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Das Armaturenbrett

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20.08.2006
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Das Armaturenbrett

Überfette Schafe und Nebelschnecken liegen auf dem gläsernen Boden unter dem wir herfahren. Die dreiblättrigen Ventilatoren, die groß und klein über die Landschaft verstreut sind, sehen aus, als erzeugten sie tatsächlich den Wind, statt ihn einzufangen. Man muss sich mal vorstellen, was für eine Stromverschwendung das wäre.
Felder, Wälder, soweit man sieht. Braune, grüne, gelbe. Die Hügel tragen heute die gleichen Farben, nur unterbrochen von jenen statischen Strominsekten. Gottesanbeterinnen vielleicht. Wobei man sich darüber streiten müsste, welchen Gott sie anbeten.
Hinter meinem Beifahrersitz plappert es. Manchmal ein Grunzen oder ein leiser Schrei. Ich lausche der Geräuschkulisse und sehe den Nebelschnecken beim Kriechen zu, während sie von Klingen aus Licht zerschnitten werden, ohne dass diese sie verletzen könnten. Durch mein Seitenfenster bläst der Wind herein, wohltemperiert
Kurve für Kurve nähern wir uns dem Etappenziel. Der Fahrer spricht nicht viel. Ob mir dieses Schweigen sympathisch ist, habe ich noch nicht entschieden. Der Mann ist es jedenfalls. Ein Russe, dessen Vorfahren aus Bayern kamen. Seinen Akzent beschreiben zu wollen, würde alle metaphorischen Grenzen sprengen. Sein Haar ist licht und er hat die Reste über die Halbglatze gekämmt.
Unter den Fahrern genießt er enormen Respekt. Sein Gesicht erinnert mich an eine Kartoffel. Dennoch kann ich mich seiner Präsenz nicht entziehen. Seine Augen sind beinahe so blau, wie die Stücke vom Himmel, die zwischen den Wolken durchschimmern. Sie wirken völlig fehl am Platz.
Intelligente Menschen haben solche Augen, schließe ich. Meine Mutter erwähnte so etwas mal. Sie sagte, sie habe den Eindruck, dass sehr clevere Menschen oft glasklare Augen haben. Wahrscheinlich sagt man nicht umsonst, dass sie die Fenster der Seele sind.
Das normalerweise monotone Gerede unserer Fahrgäste hat sich zu einem kleinen Zwist entwickelt. Oft klingt es eher wie ein Tonband mit ewig wiederholten Phrasen und austauschbarem Inhalt.
„Ja, mein Papa hat mich wirklich lieb hat er gesagt. Wat sagste dazu? Ja, ich bin n wirklich liebes Mädchen hat er gesagt. Ich hab meinen Papa richtig lieb. Wat sagste dazu? Dat is gut, oder? Ja. Aber euch hab ich auch alle lieb. Ne? Die Edith auch. Edith, ich hab dich lieb. Ich hab dich lieb Edith. Du bis so arm.“
Jemand anderes:
„Ach halt doch die Klappe! Wir wissens.“
Ein weiterer:
„Ööaah. Öh.“
Mein Fahrer:
„Wer nicht richtig Sprechen kann, sollte die Klappe halten.“
Er schafft es, diesen Satz gegenüber unseren behinderten Fahrgästen nicht feindselig klingen zu lassen. Das Gebrabbel geht noch einige Minuten weiter, ebbt aber ab.
Ich muss lächeln.
Mein nächstes Jahr, werde ich mit diesen Unterhaltungen und Nebelschnecken verbringen.

 

war mir nicht sicher, ob ich die geschichte in die rubrik "experimente" hätte packen sollen, aber nachdem ich die vielen vernichtenden kritiken dort gelesen hatte, hab ich muffensausen bekommen.
naja...muss ja nicht heißen, dass hier davor sicher bin...ist eben nur ne idee gewesen. die geschichte enstand in einer halben stunde...

freue mich auf kritik

 

Hi Freistrahler

In Experimente gibt es vernichtende Urteile?
Ich würde sagen, du ziehst dich schon mal warm an, denn man merkt, dass du das hier in einer halben Stunde gekritzelt hast.
Wo ist das Experiment? Wo ist eine Handlung? Wo ist eine Geschichte?
Mehr will ich auch nicht mehr sagen, tut mir ja leid, aber das ist echt nichts.

Gruß

 

guten tag frau rosentrehter,
eben in deiner kritik, hätte ich das formale experiment gesehen.
die geschichte hat weder plot, noch konflikt, noch einen wirklichen höhepunkt oder eine pointe.
ich wollte sehen, ob etwas, das diese punkte fehlen lässt, wirken kann. in diesem punkt bezieht sich das experimetelle allerdings eher auf mich.

mit hohem lob hatte ich wirklich nicht gerechnet. ich dachte nur, mal sehen, was die menge sagt.
vielleicht habe ich gehofft, dass ich es schaffen kann, durch den schreibstil lebendige bilder zu erzeugen, die einen konflikt unnötig machen. obwohl es dann möglicherweise eher lyrik zu nennen wäre, unabhängig von ihrer qualität.
gescheitert...damit kann ich leben.
mein hoffnungsschimmer sind abweichende meinungen, aber ich mache mir keine großen hoffnungen..

gruß

 
Zuletzt bearbeitet:

na freut mich ja, dass ich so glaubwürdig klinge...
war ein ernstgemeinter post, auch wenn ich erst
kurz dabei bin. wär das hier ne ballerbude würdet ihr 'noob' schreien.
jedenfalls sind ausreden eigentlich nicht mein ding. ich meinte folgendes.
die geschichte sollte eher prozessorietiert sein, als auf ein bestimmtes ziel ausgerichtet.

@aris: war keine absicht, sorry

nun denn...
das nächste mal werde ich mir wohl mehr zeit nehmen. wie gesagt: nur ein versuch...

trotzdem bin ich dankbar für eine ehrliche meinung.

 

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