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Der Affenbrotbaum

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03.12.2005
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Der Affenbrotbaum

Für Ismael

Die Kalaschnikow auf seinem Rücken war schwer, aber die eigentliche Last, die er trug war jene auf seinem Herzen. Weit weg von seiner Frau und seinem sechsjährigen Sohn, hatte man ihn zum Einsatz als UN – Soldat in den Kongo geschickt, wo es nun galt den Frieden zu erhalten. Er hatte sich gemeldet, um im Namen der Menschlichkeit eine Idee zu verteidigen, die ihm immer fremder wurde. Welcher Stamm welchen bekämpfte, war ihm auch nach drei Monaten Aufenthalt noch nicht klar geworden und so hatte er die Mühe aufgegeben zu verstehen, wofür er sich einsetzen sollte. Ideen blieben Ideen, abstrakt und nicht nachvollziehbar. Es waren Ideen, um die gekämpft wurde, Ideen, die ihn zu der Entscheidung gebracht hatten, in den Krieg zu ziehen.
Jetzt verabscheute er Ideen. Ideale. Gedanken. Alles, was sich in seinem Kopf abspielte.
Das Leben war mühsam, aber bisher war es noch nicht zu einem militärischen Eingriff gekommen. Das hieß für ihn, dass er recht viel Zeit hatte, sich Gedanken zu machen und Ideen zu bilden. Das machte die Sache noch mühsamer.
Mit seinen Truppenkameraden verbrachte er die Tage mit Kartenspielen, geredet wurde nur das Nötigste, ein Austausch von Information, aber dabei blieb es meist. Allenfalls teilte er mit ihnen das Schicksal dieser Mission, was höchstens ein Grund für oberflächliche Kameradschaftlichkeit war. Es war schwül und stickig, die Fliegen setzten sich an seine Augenränder, um die salzige Flüssigkeit zu trinken, denn für sie gab es ansonsten nicht viel Nahrhaftes. Allenfalls das Klima, das so unterschiedlich zu der Kühle in seiner Heimat war, hielt ihn vom zu viel denken ab.
Plötzlich waren Schüsse aus der Richtung des Wachposten zu hören – Milizen griffen das Camp an. Der Moment war gekommen, es durfte keine Zeit verloren werden. Maschinengewehre wurden aufgeschultert, die blauen Helme mit dem friedensverheißenden Symbol der Weltkugel, die von einem Lorbeerzweig geschmückt war, aufgesetzt.
Mit Geschick und Geschwindigkeit robbte er neben seinen Kameraden durch das hohe Elefantengras, um sich dem Angreifer zu nähern – so hatten sie es alle in der Ausbildung gelernt.
Jetzt wurde ihm immer klarer, was er sonst erfolgreich mit anderen Ideen überdecken konnte: Er war ein lebendiger Puffer der herauszögern sollte, was nur durch gegenseitiges Töten heraus zu zögern war. Angst ergriff ihn, wie er sie vorher nicht gekannt hatte. Sie würgte ihn, ließ ihn am ganzen Leib zittern. Bilder von erschossenen Kindern durchstachen seine Gedanken. Er versuchte sich zu konzentrieren, aber sein Körper hielt ihn davon ab, so zu handeln, wie er es gelernt hatte.
Als er einen ausgehöhlten, riesigen Affenbrotbaum ganz in seiner Nähe sah, zögerte er nicht lange, rannte geduckt auf diesen Zufluchtsort zu, den die Natur in ihrer Freigiebigkeit für ihn dort bereitgestellt hatte und kroch in sein Inneres. Er war gerettet! Hier fühlte er sich so geborgen, wie schon lange nicht mehr. Es war als umhüllte der Baum mit seiner dicken Rinde nicht nur seinen Körper sondern gab ihm durch und durch das Gefühl von Geborgenheit, als befände er sich in einem Mutterleib. Er lauschte noch eine Weile, ob die Schüsse näher kämen und schlief dann ein. Als er erwachte, war es Nacht, aber die Stille in der afrikanische Steppe war ihm behaglicher, als das unruhige Schnarchen seiner Gefährten in dem Bettenlager. Er verharrte noch bis zum frühen Abend des nächsten Tages in seinem Zufluchtsort. Dann trieb ihn die Sorge, man könnte ihn tot melden, dazu, aus seinem Versteck zu kriechen.
Er bedankte sich bei dem Baum – es erschien ihm selbst lächerlich, denn früher hätte er dies nie getan. Doch andererseits fühlte er sich sehr wohl dabei und es war fast selbstverständlich für ihn, seinen Lebensretter in Gedanken in die Arme zu nehmen.
Er trennte sich von dem Baum und ging in Richtung des Lagers. Je näher er kam, desto stolzer war er, dass er sich nicht dem Kampf gestellt hatte. Er wollte nicht mehr kämpfen und er wußte, der Baum hatte ihm gelehrt, dass ihn niemand zu etwas zwingen konnte. Als anständiger Soldat hätte er sich schämen sollen. Ein anständiger Soldat sammelt Medaillen.
Mußte er seinen Kameraden wegen zur Verteidigung ein Gewehr in die Hand nehmen? Nein, denn auch sie waren eigentlich zum Erhalt des Friedens gekommen. Er merkte, wenn den Milizen mit den gleichen Mitteln geantwortet wird, verstärkte man nur ihre Idee von gut und böse.
Friede musste neutral sein.
Oder hatte ihn der Affenbrotbaum etwa nach seiner Herkunft gefragt?

 

Hallo Juhulala,

der Plot ist mir, auch wenn die Idee recht schön ist, zu simpel. Damit meine ich vor allem, dass er wirklich der einzige Überlebende war. Auch die Heimreise ist ein bisschen einfach gestrickt. Die Dankbarkeit für das Leben, sowohl das eigene, wie auch für den Schutz durch die Natur, empfand ich als schönen Gedanken.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Sim

Danke für deine Kritik,

Ich stimme mit dir überein, dass ich da einiges ziemlich flach beschrieben habe; als ich mir die Geschichte jetzt noch mal durchgelesen habe, habe ich gedacht, man denkt irgendwie ich wollte schnell fertig werden - stimmt auch in gewisser Weise:Pfeif:

Mich freut auch, dass dir die Idee von dem Schutz durch die Natur gefallen hat, es ist meine zweite Geschichte und ich bin noch am ausprobieren, was das Schreiben so an Möglichkeiten mit sich bringt...

Danke noch mal,
Jula

 

Hallo juhulala!

Deine Idee ist ganz nett: Baum rettet Mann das Leben, Mann eröffnet Baumschule.
Aber dein Protagonist bleibt mir fremd. Du berichtest nur, du erzählst nicht.

"6 – jährigen Sohn" - sechsjährigen

"UN – Soldat" - keine Leerzeichen: UN-Soldat

"so hatte er die Mühe aufgegeben zu verstehen" - Man kann keine Mühe aufgeben. Er hatte es aufgegeben, verstehen zu wollen.

"salzig – wässrige Flüssigkeit" - Eine wässrige Flüssigkeit? Ist beinahe so, als ob du flüssige Flüssigkeit schreibst.

"Es wurde ihm immer klarer: er war ein lebendiger Puffer der herauszögern sollte, was nur durch gegenseitiges Töten herauszuzögern war." - Nach einem Doppelpunkt schreibt man groß. Komma nach Puffer. Übrigens solltest du den Text noch mal nach fehlenden Kommata durchsehen.
Gegenseitiges Töten? Dann wird auch dein Protagonist getötet.

"rieseigen Affenbrotbaum" - riesigen

"Schnarrchen" - Schnarchen

"Dann trieb ihn die Sorge, man könnte ihn tot melden" - Ich kenne mich beim Militär nicht aus, aber sagt man da wirklich "tot melden"? Man könnte ihn für tot halten.

"flog am folgenden Tag in sein Heimatland" - Wie gesagt, ich kenne mich da nicht so aus, aber kann er einfach von heute auf morgen kündigen und nach Hause fliegen?

Grüße
Chris

 

Hallo Chris Stone und danke für deine Kritik und die Verbesserungsvorschläge.
Ich habe das Ende geändert - urteile selbst.
juhulala

 

Cool noch eine Affenbrotbaumgeschichte ;)

Ich finde die Idee mit dem Baum als Zufluchtsort recht gut. Allerdings mangelt es mir an richtig starken Konflikten des Protagonisten.
Gewiß, in Deiner Geschichte wimmelt es von Problemen, aber es ergibt sich nix daraus. Evtl. entsteht der Eindruck bei mir als Leser auch, weil Du für den Leser sehr viel aufbereitest. Die Lektüre quasi vorverdaust.

Die Geschichte, wie sie derzeit ist:
Ein Soldate, der ziemlich viele Gedanken wälzt, bekommt in seinem ersten Einsatz Angst. Er robbt in den Baum und kommt wieder raus und versucht sich die Flucht schönzureden.

Aus meiner Sicht könnte es jetzt richtig losgehen. Er kommt ins Lager, wurde als vermißt gemeldet und hat sich scheinbar wieder befreien können, bekommt eine Medaillie für heldenhaftes Verhalten, weil aus seiner Truppe nur einige übrig sind und kommt damit nicht klar, weil das im Gegensatz zu dem steht, was er sich vorher noch vergenomen hat.

Ich denke, Geschichten sollten die Probleme und Konflikte durch Handlungen aufzeigen und nicht dadurch, daß der Prot. diese Konflikte denkt, denn dann ist der Unterschied zum Essay oder Aufsatz recht klein.
Die Vorgeschichte bringt mich dem Soldaten nicht näher. Später spielt es keine Rolle, ob er seine Familie vermißt oder das Leben im Lager langweilig ist.

Die Idee mit dem Baum ist wirklich gut, ich denke, Du solltest Dir überlegen, was der Konflikt ist, was Du dem Leser in dieser Geschichte mitteilen willst und dann solltest Du Dich nur auf das Wesentlichste konzentrieren, nach dem Motto: Don´t tell, show it.

Gruss
mac

 

hallo mac

Danke für deine Anregung, ich denke auch, mehr Handlung würde der Geschichte gut tun.
Es ist eine verzwickte Angelegenheit, Geschwindigkeit in eine Geschichte zu bringen.
...Möchte die Kurzgeschichte nicht zur Langgeschichte werden lassen...ja, äh, werde versuchen da noch weiter zu machen und an der Intensität der Gefühle des Prots arbeiten...

Gruß, Jula

 

Nochmals hallo juhulala!

Du hast mehr als das Ende geändert, oder? (Ich habe die erste Version nicht mehr so ganz im Kopf.)
Was mir aufgefallen ist: Der Inhalt ist jetzt ein völlig anderer. In der ersten Version ging es um den Mann, der sich durch den Baum gerettet fühlte, und dann quasi aus Dankbarkeit in Zukunft Bäume züchtet. Wie gesagt, eine nette Idee.
Jetzt geht es nur noch um den Soldaten, der sich aus Angst und/oder Zweifel an seinem Beruf in einem Baum verkriecht. Aber dafür sind seine Motive nicht klar genug herausgestellt. Ein Soldat (dazu ein Blauhelm, also kein Angriffskrieger), der beim ersten Schuss schlappmacht? Der seine Kameraden im Stich lässt, weil er plötzlich meint, es ist richtig? "Friede musste neutral sein."? Nach dem Motto: Okay, hier bringen sich alle gegenseitig um, aber ich werde nicht schießen, weil ich mich für neutral halte?
"Er merkte, wenn den Milizen mit den gleichen Mitteln geantwortet wird" Das ist sein Motiv? Gleiche Mittel würde bedeuten, daß die Blauhelme angreifen (in der ersten Version war er kein Blauhelm, oder?). Sie verteidigen sich aber: "Milizen griffen das Camp an."

Klingt jetzt wie ein Verriss, aber nimm das nicht persönlich.
"ich bin noch am ausprobieren, was das Schreiben so an Möglichkeiten mit sich bringt" - Man kann durch kleine Änderungen einen Text völlig verändern. Und dadurch wird er nicht immer besser.

Lass dich nicht vom Schreiben abhalten, ich lese deine nächste Geschichte garantiert.

Noch ein Tip: Lesen. Hier auf der Seite, besonders auch die Kommentare. Da lernt man viel.

Grüße
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chris

ich habe einige Korrekturen vorgenommen und vor allem das Ende geändert: in der ersten Version war das Ende mMn sehr abrupt und der Prot ist in seine Heimat geflogen und hat eine Baumschule gegründet.

Im Nachhinein kam mir das doch etwas zu verromantisiert oder phantastisch vor und nun habe ich versucht aufzuzeigen, wie die Ideale des Soldaten (er war übrigens auch schon in der ersten Version ein Blaumhelm) schwinden und sich bis zum Schluss verändert haben.

Der Prot. setzt sich quasi mit der Idee des Soldaten überhaupt auseinander und stellt sie dann in Frage, als es darum geht, zur Verteidigung Leute zu erschießen...

Dass sich dabei vollkommen der Inhalt verändert war mir nicht so wirklich bewußt... :dozey:
Naja, ich werde wohl noch weiter schreiben oder noch mal ändern, ich bin selbst nicht so zufrieden.

Danke, dass du meine Geschichte noch mal gelesen hast und danke auch für die Anregungen.
Man ließt sich!
Jula

 

Hallihallöchen Juhulala!

Mir ist die Geschichte einfach zu kurz. In der Einleitung wird mir zu viel erklärt (er war, früher hatte er, ...) anstelle gezeigt. Und die Story - mMn ist sie "bloß" eine Situation - hat nur einen einzigen Konflikt (oder?), der mir allerdings echt gut gefallen hat. Die Idee mit dem Ich-kriech-mal-in-den-Affenbrotbaum fand ich spitze, und schon der Titel hat mich auf diese Wende neugierig gemacht.
Ansonsten find ich, dass du anschaulich schreibst.
Ich werd mir sicherlich wieder einmal etwas von dir zu Gemüte führen.

Lg,
der kleine Rasta-Narr

 

hallo Rasta

Ja, immer mehr schreit diese Geschichte nach mehr und weiter....
mal sehen, was sich da machen lässt...
Danke, jedenfalls fürs Lesen und die lobenden Worte tun auch ganz gut...

ja, man liest sich!
jula

 

Hi Juhulala

Ach es geht so, weißt du. Eine Schlacht kann man nicht so kurz und mal ebend wiedergeben, dafür ist es ein zu großes Spektakel.
außerdem bin ich generel der, ich geb zu recht radikalen meinung, dass jeder, der sich freiwillig für den Kampf meldet, mit dem Tod rechnen muss, und sich nicht beklagen kann, wenn er drauf geht.
dein Prot macht auf jeden FAll die Hölle durch, und das ist für uns, die wir hier im warmen Wohlstand sitzen, so schwer wiederzugeben...
außerdem wäre er am Ende ein zitterndes Frag! als einziger überlebender und das alles. der würde sabbern und mit der Welt nicht mehr klar kommen.
und ich glaube, die haben da keine Kalaschnikows! die haben AKA 7.
aber in Mittelteil hast du ein par schöne Formulierungen und es lässt sich gut lesen. falls du an die KG noch mal ran willst, würd ich den Leser direkt in die Schlacht schmeißen, und Hintergrundinformationen über den Prot dosiert hineinreichen.

Gruß

 

lieber Aris Rosentrehter,
Ich danke dir für deine anregenden Zeilen...ja es ist schwer sich von seinem Schreibtisch aus, in eine Schlacht im Kongo zu versetzen...
freiwillig oder nicht ?- auch das wird für mich hier immer zentraler...
Mal sehen...was da noch rauskommt, ich denke nächste Woche komme ich dazu, die Geschichte zu ändern, vielleicht auch als Grundlage für eine ganz Neue zu nehmen...
Kalaschnikow! ja, du hast recht, ich glaub das war ne andere Zeit...:)

ja, also ich danke dir vielmals,
bis denne,
Jula

 

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