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Das Lügengerüst

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07.02.2006
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Das Lügengerüst

Der erste Schaufelwurf mit der Erde auf seinen dunkelbraunen, matt schimmernden Holzsarg löste in mir eine komplette Gefühlsänderung aus.
Es war der Augenblick in dem mir bewusst wurde, dass ich mich wahrscheinlich den Rest meines Lebens hassen würde. Ich wünschte er hätte mich nie kennen gelernt. Mir kamen Gedanken, für die in den letzten Tagen einfach kein Platz da war. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt Spuren zu verwischen und ein Alibi und einen Notfallplan für alle Fälle zu erstellen und ich war durch die Hölle gegangen, als ich bei seiner Familie war und so tat als wüsste ich nicht, was genau in dieser Nacht geschehen und wie es dazu gekommen war.
Ich war in gewisser Weise mit einer Hoffnung zu seiner Beerdigung gegangen. Ich hatte erwartet, dass Spuren und somit auch Sorgen von mir mit ihm begraben würden.
Stattdessen sah ich den Mörder meines besten Freundes, wenn ich mich jetzt in den Brillengläsern der Trauergäste spiegelte.
Nein, was soll das?! Es war seine Idee. Ich wäre nie darauf gekommen es wirklich zu tun. Ich hatte zwar schon davon geredet, doch er wird wohl gewusst haben, dass ich es nie ernst gemeint habe. Bestimmt, bestimmt... Ich hatte ihm doch auch noch gesagt, dass es zu gefährlich sei, aber er war schon immer einer gewesen, der seinen Kopf überall durchsetzten musste. Wie damals, als er das Auto eines Lehrers zerkratzte und, als... Ja, er war echt einer, der einen leicht in die Scheise reiten konnte. Ich hatte mehr als einmal wegen ihm auf die Fresse bekommen, es musste irgendwann so etwas passieren! Wenn ich das Zeug nicht besorgt hätte, dann hätte es bestimmt jemand anderes getan. Ich habe es doch nur getan, weil er gemeint hatte ich würde es eh nirgends herbekommen. Ich wollte es nichtmal weiter verticken, ich wollte es einfach mal besitzen und dann wegwerfen. Doch er wollte es dann doch ausprobieren. Es waren auch sein Weed und sein Alk, er hat einfach gewartet, bis ich so fertig war, dass ich ihn nicht mehr abhalten konnte und mich überreden ließ ihm was zu verticken. Ja, er wollte ja unbedingt, er hat mich ja dazu angestiftet es zu besorgen, er hat eigentlich alles provoziert, was passiert ist. Es war fast vorauszusehen, aber er mit seinem Dickkopf... Selber Schuld eigentlich, was kann ich dafür, dass so etwas passiert ist. Wir hatten immer davon geredet, dass Chemie etwas ganz anderes ist.

Ein heraneilender Zug reist mich aus meinen Gedanken und mein aufgebautes Lügengerüst zerfällt innerhalb von nur einem Augenblick. Es hatte mir ermöglicht, mir während der ganzen Prozedur nichts anmerken zu lassen und mich nach der Beerdigung rasch zu verabschieden. Unter mir rast der Zug vorbei.
Ich stelle mich ans Geländer und zünde eine Zigarette an. Ich verfolge den Zug, bis nach einiger Zeit nichts mehr von ihm zu sehen ist. Ich beuge mich weit über das Geländer. Bis jetzt hatten hohen Brücken mir immer Angst eingejagt, doch jetzt war es mir ganz egal. Was wenn ich abrutschen würde? Egal, vielleicht war es ja das Beste? Was wenn alles rauskommen würde? Wahrscheinlich werde ich eh nie wieder ruhig schlafen können.
Ich hebe ein Bein an und merke, dass der Druck vom Geländer auf meinen Bauch wächst. Ich strecke mich immer weiter nach vorne und merke wie ich an Halt verliere und rutsche. Ich könnte mich noch mit den Armen am Geländer festhalten, doch ich mach es einfach nicht.
Ich falle.

Über mich selbst erstaunt sehe ich den Boden wie irreal auf mich zurasen. Verdammt was habe ich getan?! Seine Familie wird nie erfahren, was wirklich geschehen ist. Verdammt, meine Familie, meine Mutter, mein kleiner Bruder, mein

 

Hi Kon-Flict,

Schuld ist mit Scham verbunden. Es belasten nicht nur die Folgen, in diesem Falle der Tod eines Menschen, sondern es belastet auchdie Frage nach der Entdeckung. Und man hat das Gefühl, jeder Fremde auf der Straße sieht einem die Schuld an.
Insofenr ist der Selbstmord zum Schluss schon plausibel, auch wenn er natürlich nicht nur für den Prot, sondern auch für dich als Autor die leichteste Lösung ist. Es fehlt die Herausforderung des Weiterlebens.
Was mir noch fehlt, ist die andere Sichtweise deines Prots. Das, was er als Lügengerüst (ich spreche in diesem Zusammenhang immer eher von Rechtfertigungsgebäuden) bezeichnet, schilderst du uns. Leider schildest du uns nicht, die belastende Sichtweise.
Natürlich steckt in der Besorgung des Stoffs schon eine Schuld, egal, wie sich der beste Freund verhält, aber die Verantwortung für sein Handeln trägt er selbst, es sei denn, der Prot hätte ihn manipulativ dorthin gebracht, es zu probieren, ihn als Feigling beschimpft oder es ihm gewaltvoll eingeflößt oder ins Getränk geschüttet. Was ist nun wirlich passiert, was er den Verwandten nicht sagen kann?
So kann ich leider nicht nachvollziehen, ob die Selbstvorwürfe, die er sich macht, ganz normale in einer solchen Situation sind und eventuell zu überwinden wären, oder ob die Schuld tatsächlich so schwer wiegt.
Details:

dass ich mich wahrscheinlich den Rest meines Lebens selber hassen würde.
das selber steckt im mich schon drin
was genau in dieser Nacht geschah und wie es dazu gekommen war.
Tempusfehler. Es müsste heißen: was in dieser Nacht geschehen und wie es dazu gekommen war.
Ich hab ihm doch auch noch gesagt, dass es zu Gefährlich sei
wieder der Tempus: Ich hatte ihm doch gesagt; zu gefährlich
Doch er wollte es dann doch ausprobiert.
ausprobieren
Es war auch sein Weed und sein Alk
waren (es folgt eine Aufzählung)
Ein heraneilender Zug reist mich aus Meinen Gedanken
aus meinen

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Sim.

Den genauen Ablauf mit den Drogen wollte ich offen lassen. Ich hatte ursprünglich vor, dass es bei einer Autospritztour passiert, aber ich kam auf kein Szenario, in dem mein Prot fährt, nicht verletzt wird, nicht damit in Verbindung gebracht wird und sein Freund stirbt. Er sollte eigentlich direkt für seinen Tod verantwortlich sein. Es stimmt, dass es mit der Drogengeschichte nicht so rüberkommt. Vielleicht fällt mir ja noch was besseres ein.
Was genau meinst du mit der belastenden Sichtweise? Belastende Beweise gegen ihn oder direkte Schuldgefühle? Das Lügengerüst zeigt eigentlich seine Schuldgefühle indirekt. Er versucht sich selbst zu beweisen, dass es doch nicht seine Schuld war.

Vielen dank auch für die Fehlerliste.


Gruß, K

 

Hallo Kon-Flict,
Mich macht es auch betroffen, wenn ein junger Mensch sein Leben wegwirft.
Was mich stört, dass diese Geschichte nur aus der Innensicht des Protagonisten geschildert ist und der Leser wenig über das Aussen erfährt.
Wäre ich abgebrüht würde ich sagen, der Idiot wirft sich auf die Bahngleise und ich komme deswegen nicht rechtzeitig nach Hause. ;)

Die Geschichte wirkt daher auf mich, wie eine von den vielen Selbstmordgeschichten auf KG.de ohne dass sie sich wohltuend abhebt. Stilistisch holpert es noch ein wenig. Gerade der Einstieg hat mir nicht gefallen.

Der erste Schaufelwurf mit der Erde auf seinen dunkelbraunen, matt schimmernden Holzsarg löste in mir eine komplette Gefühlsänderung aus.
Was ist eine Gefühlsänderung? Welches Gefühl ändert sich? Ich fühle mich glücklich/unglücklich. Schlecht /gut? Eine Gefühlslage kann sich ändern. Das ist richtig. Aber ich weiß immer noch nicht, wie der Prot sich vor oder nach dem Schaufelwurf gefühlt hat.
Wenn du hier Situation beschreiben würdest, wäre die Situation vielleicht klarer. Z.B.
Als ich das hohle Geräusch der fallenden Erde auf dem Holzsarg wahrnahm, brachen in mir alle Dämme.

LG, Goldene Dame

 
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Hi Kon,
zuerst einmal Textkram:

Es war der Augenblick, in dem mir bewusst wurde, dass ich mich wahrscheinlich den Rest meines Lebens hassen würde.(Besser fänd ich:Genau in dem Augenblick wurde mir bewusst, dass ich mich für den Rest meines Lebens hassen würde) Ich wünschte, er hätte mich nie kennen gelernt. Mir kamen Gedanken, für die in den letzten Tagen einfach kein Platz dagewesen war. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen,Spuren zu verwischen und ein Alibi und einen Notfallplan für alle Fälle zu erstellen. und i Ich war durch die Hölle gegangen, als ich bei seiner Familie gewesenwar und so getan hatte, als wüsste ich nicht, was genau in dieser Nacht geschehen und wie es dazu gekommen war.
Ich war in gewisser Weise mit einer Hoffnung zu seiner Beerdigung gegangen. Ich hatte erwartet, dass Spuren und somit auch Sorgen von mir mit ihm begraben würden.
Stattdessen sah ich den Mörder meines besten Freundes, wenn ich mich jetzt in den Brillengläsern der Trauergäste spiegelte.

Nein, was soll das?! Es war seine Idee. Ich wäre nie darauf gekommen, es wirklich zu tun. Ich hatte zwar schon davon geredet, doch er wird wohl gewusst haben, dass ich es nie ernst gemeint habe. Bestimmt, bestimmt ... (Leerzeichen vor und nach drei Punkten) Ich hatte ihm doch auch noch gesagt, dass es zu gefährlich sei, aber er war schon immer einer gewesen, der seinen Kopf überall durchsetzten musste. Wie damals, als er das Auto eines Lehrers zerkratzte und, als ... Ja, er war echt einer, der einen leicht in die Scheiße (Taste mal ersetzen ;) ) reiten konnte. Ich hatte mehr als einmal seinetwegen ihm auf die Fresse bekommen, es musste irgendwann so etwas passieren! Wenn ich das Zeug nicht besorgt hätte, dann hätte es bestimmt jemand anderes getan. Ich habe es doch nur getan, weil er gemeint hatte ich würde es eh nirgends herbekommen. Ich wollte es nichtmal weiter verticken, ich wollte es einfach mal besitzen und dann wegwerfen. Doch er wollte es dann doch ausprobieren. Es waren auch sein Weed und sein Alk, er hat einfach gewartet, bis ich so fertig war, dass ich ihn nicht mehr abhalten konnte und mich überreden ließ, ihm was zu verticken. Ja, er wollte ja unbedingt, er hat mich ja dazu angestiftet, es zu besorgen, er hat eigentlich alles provoziert, was passiert ist. Es war fast vorauszusehen, aber er mit seinem Dickkopf ... Selber Schuld eigentlich, was kann ich dafür, dass so etwas passiert ist? Wir hatten immer davon geredet, dass Chemie etwas ganz anderes ist.(schwache Formulierung)


Ein heraneilender Zug reißt mich aus meinen Gedanken, und mein aufgebautes Lügengerüst zerfällt innerhalb von nur einem Augenblick. Es hat te mir ermöglicht, mir während der ganzen Prozedur nichts anmerken zu lassen und mich nach der Beerdigung rasch zu verabschieden. Unter mir rast der Zug vorbei.
Ich stelle mich ans Geländer und zünde eine Zigarette an. Ich verfolge den Zug, bis nach einiger Zeit nichts mehr von ihm zu sehen ist. Ich(merkst du? Wortwiederholungem eintöniger Stil) beuge mich weit über das Geländer. Bis jetzt haben hohen Brücken mir immer Angst eingejagt, doch jetzt ist es mir ganz egal. Was wenn ich abrutschen würde? Egal, vielleicht wäre es ja das Beste? Was, wenn alles rauskommen würde? Wahrscheinlich werde ich eh nie wieder ruhig schlafen können.
Ich hebe ein Bein an und merke, dass der Druck vom Geländer auf meinen Bauch wächst. Ich strecke mich immer weiter nach vorne und merke wie ich an Halt verliere und rutsche. Ich könnte mich noch mit den Armen am Geländer festhalten, doch ich mach es einfach nicht.
Ich falle.


So, das mal zur Rechtschreibung und Zeichensetzung. Bei Vorzeitigkeit bist du anscheinend manchmal etwas unsicher.

Mir gefällt, dass du in deiner Geschichte eine klare Gliederung hast:

- Eingangsszene
- Lügengerüst
- Brückenszene (nach Zerfall der Lügen)
- Fall

Manchmal könntest du es noch lebendiger ausdrücken, aber das kommt bestimmt durch die Übung, wenn du weiterhin schreibst.

Ich hätte es übrigens auch lieber gehabt, wenn er "das Leben auf sich genommen" und sich seiner Schuld (oder seinen Schuldgefühlen?) gestellt hätte.

Ist es glaubwürdig, dass sich jemand XTC kauft, nur um es mal zu besitzen? Und dann an seinen Freund "vertickt" (nicht verschenkt)? :hmm:

Gruß, Elisha

 
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Hallo.

@Golio

Mir ist der perfekte Titel noch nicht eingefallen. Mit "Das Lügengerüst" bin ich selbst nicht zufrieden. Ich habe mich nur dafür entschieden, weil es eine der beiden alltäglichen Hauptaussagen in diesem Text ist.


@ Goldene Dame

Danke für den Verbesserungsvorschlag für den ersten Satz. Er ist stilistisch ausgefeilter als meiner. Aber er sagt nicht genau das aus, was von mir beabsichtigt war.
Der Prot ist für den Tod verantwortlich, was jedoch niemand sonst weiß. Er hat sich die letzten Tage, nach diesem Vorfall, verfolgt gefühlt und erkennt sich jetzt zum ersten Mal als Mörder.


@Elisha

Vielen Dank, für die Verbesserung!
Natürlich ist es immer schöner, wenn sich jemand doch noch von seinen Selbstmordgedanken abbringen lässt und versucht ein normales Leben weiter zu leben. Ich hatte mir aber von Anfang an vorgenommen eine Geschichte zu schreiben, in der eine Person aus der "Ich-"Perspektive selbstmord begeht. Die Geschichte außenrum habe ich gewählt, weil ich mir keine andere Situation vorstellen könnte, in der ich(persönlich) über Selbstmord nachdenken würde, als wenn ich eine Person umgebracht hätte.
Das was der Prot denkt ist nicht genau das, was auch in der Realität passiert ist. Er lügt sich selbst an, er "erzählt" sich Einzelheiten anders, als sie waren. Damit wollte ich das, was passiert ist in einer gewissen Weise andeuten aber trotzdem ziemlich offen lassen.

Gruß, Kon

 
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Hi Kon,

Ich hatte mir aber von Anfang an vorgenommen eine Geschichte zu schreiben, in der eine Person aus der "Ich-"Perspektive selbstmord begeht.
Jau, kann ich verstehen, und es ist ja deine Geschichte. ;)

Gruß, Elisha

EDIT Gerade habe ich in einem andere Thread gelesen:

Zitat von Sim
Was ich in letzter Zeit auch durchaus verstärkt als störend empfinde, ist die Unsitte, bei seinen Kritiken immer mehr auch auf die eigenen Geschichten hinzuweisen.
P.S. Übrigens, so ein Dilemma hatte ich auch mal;den Rest habe ich :zensiert:
:lol:

 

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