Hallo liebe @Chutney,
entschuldige, dass ich dich habe warten lassen. Ich habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut. Vielen Dank dafür und fürs Lesen auch ...
Ein bisschen weichgezeichnet und harmonisch empfinde ich das Ganze, du ersparst uns sehr unangenehme Details und doch geht das an manchen Punkten plötzlich in die Tiefe, wird schmerzvoll. Ich finde, dass die ganzen Veränderungen, die du gemacht hast, die Geschichte sehr verbessert haben.
Habe mich über die Rückmeldung zu den Veränderungen gefreut. 1. kann man Sachen ja auch verschlimmbessern und 2. ist es toll, dass in Zusammenarbeit mit den Wortkriegern meine Texte besser werden. Dafür allen noch mal vielen Dank. "weichgezeichnet und harmonisch" ist wohl so und ich habe da auch irgendwie mit mehr Gegenwind gerechnet. Du schreibst auch:
Ja, liebe Katta, ich nehme da eine melancholische Stimmung mit, die irgendwie auch tröstlich ist. Ein Abschiednehmen, das gelingt.
Ja, tröstlich sollte es schon sein. Irgendwo hab ich schon geschrieben, dass ich den auch für mich geschrieben hab und ich will mich selbst ja nicht in einen Zustand von Angst und Schrecken versetzen. Es ist mehr ein: So kann es auch gehen. Es kann auch gute Tage geben. Ich denke, das wird noch nicht ganz so deutlich und ich habe auch schon überlegt, den Text umzunennen: Ein guter Tag oder An guten Tagen oder so, so dass deutlicher wird, dass es auch andere gibt. Aber ich wollte einen guten zeigen, nicht einen an dem mein Prota vor Verzweiflung nicht weiß, wohin mit sich.
Was ich nicht so gerne mag, ist, dass du den Wind eine esoterische Botschaft überbringen lässt ...
Ich habe das jetzt rausgenommen. Überzeugt hat mich, dass der ganze Text ja darauf ausgerichtet ist (sein soll), auf dieses Jetzt und Hier und ich diese Erklärung darum nicht brauche. Auch der Rest von dem Absatz hat mich überzeugt ... ist jetzt also weg.
Der zweite Satz haut mich echt um, weil ich mir vorstelle, dass Tessa dann schon Witwe sein wird. Ich wohne an der Ostsee und kenne Hühnergötter, schön, die hier anzutreffen.
Oh, wo denn an der Ostsee? ist aber vielleicht auch zu privat. Ich wohne in Bremen, bin aber an der Ostsee aufgewachsen. Ja, dass Tessa dann schon Witwe sein wird, stelle ich mir auch vor ...
Ich fühle hier auch mit der Ex-Frau. Ist nicht so leicht die richtigen Worte in so einer Situation zu finden und ich ahne, dass sie da kaum eine Chance hat.
Ja, finde ich toll, dass du das so liest. Ich lege ihr da ja schon ein paar Floskeln in den Mund und er ist nicht sehr großzügig ihr gegenüber, finde ich. Aber naja, hat natürlich Gründe, dass sie geschieden sind. Für mich steckt da auch tatsächlich noch ganz viel drin, nicht über die beiden, aber übers Abschiednehmen ganz allgemein von Bekannten, Familie, Freunden. Ich stelle mir vor, dass da quasi jeden Tag jemand aufschlägt und vorbeikommt, sich verabschiedet. Und ich finde, der Abschied von der Ex-Frau der gelingt hier nicht so gut ...
Die einzige Stelle, die andeutet, dass es auch andere Zeiten gibt. Wichtig.
Ja, ich überlege gerade noch, "all die Male" in denen er nicht in den Spiegel guckt umzuändern in all die Tage, an denen er vermeidet ... vielleicht wird dann auch noch mal deutlicher, dass heute ein guter Tag ist ...
Gemeinsame Verzweiflung deutest du nicht an, sondern eine lächelnde Liebeserklärung von seiner und viel Rücksichtnahme von ihrer Seite. So als ob sie auf Zehenspitzen laufen. Verständlich.
Ja, genauso. Sie sind zwar da zusammen, und er ist dankbar für die Liebe, die er empfindet und empfängt, und doch, finde ich, sind beide schon auch irgendwie allein, denn nur er stirbt, sie wird weiterleben. Zehenspitzen trifft es schon ganz gut.
Moin @Friedrichard,
danke dir für deinen neuen Vorschlag:
Moin Katta, wie isset mit "hauchen", die Icherzählerin - ich unterstell mal - wird sicherlich keine feuchte Aussprache haben ... da wird auch die Position "ganz dicht" eher entbehrlich -
bei ordentlich Sturm und mit einer Kapuze auf den Ohren da bringt es gor nix irgendwas zu hauchen, da wird dann jedes Wort vom Wind verschluckt. Sie könnte Lippen lesen, wenn er vor ihr steht, er könnte lauter reden, oder er geht eben an ihr Ohr und sagt dann die Worte, ja, vermutlich in Zimmerlautstärke. Da ist Feinjustierung nötig, laut genug, dass es durch Wind und Kapuze geht, aber nicht zu laut, dass ihr das Trommelfell platzt :-)
Hey @zigga,
auch dir vielen Dank für deine Überlegungen. Hat mich gefreut, die unter dem Text gefunden zu haben.
ein hartes Thema, das viel mehr Aufmerksamkeit verdient und unter einer kollektiven Verdrängung unserer Zivilisation zu gerne unter dem Teppich verschwindet: Sterblichkeit.
Vermutlich ist das so. Andererseits sind Menschen halt verschieden und ich denke, einige verdrängen eben mehr als andere. Man kann halt auch nicht durch seinen Alltag gehen und immer denken: gleich könnte es zu Ende sein, aber ja, mir ging es bei dem Text darum, mich genau daran zu erinnern: dass ich sterblich bin und die Frage, was wichtig ist ...
Nachdem wir die Religionen über Bord geworden haben, ist das auch der endgültige, unausweichbarer Sieg des Nihilismus.
Aber das hier, sehe ich gar nicht so. Ich verstehe (vielleicht hat das was mit meiner DDR-Sozialisation zu tun) zb gar nicht, was die Religionen damit zu tun haben und warum "keine Religion" = "Sieg des Nihilismus" bedeutet. Bei Nietzsche war das vielleicht so (aber ich kenne mich mit seinem Werk nicht aus, das ist also eine gänzlich unqualifizierte Bemerkung), aber es sind doch nicht nur die Religionen, die dem Leben Sinn verleihen. Vielleicht muss man nicht selbst überlegen, wenn man eine Religion hat, die einem da hilfreich zur Seite steht, aber ich überlege gern und brauche keine Religion ...
Aber wenn das Schicksal einen in eine solche Krise wirft, als Angehöriger oder Betroffener, kommt alles Verdrängte hoch - die existenzielle Angst, die Frage nach dem Sinn, die Frage, was das eigene Leben ist und war, was wirklich wichtig ist.
Ich würde wieder sagen, dass Menschen verschieden sind. Menschen gehen sehr unterschiedlich mit dem Sterben um, auch mit dem Sterben Angehöriger. Das fängt schon damit an, dass sich manche Leute gar nicht blicken lassen (oder nichts von sich hören lassen), wenn jemand stirbt, es kann für manche sehr einsam werden. Es ist auch oft so, dass zB nach einer existenziellen Krankheit (vor allem Krebs) sich Freundschaften total neu geordnet haben und enge Freunde dann keine mehr sind. Nicht jeder stellt sich diese Fragen, die du oben aufwirfst, manche sind einfach wirklich gut im Verdrängen, das funktioniert auch noch im Angesicht des Todes. Für mich behandelt der Text schon die Frage nach dem Sinn und dass es gute Tage gibt, an denen der Prota es schafft, anzunehmen und genauso seinen Tag mit Sinn zu füllen ...
Du zeigst Stunden, wie sie sicherlich auch stattfinden - mit einer eigenartigen Locker- und vor allem Normalheit. Aber mir fehlt hier die andere, gewichtigere Seite. Insofern finde ich den Text unbefriedigend und weichgezeichnet.
Ich verstehe aber, dass dir die anderen Tage im Text fehlen, in denen die Verzweiflung überwiegt, die Angst und all das, was natürlich auch da ist. Für mich sind sie drin, wenn auch nur angerissen, aber ja, der Text ist ja für mich und ich wollte mir einen ermutigenden Tag zeigen. Jeder weiß doch, dass es schrecklich sein muss, das man hadert usw, da wollte ich - für mich! - einen guten Tag darstellen, ein Ziel vielleicht ... und das Flash Fiction Format wollte ich nicht verlassen ...
Es kann natürlich sein, dass ich mich irre und du einfach eine andere Lebenserfahrung als ich hast. Das aber ist mein Standpunkt. Trau dich ruhig, ins Abgründige zu gehen. Das ist der Text Leuten in dieser Situation - und wir werden alle in diese Situation kommen, mehrmals - schuldig, genau da gehören die existenziellen Fragen über das Dasein, das Hässliche und sinnlose des Sterbens hin.
Ich weiß jetzt nicht, was du mit irren meinst, also wo du dich irrst, du schilderst doch nur deinen Leseeindruck bzw deine Gedanken zum Thema oder hab ich was nicht mirgeschnitten? Ganz sicher habe ich eine andere Lebenserfahrung als du, schon alleine, weil du ein Mann bist, evtl jünger als ich ... Es hat aber nichts mit Mut zu tun (ach, vielleicht meinst du das mit irren?), also dass ich mich nicht traute ins Abgründige zu gehen. Ich glaube, wir haben tatsächlich eine ganz unterschiedliche Perspektive. Sterben ist nicht sinnlos, sondern sehr sinnvoll. Übermäßiges Wachstum ist nicht gesund, ein Begriff dafür ist eine Krankheit namens Krebs. Vielleicht verletzt es uns in unserer Eitelkeit (und jetzt fang ich auch schon an uns alle über einen Kamm zu scheren), weil wir nichts besonderes sind und auch sterben werden, genau wie die Fliege oder das Gänseblümchen oder der Nachbar. Aber das macht ja nicht alles sinnlos oder das Schöne hässlich. Wahrscheinlich ist mein Text deswegen so wie er ist, weil ich anders auf Leben und Tod schaue als du. Ein anderer Grund ist auch, dass ich Optimistin bin, ich glaube daran, dass etwas gelingen kann, so auch ein Umgang mit dem Tod zu finden, der nicht
gänzlich von Verdrängung und Widerstand geprägt ist. Das wird nicht in jedem Moment so sein, nicht jeden Tag (denn natürlich wird all das, was dir hier fehlt eine Rolle spielen), aber eben in Momenten, einzelnen Tagen und ich glaube, dass ein Text das auch schuldig ist, also das Hoffnungsvolle, und was ich schon mal gar nicht wollte, war eine "Entwicklung" darzustellen also so von Widerstand zu Akzeptanz, das wäre meiner Meinung nach dem Thema wirklich nicht gerecht geworden (oder sagen wir so: Ich hätte es nicht so schreiben können, dass es dem Thema gerecht wird), weil es eben solche und solche Tage gibt, solche und solche Momente.
Salü @dotslash,
auch dir ganz lieben Dank fürs Lesen und deinen Kommentar. Hat natürlich sehr gut getan, deinen so positiven Kommentar zu lesen.
Was wäre wenn das unaussprechliche unausgesprochen bliebe?
Fühlst du das?”, frage ich und merke, wie sie steif wird.
“Komm weiter!”, sagt sie, löst ihre Hand aus meiner und ihre Schritte knirschen über den Kies,
Das stimmt, das mach ich gerne so. Ich hatte ja vorher die Erklärung nicht, da hab ich das Ich kann das nicht gebraucht, aber jetzt mit Erklärung ist tatsächlich unnötig ...
intensives Erleben des Jetzt.
das ist ja so ein Hauptanker des Textes ... schön, dass es bei dir ankommt.
Ich weiß, dass sie weint, aber nie vor mir.
Interessant. Ich weiss, dass ich nach dem ersten Lesen den gleichen zeitlichen Eindruck hatte. Beim erneuten Lesen sich jedoch der örtliche Bezug eingestellt hatte.
Ist mir erst bei Woltochinons Com aufgefallen.
Ah, interessant. Ich wäre da ja, vor Woltochinons Komm, im Leben nicht drauf gekommen, dass man das so lesen kann, aber ja, klar ... Ich überlege da noch, bisher sind mir nur Sätze eingefallen wie: in meiner Gegenwart, aber das klingt irgendwie so technisch ...
Euch allen noch einmal vielen Dank für eure Gedanken und eure Zeit!
Und einen sonnigen Pfingstmontag!
Viele Grüße
von Katta