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Das, was bleibt
Martha Meine blickte von ihrem Lieblingsfenster hinaus auf die ruhige und noch stille, vom Berufsverkehr verschonte Dorfstraße, auf das große weite Feld was sich vor den einzelnen Häuserreihen erstreckte.
Die Sonne überquerte gerade erst den Horizont und ihre roten glühenden Strahlen strichen die alte Hauswand und kletterten langsam über das Dachwerk zum Schornstein empor.
Die Uhr klingelte Acht.
"Jürgen kommst du? Das Frühstück ist fertig." rief sie ins Haus hinein.
Dann nahm sie die Brötchen und stellte sie zusammen mit den Eiern auf den Küchentisch.
Setzte sich und öffnete schon einmal vorsorglich das Marmeladenglas.
,, Na endlich. Hier die Eier. Wie immer zwei, mal 3 Minuten."
Sie aß und nach einer Weile war sie fertig.
,, Ist das Loch im Dach vom Schuppen schon repariert?
Zum Mittag rufe ich dich. Ich werde aber nochmal schnell in die Stadt fahren."
Sie stand auf und deckte ab. Dann tat sie den Abwasch und packte ihre Sachen und den Geldbeutel und verließ das Haus und den Hof.
Sie verscheuchte die Katze und schritt durch das Tor. Dann machte sie sich auf den Weg zur Bushaltestelle die nur ca. 500 m entfernt lag.
Der Bus kam, wie immer mit einer Verspätung von guten 5 Minuten.
Die Sonne stand schon hoch am Himmel als sie das Tor wieder durchschritt und ins Haus ging.
Doch kurz davor rief sie in Richtung Schuppen: " Ich bin wieder zurück!"
Dann packte sie den Einkauf aus. Stellte alles sorgsam in eine Reihe und begann sogleich zu sortieren.
Nach gut einer Stunde begann sie mit dem Mittag kochen und nach einer guten weiteren Stunde war sie damit fertig.
Sie deckte den Tisch und füllte die Teller auf.
"Lass ja nichts übrigbleiben" ermahnte sie.
Schließlich blieb doch was übrig.
Den Rest warf sie weg.
Dann deckte sie ab und machte den zweiten Abwasch.
Nach getaner Arbeit legte sie sich zur Ruhe um erst wieder gegen halb drei aufzuwachen und sich aus dem Bett zu kämpfen.
" Ich habe Elsbeth heute übrigens versprochen bei ihr zum Kaffee zu erscheinen. Du kommst sicherlich nach, wenn du mit deinen Arbeiten fertig bist."
Sie zog sich ihre für einen Kaffeeplausch besten Sachen an und verließ pünktlich um halb vier das Haus.
Als sie dann so mit ihrem Krückstock stolzierte kam sie am Friedhof vorbei.
Ihr überkam ein so merkwürdiges Gefühl dem sie sich nicht widersetzen konnte.
Also durchschritt sie die Friedhofspforte und marschierte zum Familiengrab.
Kurz davor nahm sie noch die alte Gießkanne mit und füllte sie mit Wasser.
Dann goss sie die Blumen.
> Rudolph Müller<
25.05.1900 - 14.12.1944
>Liselotte Müller<
03.01.1903 - 03.04.1973
Sie starrte auf das Grab.
Dann brach sie in Tränen aus.
Fiel auf die Knie und hielt sich die Hände schützend vor das Gesicht.
Dann schrie sie vor Wut und warf die Gießkanne über den Rasen.
Verzweifelt suchte sie etwas um ihre Wut los zu werden.
Doch fand sie nichts. Also schlug sie mit den Fäusten auf den Boden und riss das Gras heraus und warf es um sich. Dann fand sie endlich einen Stein und beförderte ihn sogleich in die Büsche.
> Jürgen Meine <
14.08.1937 - 24.12.1990
Dann ging sie. Stand einfach auf und wischte sich die Tränen aus dem roten Gesicht und richtete ihre alten grauen Haare.
Dann lächelte sie.
" Jürgen! Na endlich. Hast du es doch noch geschafft."
Dann schloss sie die Pforte und setzte ihren Weg fort.