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Dana

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11.01.2006
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Dana

Dana war sieben als ihr alkoholkranker Vater starb. Sie sah mit an wie sich die Mutter aus dem 9.Stock eines Hochhauses stürzte und stand lange am Fenster, bis die Polizei die Tür aufbrach. Dana war elf.
Man brachte das Mädchen in ein Heim, weil es keine Verwandten gab-oder zumindest keine, denen man das Kind hätte anvertrauen wollen. Dana war still und fand kaum Freunde und man bemerkte schnell, dass schon der Blick in die Tiefe eines Treppenhauses oder der Griff einer festen Kinderhand sie niedersitzen ließ, das kleine Köpfchen in den Händen bergend, auf dass sie stumme Tränen vergoss und lange Zeit nicht ansprechbar war.
Es musste wohl ein halbes Jahr nach ihrem Einzug ins Haus an der Gärtnerstraße gewesen sein, dass auch ich zum ersten Mal die weißen Flure betrat. Ich hatte vorher schon in anderen Heimen gearbeitet, doch nirgends drängte sich mir der Eindruck eines Krankenhauses so zwingend auf wie hier.
Im Kollegium sprach man viel über die Kinder, ihre Geschichten, ihre Entwicklung und so erfuhr ich auch wie es der kleinen Dana ergangen war. Hatten die Pfleger sich ihrer anfänglich noch wie jedem anderen Kinde auch angenommen, so waren die Worte, die zu meiner Zeit fielen bereits unwillig und von Spott durchzogen, sie wäre ja nicht die einzige, die ein schweres Schicksal hätte, solle sich mal nicht so haben und überhaupt…Für sie war das kleine Mädchen nur ein Problem, das zu viel Arbeit machte und man konnte nicht übersehen wie sie es Dana jeden Tag aufs Neue spüren ließen. Als sie wieder einmal, nach einem wilden Spiel auf dem Hof der Anlage, weinend in einer Ecke saß, das lange dunkelbraune Haar klebte ihr auf der blassen Wange, fragte ich eine Pflegerin, warum sich denn niemand um sie kümmere und erhielt unsanft die Erwiderung, man solle das Mädchen in Ruhe lassen, das würde sich schon wieder geben. Natürlich gab es sich nicht.
Ich setzte mich zu ihr. Ich sprach mit ihr und nahm sie mit ins Haus, weg von den gaffenden Kindern und Pflegern, die sie immer wieder zum Weinen brachten und sich nicht darum scherten, sich einen Spaß daraus machten. Schon bald bemerkte ich, dass Danas Zurückgezogenheit von außen kam und dass sich unter der festgezurrten Hülle ein lebhaftes kleines Mädchen verbarg. Dana begann zu reden. Erst langsam und stockend, dann immer freier und fröhlicher und mit einem Lächeln auf ihren sich rötenden Lippen.
Dana veränderte sich sehr in den nächsten Wochen. Sie redete, lachte, begann mit den anderen Kindern herumzutollen und jedes Mal, wenn sie zu mir kam, leuchteten ihre Augen ein wenig mehr, war ihr Lächeln eine Spur unbekümmerter. Sie umarmte mich, sagte: „Jan.“ Ich wusste, dass ich es geschafft hatte, mochten die Pfleger doch sagen, was sie wollten. Dana war wieder ein Kind geworden. Und sie liebte mich. Und ich liebte sie. Und als ich sie auszog, schimmerte die Sommersonne auf ihrem jungen Körper und ihre Lippen waren weich und rot, die erste Ahnung von Fraulichkeit, Blütenblätter, die sich langsam entfalteten. Mochten die Pfleger doch sagen, was sie wollten…
Nun ja, sie kennen ja die Geschichte, sie riefen die Polizei und nun sitze ich hier vor ihnen, der sie über mein Schicksal richten sollen. Richten sie, richten sie. Was kann ich dagegen tun? Aber sie haben kein Recht zu urteilen, sie haben niemals geliebt. Niemals dieses Mädchen.
Nachdem wir endlich ganz eins geworden waren und ich nie geahnte Horizonte erblickte, lief Dana weinend davon. Die Pfleger hatten gegen sie und mich gehetzt und es ging ihr schlechter als je zuvor. Noch zögerten meine sogenannten Kollegen die Polizei zu rufen, sie ahnten wohl, dass nichts unsere Liebe aufhalten kann. Dana wurde zunehmend stummer, immer stummer, kam seltener, ich sah sie wieder weinend sitzen, auf dem Hof, an die Hauswand gelehnt. Ich wusste mir keinen Rat. Wenn sich die ganze Welt verschwört…da kam die Polizei und nahm mich mit. Ich habe Dana nicht wieder gesehen. Werde ich sie je wiedersehen? Wir lieben uns. Es wird ihr schlecht gehen ohne mich. Es wird ihr schlecht gehen…
„Sie ist tot.“

 

Hey Nachtschatten,

erst einmal schön, dass dir die Geschichte gefallen hat. Gebe dir insofern recht, dass es ab der Festnahme etwas schnell zuende geht, allerdings ist m.E. die kurze Schilderung der Festnahme an sich der Gedankenfiguration und -fixiertheit des Protagonisten (auf Dana) entsprechend, der ja seine eigene Wirklichkeitsinterpretation lebt (etwa: nichts kann die Liebe aufhalten) und da wird dieses Ereignis überlagert.

schönen Gruß, nils

 

Hallo nils,

mir hat deine Geschichte leider nicht gefallen. Dies liegt einerseits am Erzählstil, den ich besonders zu Beginn als sehr berichtend und abgehackt empfunden habe. Mir fehlten die Details, um dir die Atmosphäre und die Menschen vorzustellen.

Auch inhaltlich finde ich deine Geschichte schwierig, da du ein kritisches Thema nur streifst, ohne ihm wirklich gerecht zu werden. Was war die Motivation des Pflegers, sich Dana zu nähern? Ihr zu helfen? Dann hätte er später zumindest reflektieren müssen, ob sein Verhalten ihr tatsächlich hilft. Auch die Veränderung was Dana betrifft, von einem weinenden zu einem lachenden Kind, ist mir nicht plausibel, ging mir vielleicht einfach so schnell. Ein freundlicher Mensch und alles ist vergessen? Es wirkt ein wenig so. Auch, dass der Pfleger der Auffassung ist, er und Dana würden sich lieben, kannst du mir nicht begreiflich machen, müsstest du mir aus dem Text heraus stärker verständlich machen. Schließlich ist das Kind erst 12. Auch wenn das nicht deine Absicht war, wirkt es so, als würdest du diesen Mißbrauch einer Schutzbefohlenen verharmlosen wollen.

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hey Juschi,

in der Geschichte geht es ja nicht um die möglichst unfassende Reflexion einer Thematik, sondern um die Sicht eines Menschen, der die Wirklichkeit so interpretiert, wie die Erzählperspektive es darlegt. Das ist im übrigen auf alle möglichen Sachverhalte übertragbar, es gibt keine Objektivität. Übrigens die Tragik solcher Geschichten. Die Sicht des Protagonisten verharmlost die Situation natürlich. Übrigens steht nirgends näher beschrieben, ob sie die Liebe erwidert, nur dass...Das Mädchen ist am Ende tot und sicherlich nicht aus Zufall, man beachte bitte den Anfang der Geschichte. Bin dir trotzdem für deine Kritik dankbar, weil sie sichtbar macht, dass dieser letzte Satz vielleicht nicht genügt. Nur halte ich nicht viel von großer Reflexionsliteratur, die hat nämlich Büchner eigentlich schon 1836 begraben. Menschen handeln mehr als dass sie (vor allem objektiv) reflektieren.

Gruß, nils

 

Hallo nochmal,

mir geht es sicher nicht darum, dir, Nils, etwas einzureden. Mir war schon klar, dass der Erzähler das Thema verharmlost und nicht der Autor, logisch. Dennoch ist das bei diesem Thema eine sensible Geschichte. Auch bezüglich der Reflektion hast du Recht, Nils. Nur: Auch ohne, dass der Prot seine Motivation reflektiert, musst du mir durch als Leser durch sein Handeln deutlich machen, worauf er hinaus will.

Ich bin nicht davon ausgegangen, dass das Mädchen eines natürlichen Todes stirbt. Ich denke, das brauchst du auch nicht weiter erläutern, das wird deutlicht.

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hey Juschi,

habe noch mal durchgelesen, was du geschrieben hast und wollte übrigens gar nicht, dass meine Antwort irgendwie besserwisserisch wirkt. Ich verstehe nicht genau, was du mit dem Deutlichmachen dessen, worauf der Prot hinaus will, meinst. Das, was er erzählt/berichtet, soll sich irgendwo zwischen Erzählung, Bericht vor Gericht und Selbstreflexion (bzw. erleben) bewegen, die nicht zu trennen sind. Falls du also sagen wolltest, dass klar werden soll, dass er als Angeklagter vor Gericht aussagt, so ist das im Sinne dieser Perspektivenvermischung schwierig. Des Atmosphärenproblems werde ich mich vielleicht noch mal annehmen.

 

Hallo nils!

"Dana war sieben als ihr alkoholkranker Vater starb. Sie sah mit an wie sich die Mutter aus dem 9.Stock eines Hochhauses stürzte und stand lange am Fenster, bis die Polizei die Tür aufbrach. Dana war elf." - Da zwischen beiden Ereignissen vier Jahre vergehen, müsstest du zumindest einen Zeilenumbruch zwischen dem Tod des Vaters und dem der Mutter machen.
Und Zahlen bitte ausschreiben: Aus dem neunten Stock.

"gab-oder" - das ist ein Gedanken-, kein Bindestrich, das heißt, davor und danach muss ein Leerzeichen.

"Es musste wohl ein halbes nach ihrem Einzug" - Ein halbes was?

"so erfuhr ich auch wie es" - Komma nach auch. Auf fehlende Kommata solltest du den Text nochmal durchsehen.

"anderen Kinde auch" - Kinde klingt ziemlich hochgestochen.

"Hatten die Pfleger sich ihrer anfänglich noch wie jedem anderen Kinde auch angenommen, so waren die Worte, die zu meiner Zeit fielen bereits unwillig und von Spott durchzogen, sie wäre ja nicht die einzige, die ein schweres Schicksal hätte, solle sich mal nicht so haben und überhaupt..." - Sieh dir diesen Satz nochmal an. Der geht so nicht.

"überhaupt…Für" - Leerzeichen vor und nach den Auslassungspunkten.

"Ich sprach mit ihr und nahm sie mit ins Haus, weg von den gaffenden Kindern und Pflegern, die sie immer wieder zum Weinen brachten und sich nicht darum scherten, sich einen Spaß daraus machten." - Hier widersprichst du dir. Entweder gaffen sie, oder sie bringen das Mädchen zum Weinen; entweder scheren sie sich nicht darum, oder sie machen sich einen Spaß daraus. Ich empfehle dir kürzere Sätze. In solchen lässt sich einfacher verpacken, was du sagen willst.

"begann mit den anderen Kindern herumzutollen" - Auch hier ein Widerspruch. Denn auch wenn sich Dana so urplötzlich ändern sollte, heißt das nicht, daß sie anderen Kinder sie so plötzlich mitmachen lassen. Schließlich hast du behauptet, daß die anderen sie immer wieder zum Weinen bringen. Damit hören sie einfach so auf?

"mochten die Pfleger doch sagen,"
"meine sogenannten Kollegen" - Mein Problem hier: Was ist dein Protagonist? Pfleger, ja oder nein? Warum wirst du hier in der Beschreibung so schwammig?

"sie riefen die Polizei und nun sitze ich hier vor ihnen, der sie über mein Schicksal richten sollen." - Das Anrede-Sie bitte groß schreiben.

"Richten sie, richten sie. Was kann ich dagegen tun? Aber sie haben kein Recht zu urteilen, sie haben niemals geliebt. Niemals dieses Mädchen." - Soll das die Verwirrtheit deines Protagonisten darstellen?

"Noch zögerten meine sogenannten Kollegen die Polizei zu rufen" - Da würde mich das Warum? interessieren.

„Sie ist tot." - Halte ich für unmotiviert. Nicht daß sie tot ist, aber warum, weshalb? Willst du sagen, daß sich das kleine Mädchen jetzt umgebracht hat? Wenn ja, solltest du das im Text erwähnen.
Und da es in Anführungszeichen steht, wer sagt es? Oder wolltest du es nur betonen?

Schwieriges Thema. Du schilderst Kindesmißbrauch aus Sicht des Täters. Und für eine Tätersicht gehst du nicht tief genug. Nur ein "Ich liebe sie" reicht da nicht.
Man liest aus dem Text heraus, daß der Autor nicht weiß, wieso sein Protagonist handelt, wie er handelt. Das ist menschlich verständlich, denn wer will sich schon in einen Menschen hineinversetzen, der Kinder mißbraucht?
Aber für eine Geschichte ist das nicht genug. Du sagst nur: "Ein Mann mißbraucht ein Kind. Ich weiß allerdings nicht, warum er es tut."
Vielleicht solltest du nochmal darüber nachdenken.

Grüße
Chris

 

Hey Chris,

ich verstehe gar nicht, warum alle Menschen diese Geschichte missverstehen. Gehe mal davon aus, das liegt an mir und werde über grundsätzliche Veränderungen nachdenken. Allerdings erhebst du dich aus meiner Sicht etwas stark. Du schreibst, ich weiß nicht wie der Prot handelt und warum. Du scheinst zu glauben, jeder derartige Täter wäre sich seiner Tat, seines Vergehens an sich, bewusst, doch leider ist das in den seltensten Fällen so. Daher erscheint es mir eher wahrscheinlich, dass du nicht verstehst. In der Geschichte ist einfach 0 Missbrauchsbewusstsein und das ist doch der Knackpunkt der Handlung. Ich möchte mich hier nicht für irgendwelche Kinderschänder einsetzen, sondern die Haltung mit der viele Menschen, und offenbar auch du, an dieses Thema herangehen, aufbrechen.
Die fehlende Klarheit, die du bemängelst, ist dem Umstand geschuldet, dass über das Thema und seine Auslegung nachgedacht werden soll. Ja, warum ist sie tot? Übrigens denke ich, dass man als Leser ruhig ein paar konstruktive Gedanken darauf verwenden kann. Mir fällt nämlich auf, dass du, und nicht nur du, dich vom Prot in die Irre führen lässt. Warum wird die Polizei nicht gleich gerufen? Warum das Zögern? Du glaubst der Darstelllung des Erzählers, aber du weißt doch gar nicht, was sie gesehen und nicht gesehen haben. Es scheint auch keinem aufgefallen zu sein, dass in einem Heim keine Pfleger, sondern allenfalls Betreuer arbeiten, aber du benutzt das Wort als wäre daran nichts zu deuteln. Und nochmal, Erzähler und Täter sind nicht klar zu trennen (s. Kommentar oben). Einige deiner Kritik an der Schreibweise ist sicherlich berechtigt, werde ich verändern. Insgesamt würde ich dir aber mal vorschlagen Geschichten richtig durchzulesen und nicht nur zu überfliegen und vielleicht mal den einen oder anderen Gedanken an evtl. nicht ganz perspektivlosen Inhalt zu verschwenden.

Gruß, nils

 

Hallo Nils,

Es musste wohl ein halbes Jahr

Sie kennen ja die Geschichte, sie riefen die Polizei und nun sitze ich hier vor Ihnen, der Sie über mein Schicksal richten sollen. Richten Sie, richten Sie. Was kann ich dagegen tun? Aber Sie haben kein Recht zu urteilen, Sie haben niemals geliebt.

Check doch einmal die Tipps zur Zeichensetzung im Korrektur-Center.

Mir hat die Geschichte nicht so gut gefallen. Es klingt wie von einem Praktikanten geschrieben, der Kritik an den "Kollegen", die die Kinder nicht individuell und empathisch genug behandeln, zu einer Geschichte auswalzen will, und Kindesmissbrauch kommt da ja immer gut.

Zitat von Juschi
Ein freundlicher Mensch und alles ist vergessen?
Das entspricht der Praktikantensicht, diese Art von Allmacht. Schön, wenn es so ginge!

Man kann dir nicht vorwerfen, keine Stellung zu beziehen.

Nachdem wir endlich ganz eins geworden waren und ich nie geahnte Horizonte erblickte, lief Dana weinend davon. ... und es ging ihr schlechter als je zuvor. ... sie ahnten wohl, dass nichts unsere Liebe aufhalten kann. Dana wurde zunehmend stummer, immer stummer, kam seltener, ich sah sie wieder weinend sitzen, auf dem Hof, an die Hauswand gelehnt.
Da beschreibst du indirekt, welche Auswirkungen der Missbrauch auf das Mädchen hat. Trotzdem finde ich das zu wenig für ein so großes Thema.

Gruß, Elisha

 

Hey Elisha,

das halte ich jetzt aber für eine Unterstellung ;). Praktikant! Verweise einfach mal auf meinen Kommentar zu Chris` Kritik. Ich frage mich, ob ihr es noch nie erlebt habt, dass euch eine Sache ganz und gar vereinnahmt hat und ihr dabei alle Tatsachen ignoriert bzw. gar nicht als solche wahrgenommen habt. Ich glaube, die Mehrheit der Leute sind nicht solche Kopfmenschen (möchte jetzt niemanden abstempeln) und so auch die Mehrheit der möglichen Leserschaft nicht. Hier also einmal ganz deutlich, worum es in der Geschichte geht: Der Konflikt von Wirklichkeit und Wunsch, illustriert in einer Übergangsproblematik zwischen erwünschter Zuneigung im Sinne eines sich-Kümmerns und (logischerweise) nicht erwünschtem Missbrauch. Klingt jetzt etwas hochgestochen, ist, denke ich, aber klar. Die Frage steht: Wo ist die Grenze?

Gruß, nils

 

Hallo nils!

Und wieder mal ist der Leser an allem schuld!

Texte, die ich kommentiere, überfliege ich nicht. Deinen Text habe ich zweimal gelesen, einige Stellen sogar öfter.

"In der Geschichte ist einfach 0 Missbrauchsbewusstsein und das ist doch der Knackpunkt der Handlung." - Das habe ich durchaus verstanden.

"Ich möchte mich hier nicht für irgendwelche Kinderschänder einsetzen" - Das wäre ja auch noch schöner.

"sondern die Haltung mit der viele Menschen, und offenbar auch du, an dieses Thema herangehen, aufbrechen." Was für eine Haltung unterstellst du mir da?

"dass über das Thema und seine Auslegung nachgedacht werden soll" - Dein Text verleitet mich nicht, über das Thema Mißbrauch nachzudenken. Da gibt mir jeder Spiegel-Bericht mehr Infos (auch zum Täter).

"Es scheint auch keinem aufgefallen zu sein, dass in einem Heim keine Pfleger, sondern allenfalls Betreuer arbeiten," - Ich kann nicht hellsehen. In deinem Text steht andauernd "Pfleger". Woher soll ich wissen, daß da Betreuer arbeiten?

Schade, daß du so negativ an Kommentare herangehst.

 

Hey Chris,

ich geh ja gar nicht negativ an Kommentare ran und gebe dir auch keine Schuld. Nur einmal, wenn du lieber Spiegel-Artikel liest, dann kann ich dir das nicht verwehren. Ich dachte aber, dass die Informationsvermittlung da auf anderer Ebene läuft, natürlich mit mehr angelbich objektiven "Fakten". Ist das literarischer Anspruch? Ich wollte keine erschöpfende Darstellung, weil man die ja im Spiegel nachlesen kann, eher eine Art wunschgesteuerter Wahrnehmung aufzeigen. Vielleicht ist das wirklich alles zu skizzenhaft, aber Dinge, die man (der Prot) bereits etliche Male kognitiv reproduziert hat, zeichnet man nicht in voller Tiefe. Natürlich steht das Verständnis des Lesers im Vordergrund und das habe ich ja auch schon eingeräumt. Dass du nicht weißt, dass in einem Kinderheim keine Pfleger herumlaufen, kannst du mir aber nicht erzählen oder sind Heimkinder notwendigerweise krank!?? Du darfst dich doch nicht so simpel vom Erzähler in die Irre leiten lassen, zumal der Vergleich mit dem Krankenhaus zu Beginn da ist. Das meinte ich u.a. mit überfliegen. Der Prot ist sich seines Verbrechens nicht bewusst (Da ich dich nicht für meine fehlerhafte Schreibweise verantwortlich machen will, sag mir bitte wo dergleichen steht). D.h. verstehe ich folgendes nicht:
"Richten sie, richten sie. Was kann ich dagegen tun? Aber sie haben kein Recht zu urteilen, sie haben niemals geliebt. Niemals dieses Mädchen." - Soll das die Verwirrtheit deines Protagonisten darstellen?
Ich wollte dir auch keine Meinung unterstellen. Ich hatte nur das Gefühl, du lässt dich nicht auf die Geschichte ein, weil, wenn kein Missbrausbewusstsein vorhanden ist, so reicht ein "Ich liebe dich." vollkommen aus. Es sind ja auch Anklänge von sozialen Defiziten in der Erzählung vorhanden, zugegebenermaßen etwa versteckt. Ich habe daraus vielleicht etwas vorschnell geschlossen, dass du das Kinderschänder-immer-bewusster-Verbrecher-Bild hast. Wie gesagt, ich werde mir das alles nochmal anschauen.

Gruß, nils

 

Hallo nils,
und übrigens erst mal herzlich willkommen auf kurzgeschichten.de.
Also, die Geschichte.
Das Problem ist für mein Empfinden die Kombination aus dem von dir angestrebten Erzählstil und dem Inhalt. Und ich unterstelle mal, dass es das ist, worauf die anderen Kritiker auch mehr oder weniger hinauswollen.
Man kann natürlich durchaus eine Geschichte in diesem knappen, berichtartigen Stil verfassen – aber für mein Gefühl ist das extrem schwierig. Und man kann natürlich auf jeden Fall eine solches Thema aufgreifen und es auch aus der Sicht eines Täters erzählen – das ist sogar ein recht spannender Ansatz, allerdings für sich genommen noch einmal genauso schwierig wie der stilistische. Diese zwei extremen Herausforderungen packst du zusammen und das klappt halt nicht wirklich.
Der Inhalt, den du gewählt hast, besitzt mE zuviel Potential für die Form, die du benutzt.
Was mich an dem Text stört, ist weder die Perspektive noch die verzerrte Wirklichkeitswahrnehmung des Prots. Die halte ich wie gesagt für einen interessanten Ansatz, aus dem eine faszinierende Geschichte werden könnte. Was mich – so wie die anderen Kritiker – stört, ist, dass es zu schnell geht. Du jagst durch die Handlung und gibst dem Leser keine Chance, die beiden Hauptcharaktere wirklich kennen zu lernen. Und ich behaupte mal, dass nur dann, wenn wir diese Chance hätten, die Geschichte wirklich eine Wirkung hätte. So, wie es jetzt ist, bleibt nach dem Lesen nur eine gewisse Unzufriedenheit zurück und die Thematik hat eine gewisse Beliebigkeit, Farblosigkeit, weil dein Prot einfach runterrattert, was passiert ist.
Es haben schon andere geschrieben, dass nicht klar wird, worauf der Prot hinaus will bzw. warum er was tut. Ich finde das ehrlich gesagt auch. Allerdings finde ich nicht, dass diese Kritik gleich mit dem Wunsch nach Täterbewusstsein gleichzusetzen ist oder seitenlange innere Monologe des Prots erfordert. Auch in Anbetracht seiner verzerrten Perspektive bleiben ja trotzdem Fragen offen. Was genau reizt ihn an Dana? Wie erlebt er sein Gefühl für sie? Ja, du hast etwas davon in den Text gepackt, aber es reicht für mein Empfinden nicht. Du knallst uns ein paar Sätze hin und das war’s … Sicher, es war nicht deine Absicht, einen Roman zu schreiben – das verlangt auch keiner. Was ich persönlich aber gut finden würde, wäre einfach, wenn du dir ein bisschen mehr Zeit nehmen würdest im Erzählfluss und an manchen Stellen genau in die Handlung einsteigst (zum Beispiel eben durch Rückblenden). Das würde Tempo aus der Geschichte nehmen, und du hättest mehr Raum, die Perspektive deines Erzählers implizit noch deutlicher zu machen. Wie erlebt er Dana, als er sie das erste Mal sieht? Kannst du uns nicht eine Szene zeigen, in der die anderen „Pfleger“ sie gehässig behandeln? Wie ist es, als er sich ihr nähert?
Wie gesagt, so verstehe ich die Probleme, die in den bisherigen Kritiken angesprochen wurden. Was in der Geschichte passiert, dass Dana am Ende nicht aus Zufall tot ist und dass der Prot seine ganz eigene Wirklichkeitswahrnehmung hat, das haben alle verstanden. Dass du hier keine präbüchnersche Reflexionsliteratur abliefern willst, ebenso.

Der Konflikt von Wirklichkeit und Wunsch, illustriert in einer Übergangsproblematik zwischen erwünschter Zuneigung im Sinne eines sich-Kümmerns und (logischerweise) nicht erwünschtem Missbrauch.

Das ist alles klar und alles angekommen – so entnehme ich das jedenfalls den Kommentaren. Die Problematik ist verstanden und es geht nur darum, dass der Prot selbst noch zu farblos bleibt. Dass er in einer Distanz zum Leser bleiben soll, wäre für mich jetzt kein geeignetes Argument, denn du sagst ja ganz klar, dass du mit der Geschichte etwas bewirken willst:


Ich möchte mich hier nicht für irgendwelche Kinderschänder einsetzen, sondern die Haltung mit der viele Menschen, und offenbar auch du, an dieses Thema herangehen, aufbrechen.

Für einen Effekt aber wirkt das Ganze noch etwas zu unmotiviert. Wenn du dir mehr Zeit beim Erzählen nimmst und uns den Prot in Handlungssituationen zeigst, könntest du – ich wiederhole mich – seine Perspektive noch deutlicher herausstellen und seinen Charakter ebenfalls. Das geht, ist aber sicher schwierig. … Gut, ich hoffe, ich konnte einigermaßen ausdrücken, worauf ich hinaus will. Hier will keiner einen Spiegel-Artikel, eine Geschichte hat sicher andere Ansprüche, aber im Moment wird dieser Text denen, die du selber an ihn gestellt zu haben scheinst, nicht gerecht.

Liebe Grüße,
ciao
Malinche

P.S. Beim Lesen der Kommentare hatte ich zwischendurch das Gefühl, du und die Kritiker, ihr redet ein bisschen aneinander vorbei. Du rechtfertigst dich für Sachen, die dir gar nicht unterstellt worden sind (als ob du zu befürchten scheinst, dass sie dir unterstellt werden könnten) und scheinst außerdem jede Kritik erst mal grundsätzlich so zu werten, dass deine Geschichte völlig missverstanden worden ist. Entspann dich, lies die Kritiken in Ruhe und am besten mehrmals, das mache ich auch, wenn ich wissen will, was eigentlich drin steht. ... Die Kritiker sind ja keine bösen Monster, die dich zerfleischen wollen (mich natürlich ausgenommen). ;)

 

Malincheeeeeee!

Gib dem Messer ruhig die letzte Drehung...aaaah. Welche bösen Monster? Ich fühl mich wirklich missverstanden. Werde jetzt mal ganz reuig und reudig über die Gründe dafür nachdenken.

your faithful servant ;) nils

 

So, nils, das wird definitiv mein letzter Kommentar zu diesem Text.

Wie Malinche schon so richtig bemerkte, reden wir aneinander vorbei.

Also, mein Bezug auf einen Spiegel-Artikel: Ein Journalist kann nur das schreiben, was er von außen erfahren hat. Du erhebst in deinem Text aber den Anspruch der Innenschau des Täters, d.h. ich erwarte mehr von dir. Dein Protagonist kann mir aus seiner Warte heraus erzählen, was passiert ist, was er fühlt, warum er so handelt, wie er es tut. Aber das tut er nicht, er sagt nur: "Ich liebe das Mädchen." Er sagt noch nicht einmal, warum er sie liebt.
Du als Autor sagst mir immer, das wäre aus seinem mangelnden Mißbrauchsverständnis heraus. Aber was findet er denn an dem Mädchen anziehend? Das wird er doch wissen. Das will ich erfahren.

Übrigens, ich habe gesagt, daß du nicht weißt, warum dein Protagonist handelt, wie er handelt. Das heißt nicht, daß dein Protagonist wissen müsste, daß er ein Verbrechen begeht. Aber er hat einen Grund, Dana zu lieben, oder nicht? Das muss in den Text mit rein.

"Dass du nicht weißt, dass in einem Kinderheim keine Pfleger herumlaufen, kannst du mir aber nicht erzählen" - So, im gesamten deutschsprachigen Raum heißen die Leute in den Kinderheimen also Betreuer? Bist du da sicher? Ich habe die Erfahrung gemacht, daß Bezeichnungen regional unterschiedlich sind. (Ein Beispiel: Elisha hat in einer ihrer Geschichten einen Schulleiter Rektor genannt. Damit ging sie davon aus, daß jeder wüsste, daß es sich um eine Grundschule handelt, weil man bei ihr die Schulleiter der anderen Schulen Direktor nennt. Ich bin auf eine Realschule gegangen, da nannten wir unseren Schulleiter auch Rektor.)
Wenn du in deinem Text nur von Pflegern sprichst, gehe ich davon aus, daß die Leute da so heißen.
Übrigens, warum nennt dein Protagonist sie Pfleger, wenn sie denn keine sind? In deinem Text gibt es dafür nicht den winzigsten Anhaltspunkt. Wenn du etwas schreibst, dann muss der Leser wissen, warum. Das ist der große Anspruch des Schreibens. (Und das ist besonders schwierig, wenn dein Protagonist selbst eine verzerrte Wahrnehmung hat, und du dann auch noch in Ich-Form schreibst.)

"Richten sie, richten sie. Was kann ich dagegen tun? Aber sie haben kein Recht zu urteilen, sie haben niemals geliebt. Niemals dieses Mädchen." - Soll das die Verwirrtheit deines Protagonisten darstellen?
Was ich damit gemeint habe: Er sagt seinem Richter, den Schöffen, wem auch immer, daß sie niemals "dieses Mädchen" geliebt haben. Wie könnten sie?
Er fordert sie auf, zu richten, gleichzeitig spricht er ihnen dieses Recht ab. - Entweder willst du damit die Verwirrtheit des Protagonisten darstellen, oder das ist einfach nur schlecht geschrieben.

Zitat von Malinche: "Das Problem ist für mein Empfinden die Kombination aus dem von dir angestrebten Erzählstil und dem Inhalt." - Ja, genau, darauf wollte auch ich hinaus.
Du erzählst nur sehr bruchstückhaft (was du ja durchaus beabsichtigst), aber gleichzeitig möchtest du, daß die Leser das ganze Drumherum verstehen. Der Leser soll verstehen, worauf du mit deinem Text hinaus willst. Ich habe gar nichts verstanden, außer, daß dein Protagonist kein Mißbrauchsverständnis hat. Aber ist das alles? In deinem Text geht es um ein zwölfjähriges Mädchen, daß von einem Erwachsenen (jemandem, dem sie vertraut) mißbraucht wird. Alles was dein Protagonist von sich gibt ist: "Ich habe sie geliebt, und jetzt, wo ihr sie von mir fortgerissen habt (also er verhaftet wurde), ist sie tot."
Außerdem: "Ihr (die ganze Gesellschaft) seid schuld an ihrem Tod." - Das ist es doch, was du sagen willst, oder nicht? Wenn ja, dann sagt es aber der falsche! Denn dein Kinderschänder denkt dabei, daß er (und nur er) sie hätte retten können. Daraus folgt inhaltlich: Wenn ein Erwachsener Sex mit einer Zwölfjährigen haben darf, ist das Problem gelöst. Diesen Inhalt will ich dir aber nicht unterstellen, denn das wäre absolut krank. Ich denke nicht, daß du krank bist, nur, daß du einen schlechten Text geschrieben hast.

Übrigens: Alle Kommentare dienen nur dazu, dir zu helfen, die Qualität deiner Texte zu verbessern. Hier greift dich niemand persönlich an. Also entspann dich.

 

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