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25.01.2008
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Frederik ging aufgeregt durch die drei Räume der Galerie.
"Es hat keinen interessiert, überhaupt keinen. Sie sind nicht einmal davor stehen geblieben. Ich frage mich, ob es überhaupt jemand gesehen hat, ich meine so richtig, mit den Augen. Haben wir es überhaupt hingehängt?" Ruckartig wandte er sich noch einmal um.
Er war an der Balkontür stehen geblieben. Nervös zupfte er nun ohne recht hinzuschauen an der Schnurmechanik der Jalousie. Die Lamellen drehten sich und gaben kurzzeitig ein nichts sagendes Draußen zur Sicht frei, das zum raschen Zudrehen der Lamellen bewegte. Hohe Mauern, die dem kahlen Innenhof, der gelegentlich nach Bedarf verschönert wird, nur wenig Raum lassen.
Die Galeristin nickte verständnisvoll. Sie war immer sehr charmant, hübsch auch, verstand alles, so schien es Frederik zumindest.
Frederiks Bilder gingen gut. Ein bisschen dekorativ, ein ganz klein bisschen ironisch, mehr wollte die Provinz nicht, mehr verstand sie auch gar nicht.
"Und in das Gästebuch hat auch keiner etwas darüber geschrieben", grummelt Frederik weiter.
Morgen kommt sogar ein Artikel heraus. Die Galeristin hatte ihn noch am vormittag mit der Volontärin der Lokalzeitung besprochen, nichts Feuilletonistisches oder gar Negativkritk, eher so die informative Ebene. Das Gesamtwerk und der mühsame Schaffensprozess sollten positiv herausgestrichen werden. Die Differenz zu einem Freizeitmaler.
Frederik holte sein Atemspray heraus. Erschöpft ließ er sich auf eine Chaiselongue aus weißem Leder und Metall fallen. Überall standen Kekse und Sekt. Er rieb sich die Füße, rieb sich die Augen, dann wieder die Füße. Er wollte nicht laufen, er wollte nichts sehen. Das Bild sollte doch sein ästhetisches Programm darlegen, sollte sein ganz persönliches, künstlerisches Manifest sein!
"Du übertreibst, Frederik. Du hast es gar nicht recht mitbekommen, du musstest ja…".
Ja was, auf den Trost jetzt war er gespannt. Sie setzte sich neben ihn, schlug ihre langen Beine übereinander. Was wollte er, fragte sie sich. Er hatte sie, er verdiente Geld, und das bei einer wahrhaft nur mäßigen Begabung. Im Übrigen dank ihres unermüdlichen und wahrlich grenzenlosen Einsatzes. Gelangweilt sah sie an sich herunter. Sie sollte die Ringe und das Collier abnehmen, der Abend war vorbei.
"Du hast dauernd das Gästebuch durchgeblättert. Du hast die bewundernden Gäste weder vor den Bildern stehen sehen, noch hast du ihnen die Gelegenheit gegeben, sich für diesen Kunstgenuss in Form eines Eintrags zu bedanken."
Er betrachtete sein Bild, die Agonie der großen metamorphotischen Melusine, so hatte er es genannt. Eine Meerjungfrau, deren Schwanz sich gerade zu Beinen zu spalten begonnen hatte, setzte ihrem Leben eine Ende, in dem sie sich an einer goldenen Kordel aufhängt, den Leib wie zu einem Haken gekrümmt.
Er hätte bei der abstrakten Malerei bleiben sollen.

 

Hallo, Claudio Naso, und willkommen!

Vorweg: Ich werde deine Geschichte nicht interpretieren. Ich möchte sie für die nächsten Leser so jungfräulich stehen lassen.:D Soviel kann ich aber sagen, ich mag sie – die folgende Kritik ist also gutgemeint!

1. Die Bindestriche stören!

2. Den Zeitmodus im Text überprüfen: Bsp. – „Die Lamellen drehten sich und geben kurzzeitig“


3. „der gelegentlich aufgehübscht wird“ – diese Info ist hier etwas zuviel, wenn „aufgehübscht“ auch eine nette Wortschöpfung ist

4. "Frederiks Bilder gingen gut. Ein bisschen dekorativ, ein ganz klein bisschen ironisch, mehr wollte die Provinz nicht, mehr verstand sie auch gar nicht". ;)

5. ‚Dialogstriche’ sollen nur gesetzt werden, wenn jemand spricht! Außerdem scheinen sie im Deutschen gar nicht so gebräuchlich zu sein.

6. „Morgen käme ein Artikel heraus“. – Warum Konjunktiv?

7. „Frederik holte sein Atemspree heraus“. – Da du nicht den Fluß meinst – Atemspray!

8. „Er hatte sie, er verdiente Geld, und das bei einer wahrhaft nur mäßigen Begabung“. – Das suggeriert, dass sie was miteinander haben, dann passt aber die Anrede „Sie“ nicht. Nur mein eigener Gedanke...

Und zum Schluss: Eigentlich ist es eine schlichte Geschichte, die du erzählst (obwohl sie genug Interpretationsraum bietet). Da finde ich den Titel eine Spur zu heftig, mag er auch ironisch gemeint sein und natürlich auf das Symbolbild hindeuten. Trotzdem erwartet man dadurch mehr als die Geschichte bietet, wiederum trotz Künstlerfigur & -milieu. Da fände ich’s besser umgekehrt: Ein leichterer Titel (z.B. Die sich verwandelnde Melusine oder Die Provinzmelusine), der erstmal keine intellektuellen Erwartungen weckt.;)

Gruß
Kasimir

 

Hallo Kasimir,
es freut mich, dass dir die KG gefallen hat. Besonders vielen Dank für die Korrekturvorschläge (eingearbeitet). Tatsächlich fand ich selber einiges nicht ganz stimmig, angefangen vom Titel (jetzt umbenannt in Das Bild) bis hin zur Spree, kam aber nicht drauf.
Gruß Claudio

 

Hallo Claudio Naso,

das war eine auch eine extreme Maßnahme, den Titel so und so schnell zu vereinfachen. Wenn du hier im Forum, jeden Vorschlag und jede Kritik umsetzt, wird aus deinen Texten schnell nichts mehr übrig!;)

Apropos "übrig" - die Zeiten stimmen noch nicht ganz: Präsens oder Präteritum, da musst du dich entscheiden.

Und es freut mich natürlich, wenn meine Kritik hilfreich war

Gruß
Kasimir

 

Hallo Claudio,

Du liebst es bedeutend, scheint mir? ;)

Bei Professor Mo kam mir ja noch Makita zu Hilfe, aber hier, bei meiner, Melisanes Geschichte lässt Kasimir mich im Stich. :D

Nun, dann lass mich mal deuten. Im Hinwegsetzen über Melisanes Gebot, in der Entblößung ihrer Gestalt, wollte unser Maler sich emanzipieren, wollte nicht mehr das künstlerische Alibi der kleinen Provinzstadt sein.

Pech, dass es da so wenige Altphilologen gibt. :D

Wenn ich komplett danebenliege, teile es mir bitte mit. - Und wenn Du irgendwann mal Deine Geschichten Korrektur liest und sie nicht so ins Forum schluderst, werde ich ein echter Fan von Dir.

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo Claudio,

eine Miniatur, die doch Wert zu sein scheint, ein paar Worte drüber zu verlieren.

Also mal einfach das Positive vorweg, bevor das Genörgel an der Umsetzung nachkommt. DIe Idee gefällt mir. Sich das Bild mit der Meerjungfrau vorzustellen, ist ein echter Schmunzler.

Auch der "Künstler" kommt gut rüber. Aber die Galleristin nicht. Wieso?

Du hast die bewundernden Gäste weder vor den Bildern stehen sehen, noch hast du ihnen die Gelegenheit gegeben, sich für diesen Kunstgenuss in Form eines Eintrags zu bedanken

Ohne nun den Macho raushängen zu lassen: Das passt nicht zu der schönen langbeinigen Frau (mit der der Prot. etwas zu haben scheint (oder interpretiere ich dieses "er hatte sie" falsch?). Das ist zu akademisch, zu gekünstelt, einfach zu kalt. Ein einziger Pinselstrich mit dem du Schönjeit des ganzen Gemäldes in Frage stellst.

Noch ein paar Kleinigkeiten:

Die Lamellen drehten sich und gaben kurzzeitig ein nichts sagendes Draußen zur Sicht frei, das zum raschen Zudrehen der Lamellen bewegte. Hohe Mauern, die dem kahlen Innenhof, der gelegentlich nach Bedarf verschönert wird, nur wenig Raum lassen.

Der erste Satz wirkt unpersönlich. DIe Ansicht bewegt ihn wieder zum Zudrehen. Der zweite Satz ist zu rätselhaft, eine Spur die sich im Sand verläuft. Wer verschönert da wann, was warum?

Das wars dann aber auch schon mit meckern.

Lieben Gruß,

AE

 

Hallo,

Nervös zupfte er nun ohne recht hinzuschauen an der Schnurmechanik der Jalousie. Die Lamellen drehten sich und gaben kurzzeitig ein nichts sagendes Draußen zur Sicht frei, das zum raschen Zudrehen der Lamellen bewegte.
, ohne recht hinzuschauen,
das zum raschen Zudrehen der Lamellen bewegte - wen bewegt das dazu?

Hohe Mauern, die dem kahlen Innenhof, der gelegentlich nach Bedarf verschönert wird, nur wenig Raum lassen.
Der Wechsel ins Präsens stört.

Ja was, auf den Trost jetzt war er gespannt. Sie setzte sich neben ihn, schlug ihre langen Beine übereinander. Was wollte er, fragte sie sich. Er hatte sie, er verdiente Geld, und das bei einer wahrhaft nur mäßigen Begabung. Im Übrigen dank ihres unermüdlichen und wahrlich grenzenlosen Einsatzes. Gelangweilt sah sie an sich herunter. Sie sollte die Ringe und das Collier abnehmen, der Abend war vorbei.
Das sind immer so Konventionen, aber bei Perspektivwechseln, sollte man auch den Absatz wechseln. Und dass Leute so von sich denken mit diesem „aufopferungsvollen Einsatz“ … na jo.

Für meinen Geschmack alles ein bisschen skizzenhaft, wodurch die Situation selbst in den Ansätzen gefangen bleibt und etwas „Unfertiges“ hat, so ein Klumpen Lehm, wo schon ein paar Abdrücke zu erkennen sind, aber noch nicht viel mehr. Die Galleristin kriegt nur vier, fünf Zeilen Innenansicht, der Künstler bleibt in diesem Egomanie-Dings gefangen, es zieht nicht so recht, das End-Bild ist schön klar, aber das allein reicht dann auch nicht.


Gruß
Quinn

 

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