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Daneben

Team-Bossy a.D.
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23.02.2005
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Daneben

Daneben

Ich höre hinter mir das Knirschen einer Schaufel, die sich in steinige Erde schiebt. Dann ein fast knallendes Geräusch, das mich vermuten läßt, dass die Erde in einen Schubkarren geworfen wird.
Mein Nachbar ist wohl ganz in der Nähe, ausnahmsweise ohne seine Frau, das griesgrämige Weib, die fuhr vorhin mit dem Auto weg, denke ich mir und arbeite weiter.
Sie hatte es geschafft, dass sich unser angenehmes Verhältnis über die Jahre in Schweigen gewandelt hatte. Wir waren Exoten im Dorf und das konnte sie nicht mit ihrem kleinbürgerlichen Denken vereinbaren. Als sie dann anfing, Phantasiegeschichten über mich zu verbreiten, beschloss ich zum ersten Mal im Leben, einen Menschen zu ignorieren.
Ganz lang wird mein Arm, um auch noch die letzte Löwenzahnstaude aus der Erde zu ziehen, die zwischen Buschmalven und Pfefferminze einen sonnigen Platz gefunden hatte.
Ich werfe sie in den Weidenkorb, der bis oben hin voll ist mit Gräsern und Laub.
Er muß geleert werden, aber der Kompost ist genau an der Grenze.

***

„Weißt du, dass Herr Braun Krebs hat?“, fragte mich Daniela, meine Nachbarin, die mit ihrer Familie unter uns wohnt. „Die Marienklinik hat ihn heimgeschickt, es sei nichts mehr zu machen. Chemo und Bestrahlungen durch und jetzt zucken sie nur noch mit den Schultern.“
Er war unser Nachbar zur rechten Seite.
Warum er und nicht seine Frau?
Er hatte es nicht verdient und sie wurde von mir schon seit Jahren nicht mehr gegrüßt.
Ich hätte gerne einmal gefragt, wie es ihm geht, aber immer war sie dabei. Schon ihr kalter Blick hielt mich davon ab, mich dazu zu überwinden.

***

Nun packe die Gelegenheit am Schopf, sage ich zu mir, und schleppe den Korb zum Kompost hoch.
Er ist alleine. Wer weiß, wann so etwas wieder vorkommen wird.

Die Zauderin hält mich zurück: Betoniert er jetzt nicht noch eine unnötige Mauer hier in der Pampa, von der keiner etwas hat? Du willst jetzt hin und ihm damit zum Ausdruck bringen, dass sie dich nicht stört?
Die Liebenswürdige kämpft: Sprich mit ihm, wer weiß, vielleicht siehst du ihn nicht mehr lange im Garten werkeln. Du brichst dir dabei keinen Zacken aus der Krone. Diese Mauer wollte sicher nur sie und er führt die Arbeit nur aus. Er hat doch nichts gegen uns.

Ich suche immer noch zwischen Sonnenhut und Lavendel nach Beikräutern, die zu entfernen sind. Mein Telefon klingelt. Es ist eine Freundin: „Ja, ich bin im Garten, klar, komm’ auf einen Kaffee vorbei, wenn du Lust hast“. Es wird noch ungefähr zwanzig Minuten dauern, bis sie bei mir ist.

Er hat wohl den Schubkarren mit der kiesigen Erde gefüllt, denke ich, und schiebt ihn nun durch das halbhohe Gras in Richtung Nachbarhaus; jetzt ist die Chance vorbei. Ich dehne meinen Rücken, indem ich mich aus der gebückten Haltung lange gegen unsere große Esche strecke, die mir ein angenehmes Sonnendach ist.
Mit polterndem Laut wird der Schubkarren weiter hinten von ihm geleert. Ich betrachte seine hagere Gestalt aus der Ferne. Leider hatten wir schon seit Jahren kein Gespräch mehr miteinander, wir grüßen uns zwar, aber auch nur verhalten.

***

„Wieso quält sich Herr Braun nur so in seinem Zustand?“, überlegte Daniela. „Der kann doch nichts anderes als arbeiten“, gab ich trocken zur Antwort, „die haben ja nicht mal eine Tageszeitung und Besuch bekommen sie auch nie. Was sollen sie denn sonst tun ausser sich einbetonieren, damit unser Kater nicht mehr in ihrem Garten pinkelt und ihre Stauden dadurch kaputtgehen?“
„Sie ignoriert seine Krankheit auch völlig. Ich denke“, mutmaßte Daniela, „dass sie gar nicht kapiert, bald ohne ihren Mann leben zu müssen“.
„Dann werden wir hier eine richtig böse, alte Hexe als Nachbarin haben, schon immer unzufrieden mit der Welt, und dann als Witwe unausstehlich“, gab ich ihr meine Prognose unverblümt weiter.

***

Ich trage den großen, bis oben hin gefüllten, aber dennoch leichten Korb den Berg hoch zum Kompost.
Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, dass er mit der Schubkarre zurückkommt.
„Jetzt“, denke ich, „jetzt sprichst du ihn an“.
Ich gehe auf ihn zu. Er lächelt freudig und ich vermute zu sehen, wie seine Augen leuchten.
„Hallo Herr Braun!“, rufe ich ihm fröhlich entgegen. Er bleibt stehen, stellt die Karre ins Gras und macht Anstalten, auf mich zuzugehen.

In diesem Moment hören wir beide das Motorengeräusch von Frau Brauns Auto. Sein Gesicht verliert augenblicklich alle Spannung und er macht einen tastenden Schritt zurück.
Ich sehe sie aussteigen und auf uns zugehen. Ich lächle ihn traurig an und drehe mich um, weg von ihr.

 

Hallo bernadette,

der Krebs zerfrisst das Miteinander, selbst, wenn er in dieser Konstellation eher dazu neigen lässt, vorsichtig aufeinander zu zu gehen.
Es ist ein üblicher Nachbarschaftsklatsch, den du uns hier präsentierst. Es sind auch die typischen Gedanken, die man sich dazu macht. Warum er, der Gute und nicht sie, die böse Frau. Und in unserem Urteil sind war klar, ohne Zweifel. Selbst Fleiß wird dabei gern gegen die Nachbarn verwendet, Einsamkeit zum Schimpfwort.
Das liest sich bekannt und traurig und von der Stimmung her von dir gut getroffen.

Hat mir gefallen.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo S.H. und sim,

danke fürs Lesen und drüber nachdenken :).

@ S.H.

Kleinkram habe ich verbessert, da hattest du recht.

Außer:

Nun packe die Gelegenheit am Schopf, sage ich zu mir, und schleppe den Korb zum Kompost hoch.
Er ist alleine. Wer weiß, wann so etwas wieder vorkommen wird.

---> Da fehlt das "ich"

Die Prot hat sich in Gedanken selbst damit aufgefordert. Sollte ich das in Anführungszeichen setzen, damit es deutlicher wird?

Die haben einen ganzen Berg im Garten? ;)

:D Wir sprechen immer vom "Berg hoch", wenn es auch nur ein Hang ist. Aber wie soll das der kg.de-Leser wissen... :Pfeif:

Eine Geschichte, in der ich eine imho recht gut gezeichnete Prot. begleite - bleibt also die Frage, mag ich die Prot. oder mag ich sie nicht. Mein Fall ist sie nicht so ganz, aber das ist ja legitim. ;)

Ist ja auch nicht sehr christlich, den Tod weiterreichen zu wollen anstatt ihn ganz wegzuwünschen... :baddevil:

@ sim

Tja, es ist wohl immer das gleiche mit bösen Nachbarn - ich habe extra den Maschendrahtzaun vermieden, sonst wäre es wohl noch klischeehafter geworden ;). Schade ist die Konstellation, wenn man mit einem könnte und durch den/die andere gehemmt wird...

Euch beiden einen lieben Gruß
bernadette

 

Hi Bernadette,

eine leise Geschichte, die das Unvermögen zwischenmenschlicher Beziehungen zeigt.
Traurig, zu sehen, dass der Kranke Mann sich auf ein Gespräch freut und gleich einen Rückzieher macht, wenn seine Frau auftaucht.
Da fragt man sich, was hat den Mann krank gemacht?
Eine Seele gefangen im Körper, die nicht die Kraft hat sich abzuwenden, sich zu trennen von dem was zerstört.
Sie lässt den Körper erkranken, um am Ende endlich frei zu sein. :(

Hört sich theatralisch an, aber genau so sehe ich es.
Auch traurig, dass deine Prot, als sie endlich den Mut gefunden hat, sich dem Nachbarn zu nähern aufgibt, als sich die vermeintliche "Hexe" nähert.
Was wäre gewesen, wenn sie nicht weitergegangen wäre? :hmm:

So wird deine Prot, wenn sie nicht noch einmal eine Gelegenheit bekommt, sich diese Frage, nach dem Tod des Nachbarn stellen.
Mir würde es so gehen. Und ich würde mich über meine eigene Feigheit ärgern.

Eine Geschichte die zum Nachdenken anregt. Die ermuntert, nicht einfach an den Menschen vorbei zugehen.
Hat mir gut gefallen :)

lieben Gruß, coleratio

 

Hallo bernadette,
was hat die Protagonistin dazu bewegt. ihre Nachbarin als Hexe zu sehen? Was hindert sie Mitgefühl zu zeigen. Warum kann sie den Nachbarn nicht einfach ansprechen?
Sie erscheint mir wenig liebenswert, eben gerade so wie sie ihre Nachbarn sieht. Oberflächlich. Dennoch denke ich, ihr damit Unrecht zu tun.
Denn vielleicht versteckt sie sich hinter einer spießigen Fassade, obwohl sie sich etwas anderes vom Leben ersehnt hat.

LG
Goldene Dame

 
Zuletzt bearbeitet:

@ coleratio,

Eine Seele gefangen im Körper, die nicht die Kraft hat sich abzuwenden, sich zu trennen von dem was zerstört.
Sie lässt den Körper erkranken, um am Ende endlich frei zu sein. :(

Hört sich theatralisch an, aber genau so sehe ich es.


Du hast genau den Punkt getroffen.

Danke für deinen lieben Worte.

@ Goldene Dame

Nachbarschaftsstreitigkeiten entstehen meist aus so nichtigen Dingen, die es nicht wert sind, erklärt zu werden. In dieser Geschichte hätte es den Rahmen gesprengt und sie nicht viel weitergebracht, wäre ich darauf eingegangen, wieso die Nachbarin eine ungenießbare Person ist.
Mir war wichtiger, zu beleuchten, wie schwer es sein kann, (und man es sich machen kann) an jemand ranzukommen, der dauernd von so jemand umgeben ist.

Danke auch dir fürs Lesen und Drübernachdenken.

Grüße an euch
bernadette

 

Hallo nocheinmal :)

Nachbarschaftsstreitigkeiten entstehen meist aus so nichtigen Dingen, die es nicht wert sind, erklärt zu werden. In dieser Geschichte hätte es den Rahmen gesprengt und sie nicht viel weitergebracht, wäre ich darauf eingegangen, wieso die Nachbarin eine ungenießbare Person ist.

Wenn du die Streitigkeit und ihren Ursprung erzählt hättest, wäre meine Frage auch nicht beantwortet gewesen.
Was ich meine ist folgendes: Frau B und Frau A mögen sich nicht, vielleicht, weil A das geliehene Ei nicht zurückgegeben hat. Das ist die äußere Rahmenhandlung. Warum ist Frau B so pentrant und pocht darauf, dass ihr das Ei nicht zurückgegeben wurde? Was charakterisiert denn das innere Beziehungsgeflecht des einzelnen zum anderen? Was stört B eigentlich wirklich, nicht nur bei A sondern vielleicht ist A nur stellvertretend? Warum stellt A ihr Verhalten nicht ab? Vielleicht, weil Frau B stellvertretend zu den Menschen gehört, die ihr nichts bedeuten?

Du sagst:

Mir war wichtiger, zu beleuchten, wie schwer es sein kann, (und man es sich machen kann) an jemand ranzukommen, der dauernd von so jemand umgeben ist.

Vielleicht fällt es aber nur deiner Prot schwer? Aber warum kann sie es nicht? Weil die andere (aus der Sicht der Prot) ungenießbar ist?
Die Charakterisierung der Protagonistin und der Antagonistin ist dir meiner Meinung nach nur unvollständig gelungen, um den Leser ein vielschichtiges zwischenmenschliches Beziehungsgeflecht darzustellen.

Deine Geschichte erzählt die äußere Rahmenhandlung über ein zwischenmenschliches Unvermögen. Warum dieses Unvermögen besteht, Tratsch und Klatsch anstelle entstehen, erklärt sie nicht.

Ich finde das Thema, das du aufgreifst wirklich interessant, denn ich habe schon so oft von Nachbarstreitigkeiten gehört und den Kopf geschüttelt, weil ich nicht verstanden habe, warum so etwas entsteht und sogar in Psychoterror eskalieren kann.
Tratsch und Klatsch, warum existiert er? Auch deine Prot weiß doch nur über Tratsch von der Erkrankung. Warum also will sie den Nachbarn ansprechen. Aus Sensationsgier? Oder hatte sie mit ihm ein Verhältnis?... ;)

LG

Goldene Dame

 

Hallo bernadette!

Deine geschichte hat mich berührt, denn sie zeigt ein Stück trauriger Realität. Alle Beteiligten sind so in ihren Vorstellungen gefangen, dass sie aus ihren Schubladen nicht mehr herauskommen. Letztlich, denke ich, das Ende deiner Geschichte ist das einzig mögliche - hier kann selbst ein Gespräch nichts bewirken, ein Happy Ende wäre der geschilderten Situation nicht angemessen.

Bleibt die Frage - wie gehe ich mit diesen Situationen, die mir ja doch auch begegnen, um. Es muss ja nicht immer Ablehnung sein, auch Gleichgültigkeit und Desinteresse machen stumm und kapseln ab. Und so lässt mich deine geschichte ratlos fragend und ein wenig betrübt zurück.

Lieben Gruß

Jo

 

Hi jobär,

danke für das Mitteilen deiner Gedanken zu der Geschichte. Ich hoffe, dass dich heute noch ein Sonnenstrahl erreicht und dir die Trübnis genommen hat :).

bernadette

 

Hi Angua,

danke fürs Lesen :).
Wenn das immer so einfach wäre mit diesen Drachen...dem ganzen ging eine längere Episode voraus, der Kater war das Sahnehäubchen. Ich werde mir überlegen, ob ich noch etwas einbaue, was den Drachen authentischer macht ;).

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Bernadette,

es lohnt sich wirklich immer, deine Geschichten zu lesen.

Ich finde es super, wie du es jedes Mal schaffst zwischenmenschliche Beziehungen zu erklären, sogar so, dass man sich selbst ein wenig darin wiedererkennen kann.
Zum Glück gibt es in unserer Nachbarschaft keine Streitereien, aber man hört ja oft genug davon. Meistens sind die Anlässe total nichtig und gar nicht wert besprochen zu werden. Schade, dass hier besonders Dramatisch hinzukommt, dass Hr. Braun an Krebs erkrankt ist und nicht mehr lange zu leben hat. Selbst in dieser Situation schaffen es sowohl deine Prot. als auch Fr. Braun nicht, über ihren Schatten zu springen und die Zwistigkeiten zu begraben.
Ein wenig unsympathisch war deine Prot. mir allerdings auch. Die meisten Leute sind nicht grundlos so, wie sie eben sind. Natürlich kann man aus Ausenstehender nicht immer wissen, warum jemand sich so oder so verhält, aber sie hätte zumindest kurz darüber nachdenken können, finde ich.
Ansonsten hat deine Geschichte mir gut gefallen.

Lg
Bella

 

Nachbarn. Wirklich ein wunderbares Thema für eine Alltagsgeschichte. Doch die Umsetzung gefällt mir nicht.

Ich frage mich, welche Rolle es spielt, daß der Nachbar Krebs haben muß. Soll ihn das dem Leser sympathischer machen, soll man sich fragen, weshalb der arme Kerl denn solch eine ausweichende Nachbarin verdient? Abgesehen davon kann ich mir viel eher vorstellen, daß das Wissen um die Krankheit zwar als Sympathie verkanntes Mitleid bei den Mitmenschen verursacht, gleichzeitig aber eine Furcht, mit einem solchen Menschen in Kontakt zu treten: was, wenn er einem nun von seiner Krankheit vorjammert? Nee, lieber aus dem Weg gehen.

Auch halte ich es für unwahrscheinlich, daß jemand, der Chemo und Bestrahlung hinter sich hat, noch in der Lage ist, schwere körperliche Arbeit zu verrichten. Vielleicht gebrauchst Du das aber auch als Zeichen dafür, daß es sich bei der Krebserkrankung nur um ein Gerücht handelt. Das wiederum wäre spannend, bedürfte aber mehr Aufmerksamkeit seitens des Textes. Das Gefühl einer Unstimmigkeit jedenfalls bleibt.

Durch die drei Sterne, die Du einfügst, kittest Du die einzelnen Passagen aneinander, erzeugst eine Art Diaschau. Mir gefiele das besser, wenn Du es mit Sprache auffüllen könntest, so daß ein ruhig fließender Text, und damit (wie ich finde) mehr eine Geschichte würde. Aber das ist natürlich Geschmackssache.

Und des weiteren habe ich noch Stilkram herumzumeckern, hier, was ich so zu finden glaube:

  • Er ist wohl ganz in der Nähe - Ich sehe keinen Sinn darin, den Leser nicht darüber zu informieren, daß es sich um Herrn Braun, den Nachbar der Protagonistin handelt.
  • ausnahmsweise ohne die ständige Begleitung - Auch hier: weshalb so kryptisch, weshalb nicht "seine Frau", vielleicht mit dem Zusatz "die alte Hexe", damit der Leser sich orientieren kann.
  • die im gleichen Haus wie ich wohnt. - Holperig. Weshalb nicht so etwas wie "die ein Stockwerk über (mir/uns) wohnt".
  • Meinem Rücken mache ich eine Freude - Mißfällt mir auch, geht da nicht auch "Ich enstpanne (entlaste) meinen Rücken", oder eine andere Formulierung? Ganz nebenbei: das ist ein Detail, dessen Funktion mir in der Geschichte nicht einleuchten will, auch mit anderen Stellen geht es mir so.
  • fragte mich Daniela - Weshalb die Vergangenheitsform? Schließt dieses Gespräch nicht an die vorangegangene Präsens-Erzählung an?
  • gab ich ihr meine Zukunftsgedanken unverblümt weiter. - "Zukunftsgedanken" erscheint mir nicht korrekt, Du meinst doch so etwas wie "Prognose" oder "Vorstellung von der Zukunft".

 

@ cbrucher

Nur als Anmerkung: ich kenne mehrere Menschen, die nach Chemo und Bestrahlung bis zum Ende ihres Lebens äußerlich gesund wirkten und auch arbeiten konnten (und wollten). Nicht jeder Krebs hat einschneidende Auswirkungen auf die körperliche Konstitution, aber das ist ja auch in anderen Fällen so, dass wir uns fragen - wieso jemand Frührentner ist, obwohl er völlig gesund und kräftig aussieht.

LG

Jo

 

@jobär: Hmmm, dann muß ich wohl meinen Einwand zurückziehen. Danke für die Info.

 

Hallo cbrucher,

deine Stilkramanmerkungen habe ich fast alle verwertet, da kann ich dir nur recht geben.

Ich frage mich, welche Rolle es spielt, daß der Nachbar Krebs haben muß. Soll ihn das dem Leser sympathischer machen, soll man sich fragen, weshalb der arme Kerl denn solch eine ausweichende Nachbarin verdient? Abgesehen davon kann ich mir viel eher vorstellen, daß das Wissen um die Krankheit zwar als Sympathie verkanntes Mitleid bei den Mitmenschen verursacht, gleichzeitig aber eine Furcht, mit einem solchen Menschen in Kontakt zu treten: was, wenn er einem nun von seiner Krankheit vorjammert? Nee, lieber aus dem Weg gehen.

Die Prot hadert mit dem Unausweichlichen des Todes und sieht dadurch diese ganze Szenerie etwas anders, als wenn die Nachbarn gesund vor sich hinwerkeln würden. Du siehst es aber richtig: In mir als Autor stecken einige Erfahrungen mit diesem Thema, die ich in der Geschichte nicht offenlege, da sie in meinen Augen für die Kernaussage zu ausschweifend wären.
Vielleicht ist das der Punkt, der dich unzufrieden macht.

Auch halte ich es für unwahrscheinlich, daß jemand, der Chemo und Bestrahlung hinter sich hat, noch in der Lage ist, schwere körperliche Arbeit zu verrichten.

Da widerspreche ich dir aus Erfahrung.

Durch die drei Sterne, die Du einfügst, kittest Du die einzelnen Passagen aneinander, erzeugst eine Art Diaschau. Mir gefiele das besser, wenn Du es mit Sprache auffüllen könntest, so daß ein ruhig fließender Text, und damit (wie ich finde) mehr eine Geschichte würde. Aber das ist natürlich Geschmackssache.

Das ist mein Manko an Erzählungen, die springen. Bei anderen Geschichten wurde schon öfters gemäkelt, dass nicht klar wird, wer/wann/wo, dass ich für diese Geschichte diese Form wählte. Ich werde aber bei künftigen Erzählungen mehr Arbeit in diese Sprünge legen; hier bei dieser finde ich es nicht so störend. Es sollte auch dadurch klarwerden, dass es nicht nur ein Gespräch mit Daniela war.

Danke für deine Zeit, die du in diese Geschichte gegeben hast
bernadette

 

Hallo bernadette

Deine Geschichte lässt mich etwas zwiespältig zurück.

Einerseits, und wie aus deinen Kommentaren ersichtlich von dir beabsichtigt, bleibt dein Text ein oberflächlicher und einseitiger Ausschnitt aus dem Leben meiner Nachbarn. (Im weitesten Sinne gibt's da 6.5 Mia davon.)
;)

Andererseits gefällt sie mir, regt sie doch zum Nachdenken und zum Reflektieren eigener Verhaltensmuster an.
Ich würde (also in Realität) zum Beispiel diesen zarten Versuch eines ersten Schritts der Verständigung nicht einfach wieder abbrechen. So lässt deine Protagonistin Herrn Braun unmissverständlich spüren, demütigt ihn quasi damit, dass seine Frau zwischen ihnen beiden steht. Und sie disqualifiziert sich mit ihren schwarz-weiss malenden Gedanken selber.

Vom Stil her gibt es nicht viel mehr zu kritteln, als nicht schon gesagt worden wäre, ausser dass ich Mühe hatte, die einzelnen Abschnitte während dem Lesen richtig einzuordnen.
Zum Beispiel dachte ich zuerst, der Text läuft ab dem 3. Abschnitt chronologisch ab und die anrufende Freundin wäre Daniela, die beim Dialog im zweitletzten Abschnitt mit der Prot im Garten sitzt. Doch dann ist die Prot wieder bei der Gartenarbeit und die einzelnen Abschnitte teilen sich somit auf verschiedene Ebenen auf.

LG./

 

@ dotslash,

Ich würde (also in Realität) zum Beispiel diesen zarten Versuch eines ersten Schritts der Verständigung nicht einfach wieder abbrechen. So lässt deine Protagonistin Herrn Braun unmissverständlich spüren, demütigt ihn quasi damit, dass seine Frau zwischen ihnen beiden steht.

Es ist Herr Braun, der zuerst einen Schritt zurückgeht, als seine Frau auftaucht. Demütigend empfinde ich diese Szene für ihn nicht, wenn die Prot dann auch den Rückzug antritt.

Vom Stil her gibt es nicht viel mehr zu kritteln, als nicht schon gesagt worden wäre, ausser dass ich Mühe hatte, die einzelnen Abschnitte während dem Lesen richtig einzuordnen.

Dahingehend werde ich den Text auch erstmal ruhen lassen müssen.

@ groper

Dieses Motiv zieht sich nicht nur durch die Literatur...erleben wir es nicht selbst oft genug, dieses Unvermögen, auf andere zuzugehen?

Grüße aus dem fast Spätsommergarten
bernadette

 

Hallo nochmal.

Es ist Herr Braun, der zuerst einen Schritt zurückgeht, als seine Frau auftaucht. Demütigend empfinde ich diese Szene für ihn nicht, wenn die Prot dann auch den Rückzug antritt.
Ja, so gesehen hast du recht. Ich interpretierte zunächst seinen tastenden Schritt eher als Zurückweichen vom Geräusch der drohenden Ankunft der Ehefrau, also mehr ein Schritt zur Seite, ein Zusammenzucken. Aber wenn er von der Prot zurückweicht, ist deren Abwenden sicherlich nicht demütigend, sondern eine logische Reaktion.

LG./

 

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