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Das Jetzt
Ein einzelnes Auge sieht nicht räumlich. Erst beide Augen lassen die Tiefe erkennen. Für mich das "dritte" Auge. Also Länge, Breite, Höhe.
In dieser kleinen Story versuche ich das Jetzt als Person und in der Ich-Form zu beschreiben.
Der Raum quillt, leiert die Tapeten hinüber in das matschige Blau, das sich am Firmament rekelt. Planken steigen quer vor meine drei Augen, die sich nach innen wölben und die Länge, die Breite, die Höhe in eine Richtung bugsieren. Im Bug wiegt sich die Zeit verkrümmt, kann sich nicht für die Zukunft oder Vergangenheit ereifern.
Aber ich bin doch Jetzt! Fokus. Zoom. 2000-fach; ich wachse und immer noch zu klein. Bis mir schlecht wird von der Höhe.
Da ist noch so viel zu tun; so einfach lässt sich Erbrochenes, Gesprochenes zusammenlesen, tropfen an den Enden der Bohlen in die mittlerweile verkümmerte Gegenwart. Mein Geist kotzt. Vorwärts – rückwärts. Spucken – schlucken und ich inmitten. Ich im Zenit.
Da wollte ich schon als frisch entschlüpfter Rüpel hin. Wären mir vor dem Aufstieg aus der abyssischen Region Fingernägel gewachsen, ich hätte den Ärzten die drei Dimensionen auf ihre Stirnen gemeißelt. So aber kroch ich störrisch meiner Zeitlinie folgend in die Senkrechte, inhalierte Stonehenge auf der Suche nach dem, was ich heute bin. 2000-fach verkleinert; geschrumpft und immer noch zu groß.
Fraß den Stör, nicht sein Gelege, kam dem Stehgreif ins Gehege, Mosaike wurden Flächen und ich dachte, meine Wege sind entlang der Autobahnen selbstkreierte Träumerpfade.
Entpuppten sich schnell als Sackgasse und es stockte, holperte, verunzierten steten Gedankensprung in aufquellende Distrikte matschigen Blaus.
Wo wir wieder dem Leiern der Tapeten frönen, die längst meine DNS ummanteln und jegliche Richtungsänderung torpedieren.
Was hieb ich mir die Schenkel platt vor Lachen, als das matschige Blau kollabierte und genau in das Rund meiner privaten Steinstelen sackte. Außen vor die Krümel vom Gestern und Morgen und ich schnitt mir in den Zeigefinger, folgte dem Faden dünnen Blutes in immerhin eine Richtung. Einäugig. Blauäugig.
Endlich bin ich Jetzt. Raster. Schismen.
Kann mir vom Glauben schlecht werden?
Ich weide mich an der vertrockneten Kotze, die ich für die Krümmung der Planken verantwortlich wähne. Zum dunklen Kreis staubender Bohlen mutiert, gleichen sie einem schwarzen Loch. Die drei verschmierten Brocken in der Gegenwart sagen nichts aus und verstört suche ich in meinem Rucksack nach dem Firmament. Da wollte ich hin, muss aber das störrische Blau mit den Händen heraus schaufeln. Unterwegs begegnen mir meine drei versandeten Augen, jedes in eine andere Dimension schielend. Ob ich das jemals koordiniert bekomme? Reinigung.
Langsam wandern die verklärten Blicke über den Rest der Zeit, finden zusammen in den lichtlosen Tiefen. Heim. Zuhause. Heimat. Schoß. Für immer. Das Ende der Zeit ist der Anfang vom Sein.
Endlich wachsen mir die Farben laut aus der Hüfte, meine heiße Seele stolpert wie eine vernebelte Arie unter meinen Netzhäuten, die Liebe stülpt ihre feuchte Vagina über eines meiner Ohren. Wasser ist Leben. Und wieder flieht die Tapete, sammelt sich in dem schrumpfenden Raum.
Beschliefe ich Träume, zögen mich Lichter, bräche mein Blick drei Zeiten entzwei; das Blau aus den Räumen, kalfatert die Erde, ich im Zenit und die Sehnsucht ließe ich als Trabanten kreisen.