Moikka yours,
wow, nee, das geht gar nicht. Mich stört hier weder das Thema noch die Kürze an sich - aber: was willst Du denn damit sagen? Wenn man ein heftiges Thema verkürzt, muß man die Aussage klar haben, genau das, was man rüberbringen will. Ganz reduziert, von mir aus auch gerne kühl, knallhart, ohne Mitgefühl. Gut recherchiert. Das ginge - wenn Du Reduzierung üben willst bei diesem Thema. Wäre ausgesprochen spannend. Sehr geeignet, mal andere Wege zu gehen, als das übliche Rumgewimmere.
Aber hier: Du reduzierst auf Pathos. Da fühlt man weder mit, noch ist geschockt (nicht, daß allein das Thema Schock auslösen müßte, darüber ist genug bekannt), noch sonstwie. Ich bin verärgert, weil ich das Gefühl bekomme, hier wird auf billigste Weise mit den (angenommenen) Emotionen des Lesers gespielt. Das löst bei mir aber aus, das ich gegen das Kind eingestellt bin, da könnte ich draufhauen. Das liegt nun nicht an der Figur, sondern an der Art, wie es mir als Opfer aufgedrängt wird.
Und zwar so:
eine Träne auf dem Handrücken.
Tränen kommen immer blöd. Fraglich ist auch, ob das Mädel nicht so geschockt, traumatisiert oder auch in der Verdrängungsphase ist, um überhaupt zu weinen. Ganz ungünstig gelöst.
Im Regal kauern noch immer Kuscheltiere.
Was soll das? Assoziation: Stofftier
= Mädchen kauert verschreckt ... was Kleines, Weiches, das wir alle aus der Kindheit kennen. Nee, ganz üble Symbolik. Das ist reine Manipulation, reißerisch. Ich möchte schon hier Dein Mädchen killen.
Mondlicht fällt durchs Fenster und versilbert den Fleck auf dem Laken.
Wohl der schlimmste Satz - das ist Poetik an ganz falscher Stelle; Fantasykitsch meets Kinderfickeropfer, puha.
Vater kommt. Mutter schreit. Vater schlägt trotzdem zu.
Die Art der Sprache ist nicht hart, sondern eher ungeschickt. Er schlägt, obwohl sie schreit - wo ist da der Widerspruch? Warum würde er besser zuschlagen können, wenn sie still ist? Was für einen Grund gibt es, die Artikel komplett wegzulassen? Weglassen muß mehr Klarheit, Härte bringen, aber den Zweck erfüllt das Streichen hier nicht.
Je kürzer die Sätze, desto prägnanter muß die Aussage sein. Es geht nicht um kurz, es geht um kondensiert. Und das ist es hier nicht - da steckt nicht genug Strukturplanung hinter, was genau Du damit sagen, vermitteln willst. Welche Stimmung eigentlich rüberkommen soll.
Die gesamte Szenerie ist total unglaubwürdig. Das Verhalten des Mädchens, des Vaters - daß die Mutter ihn so konfrontiert (meist wird verschämt geschwiegen, wenn nicht sogar unterstützt oder zumindest gebilligt, verdrängt), daß es darüber diese hahnebüchene Auseinandersetzung gibt. Und dann noch mit einem Schürhaken wie im billigen Krimi. Und das Kind, klar, latscht noch mitten rein, nachdem was ihr angetan wurde? Never.
Wenn Du Dich mit Opfern unterhälst, oder mal Prozeßbeobachtung gemacht hättest, Bücher zum Thema gelesen (keine fiction), wird sich wohl zeigen, daß diese Taten und Situationen viel grausamer, aber auch viel "alltäglicher" sind. Das liegt an vielen Gründen, an Opfer- und Täterpsychologie; an Familienstrukturen. Der Schrecken ist schier unglaublich banal, und darin so besonders schockierend.
Aber hier bekommt man die volle Lore-Roman-Breitseite reingepfeffert. Und anstatt Sympathie für das Opfer zu wecken (was ich nichtmals von einem Text mit diesem Thema verlange), ist es nur Sensationsheischerei.
Sori yours, ich mag viele Texte von Dir, und finde auch toll, daß Du mit verschiedenen Stilen experimentierst, aber das hier ist nicht gelungen, auf keiner Ebene.
Sehe hier keinen Ansatz, den Text zu retten, außer eine echte Komplettüberarbeitung: Recherche, Standpunkt klarstellen, alles neu an plot/Reaktionen/Psychologie, Text schreiben, kondensieren beim Edit. Eine Woche lang 30x edit und immer kürzer, und dann nochmal prüfen, ob die eine Aussage/Stimmung, die Du zeigen willst - irgendwas Neues oder Ungewöhnliches zum Thema - dadurch vermittelt wird.
Nichts für ungut,
moi moi Katla