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Der brave Kirchenbauer Eduard Blömke
<Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau. Ich nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut.>
I. Kor 3,9-10
Der brave Kirchenbauer Eduard Blömke
Dies ist die Geschichte des berühmten Kirchenbauers Eduard Blömke aus bayerischen Landen. Er lebte bereits vor langer, langer Zeit. In einer Zeit, die wir heute im Allgemeinen "das Mittelalter" zu nennen pflegen. Herr Blömke war ein recht unauffälliger und bescheidener alter Mann, sagten die Leute damals. Sein Leben wäre wahrscheinlich mit Ausnahme seiner allgemein hoch geschätzten Karriere als Architekt für Gotteshäuser genauso unauffällig verlaufen wie er selbst ein so unscheinbarer Geselle war. Wäre ihm da nicht eines Tages eine schicksalsschwere Begegnung widerfahren, die sein ganzes Leben für immer verändern sollte...
Es hieß, dieser ehrenwerte Herr Blömke habe damals in einer recht stürmischen Nacht eine übernatürliche Vision gehabt. Eine Vision, die er sein Leben lang nicht mehr vergessen sollte: Denn ein Engel Gottes erschien ihm unerwartet in seinem Schlafgemach und offenbarte ihm eine Botschaft seines Herrn.
Herr Blömke war zunächst so sprachlos über diese Offenbarung, dass er erst einmal kein einziges Wort herausbrachte; somit konnte er den Engel also auch nicht, wie es sich eigentlich gebührt hätte, angemessen begrüßen.
Doch der Engel erwies sich seinerzeit, wohl zu Herrn Blömkes Erleichterung, als durchaus höflich und nachsichtig; vermutlich war er solcherart Reaktionen zumindest bei Erstkontakten durchaus gewohnt.
"Fürchte dich nicht! Denn ich komme, um dir Worte unseres Herrn zu überbringen!"
Herr Blömke lag bereits in seinem behaglichen Schlafgemach und hatte sich die dicke Winter-Bettdecke bis zu seiner Nasenspitze hochgezogen. Er brachte jedoch noch immer kein Wort heraus.
Der Engel schwieg nun eine Weile, bewegte sich dabei nicht, sondern verharrte vielmehr weiter unbeirrt in seiner zuletzt eingenommenen Haltung.
Herrn Blömke lief es damals in seinem Bett gerade eiskalt den Rücken hinunter - wenn man der mittelalterlichen Überlieferung in allen Punkten glauben darf. Aber wie auch immer - nach einer Weile begann dieser Engel wieder zu sprechen. Und also sprach er nun in einer etwas tieferen Stimmlage als noch beim ersten Mal zu ihm: "Du bist doch der Kirchenbauer Eduard Blömke, nicht wahr?"
Herr Blömke wurde immer nervöser. Wia moan dan des jetz? Der woaß doch ganz bstimmt scho, wer i bin! Da Gabriel damois, ois a da heilige Maria de frohe Botschaft überbrocht hot, der hot a ja a glei gwusst, dass sie des is, und koane andre!
Unsicher und zaghaft brachte der Kirchenbauer die leisen Worte: "Jo, scho! I bin da Eduard Blömke!" hervor. Dem Engel huschte ein kurzes Lächeln der Erleichterung über sein Gesicht, dann setzte er wieder ernsthaft zum Sprechen an: "Eduard, so höre die Worte unseres Herrn: Deine Kirchen, Eduard, die du hast erbauen lassen für unseren Herrn, sie missfallen ihm! Sie langweilen ihn! Sie bringen ihn zum Klagen!"
Oh, mein Gott! dachte sich Herr Blömke jetzt still in seinem Inneren.
"Eduard, der Kirchenbauer, so höre, welche Botschaft ich dir überbringe: Du sollst nie wieder solche langweiligen Kirchen bauen!"
Kirchenbauer Blömke war mittlerweile wie starr vor Schreck! Was hatte er nur falsch gemacht? All die Jahre des mühsamen Planens, der Leitung und Verantwortung über die vielen Bauprojekte - viereinhalb Kirchen ließ er bislang erbauen. Eine von ihnen war damals bereits zur Hälfte vollendet. Und jetzt das!
"Engel! Hot da Herr, unsa Vater, sunst no was zu dir gsagt?" brach es nach einer Weile plötzlich aus ihm heraus.
Der Engel sprach daraufhin: "Nein, die Botschaft des Herrn ist hier zu Ende."
Dem Kirchenbauer rasten mit einem Male tiefgründige Gedanken durch seinen Kopf: "Des is ois? Koa Dankschee oda sowas? Koa Anerkennung für de gonzen Joar? So vui Joar hob i mi obegschundn, Tog ei, Tog aus - und jetza sowos! Sakrazement!!"
Als der Engel nun schon Abschied nehmen wollte, überkam Herrn Blömke mit einem Male eine solch große Wut, wie er sie selbst an sich bisher noch niemals kannte! Er rief jetzt ganz erregt: "Ja! Schau, dass'd weider kimmst! Wenn'st ma sunst nix zum song host!"
Der Engel machte sich daraufhin wortlos sogleich von dannen.
Nach diesem, für ihn so denkwürdigen Erlebnis legte der ehrenwerte Kirchenbauer Blömke bereits am nächsten Morgen seine leitende Arbeit bei der Kirchenbauverwaltung nieder und wollte von diesem Gewerbe fortan nie wieder etwas wissen. Für den Rest seines Lebens wurde er von nun an ein einfacher Landschaftsmaler.
Seine damals von ihm erbauten Kirchen sollen noch heute stehen. Nur leider wissen wir heute nicht mehr genau, welche es sein könnten. Es heißt, nach seiner Begegnung mit dem Engel ließ er seinen Namen aus der Liste der jeweiligen Erbauer der viereinhalb Kirchen kurzerhand streichen. Noch heute besteht bei den Historikern zumal leider Uneinigkeit darüber, welche viereinhalb Kirchen es damals wohl genau gewesen sein könnten. So bleibt die Erzählung um den braven Kirchenbauer Eduard Blömke bis heute eine Legende zum Weitererzählen...
© 2003 Die philosophische Ratte