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Der Durchbruch

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06.08.2005
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Der Durchbruch

(überarbeitete Version)


Er hatte soviel geredet, bei den ganzen letzten Terminen, und jetzt, plötzlich, bei einem einzigen Satz, schnappte die Falle zu, und das gleich zweimal.

„Ich will nicht, dass Sigrun dick wird.“

Ein einfacher Satz, doch Bernhard war über sich selbst erstaunt. Schließlich war er einer von den „neuen Männern“, nicht nur auf Äußerlichkeiten fokussiert, und das lebte er ganz bewusst. In manchen Kreisen können Frauen heute gefahrlos lustvolle Bemerkungen über Männerkörper vom Stapel lassen, doch bei Männern heißt es sofort: “Er ist halt ein Chauvi!“ Und wenn es keiner sagt, setzt zumindest die Selbstzensur ein. So auch bei Bernhard.

Er überlegte. Er hatte Sigi doch nicht allein wegen ihres Aussehens geheiratet. Warum also dieser Unwille, warum dieser Satz, warum seine aufgeschreckte Reaktion darauf? Und dann: Warum hatte er sich bloß versprochen und nicht Sigi oder Sigrid gesagt? Warum der Name seiner Schwester?

Es dröhnte und rauschte in seinem Kopf, wie er es in all den Wochen der Therapie nicht erlebt hatte. Dabei hatte er soviel erzählt, von Sigi, den Schwierigkeiten, dem Streit. Auch über seine Gefühle hatte er gesprochen, doch niemals hatte es ihn wirklich berührt. Und jetzt dieser banale Satz! Durch ihn war eine Tür ins Schloss gefallen; er konnte nicht mehr zurück. Jetzt war es ernst geworden; er konnte nicht länger von-sich-weg-reden. Er hatte nur noch die Wahl: entweder stellte er sich dem Kampf , oder er musste sich eingestehen , dass er Veränderungen nie wirklich gewollt hätte. Damit wäre auch diese ganze Beratung, in der er seine Beziehung klären wollte, eine einzige Farce! Das konnte er nicht mit seinen Ansprüchen vereinbaren, und so blieb ihm nur der Kampf.

Ulla, seine Therapeutin, sah ihn aufmerksam an. Das Rauschen in seinem Kopf war angeschwollen. Er saß stumm da, wie versteinert, und konnte kaum verstehen, was sie zu ihm sagte. Die Angst nahm verschiedene Gestalten an und schwirrte vor ihm durch die Luft: dunkle, düstere Schatten.
Und ein Gefühl stieg in ihm auf; in einem Fleckchen des Magens beginnend breitete es sich aus, bald füllte es den ganzen Oberbauch: Ekel. Langsam kroch er die Speiseröhre hinauf, griff auf die Luftröhre über und lagerte sich als zäher Schleim an ihren Rändern ab. Wie widerlich! Weiter pflanzte er sich fort, teilte sich in unzählbare Wesen, die wie Amöben weiterschlichen, um den Brustraum völlig zu bevölkern. Schon spürte er sie in der Kehle; unaufhörlich schoben sie sich weiter.
„Ich habe Angst, ich muss kotzen, wenn ich jetzt den Mund aufmache“, zischte er durch die geschlossenen Zähne. Er fürchtete schon, Ulla hätte ihn bei dem ganzen Lärm nicht verstanden, und er müsste eine neue Anstrengung unternehmen, um sich ihr mitzuteilen. Doch da hörte er schon ihre mitfühlende Stimme:
„Das glaub ich dir, nach dem, was du alles geschluckt hast in letzter Zeit.“
Und sie schob ihm den Papierkorb hinüber , sagte: „Lass es raus. Wenn du brechen musst, tu´s.“

Noch während er sich vorstellte, wie der Brei aus seinem Magen sich über das zerknüllte Papier ergießen würde, verwandelten sich die Kriechtiere in kleine Schmetterlinge, die kitzelnd und kratzend durch Brust und Rachen flogen, so dass er fürchterlich zu husten begann. Und langsam, ganz allmählich, bei jeder Hustenwelle, begann der dicke Schleim sich zu lösen, und eitrig gelb wurde er abgetragen und ausgeworfen.
Während sein Verstand – ein passiver Beobachter jetzt – sich dem Geschehen nachzukommen mühte, entstand, bevor er durch Erklärungen etwas hemmen konnte, etwas Neues in ihm, ein unerklärliches Gefühl.

„Wie alt bist du jetzt?“, kam Ulla ihm zu Hilfe, und wirklich fühlte er sich klein und hilflos wie ein Junge.
„So sieben, acht, vielleicht auch jünger“, sagte er, ohne dass sich sein Verstand gebührlich gegen diese Unlogik wehrte.
„Und wer ist bei dir?“
Vor seinen Augen entstand schemenhaft Sigruns Bild.
„Meine Schwester“, gab er zur Antwort.
„Und was macht sie?“
„Jetzt nichts, aber gerade hat sie mich verhauen“, sagte Bernhard kleinlaut.
„Und was machst du?“
„Ich?“ Was sollte ein kleiner Junge wie er gegen seine fünf Jahre ältere Schwester unternehmen?
„Ich stehe da. Bin wütend.“
„Gut, lass sie zu, diese Wut. Was willst du tun?“
„Ich will´s ihr heimzahlen. Ihr wehtun.“ Dabei ballte er seine Hände zu Fäusten, fest, immer fester, bis sie zu zittern begannen.

„Bernhard, ich möchte dir etwas vorschlagen...“, fing Ulla an, und er wusste, was jetzt kommen sollte. Sie würde ihn jetzt bitten, sich auf den Boden zu setzen und Kissen vor ihm auftürmen, auf die er dann einschlagen sollte. Das war das erste gewesen, was er über Psychotherapie gehört hatte: Verrückte, die wie Wilde schrien und um sich schlugen und sich auf abscheuliche Weise gehen ließen. Das hatte ihn immer abgestoßen. Er war ein selbstbeherrschter Mann, gefühlvoll zwar, aber in Grenzen. Deshalb war er auch so froh gewesen, als sich die Beratung als so ganz anders als das Klischee erwies: sich unterhalten mit einer lebensfrohen Frau, bequem in einem Sessel, Streitgespräche wiedergeben, als wären sie Anekdoten.

Und wieder war eine Falle zugeschnappt, er stand im Türbogen und musste sich erneut entscheiden: entweder das fremde Terrain betreten oder zurückweichen. Noch immer spürte er die Spannung in seinen Unterarmen, und irgendwas drängte in ihm, drückte ihn vorwärts, vorbei an seinem Widerwillen, seinen Maßstäben, vorüber an dem Wesen in ihm, das für seine Selbstbeherrschung zuständig war und das die ganze Zeit „lächerlich, lächerlich“ vor sich hinbrüllte.

Und dann hockte er auf dem Boden, sah wieder seine Schwester Sigrun vor sich, groß aufgebaut wie damals, mit einem spöttischen Blick. Diese Demütigung drohte ihn zu erdrücken; seine Wut begann zu rasen wie ein wildes Tier und wuchs , und als er meinte, nicht mehr standhalten zu können, verschlang sie die Angst vor diesem riesenhaften Gegner, und seine Fäuste schlugen zu.

„Ich wollte warten, bis ich groß bin...“, keuchte er zwischen den Schlägen, „und dann sollte meine große Rache kommen. – Dann wollte ich dich vermöbeln – einmal nur – dass dir schwindlig wird – du nicht mehr richtig sehen und hören kannst – dass dir einmal klar wird, was du all die Jahre mit mir gemacht hast – dass du bereust – mich um Verzeihung bittest. – Aber dann...“, dabei schlug er besonders heftig auf die Kissen ein, „als i c h anfing zu wachsen, da bist du dick geworden, richtig fett – und sc h w e r e r als ich! Und damit immer noch stärker!“

Und endlich brachen die Tränen durch, die so lange darauf gewartet hatten, all den Kummer hinauszuschwemmen, das ganze Leid des kleinen Jungen. Er ließ sich auf die Kissen fallen und schluchzte und schluchzte. Diesmal war er ganz in seinem Gefühl, so dass er nicht merkte, wie das tiefe Grollen in seiner Kehle sich wandelte in leises Wimmern, bis irgendwann, als alles draußen war, auch dies verstummte. In dieser Leere entfaltete sich ein wohliges Gefühl, eine entspannte Mattigkeit, wie sie sonst nur selten kam; bei einem besonders schönen Liebesspiel vielleicht, wenn er seinen Samen ausgestoßen und in Sigis warmem Körper mit ihrer Feuchtigkeit vermischt hatte. Er blieb noch liegen, und nach Ullas zusicherndem „Lass dir Zeit!“ gab er sich ganz der Ruhe in ihm hin.

Erst später, bevor er einen Blick auf Ulla wagte, kam sein Schamgefühl wieder durch. Er hatte sich ihr ausgeliefert, sich völlig offen, schutzlos gezeigt. Doch dies war nicht wie ein flüchtiges Abenteuer, bei dem die Teilnehmer es eilig haben, die vermischten Körpersäfte abzuspülen und der Peinlichkeit zu entkommen, die an solchen Treffen klebt. Dies war eher wie die Begegnung zweier Menschen, denen die Muße bleibt, sich langsam loszulassen.

Ullas Blick zeigte Freude, als sie sagte:
„Jetzt bist du eingestiegen. Ab jetzt können wir arbeiten.“
Und auf sein verdutztes Gesicht erwiderte sie:
„Doch, du hast eine Menge geschafft!“
Da wurde ihm klar, dass dies wirklich nur der Anfang war. Er war nicht mehr der kleine Junge, der seine Schwester für unbesiegbar hielt. Es lag doch bei ihm, wie viel Macht sie noch über sein Leben ausüben konnte. Und seine Beziehung zu Sigi. Es gab soviel zu lernen.

Die Zeit des Plauderns war vorbei; jetzt ging es weiter, und damit kamen neue Schwierigkeiten. Er hatte sich eingelassen auf diesen Weg, auf die Beratung und damit auch auf Ulla, für die er doch nur ein Klient war.
„Das kriegst du schon klar“, sagte sie, als wenn sie seine Gedanken erraten könnte. „Lass dir Zeit.“

 

Hallo Elisha!

Ich hatte den Eindruck, daß dieser Text nur den Zweck hat, den Leser zu verwirren. Gut, am Ende gibt es eine Art Aufklärung, aber besonders der Anfang ... Vielleicht hätte das Sinn gehabt, wenn du in der ersten Person geschrieben hättest.
Ich will mal versuchen, dir zu erklären, was mich so gestört hat.

"Schnapp-schnapp." - Okay, ich benutze auch manchmal comic-hafte Laute, aber hier und zu diesem Zeitpunkt ist das völlig unmotiviert und fehl am Platze. Was soll der Leser mit "Schnapp-Schnapp" anfangen?

"Und wenn es nicht von draußen kommt" - Was meinst du damit?

"Warum hatte er sich bloß versprochen und nicht Sigi oder Sigrid gesagt? Warum der Name seiner Schwester?" - Also: Bernhard hat eine Sigrid geheiratet, die er aber Sigi nennt und seine Schwester heißt Sigrun? Und seine Frau wird fett. Ist das so richtig? Auf jeden Fall ziemlich verwirrend.

"Dabei hatte er soviel erzählt, von Sigi," - Also von seiner Frau?

"von-sich-weg-reden." - Soll heißen?

"Und jetzt dieser banale Satz! Durch ihn war eine Tür ins Schloss gefallen; er konnte nicht mehr zurück." - Ihn, der Satz, aber er, Bernhard? Da solltest du dich klarer ausdrücken.

"Partnerschaftsberatung" - Vorher hast du von Dröhnen im Kopf und Therapie gesprochen; ich dachte da an eine Geisteskrankheit oder so.
Und beim nächsten Absatz bin ich auch wieder zu der Geisteskrankheit gekommen.

"Langsam kroch er die Speiseröhre hinauf, griff auf die Luftröhre über und lagerte sich als zäher Schleim an ihren Rändern ab. Wie widerlich! Weiter pflanzte er sich fort, teilte sich in unzählbare Wesen, die wie Amöben weiterschlichen, um den Brustraum völlig zu bevölkern." - Wie greift er denn von der Speise- auf die Luftröhre über?
- Wenn er die Speiseröhre raufkriecht und sich fortpflanzt, muss er zwangsläufig in der Kehle ankommen und nicht erst wieder im Brustraum landen.

"Ulla" - Wer ist denn jetzt plötzlich Ulla? Die Therapeutin? Das solltest du vorher erwähnen. Und warum nennt er sie beim Vornamen? Und wo ist seine Frau? (Bei einer Partnerschaftsberatung hätte ich sie an seiner Seite erwartet.)

"Noch während er sich vorstellte, wie der Brei aus seinem Magen sich über das zerknüllte Papier ergießen würde, verwandelten sich die Kriechtiere in kleine Schmetterlinge, die kitzelnd und kratzend durch Brust und Rachen flogen, so dass er fürchterlich zu husten begann. Und langsam, ganz allmählich, bei jeder Hustenwelle, begann der dicke Schleim sich zu lösen, und eitrig gelb wurde er abgetragen und ausgeworfen." - Wozu, zum Teufel, beschreibst du eigentlich haarklein, wie er kotzen muss? Ist dir das irgendwie wichtig?

"Wie alt bist du jetzt?", kam Ulla ihm zu Hilfe" - Mein erster Gedanke: Sie müsste wissen, wie alt er ist.
- Ist er eine Multiple Persönlichkeit und deshalb in Behandlung? Oder hat die Therapeutin ihn hypnotisiert? Egal, was es ist, deine Leser sind keine Hellseher, das solltest du schon irgendwie erklären.

"Ich will´s ihr heimzahlen." - Warum verschweigst du den Lesern, was seine Schwester ihm angetan hat? Wie es aussieht, geht es doch genau darum (und um die Konsequenzen) in deinem Text.

"Und wieder war eine Falle zugeschnappt, er stand im Türbogen" - Das mit der Falle habe ich immer noch nicht kapiert, und warum steht er im Türbogen?

"als i c h anfing zu wachsen, da bist du dick geworden, richtig fett – und sc h w e r e r als ich!" - Er ist wirklich ein armer Junge. Sein ganzes Leben ist versaut, bloß weil seine Schwester fett geworden ist.

"Doch dies war nicht wie ein flüchtiges Abenteuer, bei dem die Teilnehmer es eilig haben, die vermischten Körpersäfte abzuspülen und der Peinlichkeit zu entkommen, die an solchen Treffen klebt." - Und hier vergleicht dein Protagonist die Therapiesitzung noch mit Sex.

Aus diesem Text werde ich absolut nicht schlau.

Grüße
Chris

 

Hallo Chris,
vielleicht wäre es ein besserer Zeitpunkt, meine Texte zu lesen, wenn du nicht gerade sauer auf mich bist ;) , aber trotzdem danke.

"Schnapp-schnapp."
sollte eigentlich was Lautmalerisches haben, von dem Zuschnappen, aber toll ist es nicht; das stimmt.

Und wenn es nicht von draußen kommt, setzt zumindest die Selbstzensur ein.
hier heißt das: wenn nicht andere es sagen

Also: Bernhard hat eine Sigrid geheiratet, die er aber Sigi nennt und seine Schwester heißt Sigrun? Und seine Frau wird fett.
Genau.(Beziehungsweise hat sie vermutlich nur etwas zugenommen) Und zu diesem Zeitpunkt kann es für den Leser genauso verwirrend sein wie für Bernhard selbst.

Was dahinter steckt: Beziehungen aus der Herkunftsfamilie, hier: zur Schwester, beeinflussen die Partnerschaft. Dass Schwester (Sigrun) und Ehefrau (Sigrid, genannt Sigi) noch ähnliche Namen haben, macht den Versprecher möglich. Der Versprecher wiederum ist für den Prot ein Weg, um seinen Kopf (der Widerstand bietet) zu umgehen und sich auf etwas Neues einzulassen.

"von-sich-weg-reden." - Soll heißen?
=>
Dabei hatte er soviel erzählt, ... Auch über seine Gefühle hatte er gesprochen, doch niemals hatte es ihn wirklich berührt.

"Und jetzt dieser banale Satz! Durch ihn war eine Tür ins Schloss gefallen; er konnte nicht mehr zurück." - Ihn, der Satz, aber er, Bernhard? Da solltest du dich klarer ausdrücken.
stimmt

Speiseröhre ... Luftröhre ... Brustraum
Beide liegen ein gutes Stück im Brustraum

"Ulla" - Wer ist denn jetzt plötzlich Ulla? Die Therapeutin? Das solltest du vorher erwähnen. Und warum nennt er sie beim Vornamen? Und wo ist seine Frau? (Bei einer Partnerschaftsberatung hätte ich sie an seiner Seite erwartet.)
Ulla habe ich zu spät eingeführt, das stimmt. - In Therapiekreisen gibt es das öfter mit den Vornamen. - Partnerschaftsberatungen gibt es auch einzeln. Da alles zusammen aber so verwirrend erscheint, setze ich mich nochmal dran.

Wozu, zum Teufel, beschreibst du eigentlich haarklein, wie er kotzen muss? Ist dir das irgendwie wichtig?
Natürlich. Zum einen kotzt er eben nicht, zum anderen kann er, der Kopfmensch, zunächst nur körperlich reagieren.

„Wie alt bist du jetzt?“, kam Ulla ihm zu Hilfe, und wirklich fühlte er sich klein und hilflos wie ein Junge.
Natürlich geht es nicht um sein biologisches Alter. Er ist gerade in einer Regression, und da kann der Satz helfen, es klarer zu machen.

"Und wieder war eine Falle zugeschnappt, er stand im Türbogen" - Das mit der Falle habe ich immer noch nicht kapiert, und warum steht er im Türbogen?
Der Durchbruch in dieser Geschichte kann nur passieren, weil Bernhard sich drauf einlässt. An bestimmten Punkten muss er sich dazu entscheiden, also durch die Türgehen. Der Rückweg ist dann verschlossen.

"als i c h anfing zu wachsen, da bist du dick geworden, richtig fett – und sc h w e r e r als ich!" -
Das ist es ja: er hat nicht gewusst, wollte sich auch nicht eingestehen, dass er ein Problem damit hat und warum.
Er ist wirklich ein armer Junge. Sein ganzes Leben ist versaut, bloß weil seine Schwester fett geworden ist.
So hätte er wohl auch reagiert, wenn er das von jemand anderem gehört hätte. Aber für ihn ist es wirkliches LEID, und zwar deshalb:
Diese Demütigung drohte ihn zu erdrücken; ...Ich wollte warten, bis ich groß bin...“, ...„und dann sollte meine große Rache kommen. – Dann wollte ich dich vermöbeln – einmal nur – dass du schwindlig wirst – nicht mehr richtig sehen und hören kannst – dass dir einmal klar wird, was du all die Jahre mit mir gemacht hast – dass du bereust – mich um Verzeihung bittest.

"Doch dies war nicht wie ein flüchtiges Abenteuer, bei dem die Teilnehmer es eilig haben, die vermischten Körpersäfte abzuspülen und der Peinlichkeit zu entkommen, die an solchen Treffen klebt." - Und hier vergleicht dein Protagonist die Therapiesitzung noch mit Sex.
Er kennt es nur, sich beim Sex zu öffnen. Jetzt ist er mit einer neuen Situation und Konstellation konfrontiert, die er einzuordnen versucht.

Also danke, Chris, dass du dich so mit dem Text auseinandergesetzt hast, obwohl er dir nicht gefallen hat. Jetzt würde ich natürlich gern noch ein paar andere Stimmen dazu hören, ob sie in dieselbe Richtung gehen.

Gruß, Elisha

 

Hallo Elisha!

Erstmal: Ich bin nicht sauer auf dich, und in meinem Kommentar geht es ohnehin um den Text, nicht um dich.

Und schlauer geworden bin ich nach deinen Erklärungen auch nicht.
Meine hauptsächlichen Fragen hast du nicht beantwortet.
Ist das jetzt eine normale Partnerschaftsberatung, oder leidet dein Protagonist an irgendeiner Krankheit?
Was hat seine Schwester ihm angetan und warum erfährt es der Leser nicht?
Für was ist es wichtig, wie er kotzen muss (obwohl du behauptest, daß er es nicht tut, allerdings spuckt er eitrigen Schleim aus)?

Willst du nur die Therapiesitzung beschreiben?

Tja, für mich stehen da nur Fragezeichen.

Grüße
Chris

 

Okay, noch einmal:

1)Ist das jetzt eine normale Partnerschaftsberatung, oder leidet dein Protagonist an irgendeiner Krankheit?
Sein Leiden ist nur, dass er ein ungelöstes Problem aus seiner Herkunftsfamilie in die Ehe übertragen hat (wie die meisten tun, also ist er normal).

2)Was hat seine Schwester ihm angetan?
Sie hat ihn immer wieder schlimm vermöbelt, und das steht im Text.

3) Für was ist es wichtig, wie er kotzen muss (obwohl du behauptest, daß er es nicht tut, allerdings spuckt er eitrigen Schleim aus)?
Er kotzt nicht, sondern sein Würgereiz wandelt sich in Hustenreiz, und die körperliche Reaktion geht bei ihm schneller als eine andere Veränderung. (Sein Verstand leistet Widerstand)

4)Willst du nur die Therapiesitzung beschreiben?
Anhand der Therapiesitzung wollte ich Problematik und Veränderungsprozesse beschreiben.

Alles klar?
Gruß, Elisha

 

Hi Elisha!

Du hattest Recht, bis dato hatte ich noch nichts von dir gelesen. Das ist jetzt nachgeholt. :teach:

Zur Geschichte: Im Großen und Ganzen hatte ich keine Schwierigkeiten, zu verstehen, was in der Geschichte abläuft. Die Idee, einen Mann bei einer Therapeutin seine Probleme auskotzen, Verzeihung, ich meine aufarbeiten zu lassen, ist grundsätzlich auch ganz nett.
Allerdings sind die Kritikpunkte von Chris nicht ganz von der Hand zu weisen. Der Hauptgrund für die Unklarheiten liegt sicherlich in den Formulierungen. Einzelheiten folgen gleich.
Der andere Grund ist aber: Die Handlung ist unplausibel. Okay, ein Mann nimmt ein Problem aus seiner Herkunftsfamilie in die Ehe mit, nämlich uneingestandene und unterdrückte Wut gegen die böse große Schwester, die ihn immer verhauen hat. Nun ist der Mann aber erwachsen geworden und hätte sich längst gegen die Schwester behaupten müssen. Und daran hindert ihn der Umstand, dass sie fett geworden ist? Wieso sollte dadurch ihre Überlegenheit aufrechterhalten werden? Kann sie sich auf ihn draufsetzen und dadurch plattdrücken? :D
Und dann der unvermittelte Übergang in den "regressiven" Zustand: Sollte da nicht etwas vorausgegangen sein? Wie hat er diesen Zustand erreicht?

Jetzt die fraglichen Stellen, an denen ich mich beim Lesen ein wenig "aufgehängt" habe:

Noch während er sich vorstellte, wie der Brei aus seinem Magen sich über das zerknüllte Papier ergießen würde, verwandelten sich die Kriechtiere in kleine Schmetterlinge, die kitzelnd und kratzend durch Brust und Rachen flogen, so dass er fürchterlich zu husten begann. Und langsam, ganz allmählich, bei jeder Hustenwelle, begann der dicke Schleim sich zu lösen, und eitrig gelb wurde er abgetragen und ausgeworfen.

Hier dachte ich: Kotzt er jetzt wirklich, und die Schmetterlinge symbolisieren - etwas unbeholfen - sein inneres Nachgeben, oder ist der Schleim irgendwie symbolisch gemeint? Habe jedenfalls noch nie erlebt, dass jemand seinen Hustenschleim auswirft, vor allem, wenn er nicht wirklich Husten hat.

Während sein Verstand – ein passiver Beobachter jetzt – sich dem Geschehen nachzukommen mühte, entstand, bevor er durch Erklärungen etwas hemmen konnte, etwas Neues in ihm, ein unerklärliches Gefühl.

„Wie alt bist du jetzt?“, kam Ulla ihm zu Hilfe, und wirklich fühlte er sich klein und hilflos wie ein Junge.


Das ist ein ernster logischer Fehler. Woher soll Ulla denn wissen, dass er jetzt zufällig eine Regression bekommt? Und wieso bekommt er sie überhaupt, so ganz ohne Zutun von außen?

Und wieder war eine Falle zugeschnappt, er stand im Türbogen und musste sich erneut entscheiden: entweder das fremde Terrain betreten oder zurückweichen.

Dass du das im übertragenen Sinne meinst, wurde mir erst später klar. Und bis dahin hatte ich mehrere Minuten gerätselt, wieso er jetzt die Therapiesitzung verlässt und sich in diesem Moment entscheiden soll.

Warum mir die Geschichte unabhängig davon nicht so zusagt, hat ebenfalls zwei Gründe:
Zum einen breitest du mit größter Ernsthaftigkeit und unfreiwillig komisch billige Psycho-Klischees aus ( Freudscher Versprecher, der mit einem Mal den "Kern" des Problems offenbart, die aufschlussreiche Reise in die Kindheit, in der natürlich alles Übel angelegt ist, der "befreiende" Gefühlsausbruch, der den "Heilungsprozess" in Gang setzt ).
Zum anderen kann ich den Prot, so wie du ihn darstellst, einfach nicht ernst nehmen. Ich erfahre nicht genug über ihn, um verstehen zu können, warum das Verprügeltwerden durch die große Schwester solche Wunden in ihm gerissen hat, und zudem, naja, ist dieses Motiv auch nicht geeignet, ernst genommen zu werden. Mir erscheint der Prot einfach als wehleidige Heulsuse, die eine starke Neigung zur Demut gegenüber Frauen hat. Würde mich nicht wundern, wenn er mit seiner Sigrid schön brutale Fesselspiele macht *hust*.
Aber welcher Leser identifiziert sich schon mit einer Heulsuse?
Du schaffst so unfreiwillig Distanz, aber aus einer distanzierten Perspektive ist der Hergang nicht wirklich interessant.

Mist, jetzt sieht es nach Verriss aus. Äh, guckst du dir meine Geschichte trotzdem noch mal an? Büddööööööö ... :schiel:
:huldig: :huldig: :huldig:
Ich werde dich auch nie mehr mit Maschinengewehren bedrohen. Ehrlich. :shy: *Hundeblickaufsetz*

Ciao, Megabjörnie

 

Hallo Elisha,

anders als meine Vorschreiber hatte ich wenig Probleme, den Text zu verstehen (zB den Türbogen oder den Bezug zum Sex).

Aber ähnlich aufgreifen will ich:
- das schnapp-schnapp muss weg (spätestens nach diesem Schnappi-Lied :D )
- Ulla sollte eher eingeführt werden.
- Der Plot mit der dicken Schwester finde ich auch etwas irritierend und läßt den Text und den Prot, wie björnie schon meinte, eher lächerlich wirken

Mit einer anderen Hintergrundsgeschichte des Prot hätte mich die KG vielleicht auch mehr angesprochen, wobei ich das Thema Psychologische Sitzung als sehr schwer umsetzbar einschätze, um Authenzität zu schaffen, die dir der Leser abnimmt.

Lieber Gruß
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

So, jetzt habe ich den Text an einigen Stellen bearbeitet und eure Tipps übernommen. Kein Schnappi mehr. :D

@Megabjörnie

Okay, ein Mann nimmt ein Problem aus seiner Herkunftsfamilie in die Ehe mit, nämlich uneingestandene und unterdrückte Wut gegen die böse große Schwester, die ihn immer verhauen hat. Nun ist der Mann aber erwachsen geworden und hätte sich längst gegen die Schwester behaupten müssen. Und daran hindert ihn der Umstand, dass sie fett geworden ist? Wieso sollte dadurch ihre Überlegenheit aufrechterhalten werden? Kann sie sich auf ihn draufsetzen und dadurch plattdrücken?
Natürlich ist das der kleine Junge in ihm, der noch nicht kapiert hat, dass die Zeiten vorbei sind und es gar keine Relevanz mehr hat, wie dick sie ist.

Und dann der unvermittelte Übergang in den "regressiven" Zustand: Sollte da nicht etwas vorausgegangen sein? Wie hat er diesen Zustand erreicht?
Das kann ganz schnell gehen. Noch nie erlebt?
„Wie alt bist du jetzt?“, kam Ulla ihm zu Hilfe, und wirklich fühlte er sich klein und hilflos wie ein Junge.
Das ist auch kein logischer Fehler, denn eine Regression ist von außen wahrnehmbar: es ändern sich Körperhaltung, Stimme, ...

Habe jedenfalls noch nie erlebt, dass jemand seinen Hustenschleim auswirft, vor allem, wenn er nicht wirklich Husten hat.
Sowohl die Übelkeit als auch der Husten sind zwar keine organischen, sondern funktionale Störungen, und damit real. So kann es zum schnellen Wechsel und wirklichem Schleimauswurf kommen.

Zum einen breitest du mit größter Ernsthaftigkeit und unfreiwillig komisch billige Psycho-Klischees aus ( Freudscher Versprecher, der mit einem Mal den "Kern" des Problems offenbart, die aufschlussreiche Reise in die Kindheit, in der natürlich alles Übel angelegt ist, der "befreiende" Gefühlsausbruch, der den "Heilungsprozess" in Gang setzt ).
AUTSCH! Na ja, Klischee ist, was zu oft passiert ist. Es kann einfach so laufen ...

Zum anderen kann ich den Prot, so wie du ihn darstellst, einfach nicht ernst nehmen. Ich erfahre nicht genug über ihn, ...
Jetzt besser?

Äh, guckst du dir meine Geschichte trotzdem noch mal an? Büddööööööö ...
:D

@Bernadette

anders als meine Vorschreiber hatte ich wenig Probleme, den Text zu verstehen
das freut mich

Mit einer anderen Hintergrundsgeschichte des Prot hätte mich die KG vielleicht auch mehr angesprochen, wobei ich das Thema Psychologische Sitzung als sehr schwer umsetzbar einschätze, um Authenzität zu schaffen, die dir der Leser abnimmt.
Ich hänge an dieser Hintergrundsthematik und möchte mir keine andere dazu ausdenken, aber wie Erotik scheint dieses Thema schwer zu sein und eben schnell peinlich. Und wie bei Erotik kann die Peinlichkeit auf beiden Ebenen entstehen: Produktions- und Rezeptionsebene. Für den Leser stellvertretend soll sich ja der Prot wundern, genieren, ... Nun, löschen möchte ich die Geschichte nicht, aber vielleicht gefällt sie in der überarbeiteten Version auch etwas besser.

Danke für eure Anregungen, und über weitere Kommentare würde ich mich freuen.

Gruß, Elisha

 

Ich hatte erst die wahnwitzige Idee, dass jemand die Versionen vergleichen wollte, und hatte die zweite auch eingestellt.
Jetzt habe ich sie rausgenommen, und im Kommentar über diesem stehen die Antworten an Megabjörnie und Bernadette.

 

Hallo Elisha,

Warum also dieser Unwille, warum dieser Satz, warum seine aufgeschreckte Reaktion darauf?
So oft "warum"... muß das sein? Nein! :D
Warum also dieser Unwille, dieser Satz, seine aufgeschreckte Reaktion darauf?

Er fürchtete schon, Ulla hätte ihn bei dem ganzen Lärm nicht verstanden, und er müsste eine neue Anstrengung unternehmen, um sich ihr mitzuteilen.
", und er müsste eine neue Anstrengung unternehmen, um sich ihr mitzuteilen." klingt nicht gut, würd ich streichen.

Und sie schob ihm den Papierkorb hinüber , sagte:
Sie schob ihm den Papierkorb hinüber und sagte:

„Ich?“ Was sollte ein kleiner Junge wie er gegen seine fünf Jahre ältere Schwester unternehmen?
Die rhetorische Frage würde ich entweder streichen oder als wörtliche Rede in den Dialog einbauen.

als sich die Beratung als so ganz anders als das Klischee erwies:
dreimal "als" in den paar Wörtern:
als sich die Beratung ganz anders als das Klischee erwies:

Hat mir auch im großen und ganzen gefallen. Psychologen haben meiner meinung nicht mal ein großes Talent, anderen Menschen Gehemnisse zu entlocken, sondern es ist meistens so, dass sich die Menschen ihnen von sich anvertrauen, da sie da ja immerhin geld für kriegen und es auch gelernt haben.
Ich finde dieses Gespräch gelungen und wie immer bei dir sehr lebensnah und somit nachvollziehbar. Die Schwester ist gut eingebaut, auch die kurzen Erinnerungen. Man sieht den Mann geradezu zusammenbrechen.

Eike

 

Hi Elisha,

die Überarbeitung hat der Geschichte gut getan. Sie ist in sich schlüssig, ich hatte keine Probleme, dem Geschehen zu folgen oder zu merken, wann der Prot sich gerade in welcher Phase befindet. Soweit alles im grünen Bereich.

Trotzdem fehlt der Geschichte meiner Ansicht nach etwas. Es geht um ein recht schwieriges Thema, Gewalt, Aggressionen, Wut, Rache, alles kommt darin vor, dennoch bleibt die Geschichte merkwürdig unspektakulär. Zumindest wirkt sie auf mich so. Vielleicht ist eine spannungsgeladene Kawumm-Geschichte von dir auch gar nicht beabsichtigt gewesen (ich gehe sogar davon aus und das ist natürlich auch völlig okay), aber der Text lässt mich irgendwie recht kalt zurück und ich bin mir sicher, dass er nicht lange in meinem Gedächtnis bleiben wird. Und hierbei denke ich, dass das sicher nicht in deiner Absicht lag. Allerdings kann ich dir nicht das perfekte Rezept bieten, dem Abhilfe zu schaffen. Nur zwei Gedanken: Die Charakterisierung des Prots erfolgt über zahlreiche Erklärungen / Erzählungen. Ich bin kein Mensch, der solche Elemente verdammt und permanent den "Show-don't-tell"-Löffel schwingt. Aber es wirkt wirklich recht beliebig. Der Typ wirkt auf mich ziemlich langweilig (in der Anfangsphase). Bis zum Schluss kommt er nicht an mich ran, berührt mich nicht, wenn du verstehst, was ich meine.

Stellvertretend für diese merkwürdig distanzierte Sicht auf seine Person (selbst, wenn es seine eigenen Gedanken sind) zitiere ich mal eine kurze Stelle:

Er hatte nur noch die Wahl: entweder stellte er sich dem Kampf , oder er musste sich eingestehen , dass er Veränderungen nie wirklich gewollt hätte. Damit wäre auch diese ganze Beratung, in der er seine Beziehung klären wollte, eine einzige Farce! Das konnte er nicht mit seinen Ansprüchen vereinbaren, und so blieb ihm nur der Kampf.
Sicher eine Stelle, mit der du Dramatik vermitteln solltest. Die kommt bei mir nicht an. Lies es selbst einmal. Das Problem liegt, glaube ich wenigstens, in der Perspektive. Zuviel Erklärung, zu auktorial.

Auch die im Grunde nicht alltäglichen Dinge in deiner Geschichte, der Grund für all seine Wut, die Misshandlungen durch die Schwester, bleiben für mich recht blass. Vielleicht solltest du ihn das alles noch einmal durchleben lassen, die Aktion zeigen, statt sie in viel Worte gekleidet als Begründung zu erklären. Auch das ist nur ein Tipp, keine Weisheit. Aber ich könnte mir vorstellen, dass durch weniger Erklärungen und mehr echte Aktion deine Geschichte gewinnen könnte.

Viele Grüße
Kerstin

 

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