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Das Orthodrom

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04.08.2002
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Das Orthodrom

Ich traf die Frau am tiefsten Punkt der Nacht. So gegen drei Uhr, wenn ich mich wieder einmal fragte, wie lange ich noch vor dem Nachtklub als Türsteher arbeiten würde. Sie gehörte zu der Art von Nachtschwärmern, bei denen aus trunkener Fröhlichkeit längst eine Mischung aus Aggressivität und Depression geworden war. Automatisch richtete ich mich zu meiner vollen Größe auf. Paul neben mir genügte die Präsenz seiner hundertachtzig Kilo, um jede Diskussion im Keim zu ersticken. Die Jungen, keiner war älter als fünfundzwanzig, ließen sich durch uns so einschüchtern, dass sie nicht den geringsten Protest wagten, als wir sie unsanft an die Mauer stießen. Ich strich einen nach dem anderen mit dem Waffenscanner ab. Das Gerät blieb stumm. Da bemerkte ich ihren Blick.
Grüne funkelnde Augen sprachen zu mir. Sie erzählten mir von der Sinnlosigkeit, die uns an diesem Ort umgab. Dem Fehlen jeglicher Veränderung, weder zum Guten noch zum Schlechten. Ein Frösteln durchlief mich. Wir mussten uns einige Sekunden lang angestarrt haben, obwohl es mir wie Stunden vorkam. Neben ihr verschwammen die Leute zu blassen Schemen. Sie sagte etwas zu mir, dass ich nicht verstand.
Ich drehte mich zu ihr um. Sie war viel kleiner als ich.
"Lena", sagte sie. "Ich heiße Lena."
"Leon", antwortete ich. Und dann, weil mir nichts Besseres einfiel: "Ich habe dich hier noch nie gesehen." Tatsächlich kamen jeden Tag beinahe die gleichen Gäste. Sie war sicher noch nie dabei gewesen.
Paul brummte etwas und zog den Scanner flüchtig über den nächsten Kerl.
Lena machte einen Schritt von Paul weg und stellte sich so vor mich, sodass ich sie mit dem Scanner abtasten konnte. Sie strahlte etwas aus, dass in auffallendem Gegensatz zu der Oberflächlichkeit der anderen Gäste stand.
Der Scanner piepste protestierend in der Nähe ihrer Achsel. Sie zuckte mit den Schultern und hob die Arme. Unter ihrem engen, grünen Pulli zeichnete sich undeutlich ein Waffenhalter ab.
"Der Strahler ist nicht scharf", sagte sie. "Ich werde ihn dir langsam geben, wenn du willst."
Viele Leute liefen hier bewaffnet herum, doch eine Frau war bisher noch nie unter ihnen gewesen. Während sie in Zeitlupe ihre Waffe hervorholte, traf mich erneut ihr durchdringender Blick. Ich fühlte mich so leicht, als hätte sie die Schwerkraft aufgehoben und gleichzeitig schien sich mein Bewusstsein auszubreiten als hätte ich eine Überdosis Drogen genommen.
Als sie mir die Waffe reichte, berührten sich unsere Finger und ich bekam einen leichten Schlag. Sie zuckte zurück und ihr Blick intensivierte sich. Mein Herz klopfte zum Zerbersten.
Der letzte Nachtschwärmer ihrer Gruppe ging durch die Eingangstür im Foyer. Sie blieb bei mir und musterte mich, als sähe sie zum ersten Mal einen Menschen.
"Muss langweilig sein, die ganze Nacht hier zu stehen."
"Nicht langweiliger als sich da drin den Kopf zuzudröhnen. Und die Luft ist hier besser."
Sie sog die feuchte Luft prüfend ein und nickte.
"Ein Detail, dass man oft vergisst, weil es selbstverständlich ist."
"Du bist nicht so wie deine Leute drinnen?" Im nächsten Moment bereute ich den Satz. "Gehörst du überhaupt zu denen?"
"Ich gehöre niemanden." Sie schüttelte ihre glatten, brünetten Haare.
In ihrem Blick lag etwas Lauerndes.
"Bist du jede Nacht hier?"
Ich nickte langsam.
"Außer montags. Da sehe ich mir meist einen guten Film an. Obwohl es von denen immer weniger gibt. Mir kommt vor, sie produzieren in letzter Zeit nur noch Wiederholungen."
Ihr Blick fixierte mich.
"Ich gehe immer alleine. Ich bin kein sozialer Typ." Ich wusste nicht, warum ich ihr das sagte.
"Kennst du das Orthodrom?"
"Den alten Abenteuerpark?"
Sie nickte und sah mich weiter fragend an.
"Ich war noch nie dort. Ich mag nichts Außerterritoriales. Ein Teil ist zu einem Gefängnis umgebaut worden. Wird nicht so ein verrückter Sektenführer dort gefangen gehalten? Aber in letzter Zeit redet kaum jemand mehr von ihm."
"Und?"
"Mehr weiß ich nicht."
"Warum magst du keine außerterritorialen Zonen?"
"Ich bin von Natur aus misstrauisch. Und ich mag es nicht, wenn man mich in meine Atome zerlegt und in eine andere Dimension schickt. Es könnte jemand den falschen Knopf drücken. Oder ein Kurzschluss legt die Anlage lahm."
Jetzt lächelte sie.
"Es heißt, die Technik sei unfehlbar."
"Nichts ist unfehlbar. Ich mag es nicht, wenn ich für dumm verkauft werde." Die Aufregung ließ nicht von mir. Meine Finger kribbelten und mein Körper schien sich auszudehnen. Rings um sie verblasste alles, während ihr Gesicht näher zu kommen schien und kein anderer Laut mehr an meine Ohren drang, als ihre lockende Stimme. Nur mit Mühe konnte ich weitersprechen. "Warst du dort?"
Sie nickte, wobei ihre Miene ernst wurde.
"Es heißt, es gäbe dort einen unermesslichen Schatz. Etwas, dass die ganze Welt auf den Kopf stellen würde. Ich glaube, ich bin ganz nahe dran, aber ich brauche Hilfe. Wir haben dort einen Tunnel gefunden, der vermutlich zu einer Art Oberfläche führt."
"Woher willst du wissen, dass dort ein Schatz ist?", Und warum fragst du mich, fügte ich in Gedanken hinzu.
"Es gibt einen Wächter. Und wo ein Wächter ist, muss es auch etwas zu bewachen geben. Etwas, dass wir Menschen nicht sehen oder bekommen sollen."
"Und wenn uns der Wächter erwischt?“
Sie zuckte mit den Schultern und lächelte gezwungen.
"Kannst du klettern?“
„Du meinst mit Seil und Kletterschuhen? Hab ich früher öfter gemacht, ist mir aber alleine zu langweilig geworden.“
„Gut, dann wird er uns nicht erwischen. Aber der Wächter ist nicht das Problem. Ich verstehe es nicht, aber die meisten Leute, die ich gefragt habe, hatten einfach kein Interesse an dem Schatz."
"Oder sie glauben es nicht."
"Oder sie haben Angst und stehen sich jeden Tag die Füße vor einem schäbigen Nachtklub in den Bauch."
"Also schäbig ist er nicht."
Sie lachte mich an.
"Heißt das, du kommst mit?"
„Du hast mir doch nicht alles gesagt.“
„Der Rest der Geschichte wird deine erste Belohnung sein, wenn wir dort sind.“
"Dann kann ich wohl kaum nein sagen. Aber ich will die Hälfte von allem, was wir finden."
Paul starrte mich an und tippte sich auf die Stirn.
"Ist doch ein easy Job hier", brummte er. "Wozu etwas riskieren?"
Genau das war es, was ich an dieser Stadt und an dem gesamten Land hasste. Es lief jeden Tag das Gleiche ab. Das Einzige, dass sich veränderte, war der Grad meiner Depression.
Ich sah ein letztes Mal zu Paul, der sich inzwischen wieder eine Zigarette angezündet hatte. Er würde hier stehen bleiben, bis er entweder an Lungenkrebs oder an Herzverfettung starb.

Der Eingang zum Orthodrom lag in einer heruntergekommenen Fabrikhalle in einem allmählich verfallenden Viertel der Stadt. Flackernde Neonröhren erhellten halb zerrissene Werbeplakate vor dem Eingang. Ich hatte meine Klettersachen im Rucksack und Proviant für drei Tage. Lenas Rucksack war um einiges größer als meiner. Ich frage mich, was sie alles darin verstaut hatte.
Wir kauften uns Karten für zwanzig Platins. Ein lächerlich billiger Eintrittspreis.
"Die Betreiber wollen keinen Gewinn ausweisen, damit sie einen Grund haben, es dicht zu machen."
"Sind außerterritoriale Zonen nicht ohnehin aus der Mode?"
Als Antwort zuckte Lena mit ihren Schultern und strebte zur Schleuse.
Die Operatorin sah auf ihre Karte.
"Sie waren erst gestern drinnen. Ich schicke nur ihre aktuellen Gedächtnis-Daten mit."
"Schicken sie alles mit."
Lena beugte sich über den Tisch der Operatorin: "Bitte."
Ich bemerkte, dass sie auf die Finger der Frau sah, welche die Befehle ins Terminal eingaben.
Vor der Sicherheitsschleuse gaben wir unsere Waffen ab. Außer uns standen nur zwei kahlköpfige Männer vor der Transportkammer. Sie reisten ohne Gepäck.
"Du hast vorher etwas von einem Wächter gesagt. Weißt du wer er ist?"
"Die Frage lautet eher, was ist der Wächter. Ich erklärs dir, wenn wir dort sind. Vertrau mir einfach", sagte Lena nur und zerrte mich vorwärts in den weißen Kubus. Hinter uns und den zwei alten Männern schloss sich die Tür. Das weiße Licht intensivierte sich, bis es mich blendete und ich die Augen schließen musste. Ein greller Blitz zuckte durch meine Augenlider und dann wurde es dunkel. Ich öffnete die Augen wieder und sah eine offene Schiebetür, aus der ein schwaches blaues Leuchten drang.
"Deine Körperdaten und Gedächtnisdaten werden getrennt eingespielt. Wenn es jemandem gefiele, könnte er deinen Geist in einen anderen Körper übertragen", sagte sie, während sie rasch die Transportkammer verließ.
Ich blieb dicht hinter ihr. Die Luft wirkte kalt und hatte einen metallischen Stich.
"Du denkst sehr viel über solche Dinge nach", stellte ich fest.
"Was würde passieren, wenn jemand deine Gedächtnisdaten zu einem anderen Körper schickt und dessen Daten zu deinem Körper?"
"Warum sollte das jemand tun?"
"Genau das ist die Frage."
Wir standen in einer diffus erleuchteten Höhle. In den Fußboden eingelassene Markierungen wiesen uns den Weg. Es gab viele Ausgänge in unterschiedlicher Höhe, die wie fahle gelbe Augen auf uns starrten. Die glatte Fläche des Untergrundes hatte sich an vielen Stellen wellenförmig aufgeworfen und manche Markierungen waren von unzähligen Füßen abgetreten worden.
Lena strebte einem der gelben Augen zu.
"Sagst du mir jetzt alles?", fragte ich.
Lena sah sich nur kurz um.
"Etwas will verhindern, dass wir Erfolg haben. Wenn wir erwischt werden, wird dein Geist gelöscht. Mein letzter Begleiter hat sich einfach in Luft aufgelöst. Meiner anderen Freund sitzen in den Zellen und sind sabbernde Idioten."
Ich blieb stehen.
"Willst du jetzt umkehren und wieder Türsteher spielen?"
"Du weißt doch noch mehr."
"Ja", sagte sie. "Ich weiß, dass du neugierig bist. Bevor ich auf dich traf, habe ich drei Monate niemanden gefunden, der mitkommen wollte. Ich weiß nicht, wer der Feind ist, ich weiß nicht, wer die anderen erwischt hat, ich weiß, dass sie immer nur einen schicken, wenn wir eine Grenze überschreiten, und ich glaube, dass es ihnen im Prinzip egal ist, wenn wir dort etwas finden. Ich glaube, dass sie alle Gedanken von uns lesen können, nur im Orthodrom nicht. Nur Beweise kann ich dir jetzt noch keine bieten."
Sie drehte sich um und ging weiter. Ohne zu zögern lief ich ihr nach.
Vor uns erklang ein seltsames Geräusch, als platschten schwere Stiefel ins Wasser.
"Du musst doch wissen, was mit deinen Freunden passiert ist. Was ist das für ein Wächter?“
"Er ist erbarmungslos und jeder, der gegen ihn gekämpft hat, ist in den Zellen gelandet. Wir haben es immer wieder versucht, und uns sinnlos aufgerieben. Du kannst ihm nur ausweichen. Versuche nie, gegen ihn zu kämpfen. Wichtig ist nur, dass wir finden, was sie vor uns verbergen wollen. Dann haben wir vielleicht eine Chance."
Wir waren durch das gelbe Tor gegangen. Vor uns erstreckten sich mehrere dunkelgrüne Steinebenen. Wasser tropfte überall herunter und sammelte sich in einem jadefarbenen Becken. Die einzelnen Ebenen wurden durch Treppen verbunden, die ohne Geländer bis in Schwindel erregende Höhe verliefen. Durch rechteckige Öffnungen rann Wasser, und bildetet regelrechte Tropfvorhänge. Irgendwo über mir sah ich undeutlich Menschen die Stufen auf und ab wandeln. Meist waren es kleine Männer mit kahl geschorenen Köpfen.
"Der Tempel des Shativa", flüsterte ich. Das Plätschern hallte von allen Seiten. Zu meinem Entsetzen nahm Lena Kurs auf eine der glitschigen Treppen. Sie war keine zwei Meter breit und lief an die hundert Meter schräg nach oben, bis sie sich zu einem schmalen, alles umlaufenden Sims verbreiterte, von dem wiederum Treppen nach oben und unten führten.
Ich setzte langsam einen Fuß nach dem anderen auf die rutschigen Stufen.
"Müssen wir wirklich da durch?"
Lena gab keine Antwort. Ich folgte ihr und heftete meinen Blick auf die Stufen. Die Treppen glühten schwach. Die Abgründe zwischen ihnen waren zum Glück dunkel. Am Rande meines Blickfeldes sah ich drei Männer auf einer Ebene stehen und sich Wasser aus Kübeln über die Köpfe gießen. Wir erreichten den Sims, der viel schmaler war als erwartet, und nahmen eine weitere Treppe nach oben, die wie schwerelos mitten durch den Raum ragte. Keuchend und fluchend folgte ich Lena, die ihr Tempo nicht im Mindesten drosselte. Die Treppe lief durch ein schmales Rechteck. Auf der Ebene saß ein alter Mann in einem Brunnen. Ein Dämonenkopf spie scheinbar Wasser auf seinen Rücken. In der Entfernung war es dunkel, sodass ich den Rand nicht sehen konnte, doch es sah aus, als würde die Ebene frei schwebend von keiner der Treppen berührt.
Vor uns, nicht weit unter der Decke strebte die Treppe auf ein von Dämonenfratzen umrandetes Tor zu. Faustdicke Tropfen klatschten wuchtig auf die Stufen. Jedes Mal, wenn mich einer traf, schmerzte es, als hätte mich ein Stein getroffen.
Die letzten Stufen rannte ich und dann war ich durch.
Die Umgebung änderte sich schlagartig. Einmal war es plötzlich kalt und dann sah ich, dass der Gang hier viel später und mit viel primitiveren Mitteln errichtet worden war. Die Wände waren wurden von dunklen, zerfurchten Felsen gebildet, in denen ich helle Adern erkannte.
"Warum wolltest du, dass ausgerechnet ich mitkomme?" Ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme ärgerlich klang.
"Wie lange wärst du vor deinem Nachtklub als Türsteher gestanden?"
"Weiß nicht. Solange, bis ich keine Lust mehr dazu gehabt hätte."
"Wann wäre das gewesen?"
"Warum ist das so wichtig?"
"Weil all die anderen nicht von dort weggegangen wären."
Der Gang weitete sich aus. Die Luft war hier wärmer, hatte aber einen modrigen Geruch.
"Ist die Filteranlage ausgefallen, oder gehört das dazu?"
Sie zog die Luft ein und grinste.
"Hier gibt es gar keine Filteranlagen mehr. Wir sind gleich da."
Im trüben Licht zu unserer Rechten tauchten armdicke Gitterstäbe auf. Aus der dahinter liegenden düsteren Höhle starrte mich ein Mann mit langen, verfilzte Haare und einem genauso langen und verfilzten Bart an.
"Gefangenenlager."
Jetzt wurde mir erst bewusst, was dieses Wort bedeutete, und dass es nichts Abstraktes war, sondern etwas, wo Leute ihr Leben lang eingepfercht wurden.
Der Alte starrte ausdruckslos durch mich hindurch.
"Was hat er getan?", flüsterte ich.
"Versucht gegen den Wächter zu kämpfen. Er stiehlt ihnen den Verstand und lässt sie hier wie die Tiere vegetieren."
Hunderte Zellen erstreckten sich entlang des Ganges. Die meisten waren leer. Ich zählte etwa dreißig Gefangene. Lena wurde immer schneller und rannte am Ende beinahe.
Die Reihe der verschmutzten Glühbirnen spendete kaum Licht. Lena sah kein einziges Mal zu den traurigen Gestalten hinter den Gitterstäben. Am Ende der Zellenreihe sah ich einige Gestalten in dunklen Roben kauern.
Vor ihnen, getrennt durch dicke Gitterstäbe, sprach ein alter Greis mit schriller Stimme.
Er verschluckte die meisten Silben oder sprach sie falsch aus, sodass ich kaum mitbekam, warum es ging. Er schien sich über ein Tier mit sieben Köpfen aufzuregen, das über die Welt herrschte. Mehr bekam ich nicht mit.
"Der verrückte Prediger." Ich flüsterte, weil ich Angst hatte, den Mann noch mehr aufzuregen. Einer seiner Jünger winkte Lena zu.
"Er heißt Ibn Mathmud. Er kam von einer Oberfläche ins Orthodrom. Er hat uns alle auf die Spur gebracht. Das hier ist keine außerterritoriale Zone. Das ist eine ganze Welt, nur das der Großteil vor uns Versteckt wird."
"Er ist doch verrückt?"
"Ja, aber er sagt die Wahrheit."
Einer der Jünger verneigte sich vor ihr und faltete dabei die Hände vor seiner Brust.
Wir ließen die Zellen hinter uns und bogen in einen sich verengenden, roh aus dem Felsen gehauenen Gang ein. Es schien eine Sackgasse zu sein, doch am Ende war ein kleines Loch, durch das wir uns mühsam zwängten. Der Gang dahinter lag in Dunkelheit getaucht.
Lena nahm zwei Taschenlampen aus ihrem Rucksack und reichte mir eine.
Wir wanderten durch ein stillgelegtes Bergwerk. Die Tunnel waren grob behauen und an mehreren Stellen eingestürzt. An den Abzweigungen standen Nummern, an denen sich Lena orientierte. Um uns herrschte völlige Stille. Alleine würde ich nie wieder zurückfinden. Am Boden lag eine dicke Staubschicht, in der mehrere Fußspuren verliefen. Mich überkam eine irrationale Furcht.
"Was verheimlichst du mir noch?"
"Sie haben es auch gespürt. An der gleichen Stelle wie du. Dabei war ich mir so sicher", flüsterte Lena zu sich selbst.
"Ich habe aber keine Zeit, lange mit dir zu diskutieren. Entweder folgst du mir, oder du kehrst um", sagte sie barsch. Sie sah aus, als würde sie gleich weinen.
Ohne ein weiteres Wort ging sie den Gang entlang. Ich richtete den Strahl meiner Lampe auf die Staubschicht am Boden. Deutlich konnte ich die Spuren von Lenas kleinen Schuhen von schweren Stiefeln unterscheiden. Lena war zurück gegangen, doch die Träger der schweren Stiefel nicht.
Gespannt folgte ich ihr. Sie vergrößerte den Abstand zu mir, schien fast davonlaufen zu wollen. Dann hörten die Stiefelandrücke einfach auf. Zuerst glaubte ich, mich zu täuschen. Ich blieb stehen und untersuchte den Boden.
Vor mir war Lena ebenfalls stehen geblieben.
"Was ist passiert?", rief ich.
Sie antwortete nicht, drehte sich nur um, und leuchtete auf den Boden vor mir.
"Komm", sagte sie.
Vorsichtig setzte ich meinen Fuß in ihre Spuren. Nichts passierte.
"Sagst du mir jetzt alles?"
"Ja. Aber du wirst es nicht glauben."
"Versuch es."
"Meine letzten Begleiter haben sich tatsächlich aufgelöst. Die Reichweite irgendwelcher Sender geht nur bis hierher. Sie waren nicht mehr als eine perfekte Illusion."
Ich schüttelte den Kopf und leuchtete dann mit der Lampe auf die Spuren.
"Wenn du recht hättest." Ich ließ den Satz in der Luft hängen, da ich nicht wusste, was es bedeutete.
"Den meisten Leuten, macht es nichts aus, jeden Tag das Gleiche zu tun. Es macht ihnen nichts aus, weil sie leere Hüllen sind. Ich weiß nicht, wie es passiert und wer es macht, aber die Welt in der wir leben ist teilweise unecht. Das meiste, oder vielleicht sogar alles, was wir hören, wird uns nur vorgespielt. Von jemand, der uns technisch weit überlegen ist. Aber es gibt noch eine andere Welt und der Zugang liegt hier im Orthodrom. Ich glaube, es ist unsere Heimat. Ibn Mathmud kam von dort, doch bevor er mit jemand von uns sprechen konnte, hat ihn der Wächter erwischt. Sie haben ihn gelöscht, doch er konnte sich noch an Bruchstücke erinnern. Wir müssen nach oben und dort die Wahrheit herausfinden."
"Das Orthodrom ist doch nur eine künstliche Welt. Wir haben sie als erstes außerterritoriales Vergnügungsgebiet gebaut." Ich hielt inne, da mir bewusst wurde, dass ich nur Lehrbücher wiederholte.
"Ich habe dich mitgenommen, weil du selber denken kannst. Du findest doch auch, dass man hier etwas reichlich Seltsames für einen Vergnügungspark ausgibt. Ein Tempel, in dem die letzten Götter verehrt werden und ein Gefängnis, mit Häftlingen deren Geist gelöscht wurde."
Ich ging langsam zu ihr. Sie reichte mir die Hand und zog mich dann überraschend zu sich, um mir einen kurzen Kuss auf die Lippen zu geben.
"Ich bin froh, dass du bei mir bist. Aber jetzt müssen wir uns beeilen. Durch das Überschreiten der Grenze haben wir einen Alarm ausgelöst. Wenn uns der Wächter erwischt, enden wir als sabbernde Idioten in einer Zelle."
"Was ist mit dem Wächter?"
"Ich habe dir die Wahrheit gesagt. Jeder, der ihn gesehen hat, sitzt mit gelöschtem Geist in einer Zelle. Anfangs haben wir versucht, seine Basis hier anzugreifen. Wir waren Narren. Alle Angreifer wurden getötet oder gelöscht. Ich habe nur überlebt, weil ich zu denen gehört habe, die am Eingang Wache gestanden sind. Ich konnte meine überlebenden Freunde nicht davon abhalten, dem Wächter neue Fallen zu stellen. Sie sind nacheinander in ihr Verderben gegangen. Und dann erkannte ich, dass jemand auf uns reagierte. Das Orthodrom, das damals voller Besucher war, wurde plötzlich immer spärlicher besucht. Aus irgendeinem Grund wollten oder konnten sie die Verbindung nicht einfach abdrehen. Sie wollten, dass es wie eine natürliche Entwicklung aussah. Darum müssen wir uns beeilen, sonst gibt es überhaupt keinen Weg mehr nach draußen.“
Um uns weitete sich der Gang auf. Ich sah einen Schienenstrang, der halb in den Felsen eingesunken war.
"Warum sollte sich jemand solche Mühe machen, uns zu täuschen?"
"Ich glaube, es geht gar nicht mehr um uns. Wir sind so etwas wie ein Museum. Sie haben uns eingefangen wie die Tiere und dorthin gebracht. Das Orthodrom war der Eingang und es war nicht notwendig, es zu verschließen."
Sie zog einen Höhenmesser aus ihrem Rucksack. Er zeigte minus hundertzehn Meter.
"Eine Oberfläche?"
"Ich war in jedem Teil der Welt. Überall leben diese antriebslosen Menschen. Ich denke, sie haben keine Seele. Wer uns beherrscht, kann keine Seelen erschaffen. Aber hier lösen sie sich auf. Das muss unser Heimatplanet sein. Dort wird es Menschen, geben, die sich weiterentwickelt haben. Menschen, die uns gegen den Wächter helfen können. Der Rest ist Illusion."
"Unsere Welt, eine Illusion?"
"Vielleicht war es anfangs ein Gefängnis. Unsere Welt existiert ja schon seit mehreren tausend Jahren so und ich fand es schon immer komisch, dass es nur eine Stadt gibt. Irgendwann oder auch gleich am Anfang fand man eine Methode, uns durch Kopien zu ersetzen. Die Kopien stellten sich wohl bald als besser heraus, als die Originale. Sie taten jeden Tag das Gleiche. Ohne zu murren und ohne zu denken.“
Lena begann zu laufen.
Wir bogen in einen noch größeren Gang ein. In der Mitte verliefen zwei Schienenstränge, die sich wellten, als spiegelten sich Linien auf einer Wasseroberfläche.
Ab und zu sah ich eingestürzte Nebengänge. Die Lichtkegel unserer Taschenlampen zeichnete hastige Muster und ich musste mich konzentrieren, um nicht über herabgefallene Felsbrocken zu stolpern.
Lena blieb erst stehen, als wir den Schacht erreichten. Er maß etwa zehn Meter im Durchmesser und verlief sowohl nach unten als auch nach oben.
Sie verlor keine Sekunde, riss ihren Rucksack herunter und stieg in das Klettergeschirr. Hastig tat ich es ihr nach.
„Nimm das.“ Sie zog zwei Helmlampen aus ihrem Rucksack und reichte mir eine.
„Wenn der Wächter jetzt auftaucht, sitzen wir in der Falle.“
„Letztes Mal sind wir bis auf dreißig Meter an die Oberfläche gekommen. Dieses Mal müssen wir es schaffen.“
„Und wenn nicht?“
Sie hängte sich Kletterhammer und Steighaken in den Gürtel, zog das Seil durch den Sicherungsachter, warf es mir zu und begann mit dem Aufstieg.
Überrascht stellte ich fest, dass die Wände des Schachtes rau waren und mit einer Reihe von Haken versehen. Sie kletterte unglaublich schnell von einem zum nächsten. Zögernd folgte ich ihr.
„Wenn du ein Klicken hörst, wie eine Maschine mit einem scheppernden Schwungrad, haben wir noch zehn Minuten, bis der Wächter uns erreicht.“
„Du hast nicht vor umzukehren?“
„Nein.“
Ich benötigte alle meine Konzentration, um ihr nachzukommen. Wir erreichten den Eingang zur nächsten Ebene. Der Tunnel sah genauso aus, wie der aus dem wir gekommen waren. Ein verblichenes, weißes Zeichen stand an der Wand. Ich konnte es nicht entziffern.
„Und wenn ich nicht sterben will?“
„Du kannst versuchen, dich zu dieser Ebene abzuseilen und ihn hier abschütteln. Das Bergwerk ist ein großes rechtwinkeliges Netz. Er wird dich nicht eher in Ruhe lassen, bis du aus dem Orthodrom verschwunden bist."
Sie hielt inne und sah zu mir herunter. Inzwischen hatte ich meinen Rhythmus gefunden und zog mich rasch von einem Haken zum nächsten. Sie war bereits am Ende der Linie aus Kletterhaken angelangt und begann weitere zu setzen. Präzise schlug sie einen Haken nach dem anderen. Ich sah ihr mit offenem Mund zu. Sie war eine Meisterin.
Einige Meter über uns sah ich bereits die Decke. Sie war aus massivem Stein.
„Die Decke liegt etwa zehn Meter unter der Oberfläche. Vermutlich führt von da ein Gang zu einer Bergflanke.“
Plötzlich hielt sie inne.
„Er kommt.“
Ich hörte ein weit entferntes Klicken. Es wirkte mechanisch, wie eine laute Uhr. Lena hämmerte wie verrückt den nächsten Haken in das poröse Gestein. Ihre Kletterausrüstung war viel besser als meine. Sie kletterte zwei Meter nach oben, um dort den nächsten Haken zu schlagen, rutschte kurz aus, erfing sich jedoch wieder. Die nächsten Meter kletterte sie ohne Sicherung weiter. Sie zog sich in den obersten Tunnel und half mir dann ebenfalls nach oben zu kommen. Kaum lag ich neben ihr, hörte das Klicken auf und ging in ein leises Scharren über.
„Er ist unter uns.“
Das Ende des Ganges wurde durch eine verrostete Tür versperrt. Ich schlug verzweifelt dagegen, doch sie ließ sich nicht öffnen.
Lena reichte mir ihren Kletterhammer und ein Stemmeisen. Damit lockerte ich die Angeln und beim nächsten Tritt fiel die Tür scheppernd nach innen. Ich erblickte einen großen Raum voller verrosteter Bettgestelle in denen halb zerfallene Matratzen hingen. Am Boden lag ein Skelett, das beinahe zu Staub zerfallen war. Wir stiegen vorsichtig darüber hinweg und gelangten an eine weitere Tür, welche sich knirschend öffnen ließ.
Hinter uns begann es wieder zu klicken.
Spinnweben und Staub bedeckten zentimeterdick den Boden. Aus einer Nische reflektierte etwas wie Glas das Licht. Ich trat hinzu und wischte über das völlig verdreckte Fensterglas. Draußen war kaum etwas zu erkenne, es mußte Nacht sein.
„Jetzt sehen wir zum ersten Mal unsere wirkliche Welt.“
Ich schlug das Glas ein und starrte nach draußen. Allmählich gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit. Ich sah in der Ferne eine Bergekette, die von einem blutroten Vollmund erhellt wurden. Die Bäume auf der Ebene davor wuchsen verkrüppelt. Eine Tierherde stampfte zwischen den Bäumen. Ihre Köpfe hatten zwei Rüssel. Sie mussten sechs oder mehr Meter hoch sein. Dort wo der Mund sein sollte, sah ich Mandibeln aufblitzen.
Ein spinnenförmiges Flugobjekt zog träge über das Tal. Es war völlig schwarz. Wer immer diesen Planeten beherrschte.
Es waren keine Menschen mehr.

 

Hmm, ich hatte eigentlich von Anfang an das Gefühl, eine Serienfolge von Outer Limits zu sehen/lesen.

Mal abgesehen von den Stolpersteinen in Form zahlreicher Rechtschreib- und Grammatikfehler (manchmal ist es Ich-Perspektive, dann wieder Erzählersicht) zudem bin ich mir auch nicht sicher, ob nicht die Zeiten gewechselt haben!?
Also am besten noch mal sorgfältig korrigieren.

Zum Inhalt: Hmm, nette Idee, aber wie gesagt, Outer Limits, Matrix und diverse 80er Jahre S-F Filme greifen die Idee auf ähnliche Weise auf. Bei deiner KG wird es aber ziemlich wirr und durcheinander. Ich war so erpicht darauf, das Ende zu lesen, dass ich die Stolpersteine einfach ignoriert habe, aber es fehlen einfach millionen Details sowie sorgfältig ausgearbeitete Charakterkonzepte. Daher würde ich fast raten, die Geschichte nochmal neu zu schreiben. Warum folgt er der Frau so schnell? Orthodrom? HÄ?? Außerterritorial? Da wirds echt kunterbunt. Von deiner Welt liest man nur Begriffe aber bis sie ins Orthodrom kommen konnte ich mir kaum richtig vorstellen wie es bei denen aussieht. Erst in dem Orthodingens werden deine Beschreibungen dann leicht detaillierter. Vom Inhalt her dreht es allerdings vollends ab. Was machen die Leute da drinnen? Tempel? Jünger von Irgendwelchen alten Gefangenen? Tausend Fragen tun sich da bei mir auf, also entweder weglassen, teilweise verstehe ich die Anwesenheit von manchen Figuren ohnehin nicht (die Jünger zB und warum da zwei alte Herren sind?!), oder viel besser und detaillierter ausarbeiten. Die KG is jetzt 6 Seiten lang à Schriftgröße 12, da kann man mit deinen Inhalten auch locker 20 Seiten draus machen.

Noch watt: Die Geschichte besteht aus vielen Dialogen, die das Textbild geradezu in Stücke reißen. Gerade da müssen noch viel mehr Infos und Beschreibungen drum herum, damit dieses Skelett ein bischen Fleisch bekommt :)

 
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Hi Bernhard!

Mensch, das ist mit Sicherheit eine der fesselndsten Stories, die ich in jüngster Zeit hier gelesen habe. Besonders die zweite Hälfte hat mich in den Bann gezogen.
Okay, es war natürlich stark an "Matrix" angelehnt, und deshalb ahnte ich schon sehr früh, auf was für eine Auflösung die Geschichte hinausläuft. Aber das Motiv des Ausbruchs aus einer schönen Scheinwelt in die harte Realität, um dort für Veränderungen zu kämpfen, hat sich noch lange nicht erschöpft, schließlich bewegt es unsere Gesellschaft nach wie vor.
Die Hauptstärke der Geschichte sind die Atmosphäre und der einwandfreie Stil.
Damit hast du einen echten Kandidaten für die Empfehlungsliste geschaffen. :thumbsup:

Das heißt - fast! :D
Ein paar Aspekte sind schon dabei, die ein wenig stören - also eigentlich ganz gewaltig stören, wenn ich länger darüber nachdenke... :hmm:
Denn im gleichen Maß, wie Atmosphäre, Spannung und Stil die Stärken der Story sind, hapert es mit der Logik.

Da ist zum Beispiel die Leichtigkeit, mit der die Helden den Ausgang finden. Da ist das Orthodrom also der Zugang zu der wirklichen Welt, und man braucht einfach nur hinzuspazieren und eine Tür zu öffnen? Und obwohl in dieser Scheinwelt sogar die Gedanken kontrolliert werden, fällt die Flucht der beiden keinem der Wächter auf? Hattest wohl Angst, dass der Text zu lang wird? Das ist der Geschichte eindeutig abträglich. Dafür musst du eine bessere Lösung finden.

So locker-flockig der Held die Reise hinter sich bringt ( interessant: Er wird keinen Gefahren ausgesetzt, aber dennoch kommt Spannung auf, weil du die bizarre Umgebung anschaulich beschreibst; das war aber das letzte Lob von mir :cool: ), so beiläufig ist auch deren Anfang.
Sagt die Tussy: Ich geh' mal eben einen Schatz heben. Kommste mit?
Macker: Öh, joh, wieso nich'? Hab' ja sonst nix zu tun.
Tussy: Mein alter Macker is' da verschwunden. Stört's dich?
Macker: Nö.
Es stört mich irgendwie, dass der Prot nur zum Spaß da rumsteht und einer Aufgabe nachgeht. Das passt nicht damit zusammen, dass die Menschen auch in der Scheinwelt Geld verdienen. Das gilt auch, wenn der Mann nur programmiert wurde, sich so zu verhalten. Auch dann müsste auf die Offerte der Frau seine innere Gegenwehr viel größer sein, weil er seine Konditionierung überwinden muss, um einfach wegzugehen.

Warum erzählt sie ihm gleich zu Anfang, bevor sie seine Zustimmung hat, dass ihr alter Partner verschwunden ist und sie mal eben nach Ersatz sucht? So was sollte ihn doch ein wenig misstrauischer machen.

So gegen den Schluss zu erfahre ich, dass da offensichtlich ganz wenige echte Menschen unter unzähligen Computersimulationen leben. Das schreit doch ein bisschen nach Erklärung, oder? Gibt es so wenige Menschen? Und wenn ja, wieso sollten es die Wächter, wer immer es sein mag, für nötig erachten, sie so aufwändig zu kontrollieren?

Da sind im Gang also die Spuren der Frau und die eines anderen Mannes sichtbar. Aber davor haben sie doch noch andere Männer begleitet. Ihre Fußspuren müssten auch zu sehen sein.

Und dann ist da die Frage, ob sich Simulationen, die wahrscheinlich von Energiefeldern zusammengehalten werden, so abrupt auflösen, wenn die Senderreichweite überschritten ist. Eher würden sie doch langsam durchsichtiger und/oder undeutlicher werden - es sei denn, ein Kraftfeld taucht auf und führt die Auflösung herbei.

Zu einzelnen Textstellen sage ich morgen was.

Ciao, Megabjörnie

 

Hallo Sandnix und Megabjörnie.
Erst Mal vielen Dank fürs durchlesen und durchalten sandnix.

Die outer Limits habe ich weder gesehen und gelesen. Das die Geschichte Matrix ähnlich wird war für mich natürlich ein Problem. Bei dem Plot ist die Gefahr natürlich groß, etwas Matrix-Ähnliches zu generieren. Darum fand ich es auch einen Vorteil (Ausschreibungsbedingtes Zeichenmaximum!) keine Actionszene mehr reinnehmen zu können. So soll sich der Text auch von der Matrix abheben. Die Anfängliche Begeisterung des Protagonisten habe ich noch etwas abgeschwächt und bin am Ende auch noch einmal darauf eingegangen, warum er überhaupt mitkam. Hoffe, jetzt ist es nicht zu dick aufgetragen.
Logikfehler habe ich hoffentlich mit der Überarbeitung auch ausgemerzt.
Den Herrschern der Welt ist es jetzt schon egal, ob die letzten echten Menschen wissen was läuft oder nicht. Ändern kann man eh nix mehr.

L.G.
Bernhard

 

Hi Bernhard,

also Megabjörnies Begeisterung kann ich nicht so recht teilen. Sandnix's Kritik ist da schon viel treffender. Irgendwie kam bei mir bis zur Hälfte der Geschichte überhaupt keine Spannung auf. Deine Hauptfigur wirkt von Anfang an kein bisschen motiviert. Weder bei seinem Türsteher-Job, noch bei Lena's Erkundungstrip ins Orthodrom (das auch irgendwie aufgesetzt wirkt. Was ist das Orthodrom genau? Welchen Zweck hat es? Was zum Teufel machen die Wachen gerade. Poker spielen :D?).
Ab der Mitte ungefähr kannst du dann aber mit einigen guten Umgebungsbeschreibungen glänzen (übrigens kann es wohl kein Autor schaffen, allein damit Spannung zu erzeugen. Dann könnte man ja auch Gras auf einer Kuhwiese auf 5000 Seiten darstellen und damit einem Bestseller landen, oder? Auch hier muss ich Megabjörnie deshalb wiedersprechen), ohne das diese jedoch viel Sinn in die Handlung bringen. Ich meine damit nicht unbedingt, dass es an der Logik habert, sondern wirklich eher an der Motivation der Charaktere. Leon fragt Lena bspw. andauernd, was los ist, wo sie sind, wohin sie warum wollen, aber machmal habe ich das Gefühl gehabt, dass sie darauf möglicherweise selbst keine Antwort hat.
Die Athmosphäre, von der Megabjörnie geschwärmt hat, kommt für mich wie schon gesagt, erst in der zweiten Hälfte auf. Das ist die größte Stärke dieser Story. Für alles andere würde ich noch ein paar Überarbeitungen anbringen und dabei vor allem Leon einen triftigeren Grund geben mit Lena mitzugehen.
Sandnix hat es sehr schon gesagt: dem Skelett mehr Fleisch geben. Das würde deiner Geschichte sehr gut tun ;)

Und dann ist da die Frage, ob sich Simulationen, die wahrscheinlich von Energiefeldern zusammengehalten werden, so abrupt auflösen, wenn die Senderreichweite überschritten ist. Eher würden sie doch langsam durchsichtiger und/oder undeutlicher werden - es sei denn, ein Kraftfeld taucht auf und führt die Auflösung herbei.
Frage an Megabjörnie: Ist die Beantwortung dieser Frage wirklich entscheidend für den Leser zum Verständnis der Handlung? Für mich ist das in diesem Fall eher nebensächlich. Ich bin generell der Meinung, das Sci-Fi Autoren mehr Freiheiten in diesen technischen Fragen gelassen werden sollte, solange sie die Physik nicht auf den Kopf stellen :).

mfg
Prozac

 

Zitat von Prozac:

Frage an Megabjörnie: Ist die Beantwortung dieser Frage wirklich entscheidend für den Leser zum Verständnis der Handlung? Für mich ist das in diesem Fall eher nebensächlich. Ich bin generell der Meinung, das Sci-Fi Autoren mehr Freiheiten in diesen technischen Fragen gelassen werden sollte, solange sie die Physik nicht auf den Kopf stellen
.


Na jaaa, es kommt wohl darauf an, wie versiert die Leser in solchen Dingen sind. Mich selbst hat das mit der Auflösung eigentlich erst im Nachhinein gestört, beim Nachdenken über diese Stelle.
Mir ist der Gedanke gekommen, dass auch die Hologramme ein eigenes Bewusstsein haben könnten, wenn sie Angst vor dem Tunnel und damit dem Ende ihrer Existenz hatten - womit das Verhalten Lenas, eines nach dem anderen ins Verderben zu locken, ziemlich verantwortungslos wirkt.
Aber das mit dem Bewusstsein von Maschinen ist natürlich eine Frage, die sich ein Sci-Fi-Autor nicht zwingend stellen muss, auch wenn die Filmlandschaft von Maschine-wird-menschlich-Geschichten nur so wimmelt. :)

Ich meine durchaus, dass die Geschichte noch zu viele Defizite hat, um wirklich spitzenmäßig zu sein; das "Rohmaterial" ist aber da.
Was die Erzeugung von Spannung angeht, so glaube ich aber, dass Umgebungsbeschreibungen dazu dienen können. Sie müssen nur das Interesse des Lesers verstärken. Bei der Schilderung des Orthodroms ist das m. E. gegeben. Ich spüre, dass diesen Ort ein Geheimnis umgibt, und das treibt mich dazu, weiterzulesen - nennt man das nicht Spannung?
Auch Lena finde ich gut gezeichnet, auch sie umgibt ein Geheimnis, das ich als Leser gelöst wissen will. Beim Prot zum Beispiel müsste noch ein wenig gefeilt werden.

 

Hallo Prozac, Megabjörnie

@ Prozac: Erst mal Dank für deine Kritik,
Der Protagonist langweilt sich Anfangs und ist depressiv, weil alles immer gleich ist. Dann kommt eine Frau, bei der es sofort funkt und sie bietet ihm einen Ausweg aus seinem tristen Leben. Das war die Intention, die ich dem Prot mitgab. Am Ende kommt ja die Erklärung dafür. Werde mir nochmal genau überlegen, wie ich das besser reinbringe. Hab mir gedacht, es ist eh schon recht holzhammermäßig

Gruß
Bernhard

 

Megabjörnie schrieb:
Na jaaa, es kommt wohl darauf an, wie versiert die Leser in solchen Dingen sind. Mich selbst hat das mit der Auflösung eigentlich erst im Nachhinein gestört, beim Nachdenken über diese Stelle.
Sehe ich auch so. Ich für meinen Teil bin eher auf die Gesamtheit aus. Also wie der Text als Ganzes auf mich wirkt und nicht, ob nun dieser eine Satz sich nicht gut anhört oder ob der Autor zu viel "tell" drin hat. Auch ich denke bei manchen Storys mal über die eine oder andere Stelle nach bei der mir Unklarheiten auffallen, lasse diese Gedanken aber erst zu, nachdem ich die Sache zu Ende gelesen habe. Und dann denke ich nochmal über alles nach (also im Grunde: hat mir denn die Story nun gefallen oder nicht?)
Würde ich das machen während ich beim Lesen bin, würde ich eventuell über irgendeine Stelle stolpern, die ich für falsch oder unsinnig empfinde, die aber der Autor genau so gedacht hat (aus welchen Grund auch immer).

Megabjörnie schrieb:
Ich spüre, dass diesen Ort ein Geheimnis umgibt, und das treibt mich dazu, weiterzulesen - nennt man das nicht Spannung?
Entweder das, oder es war Neugier, was dich zum Weiterlesen animiert hat. Bei mir war es das auf jeden Fall. Man will ja doch immer irgendwie wissen wie es ausgeht, egal was für eine Geschichte. ;)

Bernhard schrieb:
Der Protagonist langweilt sich Anfangs und ist depressiv, weil alles immer gleich ist. Dann kommt eine Frau, bei der es sofort funkt und sie bietet ihm einen Ausweg aus seinem tristen Leben. Das war die Intention, die ich dem Prot mitgab. Am Ende kommt ja die Erklärung dafür. Werde mir nochmal genau überlegen, wie ich das besser reinbringe. Hab mir gedacht, es ist eh schon recht holzhammermäßig
Am besten wäre es wohl, wenn sie ihn da am Anfang regelrecht wegzerren würde :D

mfg
Prozac

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Bernhard!

Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich dir vor langer Zeit versprochen, dir am nächsten Tag ein paar Detailkritiken zu geben. Jetzt kriegst du sie. :)

Sie gehörte zu einer der üblichen späten Gruppen von Nachtschwärmern, deren trunkene Fröhlichkeit längst zu einer Mischung aus Depression und Aggressivität geworden war.

Der Lesefluss ist hier von unnötiger Schwerfälligkeit. Ursache ist die Häufung von Substantiven und Adjektiven.
Gemerkt? Liest sich nicht so gut, oder? :D
Bisher ist das die einzige Stelle, wo mir das aufgefallen ist.

um jede Diskussion im Keim zu erstickten.

Gesehen? ;)

Dem fehlen jeglicher Veränderung, weder zum Guten noch zum Schlechten.

Fehlen groß. Außerdem wieder eine substantivische Überfrachtung.

Sie sagte etwas zu mir, dass ich nicht verstand.
"Lena", sagte sie. "Ich heiße Lena."

:confused: Irre ich mich, oder steckt darin ein klitzekleiner Widerspruch? Was versteht er denn daran nicht? Und wenn sie vorher irgendetwas gesagt hat, das er nicht verstanden hat, dann solltest du vielleicht einen Satz dazwischenschieben, um das Missverständnis zu vermeiden, zum Beispiel "Ich beugte mich zu ihr" oder so.

Paul brummte etwas und zog den Scanner flüchtig über den nächsten Kerl. Er trug nur schwarz und weiß.

Groß schreiben. Ja, da kann man sich schon mal versehen, hehe...
Grammatikalisch ist Paul derjenige, der Schwarz und Weiß trägt. Kannst du leicht ausräumen, indem du schreibst: "...zog den Scanner flüchtig über einen Kerl, der nur Schwarz und Weiß trug."

Selbst das Gesicht war weiß geschminkt, inklusive der obligatorischen schwarzen Sonnenbrille.

Ist die Sonnenbrille weiß geschminkt?

stellte sich so vor mich, sodass ich sie mit

Da stimmt was nicht. "Sodass" durch "dass" ersetzen.

Sie musste entweder völlig nüchtern sein, oder hatte

Vor "hatte" kommt ein "sie". Oder du lässt das Komma weg, nur klingt der Satz dann nicht mehr so schön. Also "sie" einsetzen.

Während sie in Zeitlupe ihre Waffe hervorholte, traf mich erneut ihr durchdringender Blick. Ich fühlte mich, als hätte jemand einen Kübel Eiswasser über mich geschüttet.

Warum fühlt er sich so? Sie sendet offenkundig keine bedrohlichen Signale aus. Und das Frösteln, wenn Mann einer geheimnisvollen Frau begegnet, also das fühlt sich irgendwie ein bisschen anders an...

Mein Herz klopfte zum zerbersten.

Groß schreiben.

"Muss langweilig sein, die ganze Nacht, hier zu stehen."
"Nicht langweiliger, als sich da drin, den Kopf zuzudröhnen. Und die Luft ist hier besser."

Da müssen zwei Kommas weg. Welche, darfst du selber raten. :D

"Du bist nicht so, wie deine Leute drinnen?" Für einen Moment bereute ich den Satz. "Gehörst du überhaupt zu denen?"

Du meinst doch eher "Im nächsten Moment", oder? Er hört ja nicht auf, ihn zu bereuen.
Die nächste Frage stellt er, wenn ich das richtig verstanden habe, zum Ausgleich, um ihr zu zeigen, dass er sie doch nicht so gering einschätzt. Aber da sollte vorher noch ein Einschub kommen, weil ihm ja damit ein neuer Gedanke gekommen ist, zum Beispiel: "Ich hielt inne."

"Den alten Abendteuerpark?"

Ähem.

Sie nickte, und sah mich weiter fragend an.

Komma weg.

Ich mag es nicht, wenn ich für dumm verkauft werde."

Worauf bezieht sich dein Prot hier?

mein Geist schwebte mehrere Meter über mir.

Hmmm... Irgendwie habe ich eine vage Vorstellung, was du meinen könntest, aber um die Stimmung des Prots nachfühlen zu können, muss ich schon einen direkten Zugang zu ihr haben. Da musst du ein besseres Bild finden.

Paul starrte mich an uns tippte sich auf die Stirn.

In diesem Satz steckt ein Tippfehler. Darfst wieder raten, hehe...

"Ist doch ein easy Job hier", brummte er, "wozu etwas riskieren?"

Ich denke, Paul beginnt einen neuen Satz. Wenn hinter "hier" ein Komma käme, dann weiß ich selbst nicht so genau, ob es zulässig ist, "wozu" klein zu schreiben.
Schreib's groß, dann ist es richtig und stimmig.

Das Einzige, dass sich veränderte, war der Grad meiner Depppression.

Ja, wenn es "Depp-Pression" hieße... *kicher* Aber du meinst wohl ein Wort mit einem P.

"Die Betreiber wollen keinen Gewinn ausweisen, damit sie einen Grund haben, es dicht zu machen. Ich frage mich ohnehin, warum sie es so lange offen gelassen haben."

Ja, das frage ich mich als Leser auch. Und wieso, frage ich mich später, soll das Orthodrom so nahe an dem Ausgang zur "wirklichen" Welt liegen? Wer, glaubt der Prot, hat das Orthodrom zum Gefängnis gemacht?
Fragen über Fragen, und deine Geschichte kennt keine Antwort...

"Sind außerterritorialen Zonen nicht ohnehin aus der Mode?"

N weg.

"Sie waren erst gestern drinnen. Eine Aktualisierung ihrer Gedächtnis-Daten wäre nicht notwendig."

Na, das ist ein bisschen dick aufgetragen. Klar, wenn ein Tag wie der andere ist, dann braucht man den letzten Tag nicht im Gedächtnis zu behalten. Aber übertrieben wirkt es hier schon.
Der Zweck dieser Szene innerhalb der Geschichte ist mir klar: Du willst verdeutlichen, welche Macht diejenigen, die an den Knöpfen sitzen, über die Menschen haben, die herübergeschickt werden. Aber man hält beim Lesen inne und runzelt die Stirn, weshalb du irgendwie eine andere Lösung finden solltest.

So, mir fallen langsam die Augen zu. :sleep:
Lass dir das hier mal durch den Kopf gehen, beizeiten kommt dann der Rest.

Ciao, Megabjörnie

 
Zuletzt bearbeitet:

Und auch von mir einige Anmerkungen:

Abendteuerpark? Abend teuer Park (Verbot...) grins

"Es heißt, die Technik sei unfehlbar." - Je weiter eine Zivilisation entwickelt ist, umso unwahrscheinlicher ist dieser Satz.

"Wer sagt, dass dort ein Schatz ist?” - Schatzi? Mausi? Süsse?

"Die Betreiber wollen keinen Gewinn ausweisen, damit sie einen Grund haben, es dicht zu machen. Ich frage mich ohnehin, warum sie es so lange offen gelassen haben." - Diese Argumentationskette ist so zu kurz. Wenn es schon erwähnt wird, soll auch befründet werden, weshalb sie es schließen wollen und wieso es nur ohne Gewinn zugemacht werden darf.

“sabbernde Idioten” - zwei mal im Text.

“Die Kopien stellten sich wohl bald als besser heraus, als die Originale. Sie taten jeden Tag das Gleiche. Ohne zu murren und ohne zu denken." - Cool, gefällt mir diese hinterfotzige Gesellschaftskritik.

“Ein spinnenförmiges Flugobjekt zog träge über das Tal. Es war völlig schwarz. Wer immer diesen Planeten beherrschte. Es waren keine Menschen mehr.” - Moment mal, woher kommt die Gewissheit, dass das die Erde ist, dass das nicht eine Simulation ist, das (bei angenommener Erde) die Menschen nicht herrschen (wenn ich im Wald übernachte, komme ich ja auch nicht auf die Ideen, dass Füchse und Wiesel die Herrscher der Welt sind).

Ausserdem: wieso immer dieser Bezug auf Matrix? Das hat Lem doch im futurologischen Kongress und in der SUMMA weit frueher (und besser) abgehandelt. Und moeglicherweise war er auch nicht der Erste.

Vom Stil bin ich angetan.

Gruss
Proxi

 

Hallo Megabjörnie, hallo Proproxilator

Danke für eure Anmerkungen,
Ich habe die Geschichte noch etwas überarbeite und versucht den Hintergrund deutlicher herauszuarbeiten.

Nur im Orthodrom lösen sich die fiktiven Menschen auf. Darum muss es die wirkliche Welt sein. Dann habe ich auch noch einmal betont dass der verrückte Prediger nicht duch das Tor ins Orthodrom gekommen ist.
Und weil alle anderen so antriebslos sind, hat Lena den Verdacht gehabt, dass ihre Welt eine Art Gefängniss/Museum ist.
Dass sie am Ende trotz der Fremdartigkeit die Erde erkennt, ist vielleicht noch etwas willkürlich.

Die Welt außerhalb des Orthodroms soll eine Kopei der Erde sein, mit nur einer Stadt in der die Menschen durch Kopien ausgetauscht wurden.

"Es heißt, die Technik sei unfehlbar." - Je weiter eine Zivilisation entwickelt ist, umso unwahrscheinlicher ist dieser Satz.
Da stimme ich als Techniker nicht zu. KEINE Technik ist unfehlbar. Und darum fühlt der Held sich auch verarscht, weil Lena diese Behauptung aufstellt.

Es haben jetzt mehrere Leute meinen Stil gelobt. Üblicherweise fragt man ja nur bei Fehlern nach, was sie ausmachen.
Aber hier mal eine Frage zum positiven Punkt. Was genau gefällt an meinem Stil? :confused:

L.G.
Bernhard

 

Hi Bernhard!

Also was mir an deinem Stil gefällt...
--- :hmm:
--- *grübel*
--- :confused:
Tja, das ist nicht leicht zu definieren. Sagen wir mal so: Was mir an der Geschichte gefallen hat, war ja das Geheimnisvolle, Mysteriöse, und je weiter der Held vordringt, desto fremdartiger wird die Umgebung, während er gleichzeitig des Rätsels Lösung näher kommt, was darauf hindeutet, dass er auf einen ziemlichen Schock gefasst sein muss, wenn er darauf stößt.
Das alles muss natürlich schon richtig rübergebracht werden. Und du machst es genau richtig. Du bringst genau an den richtigen Stellen die Andeutungen, die es braucht, um die Neugier des Lesers weiter anzuregen. Das scheint eine deiner Stärken zu sein.
Was den Sprachstil direkt betrifft... Nun, es sind ja nicht wenige Fehler drin, gelle? :D Insgesamt überzeugt er trotzdem, weil er nicht zu einfach und nicht zu gestelzt ist. Es gelingt dir, die stilistische "Mitte" zu finden, die es insbesondere für die Science Fiction braucht.

Die Überarbeitung gefällt mir. Zur Belohnung kriegst du noch ein paar Verbesserungsvorschläge *tätschel*. :D

Ich strich mit dem Waffenscanner über die Beine des Ersten, als mich ihr Blick traf.

Na ja, irgendwie stockt man an dieser Stelle schon und fragt sich, wie er gleichzeitig die Beine von dem Typen abscannen und den Blick der Frau wahrnehmen kann. Irgendwie nicht logisch, oder?
Vielleicht nimmt er ihren Blick ja aus den Augenwinkeln wahr, oder noch besser: Du lässt ihn den Vorgang abschließen, und als er sich aufrichtet, kommt der Moment, der in Kinofilmen immer in Zeitlupe gezeigt wird: Ihre Blicke treffen sich *schmacht*.

Ein Frösteln durchfuhr mich.

Durchlief würde, glaube ich, besser passen, weil Frösteln nicht so ein vehementes Gefühl ist. Durchfuhr benutzt man, um heftige und intensive Aufwallungen zu kennzeichnen, und die Gefühle des Prots bleiben deutlich unterhalb dieser Schwelle.

"Er ist nicht scharf", sagte sie. "Ich werde ihn dir langsam geben, wenn du willst."

Sie bezieht sich nicht auf den Waffenhalter, sondern auf die Waffe. Und der gibst du im Folgenden keine maskuline Bezeichnung. Entweder sollte die bald folgen, oder du ersetzt das Maskulinum durch ein Femininum.

Ich fühlte mich so leicht, als hätte sie die Schwerkraft aufgehoben und gleichzeitig schien sich mein Denken auszubreiten als hätte ich eine Überdosis Drogen erwischt.

Der Vergleich vor dem und ist super. Der dahinter nicht so sehr. Das Denken breitet sich aus... Meinst du nicht eher, "mein Bewusstsein erweiterte sich"?
Außerdem: An einer Überdosis Drogen stirbt man. Und man erwischt sie auch nicht ( das Wort verwendet man, wenn ein Zufallsfaktor im Spiel ist ), man nimmt sie. Ist nicht besser: "...als hätte ich eine kräftige Dosis Drogen genommen"?

Sie blieb bei mir und musterte mich, als sähe sie zum ersten Mal einen Menschen.

Also, ich weiß nicht... Der Prot weiß nicht, dass all die anderen um ihn herum nur Illusionen sind. Da erscheint es merkwürdig, dass er auf dieses Bild kommt. Ließe sich nicht ein anderes finden? Vielleicht bin ich hier ja auch übersensibel *g*.

"Muss langweilig sein, die ganze Nacht, hier zu stehen."
"Nicht langweiliger als sich da drin den Kopf zuzudröhnen. Und die Luft ist hier besser."

Hehe... :D Also, eigentlich muss das Komma hinter Nacht weg. ;) Das hinter langweiliger hätte ich wohl stehen lassen, aber das vermisse ich in dem Satz nicht.

"Ein Detail, dass man oft vergisst

Das fette s muss weg.

"Du bist nicht so, wie deine Leute drinnen?"

Du bist ja ein leidenschaftlicher Kommasetzer. :D Aber das hier muss trotzdem weg.

"Ich gehöre niemand."

Das heißt niemandem. Ich weiß, diese Wendung wird oft so benutzt, aber deswegen ist sie noch lange nicht richtig.

Das Einzige, dass sich veränderte, war der Grad meiner Depppression.

Da haben wir wohl was übersehen... *Zeigefingerwedel*

"Kennst du das Orthodrom?"
"Den alten Abendteuerpark?"

Tsss... Das haben wir ja immer noch nicht geändert. *Seufzenddenrohrstockhervorhol*

Meine Finger kribbelten und mein Kopf schien sich so weit ausgedehnt zu haben, dass ich sie gleich berühren würde.

Ja, irgendwie ahne ich, welche Emotionen ihn überwältigen, aber so richtig kommt das immer noch nicht rüber. Außerdem, auf was bezieht sich das sie? Auf die Finger oder die Frau? Es ist zugegeben schwierig, zu beschreiben, was mit einem passiert, wenn das Bewusstsein sich zu erweitern scheint, eine dumpfe Ahnung aus einem Hinterstübchen des Geistes plötzlich hervorgeholt wird und nun auf einmal alles irgendwie ganz anders werden könnte.
Vielleicht kannst du schreiben: "Mein Bewusstsein schien sich über den Nachtclub, ja die ganze Stadt zu erheben, und alles wirkte plötzlich so... unbedeutend."
Kleiner Gratistipp von einem echten Könner. :thumbsup:

Ich glaube, ich bin ganz nahe dran, aber ich brauche Hilfe. Wir haben dort einen Tunnel gefunden, der vermutlich zu einer Art Oberfläche führt."

In der Geschichte kommt immer noch nicht richtig rüber, warum sie seine Hilfe braucht. Doch wohl nicht, um als Kanonenfutter für den Wächter zu dienen, oder? *g*
Wäre ja ein kleines Bisschen charakterlos von Lena...

Flackernde Neonröhren erhellten halb zerrissene Werbeplackate vor dem Eingang.
Wir kauften uns Karten, die für zwanzig Platins, geradezu lächerlich billig waren.

Ich bin ja mit der neuen Rechtschreibung nicht so vertraut, aber ich meine, das heißt immer noch Plakate.
Das für besser durch mit ersetzen. Die Karten sind billig, weil sie nur zwanzig Platins kosten, nicht dafür, dass sie so viel kosten.
Und schon wieder ein Komma zuviel. Bernhard, was soll nur mit dir werden? *Rohrstockaufbernhardshosenbodenniedersausenlass*

"Sie waren erst gestern drinnen. Ich schicke nur ihre aktuellen Gedächtnis-Daten mit."
"Schicken Sie alles mit.

Was sollte die Operatorin denn sonst noch mitschicken, was nicht selbstverständlich ist? *Verwirrungfühl*

"Du hast vorher gesagt, wir haben etwas gefunden.

"...ihr hättet etwas gefunden" oder den zweiten Teil des Satzes in innere Anführungsstriche setzen.

Ein abschließender Blitz zuckte durch meine Augenlieder und dann wurde es dunkel.

"Abschließend"... Ich weiß nicht, hinterlässt einen beamtenhaften Beigeschack. Es gibt keinen Grund, das nicht wegzulassen und nicht stattdessen ein "Schließlich" einzubauen ( was auch nicht zwingend notwendig ist ).
Es heißt Augenlider.

Wenn es jemand gefiele, könnte er deinen Geist in einen anderen Körper übertragen"

Jemandem, bitteschön!

"Was würde passieren, wenn jemand deine Gedächtnisdaten zu einem anderen Körper schickt und dessen Daten zu deinem Körper?"
"Warum sollte das jemand tun?

Das ist eine sehr interessante Frage, ohne Zweifel. Aber die Geschichte geht auf diesen Punkt nicht wirklich ein. Welche Funktion hat dieser Gedanke in der Handlung?
Die Anführungszeichen am Ende fehlen.

Bevor ich auf dich traf, habe ich drei Monate niemand gefunden,

Niemanden! *Bernhardmitrohrstockjag*

Ich weiß nicht, wer mein Feind ist, ich weiß nicht, wer die anderen erwischt hat, ich weiß, dass sie immer nur einen schicken, wenn wir eine Grenze überschreiten, und ich glaube, dass es ihnen im Prinzip egal ist, wenn wir dort etwas finden.

Mein Feind? Sie ist doch keine Egozentrikerin. Sollte sie nicht "unser Feind" sagen?
An der zweiten angedickten Stelle sollte vielleicht ein Punkt stehen.
An der dritten hast du - Wunder über Wunder - ein Komma vergessen! ( Sollte ich jetzt ein paar Rohrstockschläge zurücknehmen oder sie verdoppeln? Hmmm, eine schwierige Frage )

So, das war genug für heute. Zum Folgenden:

Die Idee mit dem Museum finde ich super, schön gruselig ( auch wenn sie so noch etwas willkürlich wirkt ), aber dafür wirfst du mit der These, dass die Menschen durch Simulationen ersetzt werden, die Frage auf, wie die wenigen echten Menschen denn gemacht werden. Wenn sie nicht genau wissen, wer Illusion ist und wer nicht, werden sie sich ja wohl an ihre biologischen Eltern halten können.
Außerdem ist noch immer nicht so richtig geklärt, warum das Orthodrom als Zugang zur "wirklichen" Welt so einfach zugänglich ist.
Diese Frage sitzt beim Lesen wie ein Stachel in meinem Verstand, der mich verrückt macht. *g*
Vor allem, weil ja schon einige Leute versucht haben, die Grenze zu überschreiten. Sie könnten das Orthodrom einfach dichtmachen. Und einen Zugang für "Museumsbesucher" können die Erbauer dieser Scheinwelt doch bestimmt besser tarnen, oder?
Und warum schicken "sie" denn jedesmal einen Wächter los, obwohl "es ihnen im Prinzip egal ist, wenn wir dort etwas finden"?
Fragen über Fragen...

Aber du hast ja jetzt erst mal eine Woche zum Nachdenken *zwinker*.

Ciao, Megabjörnie

 

Hi Megabjörnie,
Puh, ganz schön schwierig, was du mir da als Aufgabe mitgegeben hast:
Mit technischen Details wollte ich die werten Leser nicht langweilen, doch andererseits sollten auch nicht zu viele Fragen auftauchen. Andererseits hätte ich gerne die allzu oft präsente 20 000 Zeichen Schallmauer nicht durchbrochen - ist mir leider nicht gelungen.

Zum Hintergrund: Wir befinden uns in einer Zeit, viele tausende Jahre in der Zukunft. Die Erde wurde von Wesen übernommen, die uns weit voraus sind, und die in der Lage sind, den Raum derart zu manipulieren, das sie Miniuniversen generieren. In eines sind eine Handvoll Menschen gesetzt worden. Da die Manipulation der Materie eine derarige Perfektion erreicht hat, dass sie schon Gedanken aufzeichen können, haben sie begonnen, Den Geist der Menschen zu kopieren. Was in der erschaffenen Welt zu einem gewissen Grad auch funktioniert. Nur sind die Menschen antriebslos geworden, weil ihnen eine Seele fehlt. Ihre Gedanken werden in einem Art Computer erzeugt und permanent eingespielt. Darum können die Kopien nur innerhalb der Grenze der Feldgeneratoren existieren - das Auflösen der Körper ist eine Sicherheitseinrichtung, wenn keine Gedächtnisdaten mehr eingespielt werden :D

Nichtsdestotrotz mag sich der Leser eine eigene Theorie zurchtfügen - ich hasse diese albernen - wie es wirklich funktioniert Erklärungen - ist für mich schlechter Erzähl-Stil, weil in der Realität erklärt einem auch nicht jeder, wie ein Auto funktioniert.
Persönlich bin ich deshalb auch von Simmons Ilium so angetan. Er erklärt praktisch nie was und der Leser muss sich aus der Handlung zusammenreimen, was wirklich passiert ist.

Ich habe Lena jetzt einen Grund gegeben, warum sie einen Helfer braucht (Hat mich gleich eine weitere halbe Seite gekostet) und das Ende zusätzlich spannender und tragischer gestaltet.

L.G.
Bernhard

 

Hallo Bernhard,

zum allergrößten Teil halte ich das für eine gute Geschichte.

Der Anfang mit der Begegnung von Mann und Frau vor einem vergammelten Nachtclub ist schonmal sehr interessant.

Wie sie ihn dann häppchenweise weiter aufklärt, und die wechselnden Umgebungen, das hält mich als Leser bei der Stange.

Ich finde, im Orthodrom wird auch eine ordentliche, unheimelige Atmosphäre erzeugt.
Besonders gefallen mir die wassertriefenden, geländerlosen Treppen.

Leider funktioniert es nur zum allergrößten Teil.
Am Schluss lässt es nach, finde ich.
Der Schluss wird der aufgebauten Spannung nicht gerecht, er ist zu wenig, zu klein.
Das dustere Bild mit der fliegenden Spinne und so ist nett, aber es reißt mich - naja - überhaupt gar nicht vom Hocker.
Der Schatz, der am Anfang immer erwähnt wurde, tauch auch nicht mehr auf.
Könnte man das nicht kombinieren? zB so, dass die Oberfläche aus gleißendem Diamant besteht und trotzdem von Monstern bevölkert ist?
Und ganz am Schluss könnte so ein Monster direkt auf sie zukommen, zB unerwartet von der Seite vor dem Fenster auftauchen. So als Schockeffekt.
Nur so ne Idee.

Am Ende haben sich auch noch ein paar Schreibfehler eingeschlichen.

„Elena hämmerte wie verrückt“
Eigentlich hieß sie die ganze Zeit Lena.

„erfing sich jedoch wieder“
Kommt mir etwas seltsam vor.
„fing sich jedoch wieder“ fände ich besser.

„kletterte sie ohne Sicherung weiter und.“
Ich glaube, das „und“ am Schluss muss raus.

„Aus einer Nische reflektierte etwas wie Glas das Licht. Ich trat hinzu und wischte über das völlig verdreckte Fensterglas. Draußen herrschte völlige Dunkelheit.“
Hier wiederholt sich „Glas“ und „völlig“.

Bis zu diesem Schluss fand ich die Geschichte aber schon gut.

viele Grüße
jflipp

 

Hi Bernhard!

Ja, auch ich muss dir ein Lob aussprechen. Deine letzten Änderungen haben die Qualität des Textes erheblich verbessert! :thumbsup:

Das Einzige, was jetzt noch fehlt, ist: Wie kommt Lena überhaupt darauf, dass sie sich in einem "Museum" befinden, das von übermächtigen Außerirdischen errichtet wurde? Überhaupt können all ihre nachträglich eingefügten Behauptungen nur dann einen Sinn ergeben, wenn sie schon einmal auf Hinweise gestoßen ist - da könntest du sie ihre Erfahrungen mit dem verrückten Prediger noch ausführlicher schildern lassen ( jetzt hast du die "Schallmauer" ja eh durchbrochen ;) ).
Außerdem gilt es noch einen Widerspruch aufzulösen: Die Vorsichtsmaßnahmen der Aliens auf der einen Seite und ihre Gleichgültigkeit auf der anderen.
Warum wollen sie den Zugang zur realen Welt nicht sofort zumachen, sondern es wie eine "natürliche Entwicklung" erscheinen lassen?
Versteh' mich nicht falsch: Du musst ja nicht alles erklären; es muss nur plausibel rüberkommen, dann erledigt die Phantasie des Lesers - da gebe ich dir vollkommen Recht - den Rest.
Ich weiß, das ist eine knifflige Aufgabe - aber am Ende steht bestimmt eine echt druckreife Story! :thumbsup:

Ciao, Megabjörnie

 

Hi jflipp,
Danke für deine Kommentare - ist doch nicht zum Aushalten, wie was mein Rechtschreibprogramm und mein Auge alles übersehen.

Ja, das Ende ist mir sehr schwer gefallen. Den Teil mit der Kletterei habe ich reingenommen, um die Motivation von Lena deutlicher zu machen und mit dem Verfolger auch noch zusätzliche Spannung in den letzten Teil zu bekommen. Ursprünglich war da ja eine Seite weniger. Einerseits braucht es die Geschichte um für einige Leser abgerundet -im Sinne von Motivation der Protagonisten und so - zu sein, auf der anderen Seite, wollte ich wenig direkte Action rein bringen und darumm möchte ich zum Schluß auch keine weiteren Monster einführen. Die ganze Geschichte habe ich bewußt versucht, Spannung nur durch Andeutungen zu erzeugen (zumindest ich selbst war vom Ergebniss positiv überrascht :D - greife sonst schom mal auch zum Blutkübel)

Das mit dem SChatz war leider nur ein Trick von Lena, um ihn zum Mitkommen zu bewegen ud der Schatz wäre eigentlich die Entdeckung der richtigen Welt gewesen

L.G.
Bernhard

 

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