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Das Dorf im Nebel

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06.07.2005
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Das Dorf im Nebel

Kakuya lag am Fuße eines gewaltigen Bergmassivs. Rund um das Dorf wogten dunkle Nebelschwaden. Sie trugen das ursprüngliche Böse in sich, so sagte man. Möglicherweise war das zu einem großen Teil Aberglaube, tatsächlich aber kehrten von drei Kakuyanern, die das Dorf verließen, um Nahrung zu beschaffen, nur zwei wieder zurück. In wenigen Jahren würde nur noch eine Handvoll der Einwohner übrig geblieben sein und schließlich den Hungertod erleiden oder im Nebel zugrunde gehen.

„Du wirst in den Nebel hinausgehen …“ Ein Schatten von Besorgnis lag auf Vionas Gesicht. Swan saß neben ihr auf der kleinen Mauer, die das Haus der Ältesten umgab. Nachdenklich starrte er in die grauen Schwaden, welche sich am Horizont abzeichneten.
„Ja, es ist an der Zeit.“ Morgen war sein vierzehnter Geburtstag, das Reiferitual würde vollzogen werden. Hatte er auch keine Angst, so machte er sich doch Gedanken um seine Freundin. Seit frühster Kindheit verbrachten sie jede freie Minute miteinander und hatten längst beschlossen später einmal zu heiraten.
„Mach dir keine Sorgen. Ich werde zurückkehren. Versprochen.“ Viona stellte diese Antwort nicht zufrieden. Trotzig ließ sie ihre Füße gegen die Mauersteine klatschen. Die Realität sah anders aus. Beinahe jede Woche erlebte das Dorf aufs Neue eine Tragödie, wenn die Jäger ausblieben. Und jeder wusste, dass sie niemals wiederkehren würden. Fiona hatte auf diese Weise ihren Vater verloren.
„Wieso dringt der Nebel nicht ins Dorf ein?“, fragte Swan unvermittelt.
„Das weißt du nicht?“
Der Junge schüttelte den Kopf.
Viona deutete auf die Webstube: „Die Frauen spinnen goldene Fäden, die Älteste wirkt einen Spruch darüber und webt sie um das ganze Dorf. Sie ist ununterbrochen damit beschäftigt.“
„Du hast mir nie etwas gesagt“, er klang vorwurfsvoll.
„Wir sollen nicht darüber reden. Aber jetzt wo du …“, sie stockte.
„Wenn du dein Ritual vollzogen hast, möchte ich dir etwas geben.“

Swans Vater lächelte ihm aufmunternd zu. Gemeinsam betraten sie das Domizil der Ältesten. Unzählige Male war Swan an dem Gebäude vorbeigelaufen, hatte er mit Viona auf der Steinmauer vor dem hölzernen Eingangstor gesessen. Doch nie zuvor war es ihm gestattet gewesen, diese heilige Stätte zu betreten. Sie schritten durch einen geräumigen Saal, dessen Boden mit Tierfellen ausgelegt war. Zahlreiche Fackeln spendeten dem fensterlosen Raum Licht, ihr Ruß brannte Swan in den Augen. Auf einem Schemel saß die alte Frau. Sie hob bedächtig den Kopf, als sie die Besucher bemerkte, und nahm eine hölzerne Schale zur Hand, die mit Beeren und Getreide gefüllt war. Mit einem Stock begann sie den Inhalt zu zerstoßen. Swan und sein Vater warteten geduldig, bis sie ihre Arbeit beendet hatte. Sie hielt einen Moment inne, ihre müden Augen schienen geradewegs durch den Jungen hindurchzublicken.
„Swan.“ Sekunden verstrichen, bevor sie weiter sprach. Die Älteste hatte eine andere Vorstellung von Zeit. Wie oft hatte sie am Morgen die Sonne über den hässlichen, Unheil verkündenden Schwaden emporsteigen gesehen, wie oft am Abend darin versinken?
„Fühlst du dich bereit? Bereit dazu, die Last auf dich zu nehmen, die seit Generationen auf unserem Dorf ruht? Als Raja gibst du dein Leben hin, um es anderen zu ermöglichen. Ich zwinge dich nicht Raja zu werden. Du musst es selbst wollen.“
Swan wusste, dass er nicht wirklich eine Wahl hatte. Würde er sich dem Ritual verweigern, wäre er wie ein Aussätziger für die meisten Dorfbewohner. Sie würden hinter seinem Rücken tuscheln, es tunlichst vermeiden, seinen Weg zu kreuzen. Wenn Viona und sein Vater zu ihm halten sollten, würde man sie ebenfalls ausgrenzen. Ein unerträglicher Gedanke für Swan.
„Ich fühle mich bereit.“ Daraufhin kniete der Junge, wie es ihm erklärt worden war, vor der Ältesten nieder und bot ihr sein Gesicht dar. Die faltigen Hände der Frau tauchten in die Schüssel ein, sanft trug sie den Brei auf Swans Wangen und Stirn auf.
„Du bist jetzt Raja“, murmelte sie. Raja waren die Krieger des Dorfes, somit galt das Ritual als abgeschlossen. Die beiden Männer verbeugten sich und verließen das Haus der Ältesten.

Swan stand am Dorfausgang, sein Vater hatte ihn schweigend begleitet. Die beiden Männer, mit denen er auf die Jagd gehen würde, blickten mit düsteren Mienen in den Nebel. Ihm wurde mulmig zumute. Wenn er so recht überlegte, hatte er sich nie ernsthaft Gedanken darüber gemacht, welches Grauen dort, in der brodelnden Finsternis, lauern mochte. Er versuchte krampfhaft seine Fantasie im Zaum zu halten und die schrecklichen Bilder, die im Begriff waren, sich in seinen Gedanken festzusetzen, auszublenden.
„Warte“, Viona kam auf ihn zugestürmt, sie hatte geglaubt, nicht mehr rechtzeitig zur Verabschiedung da zu sein.
„Das habe ich für dich gewoben. Die Älteste hat einen Zauber darauf gewirkt.“ Sie drückte ihm eine goldene Weste in die Hand. Dankbar, und erleichtert darüber, das Mädchen zu sehen, küsste Swan sie auf die Wange. In ihren Augen lag ein feuchter Glanz.
„Wir müssen aufbrechen.“ Der bärtige Jäger schulterte seine Axt. Auch sein Mitstreiter machte sich bereit. Swan zögerte. Doch schließlich trat er mit ihnen in die Dunkelheit ein und winkte seinem Vater und Viona ein letztes Mal zu. Er musste sie wiedersehen …

Swan konnte kaum die Silhouetten seiner Begleiter ausmachen und beeilte sich, mit ihnen Schritt zu halten. Verlöre er sie aus den Augen, würde er vermutlich nicht wieder ins Dorf zurückfinden. Vor einiger Zeit hatte er die Weste übergestreift. Sie verlieh ihm ein beruhigendes Gefühl. Trotzdem musste er vorsichtig sein. Der Bärtige, welcher Vigor hieß, hob die Hand, ein Zeichen, sich nicht zu bewegen. Vor ihnen raschelte etwas im Laub. Vigor holte mit der Axt aus und schlug zu. Schrilles Quieken zerschlug die Stille. Sie hatten Glück gehabt, ein junges Wildschwein war ihnen direkt vor die Füße gelaufen. Rawen, der andere Jäger lachte: „Das ging flott. Noch drei von der Größe und wir können umkehren.“
Ein wütendes Schnauben war zu hören. Vigor fluchte. Die Mutter des Frischlings kam aus dem Nebel geprescht und riss Swan von den Beinen. Der Junge rollte einen kleinen Abhang hinab und blieb bewusstlos liegen.

Er schlug die Augen auf. Swan ruhte auf einem weichen Moosbett, vor ihm ragte ein gewaltiger Baum in die Höhe. Der Nebel war hier nicht besonders dicht, daher bemerkte er die verkümmerten Äste und Blätter.
‚Hilf mir …’Der Junge sah sich um doch außer ihm selbst war niemand in der Nähe.
‚Rette mich …’
Ihm wurde klar, dass die Stimme direkt zu seinem Unterbewusstsein sprach.
‚Dich retten?’, dachte er.
‚Siehst du mich nicht?’
War es möglich, dass der Baum zu ihm sprach?
‚Was soll ich tun?’
‚Gib mir Wasser.’
Swan schöpfte mit den Händen Wasser aus einer nahen Quelle und schüttete es über den Wurzeln des Baumes aus. Immer wieder. Es war eine mühsame Aufgabe.
‚Danke.’Er konnte sehen, wie das Leben in die uralte Pflanze zurückkehrte. Wie von Zauberhand wuchsen neue Äste und sprossen junge Triebe.
‚Die Menschen haben mich vergessen’, seufzte der Baum.
Verwundert blickte sich Swan um. Der Nebel, der seit Jahrzehnten über dem Erdboden gelegen hatte, löste sich in Nichts auf.
‚Ich kann sie nicht schützen, wenn ich verkümmert bin. Jetzt werde ich wieder über sie wachen.’
‚Ich werde jetzt gehen’, dachte Swan. ‚Aber ich werde wiederkommen, um dich zu gießen.’Die Äste des Baumes beugten sich leicht. Es schien fast, als würde er nicken. Swan stellte erstaunt fest, dass er sich in unmittelbarer Nähe zum Dorf befand. Jetzt, wo der Nebel verschwunden war, konnte er deutlich die Holzpalisaden ausmachen, welche Kakuya umgaben. Er machte sich auf den Weg.

Swan wurde freudig empfangen. Sobald Viona ihn erblickte, fiel sie ihm in die Arme und schluchzte. Vigor und Rawen machten eine leicht verdrießliche Miene. Sie hatten sich einiges anhören müssen, als sie ohne ihn zurückgekehrt waren. Doch auch sie waren froh über seine Heimkehr und vor allem darüber, dass der Nebel das Dorf endgültig verlassen hatte. Kurz darauf wurde Swan von der Dorfältesten zur Berichterstattung einbestellt. Nachdem sie sich die ganze Geschichte angehört hatte, beschloss sie, dass der alte Baum nun regelmäßig gewässert werden sollte. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht schloss sie die müden Augen, um sie nie wieder zu öffnen. In Kakuya kehrte Frieden ein.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich habe mich mal an einem Märchen versucht, davon gibt es ja hier in der Rubrik nicht allzu viele...

Über Kritik und Anregungen freue ich mich sehr :)

mfg kaipi

 

Hallo Kaipi,
mir kommt es so vor, als sei die Geschichte noch nicht ganz fertig. Du reißt das Setting nur kurz an - sicher, das ist in Märchen Usus, aber hier reicht es nicht.
Der Prot ist jetzt vierzehn und hat sich all die vierzehn Jahre sienes Lebens kein einziges Mal gefragt, warum der Nebel nicht ins Dorf kommt?
Er kennt Vigor nicht vorher?
Warum bleiben Männer im Nebel stecken?
Was für eine Funktion hat die Weste?
Und mit dem Ende bin ich unglaublich unzufrieden. Er fällt nen Abhang runter, gießt den Baum und alles ist wieder gut. Und das wars? In Märchen wird die Spannung meistens so aufgebaut, dass sie sich auf dem Klimax entläd, dann, wenn der dritte Königssohn die dritte Aufgabe löst, sodass das unbefriedigende Ende niemanden mehr stört. Bei dir ist das leider nicht der Fall...
Fazit: Hübsche Idee, aber die Umsetzung muss noch...

gruß
vita
:bounce:

 

Hallo Kaipi,

Ich muss mich Vita anschließen: Zu kurz angerissen, zu schnell, zu unbefriedigend. Es fehlt die Spannung. Am Anfang zeigst du uns den Dialog zwischen den zwei Charakteren, den ich noch am besten fand (aber vom Stil her überhaupt nicht märchenhaft). Danach geht es husch-husch und die eigentlich interessanten Fragen bleiben offen.

Wie kommt ein 14jähriger Junge an ein Hemd aus diesen geheimen goldenen Fäden? Wer hat es ihm gewebt/genäht? Hat er es geklaut? Kann die Existenz dieser Faden-Sache in einem DORF wirklich so ein großes Geheimnis bleiben? Wieso haben die Weberinnen nicht versucht, ebenfalls ihre Söhne und Männer zu schützen, indem sie ihnen ähnliche Hemden genäht haben (heimlich natürlich)?

Wie sie den Baum einfach so vergessen konnten, verstehe ich auch nicht. Ist eine Generation durch eine Naturkatastrophe ausgelöscht worden, so dass sie ihr Wissen nicht mehr weitergeben konnte? Irgendwer wird doch mal die Frage gestellt haben: Wieso gab es diesen Nebel vor zwei Jahren eigentlich noch nicht? Oder ist er erst im Laufe von Jahrhunderten entstanden und war am Anfang noch nicht so gefährlich, so dass die Sache mit dem Baum langsam in Vergessenheit geriet, bis es keiner mehr wusste, als es zu spät war?

Das alles bietet genug Konfliktmaterial und interessante Fragen für eine spannende Kurzgeschichte. In deiner fällt dem 'Helden' einfach alles in den Schoß.
Und als Märchen lese ich deine KG nicht. Sie besitzt märchenhafte Elemente (den Fadenzauber der Frauen, das Dorfsetting, der böse Zaubernebel), aber ein Märchen ist in meinen Augen eher so etwas wie "Das Spukwäldchen" von CrazeyJaney. Liegt vielleicht am Erzählstil, aber auch an der Perspektive. Bei dir ist die Geschichte auch eher szenisch aufgebaut (wie beim Film), und das ist IMO bei Märchen eher untypisch.

Was ich auch komisch fand, war die Tatsache, dass du einigen Menschen englische Namen gibst, den anderen aber nicht. Zuerst dachte ich, Swan hat mit Schwan nichts zu tun, aber als dann Raven auftauchte, konnte es kein Zufall mehr sein.

Was mich außerdem ins Stolpern gebracht hat, sind Stellen wie diese:

Kaipi schrieb:
„Wieso dringt der Nebel nicht ins Dorf ein?“, fragte Swan unvermittelt.
„Das weißt du nicht?“ Der Junge schüttelte den Kopf.
Fiona deutete auf die Webstube: „Die Frauen spinnen goldene Fäden, die Älteste wirkt einen Spruch darüber und webt sie um das ganze Dorf. Sie ist ununterbrochen damit beschäftigt.“

Ich war mir auf einmal nicht mehr sicher, wer wer war, weil in der ersten Zeile der Junge (Swan) spricht, in der zweiten dann wieder "der Junge" spricht. Fällt dir was auf?

Dann die Zeichensetzung. Geh da vielleicht noch mal aufmerksam drüber. Vor allem bei direkter Rede.

„Du hast mir nie etwas gesagt. “, er klang vorwurfsvoll.
„Wir sollen nicht darüber reden. Aber jetzt wo du…“, sie stockte.

Ich gebe zu, dass mich die direkte Rede zeichentechnisch auch immer ins Schleudern bringt, aber in diesen Fällen fängst du ja von der Satzstellung her einen ganz neuen Satz an. *klugscheiß*

Noch was: Wer ist eigentlich Fiona? :Pfeif:

Ich gebe zu, zum Teil war mein Problem auch, dass ich nach der Sache mit der Unklarheit Junge/Mädchen und bei deinem ständigen Wechseln zwischen Fiona/Viona, im ersten Abschnitt etwas genervt war und dann nicht mehr so konzentriert weitergelesen habe, weil ich dachte, du hast das eben schnell mal runtergeschrieben und reingestellt.

Nörgelnden Gruß,
Megries ;)

 

Hallo Vita,

zu den Fragen:

Der Prot ist jetzt vierzehn und hat sich all die vierzehn Jahre sienes Lebens kein einziges Mal gefragt, warum der Nebel nicht ins Dorf kommt?
Er hat vielleicht gefragt, aber da die Nebelbeseitigung ein Mysterium der Frauen darstellt, bislang keine befriedigende Antwort erhalten.

Er kennt Vigor nicht vorher?
Er kennt Vigor schon, ich wollte ihn nur dem Leser vorstellen. Das ist vermutlich nicht ganz klar rübergekommen.

Warum bleiben Männer im Nebel stecken?
Hier wollte ich die Fantasie des Lesers anregen. Unterschiedliche Gründe sind denkbar...

Was für eine Funktion hat die Weste?
In erster Linie hat sie eine Schutzfunktion, sie ist aber auch ein Symbol Vionas Liebe Swan gegenüber. Du hast vermutlich erwartet, dass eine Situation auftritt, in der sie zum Einsatz kommt, etwas in der Art könnte ich vielleicht noch einbauen...

Was genau kommt dir an der Geschichte unfertig vor? Inhaltlich findet sie ja ihren Abschluss.

Danke für deine Kritik. :)

mfg kaipi

 

Hallo Kaipi!

Inhaltlich findet sie ja ihren Abschluss.
Ja, das stimmt, das könntest du aber auch in einem Satz zusammenfassen und es würde zutreffen. Was vita meint, ist, dass die ganze Geschichte eher wie eine ausführliche Ideenbeschreibung wirkt. Für mich persönlich war der Schluss auch viel zu kurz, der Junge rettet gerade mal in einem Abschnitt seine Dorfwelt und alles wird gut. Für ein Märchen hast du zu wenig den typischen Erzählstil angeschlagen, für etwas Richtung Fantasy ist es ein bisschen zu mager.

Ein Beispiel:

Er konnte sehen, wie das Leben in die uralte Pflanze zurückkehrte. Wie von Zauberhand wuchsen neue Äste und sprossen junge Triebe.
Die Menschen hatten mich vergessen, der Baum seufzte.
Verwundert blickte sich Swan um. Der Nebel, der seit Jahrzehnten über dem Erdboden gelegen hatte, Löste sich in Nichts auf.
Das war alles? Schwups, das Problem ist weg.

Dann kniete der Junge, wie es ihm erklärt worden war, vor der Ältesten nieder und bot ihr sein Gesicht dar. Die faltigen Hände der Frau tauchten in die Schüssel ein; sanft trug sie den Brei auf Swans Wangen und Stirn auf.
„Du bist jetzt Raja“, murmelte sie.
Das ging ja auch sehr schnell.

Was ich damit meine: Leute, die gerne Fantasy lesen, lassen sich gerne in fremde Welten entführen und wollen richtig darin eintauchen. Wenn du mehr Atmosphäre aufbaust und hier und da ein schönes Detail einstreust, wird die Geschichte lebendiger und interessanter.

Mir hat die Idee nämlich gut gefallen und ich fände es schade, wenn du die kg nicht überarbeitest.

Liebe Grüsse
sirwen

 

Hallo Megries,

danke, dass du so einen ausführlichen Kommentar abgegeben hast, obwohl dir die Geschichte nicht so sehr gefallen hat :)

Wie kommt ein 14jähriger Junge an ein Hemd aus diesen geheimen goldenen Fäden? Wer hat es ihm gewebt/genäht? Hat er es geklaut? Kann die Existenz dieser Faden-Sache in einem DORF wirklich so ein großes Geheimnis bleiben? Wieso haben die Weberinnen nicht versucht, ebenfalls ihre Söhne und Männer zu schützen, indem sie ihnen ähnliche Hemden genäht haben (heimlich natürlich)?

Du hast ja zugegeben, einige Passagen nur überflogen zu haben. Anders kann ich mir einige dieser Fragen auch nicht erklären.
Swan bekommt das Hemd von Viona geschenkt, sie hat es gewebt. Das steht so im Text! ;)
Vielleicht haben ja andere Webereinnen für ihre Männer auch etwas gefertigt...

In deiner [Geschichte] fällt dem 'Helden' einfach alles in den Schoß.
Für ein Märchen ist das doch recht typisch: schicksalshafte Fügungen, unglaubliche Zufälle oder?

Ich gebe zu, zum Teil war mein Problem auch, dass ich nach der Sache mit der Unklarheit Junge/Mädchen und bei deinem ständigen Wechseln zwischen Fiona/Viona, im ersten Abschnitt etwas genervt war und dann nicht mehr so konzentriert weitergelesen habe, weil ich dachte, du hast das eben schnell mal runtergeschrieben und reingestellt.
Die Fiona/ Viona Verwechslungen, waren Flüchtigkeitsfehler. Der anderen Unklarheit (Junge/ Mädchen), lag wohl ein fehlender Zeilenumbruch zugrunde.
In Zukunft werde ich meine Texte vor dem Einstellen gründlicher Korrekturlesen. :)

Es ist halt manchmal recht schwierig, die Ideen so wie sie im Kopf vorhanden sind auch rüberzubringen. Oft scheitert es an fehlerhaftem, ungeübtem Umgang mit der Sprache. Ich hoffe, dass ich das mit der Zeit in den Griff bekomme.

Danke für deine Mühe.

mfg kaipi

 

Hallo Sirwen,

vielen Dank für die Anregungen!

Grundsätzlich neige ich eher dazu, kurz und knapp zur Sache zu kommen. Längere Landschaftsbeschreibungen und Detailverliebtheit liegen mir weniger.
Ich kann mich daran erinnern, mich beim Lesen der 'Erdsee'- Romane über weite Strecken gelangweilt zu haben, obwohl zugegeben, einige tolle Ideen in den Büchern stecken. Alles was nicht unmittelbar den Plot vorrantreibt, nervt mich. :D
Die meisten Fantasyleser denken darüber anders, sonst würden sich solche Bücher nicht so gut verkaufen.

Trotzdem ist es natürlich wichtig Atmosphäre aufzubauen und an Schlüsselstellen ausführlicher zu werden. Ich werde mir die von dir genannten Punkte ansehen, um sie etwas auszugestalten.

mfg kaipi :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Aloha!

Das Dorf im Nebel ist also nicht nur eine Erzählung, sondern ein Märchen. Das bedarf besonderer Beachtung, gerade weil - wie Du schon festgestellt hast - es hier bedauerlicherweise nicht so viel davon gibt. Märchen sind aber unter ganz anderen gesichtspunkten zu sehen, als die "schlichte" Erzählung. Die Erzählung soll uns parabelhaft odere aber auch mit unverblümter Offenheit daran erinnern, was wir öglicherweise in unserem Leben ändern sollten oder dem wir zumindets ein größeres Augenmerk widmen sollten, da uns ansonsten etwas widerfährt, das wir ziemlich sicher nicht würden leiden können ... So weit jedenfalls, wenn wir klassische Märchen betrachten.

Du benutzt den aktuell sehr 'modernen' Stil kurzer und prägnanter Sätze. Da ist ganz und gar nicht mein Ding, längere Erzählungen in diesem Stil würde ich nicht lesen. Das ist aber kein Kriterium an dieser Stelle.

Das Dorf im Nebel überzeugt mich dennoch nicht, denn wo genau liegt die Quintessenz des Ganzen? Das bleibt nämlich genau so nebulös, wie das graue Gewaber um Dein Dorf. Unter dem Strich ergibt sich, dass der Baum dies veranlasst oder zumindest zugelassen hat, da er nicht gegossen wurde ... Klingt natürlich ziemlich nach dem bizarren Gehabe eines Baumgeistes, Dämons oder was auch immer für einer übersinnclichen Gestalt, aber faktisch hätte er dies ja auch viel einfacher haben können, wenn denn eine ach so weise Alte im Dorf sitzt, die immerhin in der Lage ist, den bösen und Menschen verschlingenden Nebel im Zaume zu halten. Märchen kommen auf den Punkt, sind - wie man das neudeutsch so schön sagt - "straight"! Dafür lässt Du zu viele Varianten offen. Die Idee ist gut, wenn auch nicht neu, denn im AD&D Rollenspiel werden die Domänen in der Ravenloft-Kampagne ebenfalls durch Nebel getrennt ... Ein bisschen weit herg geholt, aber schon mit deutlicher Nähe. Das macht nichts, wenn Du uns Deine Erzählung als Geschichte, nicht aber als Märchen präsentiert hättest.

Ich bin weit davon entfernt ein echter Experte auf dem Gebiet von Märchen zu sein, aber für mich ist Das Dorf im Nebel bislang durchgefallen. Der Punkt sind gerade eben die wenig ausformilierten Beschreibungen der Charaktere und ihrer Gefühle, die typisch für ein Märchen sind. Dafür verzichtet man gerne auf die Im- und Beschreibung. Mir fehlt es auch an den komplexeren Satzgebilden, di eben das Märchen-Gefühl im klassichen Sinne aufkommen lassen.

Das Dorf im Nebel ist trotzdem ganz sicher ein interessanter Ansatz und kann ausgebaut werden. Gib den Charakteren mehr Tiefe! Ist Swan wirklich nicht verwirrt oder ängstlich als er aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht? Hat er keinerlei Blessuren davon getragen, die es Wert sind, dem Leser mitzuteilen und sich ihn in vertiefen zu lassen, mit ihm Leiden zu können? Ist es o normal, dass der Baum in Gedanken zu ihm spricht? Beherrscht er diese Art der Kommunikation so ohne Weiteres?

Das lässt sich natürlich ausbauen und wenn wir dann vielleicht noch eine Erklärung für den nebel erhalten, sind wir vielleicht schon wesentlich zufriedener ... ;)


Dinge, die mir auffielen:

In wenigen Jahren würden nur noch eine Handvoll Einwohner übrig geblieben sein und schließlich den Hungertod erleiden oder im Nebel zugrunde gehen.
-> würde

„Du wirst in den Nebel hinausgehen …“, ein Schatten von Besorgnis lag auf Vionas Gesicht.
-> hinausgehen …“ Ein (Die Auslassung ersetzt den abschließenden Punkt, der nachfolgende Satz ist kein Beisatz und bedarf der vollen Trennung.)

Morgen war sein vierzehnter Geburtstag; das Reiferitual würde vollzogen werden.
-> Ich bin ein großer Freund des Semikolons, da der Inhalt beider Sätze jedoch in direktem Zusammenhang steht, rege ich den Einsatz eines schlichten Kommas an.

„Du hast mir nie etwas gesagt. “, er klang vorwurfsvoll.
-> gesagt“, er (Wie bei der alten Rechtschreibung entfällt der Punkt als schließendes Satzzeichen der wörtlichen Rede nach wie vor.)

Aber jetzt wo du…“, sie stockte.
-> du ...“, sie ((:klug: Da es häufig falsch in vielen Texten steht: Drei Auslassungspunke zeigen an, dass in einem Wort, Satz oder Text Teile ausgelassen wurden. Dabei stehen die Punkte nur direkt am Wort, wenn die Auslassung innerhalb eines unvollendeten Wortes beginnt, ansonsten stehen sie wie ein eigenes Wort mit einem Leerzeichen dazwischen.)

„Wenn du dein Ritual empfangen hast, möchte ich dir etwas geben.“
-> Ein Ritual vollzieht man, einen Segen empfängt man.

Zahlreiche Fackeln spendeten dem fensterlosen Raum Licht; ihr Ruß brannte Swan in den Augen.
-> Wiederum die Sache mit dem Semikolon. Die Sätze stehen inhaltlich und in der Folge so dicht beisammen, dass ich ein Komma für ausreichend halte. Das Semikolon steht m.E. ausschließlich dann – und auch nur als Möglichkeit -, wenn die beiden Sätze im Rahmen einer Handlung, Erklärung oder Folge zwar zusammen stehen und auch durch Punkt oder aber Komma getrennt werden könnten, nicht aber, wenn sich der zweite Satz als eigentlicher Bestandteil des ersten erweist oder aber kausal auf Inhalte dort zurückgreift. Im vorliegenden Satz bezieht sich der brennende Ruß direkt auf die zuvor erwähnte Fackeln.

Sie hob bedächtig den Kopf, als sie die Besucher kommen sah und nahm eine hölzerne Schale zur Hand, die mit Beeren und Getreide gefüllt war.
-> sah, und (Komma optional.)
-> Logistik: Sie hebt den Kopf, wenn sie die Besucher kommen sieht. Wie kann sie diese sehen, wenn sie das edle Haupt gesenkt hält? Vielleicht bemerkt sie diese auf eine andere, mehr mentale Art und Weise ...

Die faltigen Hände der Frau tauchten in die Schüssel ein; sanft trug sie den Brei auf Swans Wangen und Stirn auf.
-> Wie zuvor erwähnt.

„Du bist jetzt Raja“, murmelte sie. Raja waren die Krieger des Dorfes, somit galt das Ritual als abgeschlossen.
-> Das ist – mit Verlaub – ein sehr primmeliges Ritual, wie wir im Rheinland sagen würden. In anderen Worten: Entweder ergehst Du Dich in ein paar mehr Worten und erklärst, warum die Alte ein derart wichtiges und einschneidendes Ereignis so kurz abhandelt oder es gibt ein etwas ausführlicher beschriebenes Ritual.

... , mit denen er auf Jagd gehen würde blickten mit düsteren Mienen in den Nebel.
-> auf die Jagd
-> würde, blickten

„Das habe ich Für dich gewebt.
-> für
-> gewoben

Die Älteste hat einen Zauber darauf gewirkt“, sie drückte ihm eine goldene Weste in die Hand.
-> gewirkt.“ Sie (Der nachfolgende Satz ist kein Beisatz zur wörtlichen Rede und bedarf der vollen Trennung.)

„Wir müssen aufbrechen“, der bärtige Jäger schulterte seine Axt.
-> aufbrechen.“ Der (Der nachfolgende Satz ist kein Beisatz zur wörtlichen Rede und bedarf der vollen Trennung.)

Er würde sie wieder sehen
-> wiedersehen (Durch die Trennung würde der Sinn entstellt, weshalb sie nicht sattfindet.)

Swan konnte kaum die Silhouetten seiner Begleiter ausmachen und beeilte sich mit ihnen Schritt zu halten.
-> sich, mit

Verlor er sie aus den Augen, würde er vermutlich nicht wieder ins Dorf zurückfinden.
-> Verlöre (So seltsam es auch klingt ...)

Gib mir Wasser
-> Wasser.

Danke
-> Danke.

Die Menschen hatten mich vergessen, der Baum seufzte.
-> haben
-> seufzte der Baum.

Der Nebel, der seit Jahrzehnten über dem Erdboden gelegen hatte, Löste sich in Nichts auf.
-> löste

Kurz darauf wurde Swan von der Dorfältesten vorgeladen.
-> zur Berichterstattung einbestellt (Klingt irgendwie freundlicher, als vorladen.)


shade & sweet water
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Kaipi schrieb:
Hallo Megries,

danke, dass du so einen ausführlichen Kommentar abgegeben hast, obwohl dir die Geschichte nicht so sehr gefallen hat :)


Hallo Kaipi,

Ich finde sie nicht grauenhaft schlecht, ich finde, sie wirkt einfach nur zu schnell runtergeschrieben und bietet keinen Konfliktstoff oder interessante Wendungen.

Du hast ja zugegeben, einige Passagen nur überflogen zu haben. Anders kann ich mir einige dieser Fragen auch nicht erklären.
Swan bekommt das Hemd von Viona geschenkt, sie hat es gewebt. Das steht so im Text! ;)

Autsch, du hast Recht. :bonk:

Der kurze Absatz zwischen der Jagd und der Initiationszeremonie ist mir tatsächlich irgendwie entfleucht. Das war aber nur ein...äh...Flüchtigkeitsfehler. :Pfeif:


Für ein Märchen ist das doch recht typisch: schicksalshafte Fügungen, unglaubliche Zufälle oder?

Ja, aber nicht bei deinem Erzählstil, der eher einzelne Szenen filmhaft beleuchtet und sich dabei IMO einer ziemlich un-märchenhaften Sprache bedient. Gerade das Gespräch am Anfang, das mir grundsätzlich als Einstieg gefällt, dient doch eher dazu, eine gewisse Natürlichkeit und Unmittelbarkeit herzustellen. In einem Märchen würde ich da eine stärkere Formelhaftigkeit erwarten, einen allwissenden Erzähler, der irgendwie über allem schwebt.

Es ist halt manchmal recht schwierig, die Ideen so wie sie im Kopf vorhanden sind auch rüberzubringen. Oft scheitert es an fehlerhaftem, ungeübtem Umgang mit der Sprache. Ich hoffe, dass ich das mit der Zeit in den Griff bekomme.

Ja, dabei fand ich deine Sprache gar nicht schlecht. Es geht mehr darum, wie du den Leser durch die Geschichte führst. Ich fand einfach den Handlungsverlauf nicht interessant genug und die Story viel zu kurz für die weltbewegenden Ereignisse, die passieren. Bau' etwas Spannung und ein paar Hindernisse mit ein, lass' den Leser ein bisschen zappeln und vergiss das mit dem Märchen einfach. Das wäre mein Vorschlag für eine Überarbeitung.
Wenn du ein 'richtiges Märchen' mit allem Drumherum daraus machen willst, dann lies dir noch mal ein paar Märchen durch, um ein Gefühl für den Stil und die Erzählweise zu bekommen.

Und nochmal Sorry wegen der Schlampigkeit beim Lesen. Ich glaube, ich sollte mal wieder eine Pause einlegen, ich lese gerade viel zu viel Geschichten hier. :hmm:

Gruß,
Megries

 

Hallo Kaipi!

Grundsätzlich neige ich eher dazu, kurz und knapp zur Sache zu kommen. Längere Landschaftsbeschreibungen und Detailverliebtheit liegen mir weniger.
Ich habe ja auch nur gesagt, hie und da ein Detail ... ;) . Langatmig sollte es nie werden, und Atmosphäre kann man auch ganz anders erzeugen als mit Landschaftsbeschreibungen. Der Leser weiss zum Beispiel nichts genaueres über das Dorfleben, oder wie schon erwähnt geht das Ritual etwas sehr schnell über die Bühne.

Liebe Grüsse
sirwen

 

Kaipi,

die Kritiken der anderen sind zu lang, als dass ich mich durch sie durchwühlen würde. Aus dem Grund schreibe ich jetzt einfach meinen Eindruck, mit dem Risiko, dass ich andere wiederhole.
Ich finde die Idee deiner Geschichte echt schön. Nur ist dein Schreibstil zu schnell. Ich glaube, in deinem Kopf befinden sich viel mehr Details, als du niedergeschrieben hast. Was wahrscheinlich auch der Grund ist, warum die Geschichte in deinem Kopf viel lebendiger ist, als auf dem Papier.
Was du versuchen solltest, ist, den Hintergrund der Personen, Motive und Taten viel stärker hineinzuweben. Du wirfst dem Leser so ein bisschen ein paar sehr schöne Brocken hin, aber leider nicht genügend.
Schau dir allein mal den ersten Absatz an und überlege dir, wie der Leser in diese Geschichte reinkommt, wenn er nicht die Zusatzinformationen besitzt, die du in deinem Kopf hast. Überlege dir, wie spannend die einzelnen Teile aufgebaut sind. Ist genügend Dramatik in der Geschichte? Kann der Leser tief in die Charaktäre eintauchen?
Falls du zum Schluss kommst, da da noch irgendwo Mängel sind, arbeite weiter daran!!

Abschließend. Sehr schöne Idee, aber du bleibst damit weit unter deinem Potential! Mach was drauß!

Thomas

 

Hallo Xadhoom,

die Rechtschreibfehler habe ich so weit ausgebessert, auch habe ich deine Vorschläge, nicht ganz treffende Begriffe zu ersetzen, angenommen.

Du erläuterst recht ausführlich, was ein klassisches Märchen ausmacht. So weit ich informiert bin, sind dem 'Kunstmärchen' weniger enge Grenzen gesetzt, was jedoch nichts daran ändert, dass du nicht der einzige bist, der Probleme damit hat, die Geschichte dem Märchenbegriff unterzuordnen.
Daher habe ich beschlossen, die Geschichte im Rahmen "gewöhnlicher" Fantasy umzugestalten.

Vielen Dank für die ausführliche Fehlerkorrektur. Form und Inhalt gehen oft fließend ineinander über und ein passenderes Wort kann genügen, um eine dichtere Atmosphäre zu erreichen.

mfg kaipi :)

 

Hallo,

danke für das Feedback.

@Megries

Du hast ja recht, das Ganze ist irgendwie weder Fisch noch Fleisch. Ich verabschiede mich also vom Märchen.

Das Überlesen verzeihe ich dir ausnahmsweise noch einmal.;)

@Sirwen

Ich lasse mir deine Anregungen durch den Kopf gehen. Das alle auf dem Ritual herumhacken bin ich ja mittlerweile gewohnt. Dabei verstehe ich es garnicht: andere Länder, andere Sitten. :D

@Tommy

Danke für deine Tips und das Lob. Das mein Schreibstil so schnell ist, liegt daran, das ich den Leser nicht langweilen möchte und das angemessene Erzähltempo noch nicht gefunden habe. Übung macht den Meister.

mfg kaipi

 

Ich habe jetzt ein paar inhaltliche Änderungen vorgenommen, das Ende allerdings bislang unangetastet gelassen. Vermutlich lasse ich die Geschichte erstmal eine Zeitlang ruhen, um dann unbefangener an die Sache herangehen zu können.

mfg kaipi

 

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