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Das unerträgliche Quietschen meiner Katze

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04.01.2004
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Das unerträgliche Quietschen meiner Katze

Katinka ist eine sogenannte Glückskatze: getigert mit rotblonden Flecken, die Füßchen, die Brust und der untere Teil des Gesichts schön symmetrisch weiß. Sie ist schon sechzehn, das entspricht ungefähr achtzig Menschenjahren, also durchaus eine alte Dame. Man sieht Katzen das Alter kaum an, sie haben ja keine Falten oder Runzeln, sie bewegen sich höchstens ein bisschen langsamer. Allerdings höre ich manchmal immer noch von draußen ein lautes Fauchen und sehe dann, wie der Farn wild hin- und hergewedelt wird. Auf mein Rufen schießt dann plötzlich eine fremde Katze hervor und rast in den Nachbargarten. Jeder Hund, der es bisher gewagt hat, unseren Garten zu betreten, ist nach kurzer Zeit wieder winselnd geflüchtet. Und hat sich bei Herrchen oder Frauchen über seine zerkratzte Nase beklagt. Ab und zu finden wir sogar noch eine tote Maus vor der Tür. Doch die meiste Zeit schläft sie, wenn ich vor dem Computer sitze auf dem Schaffell unter meinem Schreibtisch, wenn ich koche auf einem der Küchenstühle, nachts am Fußende des Bettes. Es sieht dann so aus, als ob sie nichts von ihrer Umgebung mitbekommt. Gehe ich aber in ein anderes Zimmer, kommt sie kurz danach hinterher und rollt sich dort irgendwo zusammen, das Näschen unter den Hinterpfoten versteckt. Wenn ich auf dem Sofa liege, springt sie hoch, macht es sich auf meinem Bauch oder meinen Beinen gemütlich und schubst mich so lange mit ihrem Köpfchen an, bis ich endlich ihr weiches, seidiges Fell kraule. Dann schnurrt sie laut wie eine Waschmaschine. Mit geschlossenen Augen kann ich spüren, wie sich dieses warme, wohlige Vibrieren in meinem ganzen Körper ausbreitet.

Leider ist sie immer verfressener geworden. Sobald ich mich nur einen Schritt in Richtung Küche bewege, läuft sie schon vor zu ihrem Futternapf und quietscht. Wenn sie wenigstens miauen würde, wie es sich für eine ordentliche Katze gehört. Aber nein, sie bringt nur ein langgezogenes, hohes "Iiiiiiiik" zustande. Wie ich dieses Geräusch hasse! Es ist schlimmer als ein tropfender Wasserhahn oder eines der unzähligen Gartengeräte meiner Nachbarn, die stets losrattern, nachdem ich mich gerade in den Liegestuhl gekuschelt habe! Das kann ich abstellen oder woanders hin gehen. Katinka gibt erst Ruhe, wenn ich zur Dose greife. Als Freunde uns eines Tages fragten, ob wir eine Katze oder ein Mastschweinchen hätten, haben wir alles Mögliche ausprobiert, feste Fütterungszeiten, nur Herrchen gibt ihr Futter, mit dem Blumensprüher nass spritzen. Doch es half nur kurze Zeit, dann quälte sich wieder ein unerträgliches "Iiiiiiiik" durch meinen Gehörgang.

Bis vor kurzem bin ich nachts im Dunkeln aufs Klo gegangen, ich kenne den Weg sozusagen im Schlaf und ein bisschen stelle ich mir dann immer noch vor, dass ich mich vielleicht in einer anderen, exotischen Welt wiederfinde. Aber eines Tages spürte ich an meiner nackten Ferse etwas Feuchtes, Glitschiges. Was war das denn? Ich war sofort hellwach. Die Farbe und Konsistenz der Pfütze möchte ich lieber nicht näher beschreiben, es roch jedenfalls schwach säuerlich. Meine Katze musste sich also übergeben haben. 'Kann ja mal vorkommen', dachte ich, rubbelte den Teppichboden sauber und versuchte weiter zu schlafen. Doch zwei Tage später passierte das Gleiche, es musste also etwas Ernsteres dahinter stecken als eine leichte Magenverstimmung. Also fing ich an mir Gedanken zu machen. Und knipste natürlich bei nächtlichen Wanderungen das Licht an! Wir beschlossen, ihr kein Trockenfutter mehr zu geben und noch ein paar Wochen abzuwarten. Eines Tages quietschte sie dann überhaupt nicht mehr und fraß auch nichts. Besorgt standen wir um Katinka herum. Es sah nicht so aus, als ob es ihr schlecht ginge, sie lag einfach nur apathisch auf dem Sofa. Ich dachte daran, was meine Mutter gesagt hatte, nachdem ihr Kater im stolzen Alter von zweiundzwanzig Jahren gestorben war: "Gwendolin habe ich öfter gesehen als euch. Die Kinder gehen irgendwann ihre eigenen Wege. Der Kater hat mich immer begrüßt, wenn ich nach Hause kam!"
Nicht auszudenken, was mit Katinka geschehen könnte! Bis dahin war sie immer kerngesund gewesen, von einigen Bisswunden abgesehen. Damals hatte sie weniger an ihrer Wunde als unter der Schutzvorrichtung gelitten, die sie daran hindern sollte, sich zu lecken. Die Plastikmanschette, die wie ein Lampenschirm an ihrem Hals befestigt war, war ständig irgendwo dagegen gestoßen, und sie hatte sich kaum noch getraut, sich zu bewegen. Es zerreißt einem das Herz, wenn man sieht, dass ein Tier leidet. Es versteht ja gar nicht, was mit ihm passiert. Und wenn sie jetzt ernsthaft krank werden würde, vielleicht langsam dahinsiechen, vielleicht sogar - . Mir wurde ganz flau im Magen.

Beim Tierarzt wird sie immer zu einer reißenden Bestie. Ich musste selber einmal verarztet werden, nachdem sie sich im wahrsten Sinne mit Zähnen und Klauen geweigert hatte, ihr Katzenkörbchen zu verlassen um die jährliche Impfspritze zu bekommen. Deshalb rief ich erst einmal in der Praxis an.
"Hm, so einfach kann man nicht sagen, ob es etwas Ernsthaftes ist", sagte er und ich fühlte meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. "Aber warten Sie lieber erst noch einen Tag ab. Geben Sie ihr heute ein Babyglas mit gekochtem Huhn. Vielleicht verträgt sie ihr Futter nur nicht. Probieren sie danach mal Spezialfutter für ältere Katzen aus, das ist leichter verdaulich."
Also lief ich zum Supermarkt und weiß seitdem, wie sündhaft teuer diese Gläschen sind! Wie sehr freute ich mich, als sie anfing an dem Brei zu lecken. Aber am nächsten Tag rührte sie ihn nicht mehr an und gab wieder keinen Ton von sich. Ich war kurz davor zu verzweifeln – bis ich einen Blick auf den Herd warf. Da stand noch der Rest des gut gewürzten Bratfisches vom Vortag. Jetzt war nur noch ein etwa zwei Euro kleiner Fetzen übrig und auf dem Ceranfeld waren eindeutige Spuren zu sehen. Noch nie war ich über einen Diebstahl so glücklich gewesen. Nachdem sie diesen - wirklich schwer verdaulichen - Brocken gut vertragen hatte, fing sie wieder an zu quietschen. Oh, wie ich dieses Geräusch seitdem liebe!

 

Hi tamara

Die Erlebnisse mit der Katze lassen sich auch nicht unschwer auf uns Menschen übertragen. Wie oft haben unsere Lieben Eigenschaften, die wir eigentlich nicht so schätzen. Dann, als sie diese ungeliebten Macken endlich lassen, vermissen wir sie.
Egal ob Mensch oder Tier. Es sind gerade solche Dinge, die uns voneinander unterscheiden und das ist gut so.
Genau diese Botschaft lese ich aus Deiner Geschichte.
Du hast in einer witzigen Art und Weise erklärt, warum man Katinka einfach gern haben muss. :D
Hat mir sehr gefallen und habe sie gern gelesen. :)

Liebe Grüße, Susie

 

Kann der Kürbiselfe eigentlich nur zustimmen :)

(Oh Mann, als Zweitkritiker kann man es sich echt einfach machen :D )

Aber da ich nicht sooo faul bin, schreib ich auch was individuelles:

Dieses Quietschen ist mir auch bekannt, viele Katzen bringen diese leicht seltsamen Töne hervor, und auch die Sturheit bezwecks der Nahrungsaufnahme beschreibst du gut. :thumbsup: Hoher Identifizierungsgrad für jeden Katzenhalter!

ME hättest du jedoch die Stelle, in der sich der Prot um die Katze sorgt, etwas ausbauen können - die war mir zusehr in einem lockeren Tonfall gehalten, so dass die Erleichterung am Ende nicht richtig rüberkam. Ein paar besorgte Gedanken mehr wären nicht schlecht gewesen, auch das Tierarztgespräch hättest du noch ausbauen können - so konnte ich nicht richtig mitfiebern, weil mir irgendwie klar war, dass es gut ausgeht...
Überlegs dir einfach mal.

Ansonsten les ich dich immer gern - jederzeit wieder! :cool:

Anea

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,
ihr könnte jetzt auch Fotos von Katinka sehen: Katinka

@ Kürbiselfe:

Wie oft haben unsere Lieben Eigenschaften, die wir eigentlich nicht so schätzen.
Das hast du schön geschrieben! Ich finde sogar, dass viele Dinge oder Situation, die wir nicht mögen, bei näherem Hinschauen manchmal eine gute Seite haben.
Danke für dein schönes Lob!

@Anea: He, ich habe einen Fan, Wahnsinn! :bounce:
Eigentlich wollte ich einmal eine ganz kleine Geschichte schreiben, nichts dramatisches und höchstens eine DinA4-Seite. Aber extra für dich habe ich es jetzt doch ein bisschen ausgebaut!
Dir auch ein herzliches Danke
tamara

 

Guten Abend, tamara!

Ja, so ist es in der Tat mit den geliebten Haustieren! Ab und zu gehen sie uns mit ihren Marotten gewaltig auf den Senkel, aber wenn diese ein Zeichen dafür sind, dass sie sich wieder wohlfühlen, freuen wir uns über jede Nerverei.
Auch ich kann da mitreden. Bis zu dem Tag, als mein roter Kater 1997 aufgrund einer schweren Krebserkrankung eingeschläfert werden musste, hatte ich gehofft, er könne gerettet werden, und mein Toleranzpegel stieg mit jeder Krankheitsphase weiter an. Selbst als "Dickie" einmal ein gegrilltes Hähnchen vom Teller quer über den neuen Teppich zog, blieb ich total ruhig. Ich war glücklich, dass er überhaupt noch etwas aß.

Was die seltsamen Geräusche betrifft, die eine Katze von sich geben kann: einfach unglaublich, über welches Klangspektrum sie verfügen, nur um uns ihre Bedürfnisse mitzuteilen! Sie finden meist schnell heraus, wie sie ihre Untergebenen - also, die Menschen - in den Griff bekommen. Notfalls auch mit Gekrächze oder Gequietsche.

Noch was fürs Edit:
In der Überschrift ist ein "t" zuviel!
und:

Bis vor kurzem bin ich nachts im Dunkeln auf Klo gegangen, ...
... aufs ...


Hat mir gut gefallen, diese Episode aus dem Leben von Katzenbetreuern!


Lieben Gruß
Antonia


P.S.: Nette Idee, die Bilder von Katinka dranzuhängen!

 

Hallo Antonia,
freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. Hoffentlich die Erinnerungen, die die Geschichte geweck hat, nicht nur schmerzhaft! Danke auch für die Tippfehler, ausgerechnet im Titel, wie peinlich! Das Wort schreibe ich immer falsch, dann meckert Word und ich füge ein 't' zuviel ein und dann ist Word zufrieden, komisch! Hoffentlich war es das diesmal mit Tipffehlern!
lieben Gruß
tamara

 
Zuletzt bearbeitet:

HI tamara!

Ich habe mir erlaubt, auch den offiziellen Titel von einem t zu befreien. ;)

Ganz nette, flüssige Episode. Nichts sensationelles. Aber ein Gefühl der Beunruhigung und Sorge, der Erleichterung, festgemacht an einer eigentlich nervenden Marotte. Schöne Katze. :). Toni hat es schon so treffend geschrieben; wie sehr man etwas vermisst, wenn es weg ist - und wie froh man ist, wenn es dem Tier besser geht - dass man gutmütiger wird etc. Die Erleichterung zum Schluss kommt gut rüber.
Passt zur Rubrik.

schöne Grüße
Anne

 

Liebe Anne,
ich wollte dich schon bitten, die Überschrift in der Übersicht zu ändern, danke! Auch für dein Lob! Freut mich sehr!
tamara

 

Ich liebe Katzen, zu dem Text konnte ich keinen richtigen Bezug aufbauen. Deshalb gibt es hier jetzt auch nur ein bißchen Textkram:

  • "als ob sie nichts von ihrer Umgebung mitkriegt" - 'mitbekommt' gefiele mir besser
  • "Mit geschlossenen Augen kann ich spüren, wie sich dieses warme, wohlige Vibrieren in meinem ganzen Körper ausbreitet. Oft" - Am Ende fehlt entweder ein Punkt, oder ein Satz.
  • "dass ich vielleicht in einer anderen, exotischen Welt auskomme." - 'herauskomme'? 'mich wiederfinde'? der Ausdruck ist mir nicht gefläufig
  • "Der Kater hat mich immer begrüßt, wenn ich nach Hause komme!" - sollte doch vermutlich 'kam' heißen
  • "war ständig irgendwo gegen gestoßen und sie hatte sich kaum noch getraut" - 'dagegen'; 'gestoßen, und'

 

Hi Tamara,

eine schöne Episode aus deinem Leben.
Ich hatte auch mal zwei Katzen gleichzeitig, doch eine lag mir besonders am Herzen.
Wenn ich deine Erfahrungsgeschichten so lese, denke ich immer: was für eine Bereicherung für deine Nachkommen. :)

Habe sie gerne gelesen.

lieben Gruß, col.

 

@cbrucher: vielen Dank fürs Lesen und die Hinweise auf die schnoddrigen Textstellen, habe ich ausgebessert. Ich wüßte gerne, warum du keinen Bezug zu dieser Geschichte bekommst, ist sie dir zu banal?

@Coleratio: Mir fällt gerade auf, wenn ich bei Cbrucher nachbohre, was ihm nicht so gut gefallen hat, müsste ich dich eigentlich fragen, warum du sie gerne gelesen hast! Na ja. Nachkommen habe ich keine eigenen. ;)
LG
tamara

 

Hallo Tamara!

Ich habe mich gefreut, Deine Katze kennen zu lernen :)
Ich glaube, so ein Geräusch habe ich schon mal gehört. Man muß Gründe haben, das zu mögen :D

aber dann ... ich habe die Protagonistin (es könnte natürlich auch ein Mann sein) gut verstanden. Es sind gerade die "seltsamen" Dinge, die sich tiefer in unser Bewußtsein eingraben, als wir wahrhaben wollen und uns dann einholen, wenn wir nicht damit rechnen.

Lieben Gruß,

Frauke

PS: es ist viel zu lange her, daß ich hier was gelesen habe. Ich komm jetzt wieder öfter mal vorbei :D

 

Hallo Frauke,
vielen Dank für's Lesen! Ja, die seltsamen Dinge graben sich ein!
Ja, komm öfter vorbei, nicht nur virtuell! ;)
LG
tamara

 

Hallo tamara,


solche Erfahrungen haben sicher schon viele Tierbesitzer gemacht und so ist man beim Lesen dieser kleinen Unterhaltungsgeschichte mit dem Erzähler (oder der Erzählerin) erleichtert, dass dieser Bratfisch auf dem Herd bis auf ein kleines Stück ‚verdunstet’ ist.
Und so ist Katinka nicht nur eine Glückskatze, sondern der Besitzer auch ein Glückspilz.

Änderungsvorschläge:


Sie ist schon 16, das entspricht ungefähr 80; stolzen Alter von 22 Jahren gestorben war
- die Zahlen ausschreiben.

ein lautes Fauchen und sehe dann, wie der Farn wild hin- und hergewedelt wird. Auf mein Rufen hin schießt dann plötzlich eine fremde Katze hervor und rast in den Nachbargarten.
- Wiederholung von „hin“ vermeiden.

Es ist schlimmer als ein tropfender Wasserhahn oder einer der unzähligen Gartengeräte meiner Nachbarn, die stets losrattern
- eines der unzähligen.

LG,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,
dies hier ist eher eine Anekdote als eine Geschichte, vom schriftstellerischen Standpunkt aus bin ich nicht gerade stolz darauf. Freut mich natürlich, dass du dich durch die lebendige Sprache offensichtlich gut einfühlen konntest. Die Fehler habe ich jetzt verbessert, danke wieder einmal!
Inzwischen ist Katinka nur ein halbes Jahr älter, aber sehr gealtert. Gestern habe ich drei Stunden beim Tierarzt verbracht. Ihre Leberwerte werden immer schlechter und sie hat Arthrose in der Hüfte, wahrscheinlich werden wir ihr den Rest ihres Lebens Schmerzmittel geben müssen. Sie ist schon fast 17! Aber beim Tierarzt verwandelt sie sich immer noch in eine reißende Bestie! Oh Mann war das eine Tortur! Danach lag sie einen Tag lang völlig apathisch in der Gegend rum. Jetzt quietscht sie Gott sei dank wieder! Und ich habe mich so weit beruhigt, dass ich mich wieder um meine Geschichten kümmern kann.
lieben Gruß
tamara

 

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