann - selbst meine arme, arme Kleinkrämerseele muss bei den Vorarbeiten verkümmern. Aber ließ sich gut lesen und mit der Pointe hätt' ich alter Mann auch nicht gerechnet. Eine Sache erscheint mir aber denkwürdig: >Auf dem Weg durch den Flur spürte sie die Augen der Mutter im Rücken und bemühte sich verkrampft, nicht die Hüften zu schwenken und breite Schritte zu machen< seh ich eine Leertaste zu viel vorm Punkt und geht das Mädchen tatsächlich - wenn auch wahrscheinlich nur gelegentlich - wie'n alter Seemann oder auch John Wayne - breitbeinig?

Gruß

Friedel

 

Hallo Elisabeth,

du hast dieses sensible Thema schön sanft aufbereitet. Der Blick in die "inner universes" von Personen liegt dir definitiv. Das du allerdings eine Pointengeschichte aufgebaut hast, finde ich nicht. Die Hinweise sind deutlich genug, das coming-out nur in der Art überraschend, aber durchaus passend.

Was mich stört ist, dass CindyDaniel mehr Tiefe verdient hätte. Sein "inner universe" muss doch ein einziges Chaos sein, eingeklemmt zwischen zwei Geschlechterrollen, nur bei seiner (auch hier wäre eine Vertiefung der Freundschaftsbeschreibung wünschenswert, ist doch Claudias Mutter bemerkenswert tolerant) Freundin ist er ganz sie, also mit sich im Reinen.

Fazit: Ein sensibles Thema schön aufbereitet, falsche Rubrik (ich würde es eher in Gesellschaft sehen) und...
... endlich wieder eine Geschichte von dir ;)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kerstin,

Vielen Dank für Deinen Kommentar. Es freut mich sehr, dass Dir die Geschichte gefiel.:) Ja, es ist immer so ein heikles Gleichgewicht – wie viel sagen. Ich habe den Eindruck, dass Du bereits vor dem Schluss wusstest, oder zumidest ahntest, was Cindys Geheimnis zu Hause war (?). Ich glaube, es kommt auch darauf an, wie viel man mit dem Thema zu tun hat und wie konzentriert man gerade liest. Teils könnte es aber auch darauf zurückzuführen sein, dass ich am Vorabend Deines Kommentars noch ein paar Sachen reinbastelte. (Blick auf die breiten Schultern im Spiegel vor dem T-shirt und Jeans anziehen, Jeans und Sporttasche im Wohnzimmer noch mal erwähnt, Hüftenwackeln vermeiden, und das “Tschüs Dani” vom Vater, ). Letzteres bin ich mir immer noch nicht so sicher ob ich es wieder rausnehmen soll. Vielleicht schon zu viel gesagt.:confused:

Auf alle Fälle ist Deine Perspektive sehr hilfreich, dank Dir für das “Gegengewicht”.

Liebe Grüße

Elisabeth


Hallo Friedel,

Schön von Dir zu hören. Danke Dir fürs Lesen und fürs Kommentieren. Das Leerzeichen habe ich bereits rausgenommen. Was ich mit dem John Wayne Gang mache, weiß ich noch nicht so recht. Es ist ja ein gestellt-männlicher Gang, um ihren Eltern was vorzugaukeln. Sonst hat die Kleinkrämerseele nichts gefunden? Und ich habe Deinen Kommentar ohne Nachschlagwerk verstanden? Das verdient gleich zwo :):).

Dankeschön und herzliche Grüße

Elisabeth

PS: Geschichte noch mal gelesen und draufgekommen, dass da - glaube ich - doch wieder mal ein Rätsel in Deinem Komm war. Sonst wär's ja nicht Friedel. Satzstellung geändert und hoffe, es ist jetzt klarer. Die zwei Smileys ändere ich trotzdem nicht.

Hallo Sabine,

Vielen Dank für Deine Rückmeldung. Die Hinweise für den Hängenbleiber sind sehr hilfreich. Allerdings weiß ich nicht so recht, ob ich da was ändern soll/will. Das Zimmer soll ein Hinweis darauf sein, dass Cindy zu Hause nicht sie selbst sein kann, mit Daniel nix am Hut hat. Hier am Anfang wollte ich noch nicht alles verraten, und (mit dem Koffer) darauf hinweisen, dass sie irgendetwas vor den Eltern verbergen muss – hauptsächlich wie sie sich kleidet. Wurde mir beim Schreiben auch klar, dass dies auf ein strenges Elternhaus hinweist. Dachte, das könnte das ungezwungene Gespräch mit der Mutter übers Ausgehen wettmachen. Das mit dem Bruder ist auch naheliegend. Jetzt ist im Text ein “Tschüs, Dani” vom Vater. Vielleicht ahnt man ja so schon früher, wer Daniel ist.

"Bisher weiß ich von ihr, dass sie wohl im falschen Körper geboren wurde, und dass sie sich gerne schick macht, Madonna als Idol verehrt, unglücklich verliebt ist und zwangsweise ein Doppelleben führt."

Bingo! Das ist mir eigentlich genug Charakterisierung, hauptsächlich aber folgendes:

"Am nächsten kommt sie mir eigentlich in dem letzten Absatz, als deutlich wird, wie wichtig ihr die Anerkennung der Mutter wäre. "

:) Das hat mich besonders gefreut, denn darum geht es ja.

Also, vielen Dank noch mal für all Deine Mühe, Sabine, echt wertvoll für mich.

Schönes Wochenende

Elisabeth


Hallo Dave,

Freut mich sehr, von Dir zu hören. Riesig gefreut hat mich auch das::)

"du hast dieses sensible Thema schön sanft aufbereitet. Der Blick in die "inner universes" von Personen liegt dir definitiv."

… und dass es für Dich keine Pointengeschichte ist. Mehr Tiefe, was Cindy betrifft, hätten auch andere gern gelesen. Bin mir noch nicht so sicher, ob ich da noch was reinbastle. Möchte weder die Geschichte in die Länge ziehen noch zuviel “erzählen”. Cindy ist übrigens auch “sie” im Club und wahrscheinlich an anderen Orten, deshalb das Geschwätze, und spielt hauptsächlich noch Daniel zu Hause.

Mit etwas Abstand betrachtet, kann sein, dass ich noch ein paar Eigenschaften für Cindy reinbaue, ihr inneres Chaos möchte ich nicht unbedingt berühren. Das wäre, glaub ich, eine andere Geschichte …

Tja, mit den Rubriken hab ich’s nicht so, erstens aus sturer Klassifikationsphobie und zweitens, weil ich dem Leser nicht so gerne vorher sage, was ich ihm da vorsetze. Deshalb ist “sonstige” meine Lieblingsschublade. Trotzdem danke für den Tip.

Liebe Grüße und vielen Dank für Dein Feedback

Elisabeth

 

hi Elisabeth, es ist die erste geschichte ihrer art, die ich las. dunkel erinnere ich mich an eine figur im "rattenkönig" von clavell, der in einem kriegsgefangenenlager zuerst dazu genötigt wird, in dem lagereigenen theater die frau zu spielen und der dann, nach jahren und befreiung des lagers, sich umbringt, weil er es sich nicht vorstellen kann, wieder als mann in der alltagswelt zu leben.

ich bin wie Jo der meinung, dass die schlusspointe die grundstimmung der story stört. der letzte effekthaschende eindruck überdeckt dann die bis dahin angenehm-unaufgeregte seelenbeschau. dann fand ich noch ne kleinigkeit, dafür musste ich aber ganz schön suchen. :D

vertrauten Gesichtes einer
Gesichts reichte doch, das ist direkter. das "e" wird doch mittlerweile weggelassen.

fand ich sehr interessant, mich in die geschichte hineinzuversetzen, die ich gerne las. herzliche grüße

 

Hallo Kubus,

Danke für Deinen Komm und den Hinweis auf den Rattenkönig.

Hat mich gefreut, dass Dir die Geschichte gefiel. Tja, sie ist wohl doch noch zu "pointenmässig". Was mich etwas verwirrt ist, dass Du Dich trotzdem hineinversetzen konntest vor dem Schluss, wenn nicht klar war, was Cindys Geheimnis war. Oder meintest Du mit Pointe die Begegnung mit der Mutter?

Auf jeden Fall Danke fürs Lesen und Kommentieren.

Liebe Grüße

Elisabeth

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom