- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 7
Das Märchen von der großen Keule
Das Märchen von der großen Keule
Es war in der Zeit, da die Menschen noch den Tieren gleich in Höhlen
lebten, dass einer Sippe der Vater verloren ging, als er dem großen
Schamuk nach stellte, dass hier damals in den Wäldern noch umging.
Da herrschte einstweilen Kummer und Not, denn die Söhne des
Alten waren noch zu jung an Jahren und niemand vermochte zu sagen,
welcher von ihnen dereinst den Platz des Alten einnehmen würde. Die
beiden Älteren, Nugi und Tux mit Namen, wuchsen mit der Zeit zu
großen, kraftvollen Männern heran, die kein anderes Tagwerk mehr
kannten, als miteinander zu Ringen und zu Raufen, dass in der Höhle
ald kein Stein mehr auf dem anderen lag. Allein Lug, ihr kleiner Bruder,
blieb zart und klein von Wuchs und trug es mit Gleichmut, dass die
Älteren ihren Spott mit ihm trieben.
Als es nun geschah, dass die Weiber, an die solange keine liebend Hand
mehr gelegt, ihr Sehnen danach nicht länger tragen mochten, traten sie
vor die Drei und sprachen: „Es gelüstet uns danach trächtig zu sein, darum
hört unseren Rat Schluß: Nur Dem wollen wir darin zu Willen sein, Der
da auszieht und uns das Schamuk erlegt, so wie es euer Vater einst gesucht.“
Da sahen sich die älteren Brüder an und meinten, dies könne nur an sie
gerichtet sein und sie gingen sogleich daran, sich aus gutem Wurzelholz
mächtige Keulen zu formen, die sie drohend über allen Häuptern schwangen,
dass es den Weibern Angst wurde und sie die beiden der Höhle verwiesen.
Als sie aber daraus hervor traten, fanden sie den kleinen Bruder über einem
gestürzten Baumstamm, wie er voller Eifer dessen Rinde abschabte.
„Ei, Lug, kleiner Bruder, was tust Du?“ fragten sie ihn. Da gab er ihnen zur
Antwort: „Das sollte euch kein Rätsel sein. Eine Keule erschaffe ich, so groß,
dass kein Schamuk dieser Welt ihm auskommen soll.“
Da lachten die beiden laut und hießen ihn einen Steinkopf, denn niemals würde
er eine solche Keule auch nur bewegen können, selbst wenn es ihm gelingen
sollte, sie aus dem mächtigen Stamm zu formen. Lug jedoch zeigte sich von
dieser Rede unbeeindruckt und fuhr in seiner Arbeit fort. „Habt ihr die Keule
an ihrem Ende nicht gesehen, wie könnt ihr wissen, dass es mir nicht gelingen
sollte, sie zu schwingen?“ war alles, was er dazu sagen mochte.
„Ach, laß doch den Träumer das Sinnlose suchen., sprach Nugi darauf zu Tux,
„und wir stellen der Beute nach!“ und sein Blick schweifte lüstern zur Höhle
hin. Der Bruder nickte, nicht weniger lüstern und so machten sie sich auf, die
Jagd zu beginnen.
„Wartet!“ rief Lug ihnen nach. „Wollt ihr denn allein und ohne meinen Bei –
stand das Gefährliche wagen?“
„Lieber so,“ antworteten sie ihm., „als dass wir die Weiber über das Warten
alt werden ließen oder die Beute oder am Ende uns selbst...“ Und wieder
lachten sie dröhnend und verschwanden im Wald, doch lange noch war ihr
Lachen darin zu vernehmen.
Um eine Weile, das Schamuk hatte einen guten Kampf gekämpft und war
ehrenvoll erlegen, kehrten die Beiden mit ihrer Beute heim und fanden den
Bruder, noch immer an seiner Keule formend, ein frohgemutes Lied auf den
Lippen.
„Genug, kleiner Bruder!“ ließ Tux sich vernehmen. „Hier liegt, was Dich von
Deiner Plackerei befreien mag.“
Und Nugi rief zur Höhle hin: „Nun heraus mit Euch Weibern und seht, was wir
euch zum Geschenk bringen!“
Und da traten die Weiber der Sippe, eine nach der anderen aus der Höhle und
um jede war ein lichter Glanz und sie lächelten, was die beiden Jäger nicht
anders zu deuten wußten, als eine Vorfreude auf die einbrechende Nacht und
alle Tage und Nächte, die noch folgen sollten.
Die Freude indes war nachhaltiger Art und wer da heute ein Gebrauchtwagen-
händler ist, ein Vertreter oder Makler, der entstammt wahrscheinlich jener
Trächtigkeit, zu der Lugs listige Lenden einst den Samen gegeben.